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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.04.1919
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1919-04-29
- Erscheinungsdatum
- 29.04.1919
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Ten. >>" 84, 29, April 1919, temperamentvoll, nie doktrinär, voll GefnhlSwärme und natür lichen Taktes, mit Gesinnungsreinheit, weder konservativ noch liberal, mit nationalem Gewissen und verantwortungsvollem Ernst und wundervoller Pietät ein. Das gab seiner Art den kon servativen Anstrich, nachdem ihn seine Gegner gern als Partei- konservativen, der er nicht war, charakterisiert hätten. Er leug nete alle Einseitigkeit, alle Kritik um der Kritik willen; ein ab geschworener Feind des Pessimismus, voll innerer geistiger Lei denschaft, suchte er stets positive Arbeit z» leisten, in allem den Frieden, der sich auf Härle gegen die eigene Person gründet. Dabei stand ihm ein bis zum Eigensinn fähiger Wille zur Seite, So war er bei klaren Shm- und Antipathien gewiß kein be quemer Leiter, Redakteur für die »Grenzbvten«mitarveiter, kein leicht umgänglicher Verleger für die Bneliantorcn, Von allem, was er in die Hand nahm, verstand er etwa»; nicht bloß in geschäftlicher Hinsicht, sondern aus dein Besitze höchster Bildung heraus. Sie fußte bei ihm aus einem sicheren Verhältnis zum Humanismus, das seinen Geschmack allzu klassizistisch färbte, was seinen: Romanverlag hier und da geschadet hat. Wo er nicht ans sein Wissen zurnckgrcifen konnte, durfte er sich auf sein Gefühl verlassen; es sagte ihm deutlich, was gesund — eins seiner Lieblingsworte — und was schwächlich war. Ihm war als Lebenskünstler in idealistischem Sinne, der in jeder Lebens lage Humor zur Verfügung hatte, die Kunst des Verkehrs mit Menschen durch Briefe und Gespräche in besonderem Maße eigen. Sei» Interesse für alle Lebensfragen machte den Umgang mit ihm stets ertragreich. Als Politiker stellte er die »Grenzboten« Bismarck zur Verfügung, wußte später aber auch den Weg zum jungen Kaiser nach des Kanzlers Abgang zu fin den, ans sachlichen Gründen heraus. Voll sozialer Gesinnung, bekämpfte er die hetzerische Tätigkeit der Sozialdemokratie, Den Blick des Volkes auf die höchsten geistige», seelischen Güter und Ausgaben des Menschen zurückzulcnken, war sein stetes Bemühen, nicht bloß in der Politik, auch in Literatur, Kunst und Wissen schaft, denen er in seinem Lieblingskinde, den »Grenzboten«, einen breiten Raum zur Verfügung stellte. Er brachte es dahin, daß, wer die »Grenzboteu« las oder Grunow-Bücher kaufte, sich zu einer bestimmten Gemeinde bekannte, Sa sehr wurden Zeit schrift wie Verlag sein persönliches Werk, Bis ins Sprachliche hinein. Er wurde mit seinem Freunde und Redakteur lw, G, Wustmann der stilistische Lehrmeister des Kaiserreichs, der unermüdlich alle Manuskripte, die er in der Zeitschrift oder im Verlage herausbrachte, durchfeilte und selbst seine Lebensarbeit mit einem »g ram ma t i s ch e n R a ch s ch l a g c b u ch e« (1905) abschloß. Ungeheure Arbeitskraft stand diesen: seltenen Alaune zur Verfügung, dessen Wirken ebenso unvergeßlich ist wie seine äußere, hochgcwachsene, stattliche, männlich schöne, aufrechte Er scheinung allen, die einmal in seine lichtblauen, leuchtenden Angen geschaut. Die »Grenz boten« machte Johannes Grunow mit IW, G, Wustmann zusammen, später mit I, R, Haarhaus zu einem führenden Organ der nationalen Presse, zu einem Organ aller unabhängigen nationalen Geister, die etwas eigen Erdachtes und -Erlebtes, Selbständiges und Führendes zu sagen hatten. Er gab ahnen jene große nationale Sachlichkeit und Universali tät, denen sie bis heute treu geblieben sind. Im Buchverlag gehörte Johannes Grunows besondere Liebe der Belletristik, Er hat eine Reihe von Talenten in die Öffentlichkeit eingeführl, um die sich dann andere Verleger ge rissen haben. Freilich blieb ihm auch hier der große Auflagen erfolg fern. Er gab keine Massenware, sondern nur Qualität inneren, seelischen Bezirkes, Er war auch nicht der Geschäfts mann, der absolut um den Absatz besorgt war, alles andere da hinter znrückstellte. So hal er eine Reihe bedeutendster Werte heranSgebracht, auch auf dem Gebiete der Wissenschaften, der Politik, decken man Wohl mitunter größere Verbreitung ge wünscht hätte, I» der