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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.02.1906
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 21.02.1906
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- Deutsch
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43, 21. Februar 1906. Nichtamtlicher Leit. 1965 Nichtamtlicher Teil Wandlungen im englischen Verlagswesen. Mr. Edward Marston, der Senior der englischen Ver leger, veröffentlicht in der vsil^ Obroviols sehr interessante Betrachtungen über die Veränderungen in der englischen Bücherwelt seit der Zeit Caxtons und Wynkin de Wördes, die die Buchdruckerkunst in England eingeführt haben. Als er im ersten Viertel des verflossenen Jahrhunderts mit dem Buchhandel in Verbindung trat, war die Rückversicherung der Verleger und Buchhändler noch in der schönsten Blüte. Die Verleger und Buchhändler taten sich zusammen, um die Herstellungskosten und das Risiko für die Publikation großer und teurer Ausgaben englischer Klassiker wie Gibbon, Johnson, Hume und auch andrer Werke zu tragen, die vorsichtigen Verlegern zu gewagt erschienen, sie allein herauszugebcn. Viele dieser Ausgaben, für die, da sie druckfrei waren, keine Honorare gezahlt zu werden brauchten, warfen den Unternehmern zweifellos gute Gewinne ab. Diese Methode des Verlegens wuchs sich fast zu einem Monopol aus; das Endergebnis war, daß für Bücher, die oft schlecht und nachlässig gedruckt wäre», hohe Preise gezahlt werden mußten. Es kam dann natürlich die Zeit, wo sich, zur großen Beun ruhigung der Monopolisten, andre in deren Geschäfte mischten. Mr. William Pickering war einer der ersten, die ein weites Absatzgebiet für verbesserte und billigere Ausgaben voraus sahen. Gibbons Lome zum Beispiel soll sehr fehlerhaft und auf schlechtem Papier gedruckt gewesen sein, und doch kostete das Buch 84 sb. Mr. Pickering druckte in Verbindung mit Mrs. Talboys in Oxford eine Ausgabe, die, obwohl sie in Satz, Druck und Papier besser war als das Werk der »Verbün deten«, für 64 8b. verkauft wurde. Der ganze Handel war in Aufruhr und eine Versammlung wurde einberufen, um Mr. Pickeriugs Ausgabe zu bekämpfen. Die alten teuren Auflagen wurden im Preise herabgesetzt, und die Verleger beschlossen, auch auderweit ihre Ausgaben zu verbessern. Immerhin, das Monopol war gebrochen. Viele teure und klassische Werke wären übrigens ohne das Zusammentun der Verleger zweifellos nie gedruckt oder neugedruckt worden; ihre Herausgabe ermöglicht zu haben, war immerhin ein Verdienst der Veranstalter; diese teilten unter sich Ge winn und Verlust. Das Obsptsr 6oüss Hou8o in der llLtsroostsr Lov diente meist als Sammelpunkt zur Erle digung dieser Geschäfte. Für alle Beteiligten war diese Art des Verlegens wohl ein recht sicheres System; es ist aber sehr unwahrscheinlich, daß sie je wieder auf leben wird. Für eine lange Zeit pflegten die leitenden Verleger dann alljährlich ihre »llrscks 8sls Oatslogussr zusammen zustellen und ihre Freunde, die Londoner Buchhändler, zu einem Diner einzuladen, an das sich dann ein Ver kauf anschloß. Die Bücherpreise waren schon vorher bestimmt festgesetzt worden, so daß nach frohem Mahl der Kauf glatt und munter von statten ging. Zeitweilig wetteiferten die Buchhändler miteinander, wer von irgend einem populären Buch die größte Anzahl kaufen würde. «Nocksru Ooobsrz'r und »Inttls ^.rtüur'e Üi8tor^ ok Lll^ls.vä« waren für Jahre an der Spitze. Diese Zusammen künfte, die Geschäft und Vergnügen verbanden, wurden mit nachlassendem Erfolg bis