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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.02.1904
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1904-02-10
- Erscheinungsdatum
- 10.02.1904
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- Deutsch
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.1? 33, IO, Februar 1904, Nichtamtlicher Teil, ISS? Kultur gleichbedeutend mit einer Erklärung dieser. Wovon natürlich keine Rede ist, »Nun also: worauf ich zunächst die Aufmerksamkeit des Lesers lenken möchte, sind die greifbaren Wirkungen, die die Entstehung der Masse, dieses vornehmsten Wahr zeichens des Jahrhunderts, auch auf die geistige Kultur unsers Volks ausgeübt hat. Die anschwellende Volks menge und der zunehmende Reichtum haben zunächst eine Verbreiterung der Kulturbasis ermöglicht, wie sie in gleichem Umfang in keinem der srühern Jahrhunderte erreicht worden ist. Was man auch so ausdrücken kann: daß die extensive Kulturentwicklung in diesem Zeitraum von nie dagewesener Stärke war, »Dazu hat schon die beträchtliche Vermehrung der Kulturspender das ihrige beigetragen, ich meine die Vermehrung derjenigen Leute, die sich für Gelehrte, Künstler, Dichter, Musiker halten und (weil sie nicht eine bürgerliche Nahrung zu ergreifen brauchen) der Welt die Erzeugnisse ihres Geistes zum besten geben. Es ist klar, daß nur der zunehmende Reichtum einer Nation es ermög licht, ein wachsendes Heer von Nichtstuern (I) zu ernähren. Zu Jesu Zeiten war Palästina so arm, daß jeder Gelehrte nebenbei ein Handwerk treiben mußte; auch die Mönche des srühern Mittelalters mußten Hand anlegen, um ihren Unterhalt wenigstens zum Teil selbst zu erwerben, und wer später nicht als Minnesänger von den Arbeitserträgen seiner Bauern leben konnte, mußte als Meistersänger Schuster sein. Das hemmt den Strom des geistigen Schaffens, und es ist klar, daß der, der nichts zu tun hat, mehr dichtet oder schriftstellert als jemand, der nebenbei einer nützlichen Beschäftigung obliegen muß, »Leider besitzen wir keine zuverlässige Statistik über die Zahl unsrer Dichter, Musiker, Künstler und Schrift steller, wenigstens keine, die einen Vergleich zwischen ver schiedenen Zeitepochen zuließe. Aber die ungeheure Steigerung der literarischen und künstlerischen Produktion in unserm (neunzehnten) Jahrhundert ver mögen wir doch an einer Reihe von Symptomen ziemlich genau zu ermessen, »Ob es eine Statistik der Beschickung von Kunst- Ausstellungen gibt, weiß ich nicht. Aber ein Gang durch die »Große Berliner Kunstausstellung- genügt, um uns völlige Gewißheit darüber zu verschaffen, daß die Pro duktion an Werken der bildenden Kunst heute einen un vergleichlich viel größern Umfang haben muß als vor hundert Jahren, »Was aber an Druckwerken erscheint, darüber belehren uns genau die bis in den Anfang des neunzehnten Jahr hunderts zurückreichenden jährlichen Bücherkisten, Nach dem Ooäox uuuäiuLlius erscheinen in Deutschland im Jahre 1801 nur 3900, 1811: 3176, 1821: 4375 Drucke, Im Jahre 1850 betrug ihre Zahl nach dem Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 9053, Und seitdem hat sich die Zahl noch einmal fast verdreifacht: im Jahre 1900 erschienen 24 792 neue Bücher, Wurde also vor hundert Jahren aus je 8000 Einwohner ein selbständiges Werk in jedem Jahre neu gedruckt, so jetzt schon auf je etwa 2000, Damit aber nicht genug: offenbar ist die durchschnittliche Auflage der Bücher heute viel größer als ehedem. Das vermögen wir daran zu erkennen, daß das Geschäft des Büchervertriebes (der Buchhandel) noch viel rascher sich ausgedehnt hat als die Bücherschreiberei, Im Allgemeinen Adreßbuch für den Deutschen Buchhandel von O, A, Schulz wurden im Jahre 1839 an Buchhändlern jeder