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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.01.1906
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 30.01.1906
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- Deutsch
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^ 24, 30. Januar 1906. Nichtamtlicher Teil. 1101 (Dr. Müller (Meinigenj) des Kunstgewerbes, d. h. der sogenannten angewandten Kunst mit der sogenannten reinen Kunst (Sehr richtig! links), und die zweite Kardinalsrage ist der Schutz der Bauwerke. Ich stehe nun im großen und ganzen auf dem Standpunkt des Gesetzes auch bezüglich dieser beiden Kardinalpunkte. Die Regelung des photographischen Urheberrechts — um mich den Ausführungen des Herrn Kollegen Dietz einen Moment zuzuwenden — erscheint mir weit besser, als er dies darstellte. Ich glaube, daß gerade mit der Beseitigung des ganz unhalt baren tz 4 des bisherigen Gesetzes eine sehr glückliche Wendung für die Photographen selbst eingetreten ist, und Herr Kollega Dietz hat gemeint, die Photographen seien diejenigen, welche am allerbesten wcggekommen seien. Ich bezweifle das. Die Photographen — es will das nicht viel besagen — sind eigentlich die unzufriedensten von allen Autoren, die hier geschützt werden sollen. Aber es erscheint mir auf der andern Seite der von dem Entwurf aufgestellte Standpunkt als der richtige Mittelweg. Es ist eine Tatsache, die sich nicht leugnen läßt, daß um Kapitalien, die hoch in die Tausende gehen, photographische Aufnahmen gemacht werden, die ohne weitres unberechtigt, vor allem auf Postkarten wiedergegeben werden. Mir ist speziell ein Fall bekannt, der einiges Aus sehen erregt hat. Eine große deutsche photographische An stalt hat mit bedeutenden Mühen und unter erheblichen Auf wendungen sehr schöne Dolomitenbilder (Bilder aus Süd tirol) Herstellen lassen. Diese Bilder, die der betreffenden Verlagsanstalt sehr teuer kamen, wurden ohne weitres auf Postkarten verbreitet; es wurde der photographischen Anstalt eine solche Konkurrenz geleistet, daß sie tatsächlich nicht an nähernd auf ihre Kosten kommen konnte, sondern daß sie einen sehr großen Schaden durch die Reproduktion ihrer mit großen Aufwendungen gemachten photographischen Bilder hatte. Meine Herren, ich will nicht auf Einzelheiten cingehen, wie der Herr Vorredner; bloß dem einen Punkt, dem auch er seine besondre Aufmerksamkeit gewidmet hat, möchte ich ebenfalls einige Worte widmen und dabei eine Frage an den Herrn Staatssekretär richten: sie betrifft Z 22 Absatz 2. Dieser Paragraph wird uns ja überhaupt noch viel Kopf zerbrechen machen. Das ist klar, daß Herr Graf Bülow und auch Graf Witte unter allen Umständen abgebildet werden können; denn ihre Bildnisse sind Bilder aus dem Bereiche der Zeitgeschichte, und die sind bekanntlich nach Absatz 2 des Z 22 frei. Aber die sehr schwierige Frage ist das Herein spielen von Fragen des Persönlichkeitsrechts in die Fragen des Urheberrechts. Was versteht man unter ähnlichen Vor gängen, die gleich Gruppenbildern, Abbildungen von Land schaften usw. das Recht auf freie Abbildung geben können? Wenn z B. auf einem Bild »Das Urteil des Paris« ein Mädchen — es braucht gar nicht aus besonders guter Ge sellschaft zu sein (Heiterkeit) — als Aphrodite dargestsllt wird, — kann es nun auf Grund des 8 22 Absatz 2 wider sprechen oder nicht? Oder wenn bei einer Darstellung einer mittelalterlichen Hexenverbrennung ein Mann — ich will einmal annehmen: ein Freidenker — als Peter Arbuez dar gestellt wird, soll das ein ähnlicher Vorgang nach Absatz 2 des 8 22 sein oder nicht? (Heiterkeit.) Unter Umständen wird eine Beleidigung nach dem Reichsstrafgesetzbuch vor liegen, aber nicht in jedem Falle. Es wäre jedenfalls inter essant, wenn uns möglichst bald Aufschluß gegeben würde über den Begriff der »ähnlichen Vorgänge«. Meine Herren, ebenso wird die Frage des Schutzes der Bauwerke noch sehr reiflicher Überlegung wert sein. Es kann auch hier meiner Meinung nach keinem Zweifel unter liegen, daß prinzipiell künstlerische Bauwerke und die Ent würfe dazu reine Kunstwerke sind und als solche geschützt Börsenblatt für Len Deutschen Buchhandel. 