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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.04.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1906-04-10
- Erscheinungsdatum
- 10.04.1906
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- Deutsch
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^ 88, 10. April 1906. Nichtamtlicher Teil. 869k Nun war es aber von jeher meine Art, wenn ich ein mal mit Wärme für etwas Partei ergriffen hatte, um wegen etwa ungünstig verändernder Umstände feige zurück zutreten; im Gegentheil: je mißlicher und gefährlicher die Lage einer von mir als gut anerkannten Sache wurde, desto unverzagter und standhafter beharrte ich dabei. So hatte ich denn auch just in jenem Augenblicke des allgemeinen panischen Schreckens vor Lustlos den Muth — wenn man will: die Keckheit — den ersten Jahrgang meines »Revolutionsalmanachs» hcrauszugeben. Da man zu jener Zeit alles in -Almanache- einzukleiden angefangen hatte, so schien mir diese Form zum Zwecke gegenrevolutionärer Gesinnungen die wirksamste. Ich theilte meinen Plan meinem alten Freunde Dieterich mit, und weil mir, wie immer, mehr an der schnellen Verwirklichung meines Gedankens, als an irgend einem Geldgewinn gelegen war, so machte ich nur zur Bedingung, daß für schöne Aus stattung und gute Kupfer gesorgt werde. Durch lange publicistische Thätigkeit kannte ich den Geschmack des Publicums und berechnete, daß in solcher Art mein Versuch am leichtesten in viele Hände zu bringen sei. Die Bestimmung des Honorars stellte ich Dieterich anheim, »er solle mich bezahlen, sobald der Versuch sein Glück gemacht haben würde-. Daß aber der Revolutionsalmanach sein Glück wirklich machte, das darf ich wohl sagen, ohne für unbescheiden zu gelten; und gern rühme ich es Dieterich dem Vater nach, daß er mir ein reichliches Honorar aus freiem Antriebe zahlte. Ich erhielt für den Jahrgang dreihundert Thaler; dre höchste Summe, welche mir für ein Buch von dieser Bogenzahl je zu Theil geworden ist. Daß der Verlagsartikel gut sein müsse — davon überzeugten mich gleich in den ersten Jahren Dietrichs Nedenspenöen an Austern, geräuchertem Hamburger Rindfleisch, Hummern und anderen Leckereien, welche von Zen zu Zeit aus Güttingen in die Küche meiner Frau flogen. Wir waren also beide zufrieden; Dieterich mit meinen Almanachen, ich mit seinem Honorare, obwohl jeder andere Schriftsteller sicherlich daS Dreifache aus dem Artikel zu ziehen verstanden haben würde, wobei der Verleger auch noch im allerhöchsten Matze zu seinem Rechte gekommen wäre, wie eine Äußerung verriely, welche einst Dieteriches Sohn gegen einen Drillen über den Ertrag des Reoolutionsalmanachs wahrend der zehn Jahre seines Bestehens gethan hat. Dieser Äußerung zufolge — und Buchhändlern, wenn sie emräumen, ein gutes Geschäft gemacht zu haben, darf man immer glauben; nur ihre Klagen sind mit Miß trauen aufzunehmen! — war die Summe, weiche mein Almanach eingeüracht haben muß, allerdings sehr beträchtlich.- Soweit der Verfasser selbst über seinen Revolutions almanach und über sein Verhältnis zum Verleger. Er be richtet dann weiter, welchen Erfolg der Almanach hatte, wie manche glaubten, daß er eine Verherrlichung der Revolution enthalten würde und ihn daher anfänglich durch zahlreiche Subskription unterstützten. Zu diesen zählte auch die regierende Herzogin von Gotha, die bei der Eltingerschen Buchhandlung zwölf Exemplare im voraus bestellte, nach Erscheinen des Buchs aber, als sie sich in ihren Erwartungen getäuscht sah — sie war eine unbedingte Anhängerin der Revolution —, die Exemplare zurücksandte, dann übrigens zu deren Bezahlung angehalten wurde. Reichard teilt ferner mit, daß die maßgebenden Zeit schriften bestrebt waren, den Revolutionsalmanach totzu schweigen, um nicht Farbe bekennen zu müssen, daß ferner von mancher Seite Versuche gemacht wurden, ihn zu unter drücken und schlecht zu machen. Es gelang nicht: der Absatz stieg von Jahr zu Jahr. Aber schließlich gab Reichard doch den Bitten seines Fürsten, dem die Anfeindungen, denen der Autor ausgesetzt war, zuwider waren, nach und