Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.06.1922
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1922-06-22
- Erscheinungsdatum
- 22.06.1922
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19220622
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192206223
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19220622
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1922
- Monat1922-06
- Tag1922-06-22
- Monat1922-06
- Jahr1922
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nr. 143 (R. 97). Leipzig, Donnerstag den 22. Juni 1922. 89. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Bekanntmachung. Die Korrekturbogen für den in Vorbereitung befindlichen 85. Jahrgang des Adreßbuchs des Deutschen Buchhandels für 1923 sind in diesen Tagen durch die Post zur Versendung gelangt. Wir bitten di« Empfänger im eigenen Interesse, den ihnen beige fügten Firma-Eintrag aus dem laufenden Jahrgang sofort zu prüfen und zu berichtigen und uns den Bogen — zugleich mit der Bestellung auf die neue Ausgabe des Adreßbuchs — um gehend wieder zurückzusenden. Leipzig, Deutsches Buchhändlerhaus, im Juni 1922. Geschäftsstelle des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Or. Ackermann, Syndikus. Ein Mahnwort in dem Wtrrwar! Von Philipp Rath in Berlin-Wilmersdorf. Es ist noch kein halbes Jahr her, da führten die Buchhändler einen recht komisch anmutenden Tanz aus — eine Groteske. In der einen Hand hielten sie eine »teure« Zigarre in die Luft, in der andern schwangen sie eine »teure« Tafel Schokolade; vorn auf der Brust und hinten aus dem Rücken trugen sie, wie die Sandwichmänner, große Plakate mit der Aufschrift: »Kauft Bücher! Nichts Billigeres gibt es als Bücher!«, und dabei brüll ten sie ständig: »Kaust, kaust die billigen Bücher! — Seht, wie teuer die Zigarren sind und wie teuer die Schokolade. Kauft billige Bücher«! In Pausen aber erzählten sie der aufhorchendsn Menge typische Anekdoten von der teuren Zigarre und der teu ren Schokolade und von den billigen Büchern und von den Reise abenteuern, die sie damit gehabt hatten. Das ließen sie dann auch noch drucken — für Geld, für teures Geld — und warfen es umsonst unter die Menge, gleichgültig darum, ob sie es haben wollte oder nicht. Da kam plötzlich einer daher, der raunte ihnen zu: »Kerls, ihr seid ja verrückt. Die Bücher sind überhaupt viel zu billig. Ihr habt ja gar kein Geld mehr; euer Kapital ist futsch und geht immer futscher«! Da starrten sie erst eine Weile sprachlos vor sich hin, dann schien es ihnen auch, als ob sie gar kein Geld mehr hätten, sondern nur wertloses Papier. Da war ihnen alles nur »Schein-, nur »Schein-gewinn. Es ergriff sie die Wut, und wie von der Tarantel gestochen, nahmen sie die teure Zigarre und die teure Schokolade und die faulen Plakate und die läppischen Anekdoten, die erzählten wie die gedruckten, und warfen alles auf den Misthaufen. Dann suchten sie sich Aufschlitzmesser in ihrer Wut und schwangen sie wild in der Luft und liefen — Amok! Nun brüllten sie noch lauter als vorher: »Die Bücher sind viel zu billig! Sie müssen teurer werden, immer teurer, ganz unverschämt teuer! Denn wir haben kein Geld, unser Ka pital ist futsch und geht immer futscher! — Ausschläge! — Auf- schlägeü — Aufschläge!!! — Hundert Prozent! — Zweihundert Prozent! — Fünfhundert Prozent! — Achthundert Prozent! — Tausend Prozent! — Elfhundert Prozent! — Zwölfhundert Prozent! — Fünfzehnhundert Prozent! — Zweitausend Pro zent!« — und so llberbot einer immer den anderen. Es kamen neue hinzu und schrieen: »Aufschläge? Blech, was nützen Aufschläge!? Wir brauchen Geld — Geld! Wir wollen unser Kapital wiederhaben! Wir nennen überhaupt keine Preise mehr, wir haben jeden Tag einen anderen Preis, jeden Tag einen höheren Preis! Hoch! Hoch! Höher! Die Bücher müssen das Teuerste werden, was es gibt — und die alten Schinken, die wir noch haben, die wir früher immer herab gesetzt und immer billiger verkauft haben, nur um ihn überhaupt los zu werden, den Dreck, die müssen auch teurer werden, zehnmal, hundertmal teurer; sie müssen das ganze Lagergeld, das sie in hundert Jahren gefressen haben, in heutige Währung umgesetzt, jetzt auf einmal bringen, und wenn jemand auch nur ein Exem plar haben will, erst mutz er auch noch die ganzen Kriegskosten bezahlen. — Wenn wir aber alte Bestände verramschen — denn wir brauchen Geld —, dann verkaufen wir die »Restauflage« eines und desselben Buches, ohne daß einer von dem anderen etwas weiß, an mehrere Antiquare, und den wirklichen Rest, den behalten wir noch für uns allein, um das Ausland damit zu füttern. Fährt uns aber einer deshalb gar an den Wagen, dann frisieren wir das als »Nachkriegszustände«. Denn wir brauchen Geld. Wir wollen unser Kapital wiederhaben«! So waren sie denn glücklich aus ihrer alten Tretmühle aus einmal herausgekommen, und alles, was ihnen früher gut und recht erschien und notwendig, dazu auch noch das, was ange messen war und als anständig galt, das warfen sie jetzt alles auf den Misthaufen zu den teuren Zigarren und der teuren Schoko lade. Denn sie sahen, daß das alles Geld kostete, und sie hatten doch keins mehr, ihr Kapital war futsch und ging immer futscher. Da mußten denn die Käufer alles das, was früher zu den Geschäftskosten des Verlegers gehörte, besonders bezahlen, das Packmaterial und das Packen und das Vertriebsmaterial, diese schönen Kataloge, auf denen gleich von vornherein aufgedruckt wird »Preise ungültig«, und die ganze Buchhalterei und das Mahnwesen. Da wurden keine Rechnungsauszüge mehr ver schickt; denn das kostet ja Geld, und sie haben doch kein Geld mehr, ihr Kapital ist futsch und geht immer futscher. Ob ein Käufer wußte, was er zu zahlen hatte oder nicht, das war ihnen ganz egal; er sollte nur zahlen, schnell zahlen, immer schneller zahlen — vorher zahlen. Nur Geld her — Geld — Geld! — Auf Be stellungen, die nicht oder nicht gleich ausführbar waren, wurde nicht mehr geantwortet; auf Anfragen erst recht nicht. Das kostet ja Zeit (— Geld) und vielleicht noch Geld obendrein, und sie haben doch gar kein Geld mehr — sie brauchen nur noch Geld. — Wer aber etwas bestellte, und wenn er auch alles im voraus bezahlte, nicht nur das Bestellte und das Postgeld, sondern auch noch die ganze Packerei und die ganze Buchhalterei und alle die Unkosten, die dieser ärmste der Armen, dieser Mann ohne alles Geld hatte, und die er nirgends mehr einkalkulieren konnte, dann mußte er warten — warten — warten, bis er schwarz wurde. Wehe ihm, wenn er Ersatz für sein Mahnwesen gefordert hätte! , kSS
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder