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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.03.1906
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 12.03.1906
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- Deutsch
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^ 59, 12. März 1906. Nichtamtlicher Teil. 2637 Etwas vom französischen, englischen und ameri kanischen Buchhandel. — Die Märznummer der englischen Monatsschrift »Mw Loolc Nontül^» enthält zwei Artikel, die den französischen und den englischen bezw. den englischen und den amerikanischen Buchhandel miteinander vergleichen; durch eine Gegenüberstellung der beiden Arbeiten kommen die Eigenheiten der buchhändlerischen Betriebe in den drei vorgenannten Ländern nicht uninteressant zum Ausdruck. Der Büchcrverkauf in Paris ist von dem in London so verschieden wie die Verlagsmethodcn in beiden Städten. Das geschickte und wohlorganisierte System, mit dem der englische Verleger seine Bücher auf den Markt bringt, scheint sich für den fran zösischen Verleger als überflüssig zu erweisen, vielleicht weil die literarische Kritik in Frankreich gesunder ist und die Bücher nach ihrem Verdienst Absatz finden. Der Mangel der Verlegeragitation zwingt den Pariser Buchhändler aber, sein Lager auszustellen, als ob er Grünkram verkaufte. Die besten Geschäfte machen die jenigen Buchhändler auf den großen Pariser Boulevards, die ihre Fensterausstattungen durch große Ausstellungen auf den Straßen ergänzen. Das Publikum wird durch die aufgestapeltcn Romane, Biographien re., die durchschnittlich 3 Frcs. kosten, obwohl der Preis mit 3 Frcs. 50 Cts. angegeben ist, in Scharen angezogcn. Die Straßenauslage bringt es mit sich, daß das ganze Geschäft draußen erledigt wird und das Publikum nur selten den Laden betritt. Fast in allen Geschäften wird ein Abzug bewilligt, ob wohl das nicht, wie in London, in auffallenden Plakaten überall angezeigt ist. Dem englischen Bücherkäufer wird der broschierte 3 Frcs.-Band im Vergleich zu dem englischen 6 Schilling-Roman immer als vorteilhaft erscheinen. Der Verfasser spricht auch von den Büchern, die, so gut sie auch sein mögen, die Saison nicht überleben. Wer aber ein Werk erstanden hat, das ihm wert scheint, in seiner Bibliothek einen Platz zu finden, kann es dann immer noch, und zwar nach seinem Geschmack binden lassen, so daß seine Bibliothek seiner Individualität Ausdruck gibt; er hat nicht nötig, es mit den phantasievollen Bücherdccken englischer Verleger zu kaufen. Der Autor hat bei den Buchhändlern in Paris viele praktische Methoden gefunden. Originell ist die Sitte des Bllchereinpackens. Der Händler legt um das verkaufte Werk einen steifen Umschlag, den ein Gummireif zusammenhält; das Buch wird somit rein erhalten, die einzelnen Teile können sich nicht loslösen, es macht für den Buchhändler Reklame, da seine Firma auf dem Umschlag steht, und — was in Paris besonders geschätzt wird — es verhüllt den Titel des Werkes, den Neugierige bei der Lektüre in der Eisenbahn oder sonst an öffentlichen Orten sich wohl zu er spähen bemühen. Während in England nur Werke erfolgreicher Autoren die fünfte Auflage erreichen — eine Auflage besteht in Frankreich in der Regel aus 1000 Exemplaren —, ist das in Paris durchaus kein Triumph. Man darf dabei allerdings den Preisunterschied zwischen französischen und englischen Büchern nicht außer acht lassen. Die Werke populärer französischer Autoren, wie Paul Bourgct, Anatole France, Pierre Loti und Marcel Prevost, werden das ganze Jahr hindurch in Tausenden von Exemplaren verkauft. Nur zwei oder drei französische Verleger schicken Reisende herum. Im allgemeinen werden die Geschäfte direkt zwischen Buchhändler (Sortimenter) und Verleger abgewickelt; broschierte Bände werden meist bereitwillig in Kommission geliefert. So kommt es, daß Romane, die niemand kauft, überall in hohen Stapeln ausliegen, was das Publikum dann wohl zu dem Glauben veranlaßt, daß cs sich um neue, erfolgreiche Werke handle. In der französischen Buchhandlung fehlen ganz die hübsch ausgestatteten Ausgaben druckfreier Werke, die so viel zur Verschönerung der englischen Buchlädcn beitragen. Es gibt einige teure Ausgaben der französischen Klassiker; die meisten sind aber nur in der häßlichen und schlecht gedruckten Libiiotüeqae nationale herausgegeben. In Frankreich gibt es nichts den eng lischen Mwpls Olassios, den Min paper säitious und ähnlichen Aus gaben Ähnliches, und ebenso vermißt man die Originalität, die in den englischen Miniatur-Ausgaben und auch in den »Vamp/ doolrs» zum Ausdruck kommt. Im Pariser Buchhandel nimmt der Verkauf von Librettos und aktuellen dramatischen Novitäten großen Raum ein. Die Ausgabe nahezu aller Werke — und es gelangen dort viel mehr Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 73. Jahrgang. dramatische Arbeiten als in London auf die Bretter — erfolgt unmittelbar nach der Aufführung; in vielen Buchhandlungen sind ganze Reihen damit gefüllt. In England erscheinen Buchausgaben von Bühnenwerken nur ganz selten. (Von den gegenwärtig auf dem Londoner Bühnenspielplan stehenden Stücken ist nur Stephen Phillips' Nero zum Preise von 4 sü. 6 ä. not zu haben.) Die Mode spielt im französischen Buchhandel eine große Rolle; zurzeit begeistern sich die Republikaner an Hofklatsch wie: »I-sopolä II. Intime-; M Vsrits snr Ouillaums II.»; I>8 lioi ä'Lsxagns oder lai- usw. Werke englischer Übersetzung sind immer sehr beliebt gewesen und auch jetzt begehrt. Französische Buchhändler scheinen Bücher nicht so gründlich zu vertreiben wie ihre englischen Kollegen. Das Publikum sieht sich an, was draußen ausliegt, wohl auch, was innen im Laden ist; wenn es aber nicht findet, was es gerade sucht, geht es weiter. Mit Ausnahme der Droschken und Automobile scheint in Paris alles gemächlich zu gehen, und nichts ist gemächlicher als die Art und Weise, wie Pariser Buchläden geleitet werden Trotz dieser Muße und Bequemlichkeit haben die Angestellten der Pariser Buchhandlungen es aber schwerer als ihre englischen Kollegen; die Arbeitsstunden beginnen meist um ^8 Uhr morgens und dauern bis 10 Uhr abends, auch Sonntags halten viele Geschäfte ihre Läden bis mittags geöffnet, während kurz vor Neujahr, in der regen Geschäftszeit Sonntags vielfach bis 5 Uhr nachmittags gearbeitet wird. (Der Autor denkt wohl hauptsächlich an die Buchläden auf den großen Boulevards. In dem eigentlichen Pariser Buchhändlerviertel — St. Germain und Quartier latin — sind die Geschäfte und Bureaus nicht so lange geöffnet wie durchschnittlich in Deutschland.) — über den amerikanischen Buchhandel läßt sich John Oliver Hobbes (Mrs. Craigie) nach einem Besuche ihres Heimatlandes in England vernehmen. Sie hält amerikanische Verleger für sehr unternehmend in der Weise, in der sie die Bücher verlegen und anzeigen. Verleger, die sich an den altmodischen Annoncen stil halten und ihre Anzeigen durch die Schlagworte der Kritik einer maßgebenden Zeitung stützen, haben solide Erfolge für sich und ihre Autoren erzielt. Die marktschreierische Reklame, die, wie man nach dem New Uorker Handelscentrum sagt, im »IVall 8trsst--Stil gehalten ist und für lange Zeit bedeutende Erfolge zu erzielen vermochte, hat im Buchhandel bedeutend nach gelassen; das Urteil des amerikanischen Publikums hat sich ge läutert, und wenn ein Werk nicht an und für sich gut ist, hat es keine großen Aussichten, durch die Reklame allein größern Absatz zu erreichen. Wenn Verleger Romane herausgeben, für die sie einen höhern Preis zu zahlen hatten, so suchen sie das nicht indirekt wieder einzubringen, indem sie ein paar minderwertige Arbeiten mitgehen lassen; sie verlegen dann eben nicht so viel, und weil sie ihr Geld nur für gute Werke ausgeben, haben sie auch ihren Ruf beim Bücher-Publikum aufrecht erhalten. Die Bücherbesprcchung ist in Amerika im allgemeinen ge wissenhaft; die Referenten lesen die Arbeiten, die sie beurteilen, und wenn sie sie angreifen, geben sie auch Gründe dafür an. In den meisten leitenden Journalen steht es dem Autor und auch dem Publikum frei, zu der Kritik ihrerseits Stellung zu nebmen. Das Fundament zu einer großen amerikanischen Literatur ist zweifellos gelegt; die Amerikaner sind stolz auf ihre Hawthorne, Emerson und Lowell und alle ihre andern großen Schriftsteller und entschlossen, auch ferner einen hohen Maßstab anzulegcn. Amerikanische Gelehrte haben sich eine hohe Stellung erworben, und das Publikum sicht nicht ein, weshalb seine No vellisten nicht denselben Platz einnehmen sollten. Es ist reichliches, fast zu reichliches Material vorhanden, aus dem eine amerikanische Literatur hervorgehen könnte; es wird keine rein amerikanische Literatur im eigentlichen Sinne des Wortes sein, sie wird aber alle die Elemente umfassen, die im Volke vertreten sind. Der englische und der amerikanische Roman sind im Grunde ganz verschieden, und es ist höchst unwahrscheinlich, daß einer in beiden Ländern den gleichen großen Erfolg erzielt. Die Amerikaner sind über England und englisches Leben meist besser orientiert als die Engländer über Amerika, und da man die Verhältnisse eines Landes kennen muß, um seine Belletristik zu verstehen, so kommt es, daß die englischen Romane bisher viel größern Erfolg in Amerika fanden als die amerikanischen Werke in Eng land. Amerika ist jedenfalls jetzt aber nicht mehr wie einst das 347
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