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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.05.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1906-05-14
- Erscheinungsdatum
- 14.05.1906
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- Deutsch
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4838 Nichtamtlicher Teil. 110, 14. Mai 1S06. gegengetreten. Daß dieses Bestreben des Börsenvereins ein durchaus erlaubtes, sich innerhalb des Rahmens der geltenden Rechtsordnung haltendes ist, wurde bereits wiederholt seitens des Reichsgerichts festgestellt. So sagt das Reichsgericht in der Entscheidung vom 14. Dezember 1902 (Entsch. in Zivils. Bd 56 S. 2712 u. folg.): »Soviel steht außer Frage, daß der von dem Be klagten im Kampfe gegen die sogenannte Schleuderei nach seiner Angabe verfolgte Zweck, den Buchhandel gegen Entwertung der Bücher und die sonstigen aus Preis unterbietungen einzelner hervorgehenden Nachteile zu schützen und durch solchen Schutz namentlich auch die kleineren Sortimentsbetriebe lebensfähig zu erhalten, recht lich ein völlig erlaubter und keinesfalls unsittlicher Zweck ist. An sich verstößt es auch weder gegen die Rechts ordnung, noch gegen die guten Sitten, wenn der Beklagte das im guten Glauben erstrebte Ziel im Wege einer ge nossenschaftlichen Selbsthilfe zu erreichen sucht, indem er nicht bloß den Mitgliedern des Vereins satzungsgcmäß bestimmte Verpflichtungen auferlegt, sondern auch außer halb des Vereins stehende Gewerbegenossen zur Beteiligung an der Durchführung seines Zwecks heranzieht. Eine derartige genossenschaftliche oder vertragliche Vereinigung von Gewerbetreibenden zur Herbeiführung und Erhaltung angemessener Preise für ihre Gewerbserzeugnisse und Han delsartikel würde, auch wenn sie die Bedeutung eines gewerblichen Kartells hätte, darum allein noch nicht als gesetzlich unstatthaft oder sittlich verwerflich zu erachten sein«. Es geht aus diesen Ausführungen des Reichsgerichts in unzweideutiger Weise hervor, das es das gute Recht des Börsenvereins ist, der Preisschleuderei durch die von ihm festgestellten Rabattbestimmungen entgegenzutreten, und daß aus dem Umstand, daß die Wirkungen seines bezüglichen Vorgehens sich auch außerhalb seines Mit gliederkreises geltend machen, ein rechtliches Bedenken gegen die Erlaubtheit dieses Vorgehens an sich nicht abgeleitet werden kann. Die Wirkung von Maßregeln eines Kartells oder — wenn man den Ausdruck hier der Einfachheit wegen ge brauchen will — die Wirkung der Kartcllpolitik außerhalb des Kreises der kartellierten Mitglieder ist nicht etwa eine dem Börsenverein der Deutschen Buchhändler allein eigne Eigentümlichkeit, sondern sie ist mit jedem Kartell bis zu einem gewissen Grad verbunden. Denn jedes Kartell kann seinen Zweck nur dann erreichen, wenn seine Maßnahmen sich nach außen hin bemerkbar machen, also insbesondere für die jenigen Kreise, die als die Konsumentenkreise der kartellierten Unternehmer in Betracht kommen. Wenn nunmehr die Bücher eines Mitglieds des Börsenvereins entgegen dem Willen desselben von irgend einem Dritten zu Schleuder preisen verkauft werden, wenn dieser Dritte wohl weiß, daß er hiermit die Bestimmungen des Börsenvereins über den Kundenrabatt verletzt, so kann hierin allerdings ein unter Z 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs fallendes Verhalten ge funden werden. Die Stellung, die das Reichsgericht zu der Frage ein nimmt, ob schlechthin die Preisschleuderei unter die genannte Vorschrift fällt, ist bekannt. Das Reichsgericht hat sich bis her nicht entschließen können, allgemein und bedingungslos die Frage zu bejahen; es hat vielmehr ausgesprochen — (vgl das Zitat in Neumann, Jahrbuch des Deutschen Rechts III,l, Seite 362 Nr. 111), daß kein Verstoß gegen die guten Sitten darin zu erblicken sei, wenn ein Kaufmann, um seinen Absatz zu vergrößern, Waren