gegen Ende des verflossenen Jahr hunderts fortgeführt. Jahreskataloge, mit Vorzugspreisen werden von den Verlegern noch heute ausgegeben, die Diners aber haben aufgehört. Geschäft und Vergnügen scheinen in unsrer Zeit nicht inehr zusammenzupassen. Jeder denkt nur an sich und geht seinen eignen Weg; und wahrlich, er hat genug damit zu tun — der Wettbewerb ist scharf. Die Frage des dreibändigen Romans ist zum Übermaß erörtert worden. Edward Marston kann auf ihn nur als auf eine Phase in der Verlagsgeschichte verweisen, die viel leicht mehr als irgend eine andere den Verlagsbetrieb dauernd beeinflußt hat. In der alten Zeit dachte niemand daran, einen solchen Roman zu kaufen; dieser war dazu da, um geliehen — nicht um gekauft zu werden. Die Entrüstung über den hohen Preis war aber zum Teil unberechtigt. Man könnte viel zu gunsten des dreibändigen Romans sagen; doch es verlohnt sich nicht, er ist zu lange schon tot und begraben. Der dreibändige wurde durch den einbändigen 6 Schilling-Roman ersetzt. Erst wagte niemand einen Roman zu diesem Preise zu bringen; jetzt werden wenigstens dreimal so viel Romane zu 6 Schilling wie früher in drei Bänden verlegt. Die Autoren erwarten alle, daß sie von einem neuen Leserkreise gekauft werden; ob das aber der Fall ist? Mr. Edward Marston ist der Ansicht, daß neun Zehntel der 1700 oder 1800 neuen Romane, die im Jahr erscheinen (durchschnittlich fünf auf den Tag), vom Publikum überhaupt nicht gekauft werden. Nur ganz wenige Lieblinge finden Absatz; alle die andern findet man in der Leihbibliothek, und das Publikum leiht jetzt das 6 sb.-Buch wie einst den 31/6 8b.-Roman. Man dürfte nicht zu sehr überrascht sein, wenn der Sechsschilling-Roman eines schönen Tages denselben Weg geht wie einst sein großer Vorgänger. Die Belletristik wird sich dann ganz in den Zeitungen heimisch machen und nachher hübsch gebunden in Einschilling-Bänden erscheinen. Die unvermeidlichen Veränderungen, die das Jahrhundert mit sich gebracht hat, haben auch auf die alten Verlagshäuser eingewirkt. Einige Firmen haben sich ihre Namen erhalten und bleiben in der Familie; sie gehen, wie bei Murray und Longman, seit dem achtzehnten vder Anfang des neunzehnten Jahrhunderts vom Vater auf den Sohn über; andre sind erstanden und dahingegangen, und das neue Jahrhundert hat uns wieder neue gebracht. Es will scheinen, daß in den guten alten Zeilen die Verleger ihre Privilegien und Rechte gegenseitig mehr achteten; man lief nicht nach jedem Autor, der anfing berühmt zu werden, suchte nicht, ihn, wie das jetzt geschieht, durch literarische Agenten für sich ein zufangen. Verleger haben heutzutage Goldfelder in der Heraus gabe geschmackvoller und hübscher Ausgaben der alten Klassiker entdeckt; sobald aber eine Sammlung anfängt die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, stellt sich sofort ein halbes Dutzend Konkurrenten ein, die ebenso anziehende Ausgaben Herstellen. So geht das fort. Alle können somit keine außerordentlichen Erfolge erzielen, einige müssen an die Wand gedrückt werden. Die größte Revolution ist vielleicht auf dem Gebiete des Jllustratiouswesens vor sich gegangen. Die schönen Holzschnitte der alten Zeit sind dahin, sie haben den tech nischen Verfahren weichen müssen, die die Herstellung von Bildern jetzt zu einem Zehntel oder gar einem Zwanzigstel des Kostenpreises der alten Holzschnitte ermöglichen. A. B. Conrad. Börsenblatt sitr den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. 260
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