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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.10.1882
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 23.10.1882
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- Deutsch
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4584 Nichtamtlicher Theil. ^ 24«, 23, October, immer noch untergeordnete» Krebsschadens den ganzen Colpor- tagehandel überhaupt todtschlägt. Was mich jedoch noch mehr in Erstaunen versetzt, als jene sich nur aus der Oberfläche be wegende Ansicht, das ist der Umstand, daß die Reichsregiernng es unterlassen hat, aus den Kreisen der Buchhändler resp, der bnchdruckenden Sachverständigen einen oder mehrere jener hoch gebildeten und erfahrenen Männer zuzuziehen, deren sich der Buchhandel vielleicht in größerer Anzahl erfreut, als die meisten anderen Berufe, Denn sie hätten in ein paar Sätzen dem schlecht unterrichteten Gesetzgeber einen klaren Einblick in das buchhänd lerische Geschäft, namentlich aber in die Ausdehnung des Col- portagehandels geben und seine thatsächlichen Voraussetzungen erweitern können. Hier nur die eine Thatsache, daß nach dem neuesten buchhändlerischen Meßverzeichniß vom Frühjahr d, I, Deutschland im Jahre 1882 im Ganzen 568« Buchhandlungen, darunter fast Vs, nämlich 1079, Colportagehandlungen zählte. Es handelt sich hier also nicht bloß um einen Auswuchs, den man beseitigen soll und will, nein, es wird anderseits auch ^ des deutschen Buchhandels in seinem innersten Lebensnerv ge troffen, wenn dieser Vorschlag zum Gesetz werden sollte. Es ist Ihnen vielleicht aufgefallen, jedenfalls ist die Er scheinung nicht neu, daß der Buchhandel in der letzten Zeit eine innere Umwandlung erlebt hat, die einer vollständigen Revolu- tionirung des Gewerbes ähnlich sieht. Er ist nämlich jetzt in das Stadium der Massenproduktion getreten und zu deren Ver trieb zu seinen ursprünglichen Anfängen, der Kolportage, zurück gekehrt. Als in den sechziger und siebziger Jahren des IS, Jahr hunderts die ersten gedruckten Bücher znm Verkauf kamen, mußten sich die Verleger erst die Heranbildung eines lesenden Publikums angelegen sein lassen, Sv zogen die Buchführer von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf, von Markt zu Markt, und suchten ihre Maaren an den Mann zu bringen, Buchläden gab es erst ein oder zwei Menschenalter später. Aber selbst als sie entstanden waren, gingen die Mönche, Ritter, Bürger und kleinen Leute nicht in die Läden; die Literatur mußte ihnen ins Haus getragen werden. Der Buchsührer oder Colporteur reizt zum Kaufe an, erweckt das Bedürfniß und schafft seinen Markt, den der Buchhändler später ausbeutet und erweitert. Wie damals so geht auch heute noch, wenn auch in erweitertem Maßstabe, das wohlverstandene Interesse des Kolporteurs und Händlers Hand in Hand, Der Eine gewinnt durch den Andern, Und wie damals kaum Käufer vorhanden waren und erst ausgesucht werden mußten, so gibt es heute in dem regulären Geschäft zu wenig Käufer, Unsere besitzenden Elasten versagen sich dem Buchhandel; sie kaufen wenig oder gar nichts. Darum muß der Verleger sich neue Absatzwege, neue Absatzmittel und neue Käufer suchen. Dem demokratischen Zuge der Zeit entsprechend muß er viel für wenig Geld liefern. Es ist das entschieden ein Rück gang; allein der Vorwurf trifft nicht den Verleger, welcher das Bedürsniß des Lesers befriedigen will, sondern das Publicum, welches Bücher kaufen sollte, aber höchstens Zeitungen, Wochen oder Monatsschriften liest und damit genug für sich gethan zu haben glaubt. Wenn jeder biertrinkcnde Deutsche sich täglich nur ein Glas absparte und den gesparten Groschen für Bücher verwendete, so würde unser Buchhandel blühen und die Unzahl der Kneipen abnehmen, also ein doppelter Gewinn für die Na tion erzielt werden. Lassen Sie uns offen sein und keine kables ocmvonuss wiederholen! Von allen civilistrten Völkern ist keines im Ankauf von