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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.05.1906
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- Ausgabe
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- 1906-05-01
- Erscheinungsdatum
- 01.05.1906
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- Deutsch
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4332 Nichtamtlicher Teil. ^ 99, 1. Mai 1906 den Clavigo des Herrn Goethe aufführen. Herr Brandes wird dabey ein Frauenzimmer vorstellen. Der Schauplaz ist auf Dieterichs grosem Saal in der 3ten Etage gerade Uber meinem grosen Saat; ich weiß noch nicht, ob ich unter den Zuschauern scyn werde, da ihrer so gar wenige seyn sollen. Wenn ich es bin, so sollen Ew. Wohlgebohren eine unpartheyische Nachricht haben, wie sie es gemacht haben.» Es war dies eine der Liebhabervorstellungen, die, wie es in einem zeitgenössischen Berichte heißt, stattfinden durften, »weil die Vorbereitungen schon zu weit gediehen seien«, oder, wie der damalige Prorector begründete, »Herr Brandes dabei interessirt sein solle«, der Sohn des früher bei Bürger bereits erwähnten Ministerialdecernenten für Göttingen. 17 84 erwarb Dieterich das dem seinen benachbarte Haus des Hofrats Büttner, das früher Eigentum des berühmten Kanzlers von Mosheim gewesen war. Er vereinigte beide Häuser und war dadurch in der Lage, größere Wohnungen nbzugeben; unter andern nahmen die drei königlichen Prinzen Ernst August, August Friedrich und Adolf Friedrich, die von 1786—88 in Göttingen studierten, dort Wohnung. Lichten berg war hocherfreut. Als Dieterich das Nachbarhaus er worben hatte, schreibt Lichtenberg unterm 20. Dezember 1784 einem Freunde:") »Dieterich hat das benachbarte grose Biittnersche Hauß für 6000 Thaler gekaufft. Nun bekommen wir auch einen Garten hinter dem Hause, und da wollen wir leben, wie (sagte einmal ein hiesiger Bauer) die Engel im Hanfsaamen.» In das Dieterichsche Haus zog also Bürger, und hier las er auch seine anfänglich gut besuchten Kollegien, und zwar in dem auch von Lichtenberg benutzten Saal. Leider mußte er sie seiner angegriffenen Gesundheit wegen bald aussetzen, Sommer 1785 pausieren und Bäder ge brauchen. Im Herbst kehrte er mit seiner zweiten Frau, der geliebten Molly, nach Göttingen zurück und bezog nun das ihm von Dieterich eingeräumte Gartenhaus, wo er glückliche Monate mit seiner jungen Gattin verlebte, bis ihm am 9. Januar 1786 der Tod auch diese Frau raubte. Wie sehr Dieterich Bürger zugetan war, möge die Stelle eines Briefes Bürgers bezeugen, den er nach Molchs Tode an seine Schwägerin richtet:'») »Die Dietrichsche Familie läßt vielmals herzlich grüßen. Der alte Herr kann sich nicht darüber zufrieden geben, daß ich nach Ungarn will und gnurrt mir die Ohren so voll, als stände ich schon auf dem Sprunge morgen abzureisen. Er wäre im Stande gleich selbst nach Hannover zu reisen und für meine Hierbehaltung zu sollicitiren. Er sagt, Er wolle nicht ruhen und nicht rasten, alle seine Patrone in Bewegung zu setzen, und wenn alles nichts hülfe, mich lieber aus seiner Tasche saiariren, als mich sortlassen. Das Haus, worin ich wohne, hat er mir heute schon wieder zum Geschenk angeboten. Du weißt doch, daß er schon längst einmal sagte, er wolle es mir ver machen? Wenn ich ein bischen mehr Unverschämtheit hätte, so wäre es ein leichtes, noch heute Brief und Siegel über diese Schenkage zu erhalten. So viel ist gewiß, daß der alte Knabe mit Leib und Seele an mir hänget.» Das schöne Verhältnis zwischen Bürger und seinem Verleger erhielt eine Trübung durch die dritte Ehe des Dichters. Das unglückselige Geschöpf, das das Leben des Dichters vergiftete, säte auch zwischen Bürger und Dieterich Feindschaft. Dieterich scheint sie von Anfang an nicht be sonders geschätzt zu haben, persönliche Verstimmungen kamen hinzu, hervorgerusen dadurch, daß Frau Bürger die Liebes- neigung des jungen Dieterich zu Lotte Michaelis begünstigte, während der alte Dieterich der Verbindung seines Sohnes mit eurer Geheimratstochter durchaus abgeneigt war. Schließlich gab die Ablehnung einer Forderung, Reparaturen in der ") Lichlenbergs Briese. II, 169. '»j Strodtmann, Bürgers Briefe 111, 