Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.11.1901

9596 Fertige Bücher. 270. 19. November 1991 Kin Stück Keimatkunst. Ich glaube nicht, daß der Verfasser des vor mir liegenden Buches auch nur eine der zahlreichen, mehr oder minder tief gründigen Abhandlungen über die sogenannte Heimatkunst, ihre besonderen Merkmale, ästhetische Berechtigung und zeitgemäße Notwendigkeit gelesen hat. Der Mann steht schon durch seinen Berus — er ist praktischer Landwirt im Mecklenburgischen — so außerhalb aller modernen -Litteratur-, daß er wohl schwerlich Neigung und Muße findet, sich mit den ästhetischen Eintagstheorien und Schlagwörtern unserer Litteraturpäpste auseinanderzusetzen. Seine Art ist mir auch viel zu natürlich und unverdorben, als daß er durch eine solche Schule gegangen sein könnte. Etwas von dem papierenen Geschmack jener Dissertationen hätte sich dann vielleicht auf sein eigenes Buch übertragen. Mit Bestimmtheit aber glaube ich behaupten zu dürfen, das er niemals Uber Hcimatkunst geschrieben hat. Dafür hat er Besseres gethan, er hat ein Stück echter Heimat kunst geschaffen. Ganz naiv, ohne es zu wollen, ohne an irgend welche ästhetischen Regeln und Gesetze zu denken, einfach aus der Kraft und Fülle seines heimatlichen Bodens und seiner urwüchsigen Anschauung und Empfindung heraus. So ist ein ganz persönliches Buch entstanden, das nach fettig glänzender Erde, nach frisch gemähten, Heu und feuchtem Walde, nach dem Schweiß ehrlicher Arbeit, meinetwegen auch nach dampfenden Pferden riecht, nur nicht nach der fatalen papierenen »Litteratur.-Mache. Karl Schwerin (Tratsche) hat sich bei den Türmcrlesern durch seine Erzählung »Herbst» auf das vorteilhafteste eingeführt. Eine Reihe erfreuter Zuschriften aus dem Leserkreise verlangte so fort, -mehr von Schwerin». Unser-Türmer-Jahrbuch-(nochmals: kein Wiederabdruck aus dem Türmer!) bringt eine andere prachtvoll bodenständige, humorvoll-ergreifende Dichtung von ihm. Diese beiden hat er nur mit anderen in einem Bande: -Wilde Rosen und Eichenbrüche, vereinigt, der soeben im Verlage von Greiner L Pfeiffer in Stuttgart erschienen ist. (Preis 3 ge bunden 4 ^). Den Türmerfreunden habe ich also nur wenig über Karl Schwerins Eigenart zu sagen. Sie ist eine so ausgeprägte, gicbt sich so abgeschlossen und fest Umrissen, daß hier von der Lösung irgend welcher Probleme keine Rede sein kann. Diese Dichter- pcrsönlichkeit ist vielmehr eine so ganz unproblematische und un differenzierte, daß ich fast fürchte, es sind ihrer ferneren Entwickelung keine allzu weiten Grenzen gezogen. Sie ist an die Scholle ge bunden, hat sich mit tiesen, starken Wurzeln fest in sie hineingesogen und kann sich aus ihr nicht herausrcißen. So ist sie wie ein fest gewurzelter Baum, der immer Blätter, Blüten und Früchte derselben Art tragen muß — das ist auch ihr Naturgesetz. Aber freuen wir uns des Baumes in unserem Garten oder vor unserem Hause nicht immer wieder von neuem, und wird uns sein Knospen, Blühen und Welken jemals langweilig? Wenn es nur ein echter, lebendiger Baum mit echten lebendigen Blättern und Blüten ist und keine künstlich angestrichene Palme, wie sie so zahlreich nicht nur in den Wintergärten der Restaurants, sondern leider auch in unseren Litteraturgärten