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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.03.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 23.03.1903
- Sprache
- Deutsch
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2365 67. 23. März 1903. Nichtamtlicher Teil ein andres Haus mit bis dahin gesunden Erwachsenen und Kindern, so ist man sich nicht mehr darüber im unklaren, daß diese -fliegende» Literatur die Zwischenträgerin von Krankheitskeimen sein kann. Wie sehr diese Ansteckungsstoffe, noch dazu wenn die Leser husten, also Tröpfchen von Speichel versprühen, an dem fettigen, oft schmutzigen Papier haften, wie lange sie entwickelungsfähig und infektiös bleiben — braucht das noch auseinandergesetzt zu werden? Schon das bloße Umblättern führt diese Keime, die in zwischen vertrocknet sind, den nahen Atmungsorganen Gesunder zu. Eine besondere Form der Übertragung von Bakterien ist hierbei noch das direkte Einbringen derselben in die Mundhöhle. Die abgegriffene, meist unsaubere, rechte untere Ecke des Buchs oder Journals wird mit angcfeuchtetem Finger umgeblättert, und bei dem nächsten Umblättern wird derselbe Finger wieder an Lippen und Zunge angefeuchtet. Dies förmliche Füttern des eignen Mundes mit fremden Mikroben kann man oft beobachten. Aber nicht bloß Bakterien, sondern auch sonstige übertragbare Stoffe, die von bösartigen Lippen- und Zungenkrankheiten herrühren, können aus diese Weise auf Gesunde direkt übergeführt werden. Geraoe jetzt, wo wir die Bedeutung der Bakterien und ihrer Sporen als Erreger von Infektions-Krankheiten zu würdigen gelernt haben, dürfen wir die Unsitte des Einführens solcher Zwischenträger ins Haus als eine geradezu gefährliche bezeichnen. Eltern und Erzieher können nicht genug darauf hingewiesen werden, daß die Literatur der Lesezirkel und Leihbibliotheken, die selbst durch Formalindämpfe so schwer zu desinfizierenden Journale und Bücher, gewiß in vielen Fällen das oft rätselhafte, sprungweise Weiterschreiten von Epidemien verschuldet. Wir wollen hier gar nicht von der Oberflächlichkeit sprechen, mit der solcher Lese- und Illustrations-Stoff durchgepeitscht wird — sein Wandern ist eine hygienische Gefahr, die noch lange nicht genug beachtet wird. Heutzutage, wo wir wissen, daß nicht chemische Desinfektions mittel die Hauptsache sind, daß es nicht in erster Linie auf die Abtötung der Bakterien ankommt, sondern vielmehr darauf, sie vom Körper durch peinliche Reinlichkeit fernzuhalten, ist es geradezu ein Widersinn, wenn die Familie ihnen noch Tür und Tor öffnet, indem sie zerlesene Journale und unsaubere Bücher, die sich monatelang in andern Wohnungen Herumgetrieben haben, und an denen meist Mikroben in großer Zahl haften, in die Behausung nimmt. Kleine Mitteilungen. Österreichischer Bücherzoll. (Vergl. Börsenbl. 1901, Nr. 83, 100, 146 u. 1903, Nr. 32, 36, 43, 45, 49, 55, 56, 61, 64 und 66.) — Auch die Buchdrucker Wiens haben, da sie von verschiednen Seiten angegriffen wurden, daß sie einen Zoll auf gebundne Bücher nicht wollen — man ging sogar soweit, ihnen vorzuwerfen, daß sie »Handlanger der Buchhändler« geworden seien — eine Äußerung veröffentlicht, in der sie erklären, warum sie für- zollfreie Einfuhr gebundner Bücher seien. Wir lassen dieselbe in Ergänzung unsrer kurzen Mitteilung in Nr. 64 d. Bl. im Wortlaut hier folgen: -Man verkennt die Situation vollkommen, wenn man der Meinung Ausdruck gibt, durch einen Vücherzoll würde den Buchbindern geholfen werden oder gar auch den Buch druckern und der