Art 1348, 1878 deren 3838, heute aber (1900) 9360 aufge führt, Das sind die Ziffern für die selbständigen Buchhändler, Nun können wir aber ferner feststellen, daß die einzelne Buchhandlung größer geworden ist: im preußischen Staat wurden (nach der Allgemeinen Gewerbe tabelle) 1840 im Buchhandel überhaupt beschäftigte Personen 1146 ermittelt, 1895 (ebenfalls im Königreich Preußen alten Bestandes, nach der Berufszählung) dagegen 15 341, Noch krasser tritt diese Vermehrung der Bllchervertreiber natürlich in die Erscheinung, wenn man die großen Städte (diese »Entstehungszentren- der modernen Bildung) für sich in Betracht zieht. Hatte doch Berlin im Anfang des Jahrhunderts nur etwa 30 Buchhandlungen, am Ende jedoch über 800, Und was für kleine Kabüschen mögen das zur Zeit, als die Nicolai und Genossen sich hier das Material für ihre Aufklärung zusammensuchlen, gewesen sein. Nehmen wir nun die durchschnittliche Auflage vor 100 Jahren mit 500, jetzt nur zu 1000 an, so würde damals für jeden sechzehnten, heute schon für jeden zweiten Menschen jährlich ein Bücherexemplar her- gestellt werden! -Daß sich die Bücher- und zum Teil wohl auch, daß sich die Bilder-Produktion während der letzten hundert Jahre so mächtig entfaltet hat, müssen wir ganz gewiß auch dem Kapitalismus unmittelbar mit zugute halten. Seit der Bücher- und Bilderverlag für immer mehr Ver leger ein Geschäft geworden ist, ist die ungebändigte Triebkraft des Gewinnstrebens den idealern Strebungen zu Hilfe gekommen. Es scheint mir sogar, daß ein immer größerer Teil unsrer Verlagswerke lediglich einem Ge schäftsinteresse sein Dasein verdankt. Man braucht nur an die Konversations-Lexika, an die tausend Lieferungs- werke oder an alle die Sammlungen zu denken, zu denen die Tatsache des Jahrhundertschlusses die Anregung ge boten hat, »Aber es hieße den Umfang unsrer modernen Bildung immer noch gering anschlagen, wollte man ihn lediglich an der gesteigerten Literatur- und Bilderproduktion messen, Bedenken müssen wir vielmehr, daß mit der Er zeugung auch auf vielen Gebieten die Verbilligung der Leistungen gleichen Schritt gehalten hat. Die 10-, 20-, 25-, 50-Pfennig-Kollektionen, die billigen Klassiker-Aus gaben legen dafür ebenso deutliches Zeugnis ab, wie die unausgesetzt während des verflossenen Jahrhunderts ver- vollkommneten und wohlfeiler gewordenen Wiedergaben von Bildwerken, Photographie, Photogravüre und wie sie alle heißen, werfen heute billige (und unter Umständen sogar gute) Wiedergaben jeglicher Natur- und Kunst erscheinung in die ärmste Hütte hinein, »Bedenken müssen wir dann vor allem, daß unser Jahrhundert neben der Massenproduktion auch die Methoden der Massenverbreitung von Bildung erst recht entwickelt hat. Wiederum hat der Kapitalismus als treibende Kraft tüchtig mitgeholfen; wo er konnte, hat er die Fabrikation von Bildung — preiswert — in den Be reich seiner Tätigkeit gezogen. Daneben ist es die Masse (in Menschenform) selbst, die sich mit zunehmenden, Wohl stand den Weg zur Bildung eröffnet und geschickt Stimmung für sich und ihre Interessen zu machen gewußt hat. Es wurden geradezu neue Formen für die Kollektiv- Darbietung von Bildung geschaffen, wie wir sie für die Darbietung von Gas-, Wasser-, Elektrizität- oder Transportleistungen bereits kennen gelernt haben. Ich erinnere nur an einige der wichtigsten Erscheinungen: die Ausbreitung des Volksschulunterrichts, 1822 gab es im Königreich Preußen 20 440 öffentliche Volksschulen mit 1427 045 Schulkindern, 1896 dagegen 36188 Schulen mit 5 236826 Kindern; während die Bevölkerung von 11,6 aus 31,8 Millionen (1895), also um 174 Prozent gewachsen ist, stieg die Zahl der eine Volksschule 179
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