aufgestellt sind. Echt aber ist unser Dichter vom Wipfel bis zur Wurzel. Ich kenne keinen modernen, der einen noch kräftigeren Erdgeruch ausströmte, noch mehr ein Produkt von Erde und Wasser, Luft und Sonne seiner Heimat wäre. Auf unserem neueren und neuesten Büchermarkt bedeutet Karl Schwerin jedenfalls eine Seltenheit, wenn nicht eine Ausnahmeerscheinung. Denn wo leben sich dichte rische Persönlichkeiten in ihren Büchern heutzutage noch in solch unbekümmerter Paradiesesunschuld, solch unverfälschter Natürlichkeit aus? Wo sind denn überhaupt in der Litteratur die geschloffenen gesunden, naiven Persönlichkeiten? Angekränkelt von den ungelösten Problemen, von der Halbheit und Skepsis unserer Zeit sind sie fast alle. Hier aber ist ein Ganzer, einer, dessen Art Dinge und Menschen zu nehmen, manchen rückständig oder junker lich erscheinen mag, der aber weiß, was er will, gerade ausschreiter, seinen Herrgott, sein Empfinden und seine Augen für sich hat. Und es ist ein starkes, leidenschaftliches Empfinden, das sich hier dichterisch auslebt, um nicht zu sagen: austobt; es sind frische, fröhliche, humorvolle Augen, in denen sich hier die Welt spiegelt, und gerade darum liegt oft ein feuchter, tiefer Glanz auf ihnen. Es ist Mark und männliche Haltung in diesen Dich tungen, und das giebt ihnen ihren eigenen edel ausschreitenden Stil, dem Gange eines stolzen Reitrosses vergleichbar. Nichts Ge machtes, nichts Aucmpfundenes, nichts schief oder durch die Brille anderer Geschautes; kurz, ein Mensch unter Menschen, der auch als Dichter nur sich selbst giebt. Hierin liegt sein Reiz, hierin liegen auch seine Grenzen beschlossen. I. E. Frhr. v. G. VttlllgsbllWMllllg I Z. Wrbkk in jkiWg. (x) Soeben sind erschienen: Lieber; Illimrierte sia>e»i;«e». Neue öänile. Chemische Technologie u„.-r Mwi-k^ °-n p. Kersting, M. Horn, Tb. Ascher, A. Inngstabn und I. Pinnow sterauggegeben von ?a»I Helling und Max fi-kN. 2Mi Teilt. Mit 151 Abbildungen. In Vnginalleinenband je 5 Neue /lullagen. 8u(bärukllerlluu;1. siebente Auflage. Mit 139 Abbildungen und mehreren farbigen Beilagen, neu bearbeitet von üoNSNN JäNoV Aeber. In Originalleinenband H ^ 50 H. von vr. Lugen I)U55äIr. Sechste, vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 223 Abbildungen. In Originalleinenband 3 ..6. von 5. por1iU5. Zwölfte, vermehrte und verbessert Auflage. In Originalleinenband 2 50 -H. Rabatt: In Rechnung 25°/o/ gegen bar 33^,o/^. Aus (0 Exemplare j Freiexemplar. Ich ersuche um Angabe Ihres Bedarfs, da ich UUr iNIk LkklSUgen versenden kann, ä>8 MkiiLedt8WetM M kuediiLstältzr pnmiit! bringen vir in smpksklsnäs Rrinnsrung;: knien uni! lisöbee. lioruurt von MkLLVII. 24 Logen 8". in AsäisZsnsr Aus stattung. kreis brosok. 6 orä, 4 ^ 50 H no., 4 ^ Kar unä 7/6. In klUtiktbcl. Avd. mit Lued- diinällörrvrlstpkil in 7karkiZeln Iris- äruok 7 ^ 50 H orä., 5 ^ 50 H bar. 6lotka. F. Oo«t8ed, Vortag. In äsr RomanreituvA sokrsikt 0. V. lasixnsr vis kolgt: Oer Vsrkasssr Kat in äow Roman sinsn ksäsutsamsn Ltanä äss äsutseksn Volks, dis SuoRKLudlsr uud Vsr- ls^or, „dsi äsr ^.rtrsit" uuksosuoRt und sokildsrt das sisoutünalioko I-sbou des RiorRsr xsiröri^ou Rrsisss mit bsvuudsruuAevvür dig;sr Drsuo urrd ^usokaulioRRsit, okos jemals in platten Realismus ru verkalken