mit beiden in enger Verbindung stehenden Pa pierindustrie. Gestatten Sie, daß wir ihnen in Kürze eine Be gründung für unfern Standpunkt geben, daß auch in Zukunft Bücher gebunden oder ungebunden von jedem Zolle frei bleiben müßten. Das Zentrum des gesamten deutschsprachigen Buch handels ist Leipzig. Der größte Teil aller deutsch erscheinenden Bücher wird naturgemäß im Deutschen Reich hergestellt. Mit Rücksicht darauf, daß im Deutschen Reich rund 53 Millionen deutsch sprechende Einwohner sind, Österreich mit seinen rund 26 Millionen Einwohnern dagegen nur zirka 8'/^ Millionen Deutsche hat, ergibt es sich naturgemäß, daß für jeden deutschen Verlag der Hauptabsatz im Deutschen Reich zu suchen ist, nur ein kleiner Teil des Verlags über die österreichische Grenze geht. Dieses Moment wird noch gestärkt durch die unbestrittne Tatsache, daß die Bewohner des Deutschen Reichs kaufkräftiger sind als die Bewohner Österreichs. Für den deutschen Verlag liegt daher gar kein besonderes Interesse vor, auf den verhältnismäßig geringen Absatz seiner Erzeugnisse nach Österreich besondere Rücksicht zu nehmen; er wird sich daher niemals dazu entschließen, die Auflagen zu trennen und den voraussichtlich an gebundnen Exemplaren entstehenden Bedarf in Österreich Herstellen zu lassen, denn ab gesehen von der eintretenden Zersplitterung seiner Vorräte, müßte er in Österreich doch wenigstens eine Persönlichkeit für die Aus lieferung des Verlags an die Sortimenter bestellen, was mit be deutenden Mehrkosten verbunden ist. Noch viel weniger wird sich der reichsdeutsche Verleger dazu entschließen, das betreffende Werk seines Verlags einmal im Deutschen Reich und einmal in Öster reich drucken zu lassen, da er ja dann den Satz des Werks zwei mal Herstellen lassen oder aber doch Platten zum getrennten Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 70. Jahrgang. Druck in Österreich anfertigen müßte — ein Vorgang, der ganz außerordentliche, in keinem Verhältnis zu dem erzielten Vorteil stehende Kosten verursachen würde. »Auf der andern Seite haben wir den österreichischen Verlag zu betrachten. Mit Rücksicht auf die oben angegebnen statistischen Daten ergibt es sich, daß für den österreichischen Verleger deutsch sprachiger Werke das Hauptabsatzgebiet im Deutschen Reich gelegen ist. Wenn nun dem österreichischen Verleger bei der Ausfuhr Zoll schwierigkeiten bereitet würden (daß auf einen österreichischen Vücherzoll das Deutsche Reich in absehbarer Zeit mit einer gleichen Maßregel antworten würde, liegt doch wohl auf der Hand), dann müßte derselbe entweder seinen Sitz ins Deutsche Reich verlegen oder aber dort drucken und binden lassen. »Nach jahrelangen eifrigen Bemühungen ist es den Ver tretern des Verlagsbuchhandels gelungen, in Österreich eine be deutendere Verlagstätigkeit zu entwickeln, die insbesondere auf wissenschaftlichem Gebiet ganz Außerordentliches leistet und ganz ansehnliche Summen der österreichischen Papier- und Druckindustrie zugeführt hat. Die naturgemäße Entwicklung zur weitern Ausdehnung müßte, ivie wir oben angeführt haben, gewalt sam sistiert werden, wenn der geplante Zoll tatsächlich zur Durchführung käme. Die unter dem Titel eines Schutzzolls errichtete Schranke gegen das Nachbarreich würde genau das Gegenteil des beabsichtigten Zwecks Hervorrufen: eine em pfindliche Schädigung der österreichischen Buchdruckereien und der österreichischen Papierindustrie. Nutzen hätte von dem ganzen Zoll keine einzige Erwerbsgruppe, auch nicht die Buchbinder, denn der Verleger, der