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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.03.1906
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 13.03.1906
- Sprache
- Deutsch
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^ 60, 16. März 1906 Nichtamtlicher Teil. 2681 erwarte, was Herr Vieweg mir für meine Arbeit anbieten zu können glaubt. Ist sein Anerbieten geringer als meine Forderung, so nehme ich meinen versiegelten Zettel uneröffnet zurück, und die Negotiation zerschlägt sich, ist es höher, so verlange ich nicht mehr als in dem, alsdann von Herrn Oberconsistorialrath szu eröffnenden Zettel verzeichnet ist.« Man wird zugeben, daß ein solches Spiel mit dem Verleger grausam ist. Er wird dazu getrieben, ein Gebot zu tun, das über seine Absicht hinausgeht, weil er sich sagen kann: Wenn ich mehr biete als was auf dem Zettel steht, brauche ich es nicht zu bezahlen, und Goethe wird nichts Unbilliges verlangen. Anderseits hat der Autor die Chance, wenn der Verleger auf Grund dieser Anschauung mehr bietet, auch eiu verhältnismäßig sehr hohes Gebot auf diese Weise bewilligt zu erhalten. Nun hatte Goethe auf den bei Böttiger deponierten Zettel geschrieben: »Für mein episches Gedicht Hermann und Dorothea verlange ich Eintausend Thaler in Golde. Weimar, 16. Januar 1797. Goethe«. Das war eine verhältnismäßig sehr hohe Summe. Es traf sich merkwürdig, daß Vieweg genau diese Summe bot. Ich vermute, daß der Umschlag des Zettels etwas durch sichtig war, oder der gute Böttiger kannte auf andre Weise Goethes Forderung und hat Vieweg unter der Hand ver ständigt. Goethe hat die Sache von der humoristischen Seite aufgefaßt. Er schrieb an Schiller am 29. Januar: »Ferner habe ich auch mein Gedicht verhandelt, wobei sich einige artige Begebenheiten ereignet haben«. Schiller antwortete am 31. Januar: »Was das epische Gedicht betrifft, so hoffe ich, Sie sind in gute Hände gefallen. Das Werk wird einen glänzenden Absatz haben, und bei solchen Schriften sollte der Verleger billigst keinen Profit zu machen suchen, sondern sich mit der Ehre begnügen. Mit schlechten Büchern mag er reich werden«. Um seine 1000 Taler und die übrigen Kosten für die sehr schöne Ausstattung mit Stichen, gutem Druck und Papier hereinzubekommen, gab Vieweg verschiedene Ausgaben des Taschenbuchs für 1798 heraus, das Hermann und Dorothea enthielt. Die feinsten Exemplare waren in gestickte Seide und Maroquin gebunden und sind heute noch eine wahre Augenweide. Als Zugabe erhielten die Käufer Messer und Schere, damit die Damen auch etwas Praktisches iu den Händen hätten und sich doppelt freuten, wenn sie Hermann und Dorothea und dazu ein anmutiges Näh instrument empfingen! Er muß auch Erfolg damit gehabt haben, denn er hat nicht geklagt und Hermann und Dorothea sehr oft gedruckt. Johann Friedrich Cotta ist derjenige, der nun auf den Plan tritt und alle andern Verleger Goethes aus dem Felde schlägt. Es braucht nicht gesagt zu werden, was Cotta in der Geschichte des deutschen Buchhandels bedeutet, wie er die verfallene, schon 1659 gegründete Buchhand lung seiner Familie in überraschend kurzer Zeit in die Höhe brachte, wie er durch die Verbindung mit Schiller die Grundsteine zur Größe seines Hauses legte, indem durch die Horen Schillers die ersten Schriftsteller der Zeit zu Cotta in vorübergehende oder dauernde Verbindung traten. Das alles gehört als allgemein bekannt der Geschichte an. Daß Cotta durch Schillers Vermittelung in erster Linie an Goethe heranzukommen suchte, versteht sich von selbst. Sehr schnell hat sich das gemacht. Schon im September 1797 wohnte Goethe in Tübingen bei Cotta, und gewann schnell Neigung zu dem gewandten und feinfühligen Manne, der ihm jeden Wunsch von den Lippen abzulesen wußte, ohne doch jemals servil zu werden. Was alles zwischen Goethe und Cotta im Laufe der langen Jahre ihrer Verbindung verhandelt worden ist, das Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. liegt vor uns in den Briefen Goethes, die zum größten Teil bereits in