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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.08.1903
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 17.08.1903
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- Deutsch
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K 189, 17. August 1903. Nichtamtlicher Teil. 6279 Mitteln rechnen kann, und ebenso wenig mit den Bücher preisen. So muß jedem, der die Verhältnisse einigermaßen kennt, das ewige Exemplifizieren auf das Ausland ganz ab geschmackt Vorkommen. Es werden in Deutschland ebensogut billige wie dort teure Bücher gedruckt. Der Vorwurf, daß unsre Bücher zu teuer seien, erscheint geradezu lächerlich der Kostbarkeit vieler Publikationen gegenüber, die man im Auslande machen kann, auch aus dem Grunde, daß man dort einen Sport auch mit Büchern treibt, der bei uns un bekannt ist, weil man bei uns doch mehr Bücherleser als »Bibliophile«, d. h. Seltenheits- oder Spezialitätennarr, ist; vollends, wenn man daneben die Preise solcher Bücher hält, insbesondere der wissenschaftlichen Literatur, die dort wegen des weniger tiefgehenden Bildungsdranges des großen Publi kums das Mehrfache unsrer entsprechenden Bücher kosten, weil die bescholtene Kaufwilligkeit unsers Publikums den doppelten und dreifachen Umsatz ermöglicht. Auf der einen Seite fehlt uns ja die große Ausdehnung des Marktes, der den Franzosen und den Engländern die Spekulation mit billigen Büchern auf große Käufermassen ermöglicht; auf der andern haben wir bei uns daheim Käuferkreise, die man im Ausland vergeblich suchen würde. Billige Ausgaben werden ebensogut wie bei uns auch im Ausland sehr häufig erst dann riskiert, wenn das Autorrecht verfallen ist, oder wenn man fein Geschäft mit den ersten teuern Auflagen (die zum Beispiel bei der Belletristik in England, das uns immer als der billige Mann vorgehalten wird, sehr viel höher find als bei uns) gemacht hat. Auch bei uns macht man doch billige Ausgaben, wenn der Ver kauf so groß zu werden verspricht, daß der Nutzen den von teuern übersteigen kann, und übrigens ist es trotz aller entgegengesetzten Behauptungen eine unzweifelhafte Tatsache, daß die Bücherpreise neuerdings bei uns im allgemeinen stetig niedergehen — einzelne herausgegriffene Beispiele können das Gegenteil nicht beweisen —; schon die Kon kurrenz muß dazu führen. Wollte Gott, sie brächte es so weit, daß einem Haufen Bücherfabrikanten, gewinnsüchtigen Verlegern, ebenso wie eitel» oder lohngierigen »Autoren« das Handwerk gelegt würde. Dann würde es besser werden! Denn das, woran wir kranken, was der wirkliche Grund der berechtigten Klagen ist, das ist allein unsre Überproduktion. Könnte der gesteuert werden, könnte die Gewerbefreiheit dahin eingeschränkt werden, daß nicht jedem, der einen Bücherkram auftut, erlaubt wäre, nun auch selbst als Produzent Ware auf den Markt zu werfen, könnte die Anwendung des Grobenunfugparagraphen von einer intelli genten Justiz dahin ausgedehnt werden, daß Unberufenen der Mißbrauch unsrer Muttersprache zu unnötigem Geschreibe versalzen würde, träten sich die einigermaßen und die wirk lich Berufenen nicht gegenseitig so unvernünftig auf die Hacken bei dem Gedränge nach Druckerschwärze, Öffentlichkeit und Gewinn, so würden die guten Bücher, die dann nur noch erschienen, einen ungeahnt guten Markt in Deutschland finden, und die vernünftigen Verleger würden in der Lage sein, die zivilsten Preise zu machen. Überprodukiton herrscht auf allen Seiten. Es gibt zu viel Sortimenter — sie reißen sich den knappen Bissen gegenseitig aus dem Munde, und sie vergessen im Kampf ums Dasein die idealen Aufgaben des Buchhandels gänzlich, werden zu gewöhnlichen Bücherhändlern, denen nicht der literarische Wert der Bücher maßgebend ist, sondern die Leichtigkeit des Absatzes und die Höhe des Rabatts, der ihnen geboten wird; sie sind ja auch gar nicht mehr imstande, ein eigenes Urteil über die Menge der Literatur zu