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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.05.1906
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- Erscheinungsdatum
- 02.05.1906
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- Deutsch
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4378 Nichtamtlicher Teil. 100, 2. Mai 1906. würde, doch auch in der That nicht weit her ist, indem, wie ich längst durch die dritte Hand vernommen, seine Meinung nicht einmahl seyn soll, mir auch das Papier frei zu liefern), sondern lediglich der Wunsch, endlich einmahl zu Stande zu kommen, machen, daß ichs gerne suche, wenn H. E. D. nun kurz und gut sagt: Er mag mit seinen Gedichten reisen, wohin er willl Cr wird es schon gewahr werden, wie er fährt usw. Nun jal ich rechne auf gar keine Seide; sondern bloß auf groben Zwillich, um endlich cinmahl meine Schaamblöße vor dem Publicum damit zu bedecken. Wollten Sie nun wohl, lieber Freund, die große Güte haben, sich mit einigen Worten hierin für mich zu ver wenden? Sie bekommen H. E. D. vermuthlich öfter zu sehen und zu sprechen, als ich; übrigens wird mirs von Tag zu Tag peinlicher, ihn noch weiter selbst vergeblich zu tribuliren. Ich bitte Sie, sagen Sie ihm gelegentlich: Schäme Dich, daß Du Bürgern so lange mit der Abrechnung hinhältst. Du kannst sterben und er vielleicht eher, als Du. Denn vor Weih nachten soll es wegen eines langwierigen schleichenden Fiebers, trockenen Krampfhustens und einer ihm drohenden Leber-Ent zündung gar bedenklich mit ihm ausgcsehen haben. Es steht ihm nicht zu verdenken, wenn er sein Haus zu bestellen wünscht. Hiernächst laß ihn mit der neuen Auflage seiner Gedichte ent weder selbst machen, was er will und kann, oder erkläre dich so gegen ihn, daß er zufrieden seyn kann und laß cs von deiner Seite nicht fehlen, ihn zu befördern. Schaffe Papier-Velin, schaffe Didotsche Lettern, schaffe Glättmaschinen an u. s. w. Wenn er dann etwa antwortet: Was will er denn weiter? Habe ich mich nicht zu allem, was recht ist, erboten? — So sagen Sie: Bürger meint das nicht. Wenn er weiter nichts als den Druck von der neuen Prachtausgabe, wovon sich ja doch auch eine wohlfeile Nebenausgabe veranstalten läßt, profitieren soll, so ist das von Herzen wenig. Wer weiß, ob er nicht leicht einen andern Verleger findet, der eine solche Ausgabe der letzten Hand völlig seiner Ankündigung gemäß veranstaltet, und ihn frei mit allen Exemplaren für seine Pränumeranten (deren ohnehin nicht viele sind) ja selbst noch mit einem baaren Über schüße honorirt. Und wenn das auch nicht wäre, so kommt er doch mit einem andern leicht eher zu Gange, als mit dir. »Liebster Freund, ich werde es für eine große Wohlthat ansehen, wenn Sie mir hierin gütigst beistehen wollen. Da ich in diesem Jahre das eben so sauer erquälte, als sehnlich erwünschte Ende meiner übrigen Schulden-Angelegenheiten vor mir sehe, so möchte ich nicht gern, daß die obigen Punkte noch in suspsnso bleiben. Ich glaube auch in der That, ich werde nicht lange mehr leben, und es stirbt sich doch ohne Schulden unstreitig weit leichter, als mit Schulden- usw. Wir wissen nicht, ob Lichtenberg der Bitte des un glücklichen Dichters nachgekommen ist, aber es ist anzunehmen; wir werden später noch auf die Ausgabe der Gedichte zurück kommen. Daß Dieterich die Abrechnung hinauszog, wird seine guten Gründe gehabt haben. Es ist als ziemlich sicher anzunehmen, daß Bürger sein Schuldner war, und es wird ihm schwer angekommen sein, dem schwer Leidenden diese Enttäuschung und neue Sorge zu bereiten. Immerhin mag aber auch der Umstand, daß Bürger immer wieder und wieder geflissentlich hervorhob, daß er von Dieterich keine Wohltaten empfangen habe, den alten Herrn verstimmt haben. Daß das vorerwähnte Schreiben vom 3. April 1791 eine Erkaltung des früheren Freundschaftsbundes zur Folge haben mußte, ist erklärlich. Dieterich war übrigens leicht verstimmt und verletzt; aus Lichtenbergs Briefen erfahren wir das auch, und wenn dieser als Jüngerer nicht oft die Hand zur Versöhnung geboten hätte, so wäre auch hier wohl manchmal ein gespanntes