Büchern und in der Verwendung einer be stimmten jährlichen Summe für literarische Bedürfnisse so schäbig wie das deutsche. Selbst reiche Leute schämen sich nicht, ein Werk für fünf Mark oder selbst weniger zu leihe» oder aus der Leihbibliothek zu holen. Selbst der amerikanische oder eng lische Handwerker, wenn er sich erst sein Auskommen gesichert hat, sammelt er eine Bibliothek, er hat seinen Sachverständigen dafür, der ihm sein Conversations-Lexikon, seinen Dickens, Ir ving, Walter Scott, sein Geschichtsbuch und sonstige Lectürc be sorgt, Gehen Sie doch bei uns in die Häuser und sehen Sie sich die Privatbibliotheken an, wenn überhaupt welche vorhanden sind; von unseren elastischen und wissenschaftlichen Schätze» wer den Sie wenig genug finden. So stehen wir denn im Zeitalter der wohlseilen Mastcn- Literatur, Die billige Reclam'sche Universalbibliothek, die ge schmackvolle Collection Spemann haben die nene Aera eingewciht und ihrem Beispiel folgend schießen ähnliche neue Unterneh mungen, wie die Cotta'sche Bibliothek der Weltliteratur, Frey- tag's „Wissen der Gegenwart" rc,, gleich Pilzen aus dem Boden, Sie wenden sich alle an ein ganz neues Publicum und tragen ihre Erzeugnisse mittelst der unentbehrlichen Colpvrteurc bis in die kleinsten Dörfer, Das ist ein nicht hoch genug anzuschla gender Vortheil für die Verbreitung des Wissens, der die schlim men Erzeugnisse der Colportage-Literatur hundertfach auswiegt. Sie können jetzt den Schiller für einen Thaler kaufen; den ganzen Faust für einige Groschen, Ich habe vor einigen Tagen an der Mosel gesehen, wie der Wirth eines Hauses den Brief wechsel zwischen Schiller und Goethe in der schönen und billigen Spemann'schen Ausgabe las. Früher war dieses Werk schon wegen seines hohen Preises den Meisten unzugänglich. Nun diese Bücher ebenso wie die neuen populären Zeitschriften, die in 40—50,000, wenn nicht mehr Exemplaren gedruckt werde», könnten alle nicht erscheinen, geschweige sich behaupten, wenn nicht, wie bereits bemerkt, der Colportage-Buchhandel sie ver breitete oder verbreiten hülfe. Der erste Herr Vorredner hat Ihnen auseinander gesetzt, wie z, B, das Meyer'sche Conversationslexikon, dessen letzte Aus lage in 145,000 Exemplaren gedruckt wurde, beinahe zu ^ durch Colporteure vertrieben worden ist. Sie haben ferner aus seinem Vortrag ersehen, wie genau der Verleger berechnen und auf einen bestimmten Stand einwirken kann, der bei dem Ver trieb bisher nicht genug berücksichtigt war, wenn der Colporteur verpflichtet ist, ihm die verschiedenen Bcrufsclassen anzugeben, an welche er seine Waare absetzt. Es ist ein ganz neues Leben in diesen Handel gekommen, und ich glaube, daß wir noch nicht am Ende, sondern erst am Ansang dieses Umschwunges stehen. Wie dem aber auch sei, die Massenproduction ist die Signatur unserer heutigen Literatur, Das heißt indirect so viel, als daß der Buchhandel ohne Cvlportage gar nicht mehr bestehen kann. Der Verleger muß, um etwas Tüchtiges her zustellen, ein großes Capital in ein Unternehmen stecken und kann sich nur durch große Auflagen bezahlt machen, Brehm's Thierleben z, B, hat zu seiner Herstellung die Summe von zwei Millionen Mark erfordert. Im Wege des gewöhnlichen Sortimentsoerkauss ist diese Summe und mehr gar nicht so schnell wieder einzubringen, als der Verleger in seinem Inte resse wünschen muß. Nach dem Paragraphen 10, des Artikels 58, des neuen Entwurfs würde aber dieses letztgenannte Werk, so gut wie jeder Klassiker oder jedes Conversationslexikon vom Verkauf im Umherziehen ausgeschlossen sein. Ich srage mich hier unwillkürlich, ob bei dieser Bestimmung nicht auch ein poli tisches Moment mit untergelaufcn ist, ob sich hinter ihr nicht auch eine alte Feindseligkeit gegen die Presse verbirgt, und ob man in de» regierenden Kreisen nicht auch der Verbreitung unserer Literatur in den sogen, untere» Volksclasscn entschieden
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