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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.02.1902
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- Erscheinungsdatum
- 19.02.1902
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- Deutsch
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41, 19. Februar 1902. Nichtamtlicher Teil. 1537 und wir müssen — es wird dem Herrn Vorredner nicht so bekannt sein — nach dem Gewicht für solche Gegenstände bezahlen, die ins Ausland gehen. Jedes einzelne Transitland ist ermächtigt, für die Sendungen nach dem Gewicht Taxe zu erheben. Also wenn die Sachen schwerer sind, müssen wir viel mehr zahlen, als die Sache einbringt. Deshalb besteht im Weltpostverein die Be stimmung, daß Postkarten solche Gegenstände nicht angchängt werden dürfen. Wir haben die Erfahrung gemacht: wenn wir den kleinen Finger geben, nehmen die Herren die ganze Hand. Jede Erleichterung bei Drucksachen zieht nach sich, daß noch mehr Er leichterungen gewünscht werden, und ich möchte einem Herrn Vor redner der linken Seite noch auf seine frühere Anregung bezüg lich der Bücher der Krankenkassen erwidern: Es ist ja leicht mög lich, daß solche Bücher von einzelnen Postanstalten angenommen und als Drucksache befördert wurden, obgleich sie gegen die Druck sachentaxe nicht befördert werden durften, sondern nur gegen Porto für Geschäftspapiere. Bei den Millionen von Drucksachen ist eben nicht jeder einzelne Beamte in der Lage zu prüfen: ist der Inhalt dieser Sache derartig, daß das Drucksachenporto oder das Porto für Geschäftspapiere Anwendung findet. Es ist kein Beweis, daß, wenn einmal ein paar Sendungen bei einem Post amt durchlaufen, die Sendung als Drucksache zulässig ist, sondern es liegt daran, daß bei den Millionen Drucksachen, die durch laufen, nicht jeder Beamte Nachsehen kann, was in dem Streifband oder dem offenen Umschlag enthalten ist. Abgeordneter Or. Müller-Meiningen: Im buchhändlerischen Verkehr mit der Schweiz beständen nicht die billigen Inlands-, sondern die teueren Auslandstarife, was be sonders in Süddeutschland empfindlich berühre. Man möge auf beiden Seiten auf Tarisherabsetzung Bedacht nehmen. Was die Einheitsmarke betreffe, so sei ein bischen Partikularismus zwar an sich nicht vom Uebel, aber auf dem Gebiet der Marke habe er weuig Sinn. Bedauerlich sei, daß Bayern sich nicht für die Ein heitsmarke habe gewinnen lassen, zumal die daraus entspringen den Vorteile auf der Hand lägen. Der Staatssekretär würde sich den Dank vieler verdienen, wenn er für die Ermöglichung des beiderseitigen Austausches der Marken auf dem kürzesten Wege, sowie auch dafür sorgte, daß die Falschfrankierung der Briefe nicht mehr als Unterlassung der Frankierung überhaupt behandelt würde. Staatssekretär des Reichs-Postamts Krätke: Der Wunsch, den Verkehr mit der Schweiz zu erleichtern, ist ja ein sehr berechtigter; aber er ist vielleicht nur für den Herrn Abgeordneten, der nach der Schweiz reist, auf dieses Land be schränkt. Andere reisen nach Frankreich, andere nach Holland, nach Belgien, nach Dänemark, und so würden wir allmählich dazu kommen, daß wir, während wir jetzt eine Taxe von 10 nur im Inland haben, schließlich in der ganzen Welt statt der 20 -)-Taxe eine lO -H-Taxe bekommen würden. Wir wir dann aber mit den Einnahmen auskommen sollen — ich rechne gar nicht mit Ueber- schüssen —, das würde eine sehr schwierige Frage sein. Der Herr Abgeordnete möge überzeugt sein, daß wir nach der Richtung hin bestrebt gewesen sind, vorhandenen Ucbelständen ab zuhelfen — ihm wird ja bekannt sein, daß wir nach dem