seine Ware nur gebunden auf den Markt bringt (eine Sitte, die mehr und mehr zunimmt), wird es sich nie einfallen lassen, des geringen Absatzes in Österreich wegen einen Teil der Bücher broschiert auf den Markt zu bringen. Selbst wenn dies in ganz vereinzelten Fällen geschehen würde, hätte der kleine Buchbinder in Österreich kaum einen Vorteil gefunden, da der Be sitzer des broschierten Buches nur in seltnen Fällen die bei Her stellung eines einzelnen Exemplars hohen Kosten des Bindens be zahlen würde. Er würde sein Buch einfach broschiert in seinen Bücherkasten legen, während er früher bei dem geringen Preisauf schlag, der durch die Massenanfertigung von Einbänden möglich ist, sich zu der geringen Mehrauslage leicht entschlossen hat. Die großen Buchbindereien Österreichs dagegen würden durch die Ver legung der österreichischen Verlagstätigkeit ins Ausland eine em pfindliche Einbuße erleiden, denn die Massenaufträge der Verleger müßten ihnen dann entgehen. Die Kenntnis dieser Tatsache, nicht aber irgend ein Druck von Interessenten, hat seiner Zeit den ver storbenen Großbuchbinder Scheibe dahin gebracht, sich den in diesem Fall geeint vorgehenden Buchhändlern und Buchdruckern anzu schließen und gegen jede Zolleinhebung zu sprechen. »Nicht unerwähnt soll es bei diesem Anlaß bleiben, daß die österreichische Druckindustrie es verstanden hat, infolge ihrer üe- sondern Leistungsfähigkeit sich auch einen gewissen Export zu sichern. Bedeutende Firmen Frankreichs, Englands, ja selbst des Deutschen Reichs beschäftigen jahraus, jahrein österreichische Buchdruckereien. Bedeutend sind auch die Lieferungen, die nach dem Orient, speziell nach Ägypten gehen und, abgesehen von den österreichischen Buchdruckereien, auch die österreichische Papier industrie und die österreichischen Buchbinder nennenswert mit Arbeiten versorgen. Sehr leicht wäre es möglich, daß auch diese Staaten auf den österreichischen Vücherzoll mit ähnlichen Maß nahmen antworten könnten, dann wäre die Situation der öster reichischen Industrie sehr verschlimmert und cs müßte mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß auch diese wertvollen Aufträge ins Ausland wandern. »Bei dieser Begutachtung der Sachlage stehen die Wiener- Buchdrucker durchaus nicht vereinzelt da, sondern sie wissen, daß auch die gesamte Provinz ihre Anschauung teilt. Im Auftrag aller Beteiligten haben daher nicht nur die Vertreter des Gremiums der Buchdrucker und Schriftgießer in Wien, sondern auch die des Reichsverbands österreichischer Buchdruckereibesitzer sich der Aktion der Buchhändler für Aushebung des geplanten Zolls angeschlossen. Nur wenn es sich um rein merkantile Erzeugnisse handelt, wie Prospekte, Plakate u. dergl., dann fordern auch die Vuchdrucker einen Schutzzoll für die Erzeugnisse ihrer Pressen, wie der Re gierungsentwurf ihn ja auch in Tarifpost 298 in ausreichendem Maße bietet. Möge man also jenen Industrien, die durch be sondere Verhältnisse auf den Zoll angewiesen sind oder zu ihrer Entwickluna eines Schutzzolles bedürfen, einen solchen gewähren, auch den Erzeugnissen der Buchdrucker, sofern es sich um rein marktgängige Waren handelt, aber man lasse die idealen Produkte unsrer Buchdruckerkunst, die wirklichen Bücher, von fiskalischen Maßnahmen frei, denn wie alle Künste, läßt sich auch die Kunst Gutenbergs nur in voller Freiheit entwickeln, nur dann wird sie im eignen Gedeihen die verwandten Gewerbe auf ihre Entwick lungsstufe mit hinaufziehen können.» 315
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