73. Jahrgang. werden müssen. Ich brauche nur die Namen Andrea Pisano und Bruneüeschi, Arnolfo di Cambio usw. aus der floren- tinischen Kunstgeschichte zu nennen oder gar Michelangelo und Dürer, und aus der neuern Zeit Schlüter und Schinkel, um zu zeigen, daß »Baukunst« und »Bildhauerei« absolut nicht zu trennen sind. Dagegen stehe ich auf dem Standpunkt, daß das Hineinwerfen des Zweckgebranchs in ein derartiges Gesetz, wie es im 8 1 und 2 geschehen ist, was auch Herr- Kollege Dietz kurz berührt hat, immerhin große Gefahren har. Der gesetzliche Schutz der Bauwerke ist aber auch nötig vom Standpunkt des internationalen Rechts aus. Denn nach der Zusatzakte des Berner Übereinkommens werden die deutschen Künstler im Auslande geschützt, im Inlands werden sie aber nicht geschützt; also hier muß unter allen Umständen eine Gleichstellung geschaffen werden. Sehr zu begrüßen ist der Punkt, den ich vorhin als den wesentlichsten, als den Kardinalpunkt dieser ganzen Vor lage bezeichnet habe, die Gleichstellung der sogenannten an gewandten Kunst mit der reinen Kunst. Auch hier ist die Lösung des Gesetzentwurfs eine sehr erfreuliche, denn eine Trennung zwischen angewandter Kunst und reiner Kunst ist undenkbar. Ich empfehle den Herren, die sich für diese Kunstfragen interessieren, die ausgezeichneten Gutachten, die vor allem der verstorbene Professor Otto Eckmann in der Zeitschrift für gewerblichen Rechtsschutz veröffentlicht hat Man muß sich doch daran erinnern, daß die Anfänge aller Kunst überhaupt Werke der angewandten Kunst waren. Wer die altägyptischen und altetruskischen keramischen Ornamen tierungen sieht, kann sich überzeugen, daß die Anfänge der sogenannten »reinen Kunst« in einem verhältnismäßig sehr späten Zeitalter überhaupt sich finden, — und je höher das kulturelle Niveau eines Volkes überhaupt war, desto mehr gingen die Begriffe der reinen und der sogenannten ange wandten Kunst ineinander über. Wer daran zweifelt, gehe an die Zentren deutscher, italienischer und flämischer Kunst. Man wird finden, daß der berühmte Jamnitzer Tafelaufsatz oder ein Becher von Benvenuto Cellini um kein Haar tiefer im künstlerischen Werte steht als irgend ein Werk der plastischen, der malenden oder zeichnenden Kunst. Mer an berühmte kunstgewerbliche Arbeiten denkt, wie z. B an die Erztüren des Doms zu Florenz von Luccadella Robbia, oder wer die berühmte große Bronzetür von Leonardo Ghiberti am Baptisterium kennt, ist sich darüber klar, daß es auf den Zweck nicht im mindesten ankommt, sondern allein auf die originale Geistesschöpfung, daß es ganz gleich ist, ob es sich um eine Tür handelt oder um einen sonstigen Gebrauchsgegenstand oder einen, rein künstlerische Zwecke verfolgenden idealen Gegenstand. Es ist vielleicht nicht uninteressant, daran zu erinnern, daß die einzigen Werke, die von einem deutschen Kaiser von Albrecht Dürer erworben wurden, Werke der sogenannten »angewandten Kunst« waren. Es waren, soviel ich weiß, ein Schwertknauf und ein Teil eines Gebetbuches. Damals, wie heute, waren die Werke der sogenannten angewandten Kunst vollständig den Werken der reinen Kunst gleichgestellt. Ich begrüße es also im Interesse unsers deutschen Kunstgewerbes, daß eine völlige Gleichstellung der Werke der angewandten Kunst und der Werke der reinen Kunst hier vorgenommen wurde. Vor einiger Zeit wurden u a. Huldigungsadressen, Tischkarten von Menzel ausgestellt auf der bekannten Menzelausstellung. Es kann doch keinem Zweifel unterliegen, daß eine solche Tischkarte, im Sinne unsrer bisherigen Gesetzgebung nur ein Werk des Kunstgewerbes, d. h. der angewandten Kunst, ebenso viel wert ist, als irgend eine sonstige Zeichnung oder eine sonstige Malerei von Menzel. Der Zweck hat mit der künstlerischen Bedeutung nichts zu tun. Eine Figur von Begas, Uphues oder Hildebrand wird denselben Wert be- 147
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