neueren Vertrage mit der Schweiz die Gewichtsstufen von 15 auf 20 g erhöht haben — und daß, wo dergleichen in der Möglichkeit liegt, wir auch weitere Fortschritte machen wollen; aber zu viel darf nicht verlangt werden. Der Herr Abgeordnete ist dann auf die einheitliche Marke gekommen und hat seiner Freude darüber Ausdruck gegeben — das ist ja eine Freude, die wir alle teilen —, hat aber dann zum weiteren geltend gemacht, daß doch die Kalamität, die mit der bayerischen Marke weiter be stehen würde, leicht gelöst werden könne, wenn man die Marken gegenseitig Umtausche. Meine Herren, das ist eine Frage, die ich mir schon gestern zu berühren gestattete. Sie klagen einer seits — und ganz mit Recht — und sagen: Die armen Schalter beamten an den Postschaltern haben so viel Wertzeichen zu ver kaufen, daß man jetzt da unter Umständen auf die Abfertigung warten muß. Nun kommen Sie und sagen, sie sollen nicht bloß verkaufen, sondern auch noch einkaufen. Nun wird den Herren bekannt sein, daß diese Sache ziemlich schwierig ist; die einzelnen Marken müssen aufgeklebt und immer weiter übergeben werden. Wegen dieser Schwierigkeit kann ich nach dieser Richtung hin keine Aussicht machen. Im übrigen ist ja bekannt, daß wir unsere eigenen Marken nicht einmal Umtauschen und nicht gegen Geld annehmcn. Es ist auch bekannt, daß wir es nicht lieben, wenn die Marken verwendet werden als Ausgleichsobjekt. Das sind Sachen, die nur fördern würden, daß in gewöhnliche Briefe Marken gelegt werden, was manche Beamte verleitet, solche Briefe sich an zueignen. Nach unserer Erfahrung kommt das leider immer ab und zu vor. Nach dieser Richtung hin kann ich also dem Herrn Abgeordneten, wie gesagt, keine Aussicht machen. Was möglich ist, ist seiner Zeit schon im Anfang der achtziger Jahre zugestanden worden, insofern, als man die Marken einer solchen Karte, die görsenblatt für de» deutschen Buchhandel. 89. Jahrgang. nach dem Lande gerichtet sind, von dem die Marke herstammt, in Anrechnung bringt -Ist der neue Stil der rechte?- — Im Vortragssaale des Leipziger Kunstvereins hielt am Sonntag, den 16. Februar, vor einem zahlreichen Publikum Herr Professor Or. Paul Roe aus Nürnberg einen Vortrag über das Thema der Ueberschrift. In cinstündiger Rede sagte der geschätzte Vortragende, der es ver stand, seine gehaltvollen Ausführungen mit Humor zu würzen, etwa folgendes: Wenn ein junges Paar, nachdem die Verlobungskarten der Welt seine Absicht verkündet haben, sich die Frage vorlegt: -wie wollen wir unser zukünftiges Heim gestalten?-, so zeigt sich ihm meistens zum erstenmal, daß zwei Köpfe eben auch zwei Sinne haben. Keiner von beiden hätte geglaubt, daß es etwas geben könne, wo sie nicht einer Meinung wären und sich nicht leicht zu verständigen vermöchten. Und merkwürdig, hier prallen die Gegen sätze geradezu aufeinander. Zwei Lager sind entstanden, die keine Brücke zu verbinden vermag. Hie Altdeutsch — hie Modern, tönt das Feldgeschrei. Das Ende vom Lied ist dann, daß eine Ein richtung zu stunde kommt, die von allem etwas enthält unk so ein Stilgewirr ärgster Art zeigt, in dem sich niemand wohl fühlen kann. Es ist eben immer wieder der alte Fehler, daß man zuerst fragt, ob eine Sache stilvoll ist, und nicht, ob sie auch ihrem prak tischen Zwecke entspricht, der doch in erster Linie steht. Stil um jeden Preis brauchen wir nicht. Die Kunst soll unser Leben verschönern helfen, aber lästig fallen darf sie uns nicht. Wir leben ini zwanzigsten Jahrhundert und es sollte eigentlich selbstverständlich sein, daß unsere Kunst auch den Stil unserer Zeit zeigen muß. Anhänger der