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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.04.1906
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- Erscheinungsdatum
- 10.04.1906
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- Deutsch
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8694 Nichtamtlicher Teil. 83, 10. April 1906. Haußzins bezahle, und mein gütiger Wirth, der Verleger, diese Müntze, ohne sie zu wägen oder selbst sie nur anzusehen, ein steckt, daher ich denn schlau genug bin, immer etwas Rechen pfennige und Metallene Knöpfe mit darunter zu mischen.» Auch an den Oberamtmann Schröter schreibt er um die selbe Zeit ähnlich.^) Auch hier schreibt er von dem Verleger, der so gutmütig sei, die Münze weder anzusehen noch zu wiegen, so daß er ihn bezahle mit allem, was ihm in die Hände fällt, »zuweilen mit etwas Geld, sonst aber mitunter mit Rechenpfennigen, alten Rockknöpfen und Blechschnitzeln. Wie's fällt, so liegts«. Auch an Hindenberg schreibt er einmal in den kürzlich von Ebstein veröffentlichten Briefen:^) »Ich weiß nicht, mein Calendcr Anhang thut mir gar kein Genüge, ich habe die Sache dieses Jahr zu wenig geachtet, alles auf die letzte Stunde verschoben und dann Zeilenweise nach der Presse geschickt, und das ist eine böse Art zu arbeiten; wenn ich daher je in meinem Leben noch etwas werde drucken lassen, das Aufmerksamkeit verdient, so muß es nicht an dem Ort seyn, wo ich lebe, da geht es immer Zeilenweise, und wenn ich es dann Bogenweise in die Hände kriege, so kommt es mir selbst abscheulich vor.« Das Publikum schien jedoch anders zu denken als Lichtenberg; der Kalender fand reißenden Absatz, und im Februar 1793 kann er bereits wieder melden, daß der neue Kalender vergriffen sei?s) »Der Taschen Calender ist diesesmal so rein auf abgegangen, daß gegenwärtige würcklich von Hannover haben zurückgefordert werden müssen. Ich war in großer Verlegenheit. Dietrich hätte noch auf 600 verkaufen können. Es kann sepn, daß er auf der Ostermesse wieder welche zurückkriegt. Aber jetzt waren keine mehr da.» So künden die Briefe Lichtenbergs ab und zu von ge deihlichem Fortgang des Almanachs. Auch lustig rnacht er sich manchmal über sein Opus. So schreibt er einmal einer Freundin im Dezember 1797:") »Ich nehme mir die Frepheit, Ihnen hier etwas von unserer hausbackenen, heiligen Christ Waare bepzulegen. Der Himmel gebe nur, daß Ihnen bey meinem Calender, der alte Stamm vater dieser kleinen Race, ich meine der hinckende Bote, nicht einfällt. Der Artikel von der Wurst und der Aucktions Ca- talog hat so was von jenem Ahnherrn.» Lichtenberg spielt hier auf die beiden Aufsätze des Ka lenders für 1798 an: »Das war mir einmal eine Wurst« (ein Beitrag zur Theorie der Prozessionen und Verzeichnis einer Sammlung von Gerätschaften, die in dem Hause des 8ir 8. 8. künftige Woche öffentlich verauktioniert werden soll. Nach dem Englischen). Die Konkurrenz der vielen andern Kalender fürchtet er nicht. An Dieterich schreibt er einmal, vermutlich über den Gothaer Hofkalender, an dem sein Bruder Mitarbeiter war:") »Gott Lob und Dank! Von diesem Calender haben wir nichts zu befürchten. Die Kupfer sind schön gestochen, das ist wahr, aber höchst uninteressant, indem es nicht die Geschichte von Sophie selbst, sondern eine ziemlich matte Nebenhistorie in demselben Roman ist; Und die Abhandlungen am Ende sind abgedroschenes Zeug, und (sollte auch mein Bruder der Ver fasser seyn:) in allem Betracht abscheulich. Ziehe Du also mit Deinem Calender hin im Frieden, der nächste soll noch besser werden.» So sorgt er bis an sein Lebensende für den Kalender. Wie anziehend das Verhältnis zu Dieterich war, wie er be strebt war, dessen Interesse stets zu wahren, wird vielleicht später besprochen werden. Die Briefe Lichtenbergs bieten 2') Lichtenbergs Briefe. III, 38. vst Ebstein, Aus Lichtenbergs Korrespondenz. Stuttg. 1905. S. 100. 