unter den sonst üblichen Preisen verkauft, obwohl er sich sagen muß, daß er damit gegen das Interesse seiner Gewerbsgcnossen handle. Inso weit sind nach Ansicht des Reichsgerichts der wirtschaftlichen Freiheit des einzelnen keine Schranken gezogen, ebensowenig wie beispielsweise ein Gewerbetreibender gehindert werden könne, außerordentliche Aufwendungen für Reklame zu machen, obwohl auch hiermit eine Schädigung der Berufsgenossen verbunden sein könne. Dem Reichsgericht ist die Rechtsprechung der Oberlandes gerichte zum Teil gefolgt. Diese Stellungnahme des obersten Gerichtshofs kann nicht als eine zutreffende erachtet und es muß gehofft werden, daß er sich auch in Ansehung dieses Punktes nicht minder zu strengem Ansichten bekehrt, als dies ja bezüglich andrer Formen des unlautern Wett bewerbs geschehen ist, In Frankreich gilt die Preisschleuderei durchweg als eine Unterart der ccmeurroues äsloz^ls. Aber die bisherige Rechtsprechung des Reichsgerichts geht keineswegs so weit, daß von dem Boden derselben aus die Behauptung gerechtfertigt wäre, die Preisschleuderei ver stoße niemals gegen Z 826. Das Gegenteil ist der Fall. Auch nach dem soeben mitgeteilten Erkenntnis des Reichs gerichts, wie auch nach neuen, die gleiche Frage behandelnden Entscheidungen, kann sehr wohl unter Umständen die Preis schleuderei im Sinne des Z 826 gegen die guten Sitten verstoßen. Daß ein solcher Verstoß in dem Falle vorlag, der der Firma Reclam zum Vorgehen Veranlassung gegeben hatte, ist von dem Naumburger Oberlandesgericht festgestellt worden und kann auch kaum zweifelhaft sein. Wenn aber nun, wie heute nicht mehr bestritten wird, in Z 826 eine Norm zu erblicken ist, die bestimmt ist, eine Handhabe gegen alle diejenigen Formen des unlautern Wettbewerbs zu bieten, die sich als solche im weitern Sinne qualifizieren lassen, dann ist die Anwendung der Bestimmung auf das in dem gegenwärtigen Fall betätigte Verfahren durchaus berechtigt; denn es ist und bleibt unlauterer Wett bewerb in weiterem Sinn, wenn in den Warenhäusern und Bazaren die Preise des Verlegers, die der Sortimenter ein- halten muß, vollständig ignoriert werden, wenn die be treffenden Bücher beinahe um die Hälfte des Ladenpreises abgegeben werden. Die Rechtsprechung ist mit Recht der Meinung, daß Z 826 nicht einschränkend, sondern in freiem Sinn zu inter pretieren ist. »Weder die Entstehungsgeschichte«, sagt das Reichsgericht in der Entscheidung Bd. 58, S. 216, »noch die Fassung bietet einen Anhalt zu der einschränkenden Aus legung. Diese würde auch dem Z 826, soweit es sich um eine in Ausübung eines formalen Rechts verübte Schädigung handelt, jede praktische Bedeutung nehmen.« Auch die bisherige Rechtsprechung des Reichsgerichts macht die Anwendung des tz 826 auf eine in Ausübung eines Rechts vorgenommene Schädigung nicht von der Feststellung einer besondern schikanösen Absicht im Sinne des Z 826 abhängig. Die Schadenzufügung selbst muß aber eine vorsätzliche sein, d. h. der Wille des Handelnden muß auf sie gerichtet sein. Dazu genügt aber, daß der Handelnde bei Vornahme der Handlung »das Bewußtsein des schädlichen Erfolgs hat«. Es bedarf nur der konsequenten Anwendung dieser Rechtssätze, durch die das Anwendungsgebiet des Z 826 in geeigneter Weise abgegrenzt wird, um die Auffassung als eine berechtigte erscheinen zu lassen, daß die Bücherschleuderei in Warenhäusern und Bazaren nicht nur ausnahmsweise nach Z 826 verfolgt werden kann. Das Bewußtsein des schädigenden Erfolgs ist auf seiten des mit den Büchern schleudernden Warenhausbesitzers vorhanden; er weiß und muß es wissen, daß durch die Schleuderei nicht nur der Ver leger, sondern auch die Gesamtheit der Sortimenter geschädigt wird; es ist dem gegenüber gleichgültig, daß er mit der Schleuderei noch die Absicht verbindet, das Publikum anzu-
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