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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.02.1906
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- Erscheinungsdatum
- 19.02.1906
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- Deutsch
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1868 Nichtamtlicher Teil. 41, 19. Februar 190b. land in seiner tiefen Erniedrigung« ermittelt. Am folgenden Tage wurden die übrigen 13 Augsburger Buchhändler vernommen und verwarnt, und noch am gleichen Tage be richtete der Polizeidirektor von Augsburg über die Angelegen heit nicht nur der Landesdirektion und dem bayerischen Minister Montgelas in München, sondern in übereifriger Weise auch den französischen Militärbehörden. Der Marschall Lefdbre ließ die beschlagnahmten Flugschriften einfordern, der fast schon erledigte Prozeß wurde an die Instanz des franzö sischen Kaisers und seines Militärgerichts verwiesen, und rasch ergingen nun von Paris aus die strengsten Maß regeln an die französischen Kriegsbehörden in Bayern. Zu gleich wurde in einem heftigen Artikel des -Journal äs ?!-.ris« auf Grund der Aussage des Kommis Jenisch als Verlegerin und Verbreiterin der »Schandschrist gegen den Kaiser und die große französische Armee und gegen die Freunde und Alliierten Sr. k. k. Majestät« — die Steinsche Buchhandlung in Nürnberg bezeichnet und gedroht, daß diese Freveltat nicht ungestraft bleiben werde. Schon zu Anfang des Jahres, am 27. Februar, hatte Otto in einem Bericht nach Paris auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Reichsstadt Nürnberg mit Bayern zu ver einigen, »weil diese Stadt ein Herd der Jntriguen ist«. Am 20. Juli schrieb Otto an Talleyrand: »Ich habe Ursache, zu argwöhnen, daß in diesem Lande eine zahlreiche Partei besteht, welche eine Erhebung plant Aber all die Be mühungen der Emissäre und Libellisten hatten bisher keinen andern Erfolg, als daß sie die Absicht enthüllen, die Bayern aufzureizen und sie Frankreich gegenüber zu kompromittieren.« Welchen Grad die Erregung insbesondre in Nürnberg er reicht hatte, beweist nachstehende vom Rat am 21. Juli zur Ausschreibung bestimmte Obrigkeitliche Verordnung: Ein Hochlöblicher Rath hat sich schon vor einiger Zeit durch die wichtigsten Interessen bewogen gefunden, die ge summte liebe Bürger- und Anwohnerschaft wohlmeynend zu er mahnen, sich aller unbedachtsamen Reden und Äußerungen über die vorwaltenden politischen Verhältnisse, und was damit in Bezug stehet, besonders in öffentlichen Gesellschaften sorgfältigst zu enthalten. Es hat sich Derselbe dabei der Hoffnung überlassen, daß Er nie in den Fall kommen werde, Seine väterlichen Ermahnungen von irgend jemand, aus gewohntem Leichtsinne, aus eigennützigen Absichten, oder gar mit argem Vorsatze, über- tretten zu sehen, und dann gegen die Uebertrettcr mit solchen Strafen herfürgehen zu müssen, deren ausgezeichnete Schärfe desto gröser und unabbittlicher seyn müsset, je gröser der aus der llebertrettung zu besorgende Nachtheil seyn würde. Nachdem nun aber neuerlich bei verschiedenen unangenehmen Ereignissen dennoch wahrzunehmcn gewesen, daß dieser best gemeinten Verordnung nicht allenthalben gebührend nachgelebt sondern dieselbe von Einzelnen unbedachtsam und freventlich übertretten worden, so siehet Sich Ein Hochlöblicher Rath neuerdings bewogen, jene Obrigkeitliche Ermahnung und Ver warnung unter Hinweisung auf die derhalbige ältere Ver ordnung vom 20. September vorigen Jahres hiemit wieder zu erneuern und deren Beobachtung nochmals Jedermann nach- drücklichst einzuschärfen.-*) In jenen Tagen war Palm zur Jakobidult uach München gefahren, welche Stadt er zweimal im Jahr in Geschäften zu besuchen pflegte. Wenn nun Professor Rackl in seinem Buch schreibt, daß er dort von dem Vorgehen der Polizei gegen die Augsburger Buchhändler Kenntnis bekommen habe, so ist dies eigentlich zu weuig gesagt; denn wir wissen jetzt, daß die bayerische Regierung Palm gelegentlich dieses Aufenthalts in München durch den Minister Montgelas unter der Hand hat warnen lassen, »mehr Vorsicht *) S. Nürnberger Anzeigeblatt (z. Kriegs- u. Friedens-Courir) 1806 Nr. 3 vom 30. Juli. und Zurückhaltung zu beobachten, wenn er sich nicht den größten Gefahren aussetzen wolle«.*) Es scheint dies auf direkte Veranlassung des Königs Max Joseph geschehen zu sein, denn an diesen hatte der Graf Thürheim, der damals als Königlich Bayerischer General- Landeskommissar in Ansbach weilte, am 28. Juli nach stehenden von Professor Rackl erstmalig veröffentlichten Bericht gesandt! »Ich habe ihm» (nämlich dem Marschall Bernadotte in Ansbach) »einige nur ganz kurz erst in Nürnberg verbreitete Broschüren mitgeteilt, welche eine offenbar aufrührerische Tendenz haben und die rohesten, bittersten Jnvektiven gegen die Person des französischen Kaisers enthalten. Der Marschall wurde durch -alles dieses in hohem Grade erwärmt (sobaukks — erzürnt) und äußerte, daß er nicht nur dem (französischen) Kriegsminister (Berthier in München) die Notwendigkeit einer strengen militä rischen Polizeiaufsicht vorstellen, sondern des Kaisers Majestät selbst auf den Geist dieser allen österreichischen und englischen Jntriguen zugänglichen Reichsstadt (Nürnberg) aufmerksam machen werde.- Napoleon kannte also die so hervorragend franzosen feindliche Gesinnung der Bürgerschaft Nürnbergs ganz genau. Auf Nachsicht bei dem erzürnten Gewaltigen konnte also — das stand fest — niemand weniger rechnen als ein Bürger dieser Stadt Nürnberg, auf die Napoleon aus mehrfachen Gründen damals recht schlecht zu sprechen war.**) Am gleichen Tage, an dem Graf Thürheim obigen Bericht absandte, machte der Gesandte Otto in München dem Marschall Berthier da selbst folgende Mitteilung: »Entsprechend den Weisungen des Königs hat die K. Re gierung in Schwaben Nachforschungen nach den Urhebern und Verteilern der beiden Schriften: «Betrachtungen über die Be mühungen Napoleons, alle Staaten und Völker Europas zu unterwerfen» und »Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung» angestellt. Nachdem sie erfahren, daß mehrere Exemplare dieser Libellen durch den Buchhändler Steg (Stage) in Augsburg ver kauft worden seien, hat sie den dortigen Polizeikommissär be auftragt, den betreffenden Buchhändler einem Verhör zu unter ziehen. Dieses ergab, wie mir Baron von Montgelas mitteilte, daß erstere Schrift in Wien in der Buchhandlung von Kupfer erschienen, die zweite von dem Buchhändler Stein in Nürnberg verschickt morden ist. Man hat festgestellt, daß mehrere Exem plare nach München und Salzburg durch die Buchhandlungen von Wien und Nürnberg versendet worden sind. »Ein andererAugsburger Buchhändler,namens Steiger(Rieger), hat zugegeben, daß ihm auf die gleiche Weise ein Dutzend Exem plare dieser Pamphlete zugegangen seien. Es ergibt sich aus diesen Angaben, daß die Buchhandlung Eurik in Linz mit der Firma Kupfer in Wien in Verbindung steht, um diese Schriften zu vertreiben, indem sie dieselben ohne Isttrss ck'avis an ver schiedene Buchhandlungen in Deutschland versendet. Ein dritter Augsburger Buchhändler namens Veit konstatiert, daß ihm die besagten Schriften durch den Buchhändler Eurik in Linz zuge gangen und daß er einige Exemplare nach der Schweiz und nach dem Rhein gesendet. »Um diese Mitteilungen zu vervollständigen, werden Eure Hoheit es vielleicht für gut befinden, den Buchhändler Stein in Nürnberg unmittelbar nach der Besitzergreifung verhören zu lassen.» Am 29. Juli berichtete Otto an Napoleon: »Endlich ist es der bayrischen Polizei gelungen, die Buch händler zu entdecken, welche die Schmähschriften gegen S. M. den Kaiser und gegen den König von Bayern vertreiben. Es ist festgestellt, daß diese Schriften in Österreich redigiert und ge druckt worden sind. — Der Minister hat Befehl gegeben, den Buchhändler Stein unmittelbar nach der Okkupation von Nürn berg zu ergreifen, Fürst Bernadotte eine Belohnung von tausend *) Montgelas, Denkwürdigkeiten. Stuttgart 1887. S. 131. **) Ausführliches darüber in Baader, I., Streiflichter auf die Zeit der tiefsten Erniedrigung Deutschl. Nürnbg. 1878. S. 1—40.
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