legte die Redaktion nominell nieder. Da der neue Redakteur jedoch oft seinen Wohnsitz wechselte, so blieb er nach wie vor die Seele des Ganzen, benutzte freilich, wie er anführt, »den ersten Friedensschluß als willkommene Gelegenheit, das Unternehmen ganz eingehen zu lassen«. Der Revolutionsalmanach ist ein interessantes Do kument der Zeit. Wie in einem Spiegel werden die Aus wüchse der Revolution beleuchtet und in den spätern Jahr gängen den Verdiensten Napoleons, des Vernichters der Revolution, entsprechende Anerkennung gezollt. Jeder Jahrgang des Kalenders ist mit Kupfern ge ziert, Porträts, Szenen aus den Revolutionskriegen, histori schen Darstellungen überhaupt, Abbildungen zu den im Kalender mitgeteilten Erzählungen, usw. Vielfach hat auch hierzu Chodowiecki die Kupfer geliefert. Der letzte Jahr gang, von 1803, trug die Bezeichnung: »Friedens-Almanach von 1803 als Schluß und Supplement des Revolutions- Almanachs.« In der Erklärung der Herausgeber wird dem Konsul Napoleon Weihrauch in höchstem Maße gespendet — als Charakteristikum der Zeit, die in ihm damals den Friedensfürsten nach den Greueln der vorhergegangenen Jahre sah, bemerkenswert: »Die Tendenz des Friedens-Almanachs kann und darf keine andre, als eine friedliche seyn, und wir schmeicheln uns, daß diese Tendenz sichtlich genug ist, und keines weitern Beweises bedarf. Was die Janus-Eremiten, die grauen und blauen Un geheuer, und andre Überbleibsel des Revolutions-Hefens davon urtheilen, läßt sich sreylich leicht voraussehen. Können es doch diese Herrn und Consorten dem edlen Consul nicht vergeben, daß Er, der Löwe des Thals, die Tiger der Berge zum Schweigen brachte! Es ist wirklich wunderbar anzusehen, welche Affinität und Blutsfreundschast zwischen den Jacobtnern Frank reichs und den Jacobinern Deutschlands auch hier herrscht, und wie ähnlich beyde sich in ihren schiefen und hämischen Urteilen und Weissagungen von Bonaparte sind; wie es ihnen wurmt und grimmt, daß der große Mann Religion und Ordnung wieder in ihre alten Rechte einsetzte, die philosophisch-revo lutionären Schwindler in ihrem ganzen, häßlichen Nichts dar stellte, und ach! dadurch, daß er Frieden und Ruhe den Staaten wiedergab, und Staatseigenthum und Völkerrecht wieder sanctionierte, ihre schönen Hoffnungen vereitelte, ohne viele Mühe, durch Umsturz und Verwirrung des Vaterlandes, zu Würden und Reichthümern zu gelangen; — Hoffnungen, die nun in bunten Seifenblasen zersprungen sind! loäs iras! »Heil dem großen Zeitgenossen! mit vollem Herzen stimmt der Friedens-Almanach, und mit ihm jeder Freund echter Huma nität, jenem rührenden Bote der Invaliden bey: (jus Oisu prolovAS 8a vis.« So fühlte, dachte und schrieb man damals in deutschen Landen. In seiner Lebensbeschreibung verteidigt Reichard diese Auffassung, und es macht ihm Ehre, daß er zu Ende der zwanziger Jahre, als der Name Napoleon verfehmt war, von dieser Überzeugung nicht abging und nach wie vor in Napoleon nicht nur den Welteroberer, den Unterdrücker seines Vaterlands, sondern auch den Wiederhersteller der Ordnung, eines geordneten Rechtszustandes, Beschützers der Religion, usw. sah. Durch alle diese Kaleuderuuternehmungen wurde Diete richs Name allerorten in deutschen Landen bekannt. Wenn wir den Nachrichten der Autoren Glauben schenken dürfen, haben diese Unternehmungen auch pekuniär Erfolg gehabt — am wenigsten vielleicht der Musenalmanach in seinen letzten Jahrgängen — und dem opferwilligen Verleger reiche Ernte eingetragen. Mit seinem Tode verloren die Unternehmungen an Bedeutung; die freigebige Hand fehlte, die alten erfahrenen Herausgeber starben, und das freundschaftliche Verhältnis zwischen Autor und Verleger verwandelte sich mehr und mehr in ein geschäftsmäßiges. Das Verhältnis, in dem Dieterich zu seinen Autoren stand, ist ein sehr inniges und so charakteristisch für den Mann und sein Wesen, daß ihm noch einige Worte ge widmet werden sollten. Der reiche Briefwechsel Bürgers (vier Bände) und Lichtenbergs (drei Bände) geben dazu ' manches interessante Material. 48b'
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