166. Wohnung machen zu lassen, den Ausschlag; Bürger richtete einen erregten ausführlichen Brief an Dieterich, den dieser nicht minder gereizt beantwortet zu haben scheint, und eine merkliche Spannung trat ein, die auch nie mehr ganz ge wichen ist. Beide haben sich in nicht schöner Weise vor gehalten, was der eine dem andern gewesen, welche Wohl taten erwiesen wurden und welche Gegendienste geleistet worden sind. Für das Verhältnis der beiden zueinander ind die Schreiben jedenfalls sehr charakteristisch. Unterm 3. April 1791 schreibt Bürger u. a.:") »Gestern kommt meine Frau zu mir, und klagt mir mit Thränen, daß Du ihr auf ihre freundliche Bitte, wegen baldiger Beschaffung der längst und mehr als ein mahl versprochenen Haus-Reparaturen auf eine Art begegnet seyst, wie es kaum mit der gemeinen Höflichkeit gegen ein Frauenzimmer, geschweige denn mit unserer beynahe zwanzigjährigen Freundschaft bestehen kann.» .... »Wie sehr ich mich darüber gewundert habe, kannst Du leicht denken, da ich mir durchaus nicht bewußt bin, Dir irgend etwas in den Weg gelegt zu haben, und meine Frau mir von ihrer Seite das nehmliche versichert. Gleichwohl wäre doch Dein Benehmen ziemlich arg, wenn Du nicht höchst wichtige und gegründete Ursachen dazu hättest oder wenigstens zu haben glaubtest. Ich wünsche diese um so mehr zu vernehmen, da es nach diesem Vorgänge zum ersten mahl mein Nachdenken erregt, daß ich Dich in mehreren Wochen nicht Key mir auf dem Zimmer gesehen habe, ob Du gleich im Garten und Hof unten gewesen bist.» .... »Was die bewußten Reparaturen und ^Einrichtungen des Hauses betrift, so wird es Dir hoffentlich nicht entfallen scyn, daß ich einst zu einem nach Billigkeit erhöheten Miethgelde eben so gewiß crbötig gewesen bin, als Du daraus ausdrücklich Verzicht ge- than und dennoch die neuen Einrichtungen zu beschaffen mehr denn einmahl versprochen hast. Daher ist es Unrecht, daß Du jetzt Dein Wort nicht halten willst, daher ist es unartig, daß Du gegen mich und andere Leute beständig die geringe Miethe im Munde führest, daher ist es beleidigend, daß Du Dir das An sehen giebst, als hättest Du mich gleichsam um Gottes willen im Hause. Es ist wahr, daß ich für 50 Rthlr. nicht theuer wohne, allein so übertrieben wohlfeil, als es Dir vorkommt, ist es doch auch nicht. Es komme nur ein Unpartheiischer, der alles mit unverblendeten Augen ansteht und Gutes und Böses gegen einander in die Wage legtl Wenn sich ein Haus, das doch wohl schwerlich Jemand höher als um 1000 Rthlr. er kaufen würde, zu 50 Rthlr. verinteressirt, so ist das doch wohl genug. Dem feg indessen, wie ihm wolle, so glaube ich nie- mais durch eine interessirte Denkungs- und Handlungsart von meiner Seite zu Deinen so wegwerfenden Äußerungen Anlaß gegeben zu haben. »Zu dergleichen Äußerungen kann ich auch wohl die mit rechnen, daß Du Dir von je her so gern das Ansehen eines Wohlthäters von ganz unbegränzter Großmuth gegen mich zu geben pflegtest. Ich habe zwar immer im stillen dazu ge- lächelt, wenn ich die halbe Welt, durch solche Äußerungen ver führt, in dem Wahne stehen sah, als ob alles, was ich nur irgend von Dir genösse, nichts als lauter Geschenke freygebiger Großmuth wären; allein bey dieser Gelegenheit mag es mir doch wohl erlaubt seyn, wenigstens unter uns ein Wörtchen auch hierüber zu verlieren. Du hast mir allerdings von je her manches erwiesen, was ich für freundschaftliche Gefälligkeiten mit dankbarem Herzen erkenne. Du hast mir Bücher und Geld und andere Bedürfnisse auf Credit zukommen lassen, wenn Du mir noch nichts schuldig warst, ja wenn ich schon in Deiner Schuld war, und dieß hat Dir mein Herz immer sehr zugewandt. Du hast mich unzählige Mahle in Deinem Hause freundlich ausgenommen und bewirthet; Du hast mich einst frey mit nach Hamburg genommen; Du hast mir und den Meinigen bey Ge legenheit manches Geschenk der Galanterie gemocht; Du hast — o glaube nicht, daß ich Dir irgend etwas vergesse, oder daß Dir mein Herz den Dank dafür verweigert. Aber, lieber Dieterich, deßwegen kannst Du Dich noch nicht gleichsam für einen himmlischen Vater halten, der immer und ewig nur aus- »«) Strodtmann, Bürgers Briese. IV, 113.
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