Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.03.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 02.03.1906
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19060302
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190603027
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19060302
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1906
- Monat1906-03
- Tag1906-03-02
- Monat1906-03
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^ 51, 2 März 1906. Nichtamtlicher Teil. 2295 Wir befinden uns hinsichtlich des Buchhandels tatsächlich in einer schwierigen Lage. Der ganze Buchhandel der gesamten Welt ist durch Betriebssäden verbunden, die nach Leipzig und von Leipzig gehen. Wir Leipziger und wir Sachsen können stolz darauf sein, daß wir diese Zentralstelle unser eigen nennen dürfen. Andre Völker beneiden uns um die Organisation unsers deutschen Buchhandels. Unsre Organisation erscheint vielleicht etwas schwie riger Natur, aber sie arbeitet so exakt wie die Reichspost selber. Daß es dann natürlicherweise zu argen Mißhelligkeiten führt, wenn wir, die wir in demselben Tempo, in derselben Art wie die Post zu arbeiten pflegen, plötzlich gezwungen sind, an einem Tage stillzustehen mit unsrer Arbeit in der Zentrale des deutschen Buchhandels, das ist selbstverständlich; es ist um so selbstverständ licher, daß da Mißhelligkeiten Vorkommen, wenn die deutsche Reichspost, gleich uns, eben nur in Sachsen diesen Feiertag feiern muß und außerhalb Sachsens nicht. Weiter ist darauf hinzuweisen, und das interessiert uns hier sicherlich nicht wenig, daß immerhin bei allem, was uns sonst in reichem Maße eint, eine ziemliche Konkurrenz zwischen dem Berliner Buchhandel und dem Leipziger Buchhandel besteht. Die Hauptzweige, die Hauptglieder des deutschen Buchhandels sind Verleger, Kommissionäre und Sortimenter. Die Verleger scheiden zum größten Teil bei dieser Frage hier aus. Es ist vor allen Dingen eine Frage des Leipziger Kommissions buchhandels, und ich sage nicht zu viel, wenn ich erkläre, daß die Zentral st ellung Leipzigs auf dem buchhändlerischen Weltmarkt mit der Existenzfrage des Leipziger Kom missionsbuchhandels zusammenhängt. Also, meine Herren, es ist eine zwingende Notwendigkeit für uns, die sächsischen Sonderfeiertage zu beseitigen. Lassen Sie mich das noch in einigen Punkten Nachweisen. Jeden Donnerstag findet in Leipzig ein gewaltiger Um schlagsverkehr für den gesamten Journal- und Bücherverkehr der Welt statt. Alle die vielen Zeitschriften, die in Hunderttausend«» von Exemplaren gedruckt werven, gelangen Mittwochs nach Leipzig. Sie müssen dort einzeln verpackt, abgezählt und in die einzelnen Rayons verteilt werden, damit sie am nächsten Morgen schnell abgefertigt werden können. Diese ganze vorbereitende innere Arbeit, die Mittwochs stattzufinden pflegt, weil da kein Expeditionstag des Buchhandels ist, muß stillstehen, wenn der sächsische Bußtag kommt. (Hört! hört!) Diese ganze Arbeitsleistung muß dann am Tage vorher geschafft werden, am Tage einer Expedition, und das führt zu argen Mißständen. Weiter ist es gewiß nicht gleichgültig für einen Geschäftsmann, ob er an einem Tage 800 Bestellungen bekommt und zu erledigen hat, oder ob er durch einen Feiertag, der zufällig in seinem kleinen Lande gefeiert wird, gezwungen wird, an einem spätern Tage die doppelte Zahl von Bestellungen zu erledigen. (Sehr richtig!) Cr kann nicht für diese zwei Sonderfeiertage Sachsens sich besonderes, Extra-Personal anschaffen. Aber weiter führt es noch zu Mißhelligkeiten: es gibt eine unzählige Menge von Arbeitern im Buchgewerbe, Arbeitern, die im Tagelohn bei uns arbeiten, und alle diese verlieren dann einen Teil ihres Wochenlohnes. Meine Herren, es ist keine Kleinigkeit für einen Arbeiter, wenn er wie letzthin zu Weihnachten innerhalb 1b Tagen 7 Tage feiern muß und so einen ganzen Wochenverdienst nicht hat. Ich möchte hier gleich darauf Hinweisen, daß ja wohl gesagt werden könnte, daß die betreffenden Arbeiter, die dann am Werktage vor solchen Feiertagen, eventuell auch mehrere Wochentage zuvor, ganz besonders angestrengt in Überstunden arbeiten, dafür auch extra entschädigt werden. Gewiß werden sie extra entschädigt; aber, meine Herren, sie können an den betreffenden Tagen trotzdem nicht mehr erübrigen. Es ist unser» Arbeitern nicht möglich, an solchen arbeitsreichen Tagen zur Mittagszeit nach Hause zu gehen, wenn nur einigermaßen der ordnungsmäßige Betrieb aufrecht erhalten werden soll. Sie haben also an diesen Tagen der Mehr arbeit und Mehreinnahmen auch Mehrausgaben. Und wenn ich am Schluß noch einmal auf die Weltstellung Leipzigs