gewinnen, und sind froh, wenn sie Bücher wie die »Berliner Range« finden, deren Erfolg ihnen den Weg zu nutzbringender Tätigkeit weist. Es gibt zu viel Verleger, schon weil die vielen Sortimenter auf Gedanken kommen wie Leporello: Schmale Kost und wenig Geld, das ertrage, wem's gefällt, will nun selbst Verleger sein! Warum sollten sie nicht auch in der großen Lotterie mitspielen, die so schöne Ge winne bringt? So verlegt jeder, der ein Manuskript er haschen kann, oder dem die Erfolge des Marktes schöpfe rische Gedanken eingeben, mit Verstand oder ohne Verstand. Und — es gibt zu viele Bücher. Das spüren die Sorti menter zu allererst, auf die dieser Literaturplatzregen nieder prasselt; sie wissen ja kaum, wie sie sich ihn vom Leibe halten sollen. Mehr als 25 000 neue Bücher in jedem Jahre! Wer soll die kennen, wer soll sie beurteilen, wer sie an den Mann bringen können? Das sind hundertmal im Buchhandel selbst ausgespro chene Tatsachen. Jeder verständige Buchhändler, Sortimenter wie Verleger, beklagt sie und seufzt über die Mißstände, die sie im Gefolge haben. Jeder verständige Verleger sieht, wie dieser zügellose Wettbewerb, diese tolle Überproduktion aller ernsten Arbeit den Boden abgräbt und der Verflachung die Wege ebnet, wie sie den Geschmack des Publikums verdirbt und den Sortimentshandel unfähig macht, der urteilsfähige Wegweiser des Publikums zu sein; und jeder Sortimenter alten Schlags zuckt die Achseln, wenn er diesen Niedergang des Handels und des Standes der Literatur wie des lite rarischen Geschmacks beobachtet. Es braucht dem Buchhändler nicht erst gesagt zu werden, wo die Schäden sitzen. Aber wie soll er helfen? Kann er die Gewerbefreiheit aufheben? Was der Buchhandel vermag, der allgemeinen Anarchie vorzubeugen, das hat er unter der Führung des Börsenvereins getan, aber er hat es nur auf bestimmten Gebieten, unter großen Kämpfen und nur bis zu einem gewissen Grade zu tun vermocht: in der Zusammenfassung der Berufsgenossen, in der Aufstellung von Verkehrs- und Verkaufsnormen und in der Durchsetzung des Prinzips eines festen Ladenpreises. Die Kämpfe für diese wichtigen und wertvollen Dinge haben bis in die jüngsten Tage gedauert; man hat sogar an Schritte gedacht und sie versucht, den Schäden, die die Gewerbefreiheit mit sich gebracht hat, dadurch entgegenzutreten, daß man einen Befähigungsnachweis für den Betrieb des Buchhandels, eine gewisse Summe von allgemeinen Kenntnissen für die Ausübung des Berufs verlangte und Einrichtungen zu einer besseren Ausbildung der jungen Leute für ihren Beruf an zubahnen suchte. Wenn sich auch dieses Ziel schwer wird erreichen lassen, so ist doch schon Bedeutendes für' die Gesundung der an der Gewerbefreiheit krankenden buch händlerischen Verhältnisse geschaffen worden, und der Stand wird dank seiner erkämpften Geschlossenheit die Kraft haben, weiteres zu erreichen und sich innerlich immer mehr zu heben. Und das wird nicht nur zu seinem eignen Nutzen geschehen, sondern auch zum Nutzen des geistigen Lebens überhaupt, zum Nutzen der deutschen Wissenschaft. Wie aber stellt sich diese diesen Bestrebungen gegenüber? Es ist ein wunderbares Schauspiel, das wir da zu sehen bekommen! Von einer falschen Prämisse ausgehend, kommt man zu einer Untersuchung der Lage der Dinge, rennt aber völlig an der Hauptsache vorbei, konstruiert sich einen Popanz, den man mit Wucht zu bekämpfen unternimmt, häuft alle Schuld auf seine» Nächsten und vergißt, an die eigne Brust zu schlagen. Der Popanz ist die Verteuerung der Bücher durch die Abschaffung des Kundenrabatts. Professor Paulsen und Professor Bücher sind ernsthafte Gelehrte. Daß sie trotzdem auf diesen Popanz hineingefallen sind, ist unbegreiflich. Sind sie wirklich nicht auf den Gedanken gekommen, daß ein fester Bücherpreis der literarischen Produktion nur von Nutzen sein könne? Daß er zunächst dem Büchervertrieb ein festes Rückgrat geben 834*
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