anderen Richtung sagen, das zwanzigste Jahrhundert habe wie das ganze neunzehnte Jahrhundert keinen eigentlichen Stil hervorgcbrncht. Wie kläglich seien alle Veisuche, einen solchen zu schaffen, bisher gescheitert. Das einzige Mittel sei infolgedessen die Wiedergabe der durch die Geschichte anerkannten Stilformen. Wenn man mit solcher Sicherheit unserer Zeit überhaupt jede Kraft zu freier künstlerischer Gestaltung ab spricht, so wäre es sich sicherlich besser, auf alle künstlerischen Zu- thaten ganz zu verzichten. Ein Schelm giebt mehr, als er hat. Warum sollen mir unserer Kunst einen Charakter aufdrücken, den sic nicht besitzt. Kommen wir ab davon, die Erzeugnisse einer anders gestimmten Zeit als allein mustergültig zu betrachten. Kunst und Kultur stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Beide nehmen in ihrer Art Stellung zu den Idealen, die den Menschen geist bewegen. Ideale wechseln aber. Die natürliche Schlußfolge rung ist, daß Kunststilc nicht übertragbar sind. Sie sind Reprä sentanten ihrer Zeit und man müßte schon die ganze Kultur und Lebensweise mit übertragen, wenn ihre Erneuerung Berechtigung haben soll. William Morris, der in England den gotischen Stil wieder erweckte, sprach dies auch folgerichtig aus. lind hat es einen Sinn, einer schönen Form zu Liebe auf alle kulturellen Er rungenschaften unserer Zeit zu verzichten? Im Ernst kann das wohl niemand wünschen. Nicht die Kunst ist allein schön, die einem anerzogenen Geschmack entspricht, sondern vor allem die, die in unsere heutigen Verhältnisse hineinpaßt. Schon Goethe sah sich zu einen: energischen Protest veranlaßt gegen die Manier, die Antike zum absoluten Maßstab für jede Kunstausübung zu machen. Seine Zeitgenossen aber verstanden ihn nicht. So er blickte man nacheinander in den verschiedensten Stilsormen das Heil für die Kunst. Eine solche entkräftete Kunst konnte natürlich nicht so schnell zu neuer Blüte gelangen. Trotzdem ist aber die künstlerische Arbeit des neunzehnten Jahrhunderts keine vergeb liche gewesen. Unsere Künstler haben mehr gelernt als die bloße Nachahmung fremder Stilformen. Ihr ganzes Innere war durch drungen von der Sehnsucht nach einer eigenen, von jeder Ueber- lieferung freien Kunst, die ganz in dem Boden unserer Zeit wurzelt. Die Gedanken, die jetzt in aller Mund sind, wurden schon vor mehr als fünfzig Jahren laut. Die große Masse verstand sie freilich nicht. Man fuhr fort, Paläste wie griechische Tempel. Burgen im mittelalterlichen Stile zu bauen, und glaubte damit Kunstdenkmäler ersten Ranges zu schaffen. Semper rief 1843 seinen Zeitgenossen zu. Kirchen für das neunzehnte Jahrhundert zu bauen, nicht aber solche, die mit denen aus dem dreizehnten Jahrhundert zu verwechseln wären. König Max von Bayern erließ 1853 ein Preisausschreiben, in dem gefordert wurde, Neues zu schaffen, da die Verhältnisse sich ganz geändert hätten. Man sieht, die moderne Bewegung kommt nicht von gestern, sondern reicht in ihren Grund lagen zurück bis tief ins neunzehnte Jahrhundert. Es soll durch aus nicht gesagt werden, daß der alte Stil überhaupt verwerflich wäre. Ein schönes altes Stück, das den Stempel seiner Zeit trägt, verdient die Bewunderung, die man ihm zollt. Nur muß man aber bedenken, daß es Dokument einer längst entschwundenen Zeit ist, deren Empfinden weit abweicht von dem unseren. Als frei Genießender muß man einem solchen Werke gegcnüberstehen, wenn man Freude daran haben soll. Bei der praktischen Bethätigung unseres Kunstsinnes dürfen jedoch antiquarische Neigungen nicht 207
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