der Weimarer Ausgabe gedruckt sind. Wir sehen, daß Goethe aus seiner Zurückhaltung selten heraus tritt, und dem vertrauten Geschäftsfreunde gegenüber sogar ohne Grund Härte und Mißtrauen zeigte, daß Cotta da gegen immer vornehm, immer entgegenkommend, immer taktvoll, abzuweisen versteht, wo Goethe ungerechtfertigte Vorwürfe oder unbillige Forderungen erhebt. Ein außerordentliches diplomatisches Geschick, höchster menschlicher Takt waltet auf Cottas Seite vor. Nur ein einziges Mal brach sein Zorn durch in einem ergreifenden Brief, durch den das ganze Verhältnis seine Beleuchtung er hält. Er ist von Cotta an Goethe am 11. Februar 1828 geschrieben, als er schon über dreißig Jahre mit Goethe in Verbindung stand. Goethe hatte verlangt, daß für den Briefwechsel zwischen Schiller und ihm das Honorar ohne Einsichtnahme in das Manuskript gezahlt werden sollte. Cotta erwiderte auf diese ganz unbillige und kränkende Zumutung: »Euer Exzellenz geehrtes Schreiben vom 17. Dezember darf ich nicht länger unbeantwortet lassen. Der Eindruck, den das selbe auf mein durch sehr bittere Erfahrungen ohnedies sehr schwer gestimmtes Gemüth machte, will ich nicht zu beschreiben suchen, genug, daß es der Schlußstein eines sehr kummervollen Jahres war. -Ich betrachte zunächst die Thatsache, so wie sie durch ge dachtes Schreiben sich mir darstellt: Ein Manuscript von den ersten Schriftstellern ist mir für Rthl. 8000 angeboten — Die Einsicht desselben wird mir nicht zugestanden, denn nur wenn ich die verlangte Summe übermache, soll dieß Manuscript abgehen. -Ich gebe gerne zu, daß ein Werk von solchen Meistern, durch Ihre Redaction sanctionirt, eine Ausnahme von der ge wöhnlichen Regel — eine Waare vorher zu beschauen, ehe man sie kauft und bezahlt — rechtfertige, und, daß die in dem Schreiben angegebenen Daten zur Berechnung der Ausdehnung des Werkes genügen konnten und würden, wenn Vertrauen gegen Vertrauen gesezt wäre. — Wie aber wenn von der einen Seite Vertrauen vorausgesezt wird, von den andern Seite ein Mißtrauen gezeigt wird, das zu den ungewöhnlichen gehört? Sollte, vorausgesezt, es wäre ein ganz fremder unbekannter Verleger, diesem es verdacht werden können, wenn er, ehe er die Rthl. 8000 zahlte, den Wunsch ausspräche, das Manuscript ein zusehen, um nach seinen buchhändlerischen Erfahrungen seinen Calcul darnach zu machen, da ein Honorar von solcher Bedeutung, (der Factor der Druckerei schäzt das Ganze nach den gegebenen Daten auf 4 mäßige etwas weitläufig gedruckte Bände) — doch gewiß einiges Bedenken rechtfertigt. Wenn aber ein solches Mißtrauen nicht einem fremden unbekannten Verleger gezeigt wird, sondern einem Mann, der mehr als dreyßig Jahre in Verbindung steht und der nie, nur einen Tag seine Geld-Ob liegenheiten unerfüllt ließ, wie unerwartet muß diesem ein solches Mißtrauen erscheinen? »Aber mir ber> meinem reinen Bewußtsein, bey meinem rechtlichen Gefühl mußte es mehr als unerwartet, es mußte mir die schmerzhafteste Erfahrung seyn. »Denn ich darf und muß mir das Zeugniß geben, daß ich auch nicht den entferntesten Anlaß auch nur zum leisesten Ver dacht oder Mißtrauen Ihnen gegeben, ja, daß ich mein Benehmen der ganzen Welt vorlegen darf, und daß mir das Zeugniß nicht entstehen kann, mit Rechtlichkeit, Edelmuth und Aufopferung die Verhältnisse des Verlegers gegen Verfasser beachtet und be handelt zu haben. »Denn während der mehr als dreißigjährigen Verbindung wurde mit der größten Gewissenhaftigkeit jede Verbindlichkeit erfüllt, jedem Wunsch entgegengekommcn; galt es wirkliche vor ausgesehene Opfer, ich brachte sie gerne, denn ich schäzte das Verhältniß höher als bloße Finanzspekulanten es betrachten würden. Beweiß nur der Verlag von Morphologie, und Kunst und Alterthum, von welchen ich einen Verlust von fl. 9000 Nach weisen kann — und welches Opfer brachte ich damals, als ich im Jahre 1811 noch 2 Jahre das Verlagsrecht hatte und dasselbe zur Herausgabe einer Taschenausgabe benuzen wollte? — Auf 353
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