im Buchhandel zurückkomme, so möchte ich Sie darauf Hinweisen, daß diese Sonderfeiertage nicht immer nur einen Tag Verzögerung mit sich bringen, sondern ganz wesentliche Konse quenzen zeitigen. Ich kann Ihnen z. B. erklären, daß die großen ausländischen deutschsprachigen Gebiete, z. B. die russischen Ostsee provinzen, wenn dieser Bußtag eintritt oder der HoheNeujahrßtag zufällig auf einen Mittwoch fällt, ihre Büchersendungen dann acht Tage später als sonst bekommen. Alle die infolge des Verkehrsstillstands Mittwochs nicht zur Ausgabe kommenden Bahnsendungen treffen dann erst am Donnerstag bei den Leipziger Kommissionären ein, gelangen demnach erst Freitags zur Ver teilung; aber nur der Donnerstag mittag abgehende Bücherkurs- wagen erreicht den wöchentlichen Steamer nach den deutschen Ostseeprovinzen rechtzeitig. Und wie es mit den deutsch-russischen Ostseeprovinzen ist, so ist es auch mit vielen andern ausländischen Gebieten. Meine Herren! Es ist wirklich nicht mangelnder kirchlicher Sinn, der hier vorherrscht, der uns immer wieder zu dieser Petition veranlaßt; sondern eine unbedingte Notwendigkeit zwingt uns dazu. (Bravo!) Abgeordneter Kockel (kons.): Sein Wahlbezirk sei zu zwei Dritteln von evangelischen Christen bewohnt, und es seien ihm aus dem Kreise der evangelischen Geistlichkeit, besonders auch von hervorragenden wendischen Geistlichen, Zuschriften zugegangen, in denen er gebeten würde, sich für Beibehaltung beider Feiertage zu verwenden; das wolle er hiermit tun und bitte, beide Punkte der Petition auf sich beruhen zu lassen und alter kirchlicher Sitte gemäß den HohenNeujahrstag beizubehalten. Im übrigen stimme er voll und ganz mit den Worten überein, die Herr Graf v. Brühl zu diesem Gegenstände in der jenseitigen Kammer gesprochen habe. Cr bitte, die Abstimmung über beide Punkte getrennt vor zunehmen. Abgeordneter Sobe (kons): Im großen und ganzen schließe er sich vollständig den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Kockel an. Er wiederhole, daß es bedenklich sei, an der besten Stütze und Grundlage des Staates, dem kirchlichen Sinne, durch derartige Maßnahmen zu rütteln. Die so eifrig erstrebte Be ruhigung des Volks werde man erst dann wieder erreichen können, wenn man eS zu der guten christlichen Unterlage zurückführe. Abgeordneter Goldstein (Soz.): Am liebsten würde er be antragen, alle besonder» Feiertage abzuschaffen; aber er würde ja mit einem solchen Antrag nicht durchkommen: vor allem sei er der Meinung, daß die Bußtage nach und nach gänzlich wegfallen könnten. Wenn man jetzt beginne, am Hohen Neujahrtstag zu rütteln, so sei man bereits auf dem Weg der allmählichen Ein dämmung, wenn auch nicht völligen Abschaffung der vielen Feier tage. — Dem Herrn Abgeordneten Sobe bemerke er, daß es, wie schon der Herr Abgeordnete Dürr ausgeführt habe, der Buchhandel, die Industriellen und Merkantilen seien, die für Abschaffung der Feiertage plädierten. — Die Bußtage erfüllten meist ihren Zweck gar nicht; ihm sei speziell von der altenburgischen Grenze bekannt, daß die dort wohnenden Sachsen an dem Bußtage vor Ostern, der im Altcnburgischen nicht gefeiert würde, hinllberführen, um sich zu vergnügen. — Bedauerlich sei, daß die Arbeiter an diesen Tagen nicht nur keine Einnahmen, sondern erhöhte Ausgaben Härten, denn sie wüßten nicht, was sie an diesem, ihnen durch Sitte und Gesetz aufgedrängten Feiertage anfangen sollten. — Das Bestreben auf Abschaffung der vielen Feiertage könnte nicht aufgehalten werden; die reine Äußerlichkeit, die an Stelle der inner» Entwicklung trete, könne nicht vor dem Verfall von Ge bräuchen retten, die aus früherer Zeit stammten. Man werde dabei an das Wort erinnert: -Einst war der Glaube golden und der Kelch hölzern, jetzt ist der Kelch golden und der Glaube höl zern.- Er beantrage gleichfalls, das Votum der Deputation zu trennen und den ersten Satz für sich zur Abstimmung zu bringen. Abgeordneter Günther (freist): Die Auffassung, daß gegen über den kirchlichen Behörden die Ständekammern unzuständig seien, teile er nicht. Die Kammer müßte doch Mittel für Kirchenzwecks bewilligen und speziell aus diesem Grund müßte ihr das Recht zugebilligt werden, auch ihrerseits Anregungen zu geben. Er stehe nicht auf dem Standpunkt derer, die noch in den alten kirchenrechtlichen Anschauungen verharrten; vielmehr stünde seiner Meinung nach die Staatsgewalt über dem Kirchen regiment da, wo die Stände und das Abgeordnetenhaus be rufen seien, für kirchliche Einrichtungen Mittel zu bewilligen. — Der Herr Abgeordnete Dürr habe auf die geschäftlichen 303*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder