Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.05.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 25.05.1906
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19060525
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190605250
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19060525
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1906
- Monat1906-05
- Tag1906-05-25
- Monat1906-05
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
119, 25. Mat 1906. Nichtamtlicher Teil. 5223 ein mürrischer Geselle gewesen. Alle Leute, die mit ihm in Berührung kamen, kannten ihn nicht so genau wie Lichten- bcrg und wußten seinen Gefühlen und Stimmungen nicht so Rechnung zu tragen; aber auch dieser selbst hatte manchen kleinen Zwist mit ihm, und gegen Ende seines Lebens brach sogar einmal ein Zwist aus, der fast vierzehn Tage lang anhielt und erst durch ein Schreiben Lichtenbergs beigelegt wurde. Lichtenberg ist immer derjenige, der einlenkt und uni Verzeihung bittet, selbst wenn ihn, was meistens der Fall ist, keine Schuld trifft. Da heißt es einmal Sep tember 1782:') »Einen rechtschaffenen Mann zu beleidigen ist eine Schande, aber ihn um Verzeihung zu bitten ist keine. Mein lieber Dieterich, ich bitte Dich herzlich um Vergebung wegen des Villets an Amtmann Bürger. Ich glaube fast, ich war nicht recht bey Sinnen, meine Schmcrtzen und mein Verdruß über den alten Farster war Schuld daran. Es war mir, als walte mich die gantze Welt verlassen. Besuche mich noch nicht, schreibe mir auch nicht. Mein Herz kan nicht die mindeste Bewegung vertragen. Vergib mir nur in der Stille.- Diese Schlußsätze scheint Dieterich nun falsch aufgefaßt zu haben, und eine weitere Verstimmung war die Folge, die erst durch ein neues Schreiben Lichtenbergs gehoben wurde: ^) »Du hast mein damaliges Billet ganz falsch verstanden-, schreibt er. -Wie kantest Du in aller Welt von einem Menschen, der Dich so demüthig um Vergebung bat, glauben, er würde Dir die Stube verbieten. Wenn Du das Billet noch hast, so sehe einmal nach, ich sagte blos, daß Du mich an dem Tage, da ich es schrieb, nicht besuchen mögtest. Als Du den folgenden nicht kamst, so dachte ich, Du wärest gegen mich noch immer aufgebracht, aus Ursachen, die mir unbekannt wären. Bedenke nur recht, lieber Dieterich, was wäre das für ein Verfahren, ich bitte Dich um Vergebung, und verbiete Dir mich zu be suchen, das ist, ich beleidige Dich gleich darauf wieder, und zwar ärger als vorher.» Manche Verdrießlichkeiten entstanden dadurch, daß Diete rich, wie wir auch aus Bürgers Briefen wissen, etwas viel geredet und über Dinge sich ausgesprochen hat, die ver schwiegen bleiben sollten. Auch Lichtenberg rügt manchmal diese Schwatzhaftigkeit und war, da er diesen Fehler des Freundes kannte, oft auch geneigt ihm die Schuld für Dinge zuzuschreiben, an denen Dieterich nicht schuld war. Erregt schreibt er einmal im Herbst 17830): »Du hast gewiß dem dummen Kerl in Altona oder wo er sitzt, geschrieben, was ich Dir von den Seifenblasen gesagt habe. Ich habe Dich schon so offt gebeten keinem Menschen etwas von mir zu sagen oder zu schreiben, allein es scheint, Du willst mir diese Freundschafft nicht erzeigen. Aber hier siehst Du nun recht deutlich was es für Folgen hat, der Hundsfott spricht von Handwerks Neid gegen den Franzosen rc. Dieser Wittenbergi- sche Brief ist ein grobe Beleidigung für mich, die Du mir zu gezogen hast, und die ich gewiß, da sie von einem so eingebil deten und dabey dummen Kerl herrührt, nicht auf mir sitzen lassen will.» Dieterich scheint jedoch den Beweis geliefert zu haben, daß er den Zwischenträger nicht gespielt habe, und Lichten berg beeilt sich nun, ihn um Entschuldigung zu bitten:^) -Nun wahrlich sehe ich wohl, daß ich Feuer angelegt habe. Ich habe ja Dir keinen empfindlichen Brief geschrieben, lese ihn nur mit kaltem Blut durch. — Mein gantzer Fehler ist eine falsche Muthmaßung und die ist wohl verzeihlich, 1) da ich weiß, daß Du bey mehreren Gelegenheiten in der Stadt von meinem Versuch gesprochen hast, 2) weil es mir unbegreiflich war, wie Wittenberg an Dich von Dingen schreiben solle, mit denen Du Dich