3162 Fertige Bücher. ^ 70, 26. März 1906. (A Soeben erschien: Des Wandervogels Liederbuch Lerausgegeben vom „Wandervogel", Eingetr. Verein Steglitz b. Berlin. Preis geb. 50 Pf. netto bar 35 Pf. Der unter dem Vorsitz von Pro- fesior Ludwig Gurlitt stehende Verein „Wandervogel" will bekanntlich das Fußwandern unter den Schülern der höheren Lehranstalten fördern. Frischer, straffer, echt deutscher, dazu von jedem schulmäßigen Zuge freier Geist herrscht im Wandervogel. Dieser Geist spiegelt sich vor allem in diesem Liederbuche wider. Bei seiner verausgabe hat in erster Linie der Gesichtspunkt vorge waltet, an Stelle der vielen vorhandenen billigen Liedersammlungen, die kritiklos Gutes und Schlechtes in sich vereinigen, eine sorgfältig ausgewählte Zusammen stellung zu setzen, die nur das Beste enthält, was wir an sangbaren Liedern besitzen. Nach dem Urteil berufener Sachverständiger darf das Büchlein un bedenklich der Heranwachsenden Jugend in die Land gegeben werden. An Orten, deren höhere Lehranstalten Wanderriegen eingerichtet haben, läßt sich leicht ein großer Absatz dieses guten Büchleins erzielen, wie überhaupt die höheren Schulen, akademischen Turn vereine usw. usw. vornehmlich als Käufer in Betracht kommen. A. W. Zickfeldt: Osterwieck/Harz. Nach den eingegangenen Bestellungen haben wir soeben versandt: Novitäten: E. v. Keyserling: Schwüle Tage Novellen (Inhalt: Harmonie — Die Soldatenkersta — Schwüle Tage.) Amschlag von Karl Walser. Geh. M. 2.—, geb. M. 3 — Novellen von Keyserling sind für jeden verfeinerten Geschmack ein erlesener Genuß. Kaum ein heutiger deutscher Erzähler hat einen so graziösen, sicheren Tonfall. Besonders fein ist in Keyserlings Novellen die Schilderung der Natur; man sieht, hier ist die Natur nicht in der Ferienstimmung eines Städters gesehen, sondern zugrunde liegt die genaueste Kenntnis des Lebens auf einem großen Gutshof, mit der Arbeit auf dem Felde und der Feierstunde am Abend, mit Jahreszeiten und Tagesstunden, mit Tieren und Menschen. And diese Menschen kennt und schildert Keyserling mit derselben Intimität. ZI Er verfügt über eine schwüle und betörende Erotik, die durch eine gewisse Ironie des Vortrages etwas Schneidendes und höchst Melancholisches bekommt. Seine Novellen sind zudem kleine Meisterstücke an Abrundung. Gustav Leutelt: Die Könighäuser Roman. Geh. M. 3.50, geb. M 4.50 Dieses Erstlingswerk eines jungen Dichters ist eine Dorf geschichte, die sicherlich einen sehr besonderen und ehrenvollen Platz in der heutigen Produktion erringen wird. Denn Leutelt sieht seine Welt wieder mit den unbefangenen Augen eines Poeten und stellt sie in poetischer Verklärung wahr und leuchtend hin, ohne in seinem zarten und sicheren Instinkt durch irgend einen Schulgeschmack, sei es der des Naturalismus, sei es der der Heimatkunst verwirrt zu sein. Leutels Buch ist auf dem Grunde einer sehr reinen und sicheren Weltanschauung ge wachsen, es schildert demgemäß nichts Fragmentarisches, sondern eines ganzen Lebens Verlauf und Sinn Den Hintergrund macht eine in ihrem Wirken und in ihrer ruhigen Schönheit gleich intim und treu beobachtete Natur. Wir zweifeln nicht, daß das Buch sehr bald eine Gemeinde finden wird.