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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.02.1904
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- Erscheinungsdatum
- 01.02.1904
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- Deutsch
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^ 25, 1. Februar 1904. Mchtamüicher Teil. 1035 Taktlosigkeit besitzen würde, in einem Trauerhause anzufragen, so wird sie nie die Sicherheit gewinnen können, daß alle Berechtigten gefragt worden sind, und auch nur eine fehlende Stimme öffnet der Strafbarkeit Tür und Tor. Selbst wenn man in dieser Beziehung nicht den dürren Sinn: »die Abbildung Verstorbener ist meistens strafbar« für die Praxis erkennen will, so ergibt sich die Unhaltbar keit der Fassung bei dem Gedanken an konkrete Fälle. Hätte man es der Witwe Krupps und ihren Töchtern zumuten können, in den Trauertagen an dreißig und mehr deutsche Zeitungen ihre Zustimmung zur Veröffentlichung des Porträts des verstorbenen Großindustriellen gelangen zu lassen, dessen Abbildung doch sicherlich in stärkstem Maße das Publikum interessiert? Der verstorbene Geheimrat Krupp hat sich wiederholt bei der Presse für die Würdigung seiner Person bedankt, und man darf annehmen, daß auch seine Hinter bliebenen mit der Ehrung, die er durch die Abbildung ge sunden hat, einverstanden waren. Wer kennt die Gattin, die Eltern und Kinder des Nordpolsahrers Andree, der im Eise verunglückt ist? Hat überhaupt der Ausländer dieselben Rechte wie der deutsche Staatsangehörige? Wer weiß, daß der in der Praxis verunglückte Luftschiffer Bradsky nicht naturalisierter Franzose, sondern sächsischer Reiteroffizier war? Und wer nimmt seine Rechte wahr, wenn er nicht verheiratet oder verwaist gestorben ist? Ist dann der sächsische Fiskus um seine Zustimmung zur Veröffentlichung des Porträts des Verstorbenen anzugehen? Beim Tod Zolas wäre z. B. ein illustrierter Nachruf unmöglich gewesen, weil die überlebende Ehegattin durch Krankheit an der Erteilung der Erlaubnis verhindert war. Die Mordtat in Belgrad ließ auch keinen Obrenowitsch übrig, der seine Zustimmung hätte geben können; es dürfte auch leicht ein öffentliches Interesse an der Ab bildung Alexanders I. in deutschen Blättern glaubhaft zu machen sein. Wenn ein Angehöriger eines Verstorbenen, wie dies oft geschieht, eine Bedingung, z. B. eine bestimmte Lob preisung, an seine Zustimmung knüpft, so ist wiederum für die Presse die Möglichkeit, das Porträt zu veröffentlichen, genommen. Eine Reihe schikanöser und Erpressungsprozesse wird sich alljährlich aus der Fassung der Paragraphen er geben. Aus allen diesen Darlegungen ergibt sich, daß die Fassung des Paragraphen auch da die Porträtierung verhindert, wo dieselbe nicht gegen den Willen des Porträtträgers erfolgen würde, denn das Risiko der Bestrafung ist dem Verbote der Veröffentlichung gleichzusetzen. Würde es nicht genügen, aus der Tatsache der Ver breitung der Photographie im Handel die Zustimmung als generell erteilt zu betrachten? Zu 3. Die Bemerkungen zu Z 14/15 brauchen folgende Wendung: »Das nach vorstehendem konstruierte Recht am eignen Bild bedarf aber gewisser Einschränkungen.« Dabei übersieht der Entwurf jedoch, daß er unter einem »Recht am eignen Bild« überhaupt nur ein »Recht des Verbietens« versteht, denn die positive Seite des Rechts fehlt in allen den Fällen, in denen der Dargestellte nicht mit dem Be steller indentisch ist: der Besteller kann dem Dargestellten verbieten, sein Bildnis auszustellen oder veröffentlichen zu lassen, selbst wenn der Dargestellte aus irgend einem Grunde (Abwesenheit, Unvermögen, Unfall, Krankheit) nicht in der Lage ist, sich von neuem auf eigne Kosten photographieren zu lassen. Es ist dies kein »Recht am eignen Bild«, sondern ein Zerrbild des Rechtes, ein Rückfall in die Leibeigenschaft. Besitzt der Besteller nun gar das Urheberrecht an der ein zigen Aufnahme eines Verstorbenen, so kann er den An gehörigen jede öffentliche Ehrung des Toten unmöglich machen. Schikane und Erpressung werden die Folgen dieser Bestimmungen sein. Die vorliegende Fassung des Entwurfs bietet dem Porträtphotographen die Möglichkeit, durch eine anscheinend unverfängliche mündliche Verabredung jedem Aufgenommenen jedes Versügungsrecht über sein eignes Porträt zu nehmen: die täglichen Erfahrungen der Presse lassen diese Tendenz in gewissen Photographenkreisen deutlich erkennen, ebenso tritt der entschiedenste Widerspruch jedes so Behandelten her vor gegen die Idee, daß er dem Photographen mehr als die bloße Erlaubnis zum Verkauf seiner Photographie ge geben habe. Wer die Erkenntnis zum Verkauf seines photographischen Porträts gibt, hat unbedingt ein Vergnügen oder ein Interesse an der Verbreitung seines Bildes, er gibt damit generell die Erlaubnis zur Nachbildung. Daß diese Anschauung von allen Volksschichten geteilt wird, beweist die allen Re daktionen täglich zugehende Antwort auf die Bitte um Überlassung der Photographie: »Da ich nicht immer Bilder vorrätig hatte, gab ich für solche Zwecke mein Porträt dem Photographen Soundso zum Vertrieb.« In Anbetracht der Begründung der bezüglichen Paragraphen aus dem Personen recht erscheint es unlogisch, eine Unterscheidung zwischen der Verbreitung als Photographie und als gedruckte Autotypie herbeizuführen, da dieser Unterschied lediglich ein technischer ist, der bei einer guten Ausführung für den Nichtfachmann völlig unkennbar wird. Da das Rechtsempfinden des Volks auch nach even tuellem Inkrafttreten des Gesetzes dasselbe bleibt, so wird sich jedermann nach wie vor für berechtigt halten, sein eignes Porträt zur Veröffentlichung zu geben, auch wenn er dem Photographen ausdrücklich das Urheberrecht gegeben hat. Jede Zeitung läuft dadurch arglos Gefahr, straffällig zu werden, selbst wenn sie zur Abbildung vom Porträtträger ermächtigt ist; dies dürfte nicht im Sinne des unparteiischen Gesetzgebers sein. Zu 4. Das Verbot der Nachbildung eines Porträts durch ein künstlerisches Reproduktionsverfahren, wie Holz schnitt, Lithographie oder Kupferstich, ist für den Inhaber des Urheberrechts illusorisch, wenn er nicht zugleich der Dargestellte ist. Die kapitalkräftigen Zeitungen werden die Porträte entweder als Zeichnung bringen oder den Holz schneider re. beauftragen, etwaige Charakteristika der Auf nahme (Hintergrund, zufälliges Zubehör, besondere Gelegen heitskleidung re.) zu entfernen, und dadurch den Beweis, daß eine bestimmte Aufnahme benutzt wurde, unmöglich machen. Sobald es aber besonders auf Wiedergabe charakte ristischer Zutaten ankommt, handelt es sich nicht mehr um eine reine Porträtierung, um ein »Recht am eignen Bilde«, sondern um eine Aufnahme, an der andre Interessen mit beteiligt sind, die vom Porträtrecht zu trennen sind. Dar unter können sich oft künstlerische Leistungen des Photo graphen finden, z. B. Aktstudien, denen unter allen Umständen ein urheberrechtlicher Schutz zuzusprechen ist. Verboten wird also nur die Verwendung der Porträts zur Herstellung einer Autotypie (Lichtdruck und Helio gravüre kommen weniger in Betracht), trotzdem die Auto typie im allgemeinen als bestes Verfahren zur Wiedergabe von Porträten angesehen wird. Dieses Verfahren ist das einzige, das seiner Wohlfeilheit wegen von Mittlern und kleinern Zeitungen angewandt werden kann. Aber auch der Porträtphotograph wird durch das Gesetz keinen Nutzen, sondern nur materiellen Schaden er leiden, denn diejenigen, die einen Holzschnitt, eine Litho graphie, einen Stich oder eine Zeichnung nach einer Photo graphie Herstellen lassen, werden die Zahlung des jetzt für autotypische Wiedergabe von Photographien in Gebrauch ge kommenen Honorars von fünf bis zwanzig und mehr Mark (außer den Kosten für den Abzug gerechnet) einstellen, um 137*
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