Verhältnis für die Dauer die Folge gewesen. Dem Sterbenden erwies sich Dieterich jedoch als der alte treue Freund, wie es scheint allerdings ohne sich Bürger zu offenbaren. Aus Caroline Michaelis' Briefen wissen wir das. Sie schreibt an Meyer am 10. Mai^) und 7. Juni:^) -Weißt Du, daß Bürger sterben wird — im Elend, in Hunger und Kummer? Er hat die Auszehrung — wenn ihm der alte D. nicht zu eßen gäbe, er hätte nichts, und dazu Schulden und unversorgte Kinder. Armer Mann! Wäre ich dort, ich ginge täglich hin, und suchte ihm diese lezten Tage zu versüßen, damit er doch nicht fluchend von der Erde schiede. Schreib ihm doch.« Und unterm 7. Juni: »Mit Bürger, das ist völlig so arg — ich weiß cs von Dietrich. Die Finanzräthe glauben dergl. nicht gern, das in- kommodirt sie. Er hat nichts zu eßen, als was ihm seine Freunde schicken, und ist von der übelsten Laune.» Als Caroline Bühner den letzten Brief schrieb, lag der Dichter bereits im Sterben; vergebens hatte der Todkranke bei der Regierung um Gehalt gebeten, damit er sich und die Seinen anständig durchbringen könne; der edle Heyne hat ihm 50 Rtlr. gesandt, wie er schrieb, im Auftrag des Ministers, damit er etwas für seine Gesundheit tun könne; allem Anschein nach hat Heyne jedoch selbst die Summe gegeben, um dem Todkranken nicht jede Hoffnung zu rauben. Tat sächlich ist dann auch die erbetene Zusicherung künftiger Besoldung dem Dichter rundweg abgeschlagen worden, und wenige Tage vor seinem Hinscheiden hat er noch die ablehnende Nachricht empfangen. Am 8. Juni 1794 ist Bürger seinem Leiden erlegen. Lichtenberg gibt in seinen Briefen und Tagebüchern über fein Hinscheiden und seine Beerdigung einige Mitteilungen. Da heißt es in einem Schreiben an Archenholtz vom 16. Juni 1794:») -Am ersten Pfingsttag Abend ist unser armer, unglück seliger, leichtsinniger, braver, vortrefflicher Bürger, der Dichter, in die Ewigkeit gegangen und hiermit sind die Pränumeranten auf die neue Ausgabe seiner Wercke und Er ins Reine.» und im Tagebuch vermerkt er unterm 8. Juni: »Der gute Professor Bürger stirbt. - und unterm 12. Juni:°) »Soeben auf 7 wird Bürger auf den Kirchhof gefahren. Ich schreibe dieses noch unter Tränen, die mir der Tod dieses armen, guten, aber leichtsinnigen Mannes ausgepreßt hat. Das Schwanken des Sarges, als der Wagen in den Kirchhof hinein wollte, war mir unwiderstehlich; ich weinte laut und danke Gott für dieses Gefühl. Ruhe sanft, armer, guter Mann!! Sein Vegräbnißmorgen ist einer der schönsten, heitersten und ruhigsten gewesen in diesem Jahre.« Ausführlicher schreibt Lichtenberg über den Fall an Heyne am 14.:') »Der gute Bürger ist mir in diesen Tagen wenig aus dem Sinn gekommen. Ich habe sein Begräbniß durch das Perspektiv mit angesehen. Als ich den Leichenwagen mit einer Art von Anlauf durch das Kirchhof Thor rollen sah; so hätte nicht viel gefehlt, ich hätte laut ausgeweint. Das Abnehmen vom Wagen konte ich unmöglich mit ansehen, und ich mußte mich entfernen. Es begleitete ihn niemand als Professor Althof mit farbigem Kleide, Or. Jäger und des Verstorbenen armer Knabe. Ich hätte nicht gedacht, daß das, was mich in den drey oder vier letzten Jahren so offt an Bürger geärgert hat, Key dem soeben beschriebenen Auftritt kein geringer Trost für mich werden könte: nämlich daß er größtentheils an seinem Unglück selbst schuld war; vielleicht gantz allein. Es wird freylich mit den xiotoridus atguo poetis niemals viel anders gehen. Eine Anecdote muß ich Ihnen erzählen, als ein kleines Gegengewicht für die gegenüberstehende Seite meines Brieses. Am Tage vor seinem Tode erhielt er einen Brief von Volborth») mit Gedichten zum Musenalmanach von diesem berühmten Mann selbst gefertigt. Als er sie gelesen hatte, fing er förmlich an zu lachen, legte sie weg und sagte: Das ist wieder was für mein Schofel-Archiv. Er soll darauf gantz lange sehr heiter und aufgeräumt gewesen seyn. Nun sage man °) Lichtenbergs Briefe III, 118. °) Ebenda III, 313. ') Ebenda III. 116. ") Universitätsprediger in Göttingen. ') Waitz, Caroline 1, 14b. «) Ebenda I, 150.
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