2°) Lichtenbergs Briefe. III, 68. ") Ebenda. UI, 193. -°) Ebenda. III, 243. eine Fülle von Material für diesen Freundschaftsbund und auch manche Streiflichter auf den Buchhandel damaliger Zeit. Am 24. Februar 1799 starb Lichtenberg. Die Redaktion des Kalenders übernahm, nachdem die Verhandlungen mit Jean Paul Richter erfolglos geblieben waren, Professor Girtanner in Göttingen; allein dieser starb schon im Mai 1800, und wenige Wochen später folgte ihm Johann Christian Dieterich im Tode nach. Es war ein schwerer Schlag für die Kalenderunternehmungen des Verlags. Wie wir gesehen haben, überlebte auch der Musenalmanach den Tod seines Verlegers nicht lange; auch der Revolutionsalmanach ging bald darauf ein, und wenn auch dem Taschenkalender ein längeres Dasein beschieden war, die alte Bedeutung erlangte er nicht mehr. Mit dem Jahre 1813 ging er ein. Seinem Verleger und seinen Herausgebern widmet der Kalender im Jahrgang 1801 einen Nachruf, in dem es unter anderm heißt: »Das Licht meines Ruhmes ist denn doch mehr als ein kaltes Mondlicht. Die Sonnen, deren erwärmende und be lebende Kraft aus Büchern strahlt, die großen Autoren, mein ich, können ihre Kraft durch eine Art von Hexerei, von der ich sonst. auch noch profitirte, unter ganz besondern Umständen ihren Schriften mittheilen. Das geht so weit, daß ich in meinen goldenen Tagen mehr als ein Mal, wenn man mich durch blätterte und auf gewisse Gedanken stieß, den Ausruf hörte: -Das ist Lichtenberg!» Und doch war von mir, der ich von Lichtenbergs Gedanken nur vereinzelte, auf Papier aufgefangene Funken verbreitete, bis zu der Lichtquelle in Lichtenbergs Seele selbst so weit, wie von der Druckerprcsse bis in den Schoß der Unsterblichkeit. Aber auch mit meinem Funkenkranze stellte ich doch etwas Stattlicheres in der Welt vor, als mancher mit aller kalten Fülle des Vollmonds leuchtende erste, zweite, dritte .... Band; ich würde sagen, als mancher Foliant, wenn sich nicht die so verschrieenen Folianten zur Bequemlichkeit der Leser und, was mehr sagt, zum Besten der Schriftsteller, in eine Reihe von Octavbänden verwandelt hätten, die der fleißige Schriftsteller immer fortsetzen kann, ohne jemals an das fatale Ende gebunden zu seyn, das man zur Zeit der Folianten doch endlich einmal wie eine Abschiedsreverenz hinzufügen mußte. Aber was frommt mir mein Ruhm, wenn ich ihn zu Grabe getragen sehen soll, mit der Leiche derer, die ich, wenigstens zum Theil, zugleich mit der Zeit, nach der ich ge nannt bin, repräsentirte? Schon voriges Jahr erschien ich in Trauer, und meine ersten Worte waren Thränen. Dieses Jahr muß ich gar doppelte Trauer anlegen. Kaum hatte mich nach Lichtenberg's Tode Girtanner, ein Schriftsteller, der sich auf mehr als eine Art durch nützliche Schriften verdient gemacht hat, als den Seinigen ausgenommen und ausgestattet, so starb auch er. Und nun hat mich, kaum einen Monat nach Girtanners Tode, auch mein redlicher und fröhlicher Verpflege! verlaßen, er, der vom ersten Tage meines Daseyns an, ein Menschenalter hindurch, väterlich für mich sorgte, und dem ich in einem ge wissen Sinne — denn Bücher haben gewöhnlich mehrere Väter — selbst mein Daseyn verdanke. Johann Christian Dieterich, durch das, was er für mehr als Einen berühmten Schriftsteller gethan hat, berühmter als die meisten Schriftsteller durch Alles, was sie geschrieben haben, starb am 18ten Juni des Jahres 1800. Dieser Tag ist mir zu wichtig, als daß ich ihn nicht genau anmerken sollte. Und ich hoffe, mehr als Ein Leser wird, indem er dieses liest, mit mir die unerkünstelte Rührung theilen, die ich hier an den Tag legen möchte; indem ich, ein Stundenweiser der Sterblicheit, doch nichts Besseres thun kann, als sinnend verstummen.- Die weitere Herausgabe besorgte H. A. O. Reichard, der bisherige Herausgeber des Gothaer Taschenbuchs und des Revolutionsalrnanachs. Über die Entstehung dieses letztern Almanachs möge Reichard selbst berichten:^) »Gewohnt, an allen großen Weltbegebenheiten durch Schrift und Wort Antheil zu nehmen, konnte ich auch den Ereignissen der Revolution nicht gleichgiltig zusehen. '») H. A. O. Reichard. Selbstbiographie, Hrsg. v. H. Uhde. 287.
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