Politik hatte er mit den »Grenzbotcn« in das Lager Bismarcks hinübcrgeschwenkt, ohne dem Kanzler nun kritiklos anzuhängen, Nr, Moritz Busch brachte seine berühmten Bismarckwerkc im Verlage heraus; von Max Bewcr, O, Kaem m e l schlossen sich andere Bismarckpnblikationen an, 908 Einen großen Umfang nahmen die Bücher und Broschüren zu aktuellen Fragen an: vom Judenprodtcm bis zur Kolonialsrage, von der Sozialpolitik bis zn Elsaß-Lothringen gab es nichts, was hier nicht behandelt wurde, Hauptgulor auf diesem Ge biete wurde seit 1889 der Weise von Neisse: Carl Je nt sch. Dieser hervorragendste Publizist, den Deutschtand Wohl bisher besessen, verband sich in herzlicher Freundschaft mit dem Ver leger, dem er unter andcrm sein unübertrefflichstes Werk, die »Volkswirtschaftslehre«, heute in fast 50 000 Exem plaren verbreitet, zubrachte. Auf dem Gebiete der Geschichte gründete Johannes Grunow die unentbehrliche Sammlung »Deutscher Geschichtr« k a l c n d e r« (von 1885--I910 im Verlage), brachte er G u g lias Rankebiographie; Ratzels »Deutschland«, Fried richs d, Gr, Denkwürdigkeiten u, a, heraus. In der Lite raturgeschichte wurde Adolf Stern (Otto Lüdwig- ausgabc mit Erich Schmidt) sein Hauptautor, in der Sprach wissenschaft Ur, G, Wustmanu mit seinen nnvergang lichen »Allerhand S p r a ch d u in m h e i t e n« , in der Kunstgeschichte Rosen b erg mit der großen »Geschichte der modernen Kunst« und Paul Eudel mit den »Fälscher k ii n st c u«, I» der Theologie, S o z i a l b e w e g u n g , Philosophie wurden Männer wie P aul D re w s, P a n l Goehre, O, Baumgarten, Rudolf Hitdcbrand u, a, seine Autoren, Seine besondere Sorge gehörte seinen Dichtern, Vor 1390 hatte er keine Zeit gewonnen, die schöne Literatur besonders zu Pflegen, Aber danach gelang es ihm, Jahr um Jahr Talente, Persönlichkeiten zu entdecken und z» fördern, die sich rasch die Liebe des Publikums und einen Namen im ernstesten literari schen Urteil erwarben: Fritz Anders, Charlotte Niese, Wilhelm Speck, E, I, Groth, A, Schmitt- Heu n e r, T i m m K r ö g e r, H, W e t t e, I, R, H a a r h a u S , SophuS Bauditz, Björn st jerne Björn son vertra ten bei ihm jene gesunde Erzählungskunst, deren geistige und künstlerische Werte von Dauer sind. Daneben wirkte er besonders mit wundervollen Anthologien, wie WustmannS »Als der Großvater die Großmutter nah m«, lind mit Iw, H, NehrhS »Cu tatcnscha tz«. Als Johannes Grunow starb, entstand in der Verleger- wie in der literarischen Welt eine Lücke, die nicht anSzufüllen war. Sein Sohn Wolfgang, sein einziges überlebendes Kind aus seiner Ehe mit Elisabeth Krais, war viel zu jung, uni das Werk des Vaters fortsühren zu können. Der eben Zwanzigjährige konnte nicht schon eine Zeitschrift von solcher Bedeutung wie die »Grenzboten« leitend übernehmen, ES galt, einen neuen Verleger zu finden, Karl Weisser und I, R, Haarhaus führten die Wochenschrift fort, bis- Georg Cleinow und IN, P, Mahn sic am I, Januar 1909 nach Berlin in einen eigenen Verlag übernahmen. Damit hatte der Verlag ein anderes Aussehen bekommen, als ihn Wolfgnng Grunow im Jahre l909 selbständig übernahm. Aber der junge Verleger machte sich voll Frische und Unternehmungsgeist an seine Arbeit, Das Kommis sionsgeschäft Fr, Ludw, Herbig siedelte er in neuen Räumen an und gab ihm neue Verbindungen, neue Organi- sation in einer GcschäftSvcrmittlungSadteilung, eine allgemeine Modernisierung, Den Verlag baute er vor allem nach der belle tristischen Seite weiter aus: er gewann eine ganze Reihe neuer Autoren, Er wollte besonders den guten, humoristischen Unler- haltungsroman pflegen: E, Clausen, Fr, G nutzer, Victor Fleischer, Ehr, Ratzel, V, .Helling, W, Poeck, P, Rosenkrantz traten in seiner leider nur kurzen Wirkungszeit hinzu. Mit »Grunows Büchern für frohe und ernste Stunden« wurde eine billige UnterhaltungSbibliothck an gelegt, die allerdings nicht einschlng. Auch auf wissenschaftlichem Gebiete fand sich manches gute neue Werk: von Georg Cleinow, Iw, Kraatz u, a. m. Der Krieg setzte dem vor wärtsstrebenden Wirken Wolfgang Grunows ein allzu frühes Ende: am 16, September 1914 schwer verwundet, starb Wolfgang am 29, Oktober 1914, Er hinterließ ein MhrigeS Söhnchen, Frau Elisabeth Grunow geb, Grunwald versuchte Verlag wie
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