nicht abgiebst, und 3) weil aus meiner Abhandlung gar ') Lichtenbergs Briefe II, 48. ») Ebenda II, 49. °) Ebenda III, 244. '") Ebenda III, 244. nichts erhellt, daß ich mich ärgerte, daß ich die Erfindung nicht gemacht hätte. Im Schertz habe ich wohl unter guten Freunden gesagt, diese Erfindung hätte ich machen können, aber wie der Spitzbube dieses erfahren hat, weiß ich nicht. Unbegreiflich ist mir, wie Du meinen Unwillen gegen Wittenberg auf Dich hast deuten können. Und daß ich muthmaßte, Du hättest ihm etwas geschrieben, was Du selbst nach meiner Überzeugung aus guter Absicht gethan hättest, ist denn das so etwas entsetzliches oder bei Dir so etwas ungewöhnliches; da es in andern Fällen ge schehen ist, ist denn dieses so etwas arges, es auch in diesem zu vermuthen? Du hast ja neulich selbst hier oben gesagt, Du pflegtest zu sagen, ich hätte das schon vor zwey Jahren ge zeigt usw.» Einige Zeit später schreibt er aber nochmals wieder:") »Du bist doch wieder gut? Du sollst nun, auf Ehre, so lange wir leben, sicher vor solchen Ausfällen von mir seyn, wie der neuliche.» So wurde immer bald Frieden geschlossen; nur einmal, 1796, dauerte die Verstimmung länger an. Die Ursache des Unwillens bei Dieterich war, daß Lichtenberg den Saal im Dieterichschen Hause, den er für seine Vorlesungen benutzte, am 31. Oktober einem Dozenten Grellmann zum Lesen ein geräumt hatte. Dieterich behagte das nicht, und er wurde so erregt darüber, daß Lichtenberg seinen Kollegen bitten mußte, nicht mehr im Saal zu lesen. Dieterichs Zorn schwand in dessen nicht, und 14 Tage lang sahen sich Lichtenberg und sein Hausherr nicht, erst als Lichtenberg am 15. Tage einen Brief an Dieterich richtete, fand eine Aussöhnung statt. Die Tagebuchnotizen, die Lichtenberg über den Fall machte, zeigen, wie kleinlich Dieterich manchmal sein konnte, und bestätigen das von manchem gefällte ungünstige Urteil über ihn. Da heißt es: ") -31. Okt. Grellmann liest im Saall» »1. Nov. Dieterich wird toll wegen Grellmann. Ich muß Grellmann verbieten auf dem Saal zu lesen.» -2. Nov. Kränzchen unten, auf welches meine liebe Frau nicht geht wegen Dieterichs Unwillen, obgleich sie invitiert war.» -4. Nov. Dieterich 10 Pfund Schnupstaback geschickt. Er selbst trotzt noch immer!!» »6. Nov. Meine liebe Frau unten, aber Dieterich sehr bös.» »7. Dieterich noch immer bös, es wird auch nun nicht besser werden.» -8. Dieterich noch bös, schickt aber Trauben herauf.» -10. Dieterich noch immer bös und zwar ärger, weil er gesagt haben soll, ich würde schreiben.» »13. Herr Dieterich schickt das Los, ist aber immer noch bös.« -14. Endlich schrieb ich an Dieterich und so erfolgte am löten die Aussöhnung.» Das Schreiben von Lichtenberg an Dieterich möge für auszugsweise noch Platz finden, es lautet:^) »Mein lieber Dieterich, Schon diesen Morgen war ich Willens, Dir ein Postskript, zn meinem gestrigen Brief zu schicken, weil ich gerade eine Hauptsache vergessen hatte, nämlich die Ursache, die mich gerade gestern veranlaßt hatte das lange vierzehntägige Stillschweigen zu brechen. Und das war, daß ich aus dem übersandten Compagnie Loos deutlich erkannte, daß Du noch der alte unveränderte Freund warst, für den ich Dich immer gehalten habe. Denn wirklich kann ich nicht leugnen, daß ich Deines Verfahrens wegen auf den Gedanken gerieth, es läge etwas tieferes zu Grunde, als die Grellmannische Geschichte, und ich wartete daher ab, daß Du mir vielleicht die Sache erklären würdest. Man macht sich allerlei) Gedanken. Denn ich dachte: das Verfahren deines Freundes wäre immer arg genug, wenn ich darauf bestanden hätte, daß Grellmann nunmehr fortlesen müßte. Aber in dem Augenblick, da ich meinen Fehler erkannte, nämlich den Grell mann diesesmal nicht an Dich erinnert zu haben, schickte ich zu ihm und verbot ihm das Lesen, und glaubte natürlich dadurch allen Zwist gehoben zu haben. — Doch hiervon nichts weiter. Es freut mich unendlich Dich so unveränderlich zu finden, als ich Dich immer, bis auf den neuerlichen Vorfall, gefunden ") Lichtenbergs Briefe II, 246. ") Ebenda III, 341. «>) Ebenda III, 273. 681*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder