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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.03.1906
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- Erscheinungsdatum
- 09.03.1906
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- Deutsch
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2550 Nichtamtlicher Teil. geschichte um so mehr Beziehungen zu den Vorläufern und Uranfängen der Buchdruckerkunst, speziell des Holzschnitts, wie dies bereits von vielen Seiten in erschöpfenden Unter suchungen nachgewiesen worden ist, deren Ergebnisse d'Alle- magne im zweiten Kapitel seines Werks denn auch ver wertet. Die Erfindung der Spielkarten ist tsrra ivooguit«, ge blieben. Von einigen Forschern wird behauptet, daß sie aus dem Orient eingeführt und namentlich in China schon im zwölften Jahrhundert bekannt gewesen seien. Im zweiten Jahrzehnt jenes Jahrhunderts soll nämlich ein Offizier dem chinesischen Kaiser Kao-Tiong eine Denkschrift über die Einführung eines Spiels von 32 Elfenbeintäfelchen überreicht haben, wie uns das allerdings erst 1678 erschienene chinesische Wörterbuch Ching-tze-tung mitteilt. Im Abend land sehen wir das Kartenspiel am Anfang des vierzehnten Jahrhunderts auftauchen und offenbar so schnell sich aus breiten, daß alsbald Verordnungen dagegen erlassen werden mußten. Als vereinzelten, frühesten Beweis zitieren die deutschen Geschichtschreiber der Spielkarte Baron Heineckcn, Breitkopf und von Nikolai einen Hirtenbrief des Bischofs von Würzburg aus dem Jahre 1329, der den Mönchen und Geistlichen seiner Diözese das Kartenspiel verbietet. In den siebziger Jahren desselben Jahrhunderts begegnen wir dann mehrfachen Dokumenten über die Existenz der neuen Liebhaberei, recht ausführlich u. a. in dem 1377 verfaßten Handbuch »Os woribu8 st ckisoiplina bvwavs eov- vsrsseivllis«. d'Allemagne widmet dieser interessanten Hand schrift eine eingehende Besprechung. Sie wurde vom Frater Johannes aus Rheinfelden bei Basel verfaßt, jedoch erst im Jahre 1472 der Öffentlichkeit übergeben und enthält eine beredte Verteidigung des Kartenspiels, die heutigentags jedenfalls einen wirklichen, kulturgeschichtlichen Wert für uns haben dürfte. Johannes nennt sogar Albert den Großen und den heiligen Thomas von Aquino als Freunde des Kartenspiels, das »eine gesunde Zerstreuung für die zu große Arbeit des Geistes« sei, und versäumt über der Absicht, den moralischen Wert des Kartenspielens darzutun, eine Be schreibung davon zu geben. In Belgien war das Kartenspiel im Jahre 1379 bekannt, was aus den im Brüsseler Staaatsarchiv aufbewahrten Registern der Rech- nungskammer des Grafen Venceslas und der Gräfin Johanna von Brabant unzweifelhaft hervorgeht. Es wurden damals für ein Kartenspiel »4 Peters 2 Gulden, im Werte von 8>/z Goldschafen« (Brabanter Münzen) bezahlt. Das be treffende Register führt weitere, ähnliche Ausgaben in den nächsten Jahren an. In Frankreich datiert das älteste Be weisstück vom Kaufe eines Kartenspiels aus dem Jahre 1392, wo der Schatzmeister des Königs Karl VI. dem Maler Gringonneur für drei Kartenspiele »in Gold und verschiedenen Farben« 56 Pariser Sols auszahlte. Diese am Anfang des 18. Jahrhunderts vom Pater Msnstrier entdeckte Notiz galt fälschlich lange Zeit als Beweis für die Erfindung der Spiel karten durch Gringonneur. Auch bildliche Zeugnisse für das Erscheinen des Karten spiel in dieser Epoche sind bekannt. Das älteste scheint die eine Spielszene darstellende Miniatur eines jetzt im Besitz von Sir Edgar Bridge befindlichen Manuskripts »Os komsv äu Koi Nslisäns« zu sein, dessen Entstehung von Singer ans Ende des vierzehnten Jahrhunderts verlegt wird. Der älteste Holzschnitt, der eine Kartenspielerszene zeigt, wurde von Fräulein Schreiber entdeckt; er stammt aus dem Jahr 1472, und die abgebildeten Karten lassen deutsche Be zeichnungen erkennen. Eine andre, außerordentlich schöne Spielerdarstellung besitzen wir in Israel van Meckens (1482—1503) Kupferstich »Das Spiel«. Auch in Holbeins berühmtem Totentanz, zum ersten Mal 1538 in Lyon ver öffentlicht, findet sich ein Bild, das einen Spieler im Streit mit dem Tod und dem Spielteufel wiedergibt. Wir müssen es uns natürlich versagen, auf die weitere geschichtliche Entwicklung des Kartenspiels einzugehen, der der Verfasser den 4.—12. Abschnitt des ersten Kapitels (S. 1—292) widmet, und wollen nur noch auf einige derjenigen Abschnitte besonders Hinweisen, die auch für den Laien interessant sind. So berichtet d'Allemagne im 5. Abschnitt (S. 172—178) über ein »Iss Nküdis« ge nanntes Kartenspiel, das in 50 Karten eine Bilder-Enzy klopädie des vierzehnten Jahrhunderts darstellte und an scheinend der Belehrung gedient hat. Ein ähnliches Tarock spiel wurde 1485 gestochen und wird von vielen Kennern dem Maler Mantegna zugeschrieben. Es enthielt in fünf Serien die Sinnbilder der mathematischen, astronomischen, theologischen, moralischen Wissenschaften, der Künste und Tugenden und ist sehr schön ausgeführt. Die Abschnitte 10—12 (S. 213—292) behandeln die Lehrspiele der späteren Zeit, die satirischen, politischen, grotesken Kartenspiele und schließlich die kindlichen Karten spiele, Frage- und Antwortspiele, Dominokarlenspiele, Ver wandlungskartenspiele und andere. Im ersten dieser Ab schnitte begegnen wir da u. a. einem geographischen Karten spiel von 1669, einem heraldischen von 1692, einem Festungskartenspiel von 1763 (für die Zöglinge einer Kriegs schule erfunden), einem prächtigen Spiel von 1820 mit Abbildungen und Textstellen aus den Fabeln La Fontaines, einem musikalischen Spiel aus der gleichen Zeit, einem Spiel mit den »Oris äs ?ar>8« von 1830—1840, mit Schlachten bildern aus der Zeit des ersten Kaiserreichs, mit den Attributen der Revolution, erfunden vom Grafen Saint- Simon, Spielen mit den Porträts von Herrschern, weltlichen und geistlichen Würdenträgern, politischen und literarischen Größen usw. — wir können sagen, daß wohl kein Gebiet des menschlichen Wissens auf diese originelle Weise nicht zum Ausdruck und zur Anschauung gebracht worden wäre. Und welche reiche Fülle von künstlerischen und doch mit den einfachsten Mitteln ausgedrückten Darstellungen bergen diese kuriosen Spielkarten! tVielleicht ist es nicht zu gewagt, sie mit unseren heutigen Künstler- und illustrierten Abreißkalendern zu vergleichen, die ebenfalls nach und nach alle Zweige von Kunst und Wissenschaft volkstümlich zu machen bestrebt sind.) Nicht minder interessant ist das 11. Kapitel, das zu jeder Geschichte der Karikatur eine Ergänzung bildet. Hier haben hauptsächlich die großen politischen Umwälzungen die Kartenzeichner inspiriert. Der Verfasser hat in diesem Ab schnitt reproduziert: ein Spiel mit Szenen aus der englischen Revolution von 1688, ein anderes mit solchen aus der Re volution von 1830, wieder ein anderes aus den Jahren 1790—92, »verlegt zu Gleichheit a/d. Marne« von Bezu, das Wahlsprüche, die Paragraphen der Erklärung der Menschen rechte, den revolutionären Kalender, das metrische System und die geographische Einteilung von Frankreich in Form von Gesetzestafeln wiedergibt; zwei sehr originelle »jsur äs esrtss L rirsr mit satirischen Anspielungen auf die Tages presse und das Theater unter der »zweiten Restauration«; eine Reihe von »O^rtss rsorsstivse« mit humoristischer Ver wendung der Kartenzeichen, herausgegeben von Terquem und May zu Metz, 1819. Schließlich im 12. Kapitel die Kartenspiele für Kinder von Jos. Fetscher in München (18. Jahrh.) und vom Industrie-Comptoir in Leipzig vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Auch aus dem zweiten Kapitel (S. 293—435), das die Überschrift »Gesetzgebung, Herstellung und Verkauf der Karten spiele« trägt, sei hier nur der 5. Teil »Die Kartenspiele und der Holzschnitt« berührt. Nach d'Allemagne waren die Zeichner
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