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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.01.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1906-01-25
- Erscheinungsdatum
- 25.01.1906
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- Deutsch
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- Saxonica
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916 Nichtamtlicher Leu. — Sprechsaal. ^ 20, 25. Januar 1906. bis 1865 leitete er die Redaktion der Zeitung -Der Bot schafter». Im September 1872 wurde er zum Chef redakteur der »Wiener Zeitung» ernannt, die er vom 1. Oktober des genannten Jahres an zeichnete. In dieser Stel lung, mit der er auch das Theaterreserat für fast sämtliche Wiener Theater verband, verblieb er bis zum 31. Mai 1900. Auch nachdem er mit diesem Tag in den Ruhestand getreten war, führte er bis zum September 1904 das Theaterreferat für das Burgtheater, das Deutsche Volkstheater und das Josef städter Theater. Schon einige Monate vorher hatte er sich ganz nach Mondsee zurückgezogen, wo er ein Haus besaß und bereits durch eine Reihe von Jahren den Sommerurlaub verbracht hatte. Im Frühjahr v. I. wurde er krank und vermochte sich nicht mehr zu erholen. Uhl ist auf vielen schrift stellerischen Gebieten mit Erfolg aufgetreten, zuerst als Schildere! von Land und Leuten, im Jahre 1848 auch als politischer Lyriker und später hauptsächlich als Romancier. Von seinen Werken nennen wir: »Die Theaterprinzessin», Roman (1863), -Haus Fragstein-, Roman (1878), -Die Botschafterin», Roman (1880). Am hervorragendsten war Uhl auf dem Gebiet der Theaterkritik; hier konnte er mit den berühmtesten Pariser Kritikern wetteifern. Uhl war seit 1874 Ritter des Ordens der Eisernen Krone dritter Klasse und seit seinem Rücktritt im Jahre 1900 Ritter des Leopold- Ordens. 1893 war ihm der Titel und Charakter eines Hofrats verliehen worden. * Gestorben: am 23. Januar im einundfünfzigsten Lebensjahre nach längerem Krankenlager der Buchhändler Herr Walter Hartmann in Eisenach. Der Verstorbene war seit 1. Oktober 1884 Inhaber von H. Jacobi's Hofbuchhandlung in Eisenach, daneben seit 15. Juli 1902 auch Inhaber der Verlagshandlung E. Laris Nachfolger (W. Hartmann) ebenda. (Sprechsaal.) Vom goldnen Antiquariat. (Vgl. Nr. 17 d. Bl.) Der Sonnenschein, mit dem Herr Junk das Antiquariat und die Antiquariatsgehilfen überschüttet (vgl. Börsenblatt vom 22. d. M.), läßt die geschilderten Verhältnisse in einem Lichte er scheinen, das für den nüchternen Beobachter von der Wirklichkeit grell absticht. Wären jene Zeilen von einem Sortimenter ge schrieben, so würde man sich nicht über sie wundern, denn das Märchen von dem fabelhaft leichten und großen Verdienst des Antiquars hat von altersher die Nachtruhe des Sortimenters ge stört. Da nun sogar aus dem Antiquariat heraus die Be hauptung aufgestellt wird von dem Gelde, das für den Antiquar auf der Straße liegt, muß die Sache wohl ihre Richtigkeit haben! Wundern werden sich allerdings alle die, die als Antiquare jahraus, jahrein von früh bis spät sich die Finger wund ge schrieben haben, ohne ihr Haupt vor einem Goldregen schützen zu müssen, und wäre es auch nur ein Regen von Nürnberger Gold gewesen. Ob die neuen Firmen, die so schnell zu Weltruf und Weltkundschaft gekommen sind, finanziell so befriedigt sind, daß sie sich als Beweis für die hohe Blüte des Antiquariats hinstellen lassen können, braucht wohl billigerweise nicht so ohne weitres ge glaubt zu werden. Es ist vielleicht ehrenvoll, über Sammlungen im Werte von 3000 bis 4000 ^ Kataloge zu veröffentlichen, die 1000 ^ für Herstellung und Versand gekostet haben; aber Gewinn bringt das nicht. Früher wurden große Gewinne im Antiquariat erzielt, ohne daß mit Pauken und Trompeten alle Künste der Reklame ausgenutzt werden mußten, und heute jagt ein Katalog den andern, und einer nach dem andern sinkt hinab, oftmals ohne seinem Herausgeber auch nur das gebracht zu haben, was ein Maurergeselle oder Metalldrücker für seine Arbeit pro Stunde bekommt. Und das trotz der hohen Preise, über die jetzt allent halben so gejubelt wird! Darf man dem Antiquariat eine glänzende Zukunft progno stizieren, wenn heute schon jeder nur einigermaßen bekannte Bibliophile (und was nennt sich heute nicht alles Bibliophile; jeder Reclam kaufende Tertianeri) pro Tag durchschnittlich 10 Kataloge mit der Morgenpost erhält? Nach meiner Ansicht und Erfahrung können nur zwei Seiten zum Ergreifen unsers Berufes raten, nämlich die Jünger Guten bergs, die die schönen Kataloge zum Füllen der Papierkörbe drucken und die Kaiserliche Reichspost, die bereitwilligst jede An zahl von den hübschen Germania-Porträts L 3 Pfennig und mehr an den Antiquar verkauft. Wer also von unserm Nachwuchs den Ehrgeiz hat, die notleidenden Buchdrucker zu unterstützen und Herrn von Kraetke, der soll ruhig zu uns kommen, dem kann ge holfen werden. Wer aber glaubt, die erste Pflicht eines sich etablierenden Antiquars sei das Aufstellen eines möglichst umfang reichen Geldschrankes zum Auffangen der goldnen Fluten, der wird sicher in 99 von 100 Fällen sehr bald bemerken, daß trotz aller Kenntnisse und allen Fleißes die Flut leichter aus dem Schrank hinaus als in ihn hinein läuft. Man muß wirklich ein unverbesserlicher Optimist sein, um zu einer Zeit, wo auf hundert Katalog-Empfänger ein ganzer Katalog- Besteller kommt, zum Erlernen des Antiquariats zu raten, sei es modernes, wissenschaftliches oder Kunstantiquariat. Wie es heute mit dem wissenschaftlichen Antiquariat bestellt ist, das noch vor nicht langer Zeit einen kenntnisreichen Antiquar auch ohne Kapi tal unbedingt sicher ernährte, das pfeifen schon die Spatzen vom Dache; und das Kunstantiquariat wird auch bald dort enden, wo das wissenschaftliche sich schon befindet, beim Großkapital, gegen das alle Intelligenz, aller Fleiß und alle Kenntnisse vergeblich den un gleichen Kampf wagen und gewagt haben. Ist der Antiquar alter Schule unterlegen, der Antiquar, der sich das Beherrschen aller Literaturen zur Lebensaufgabe gemacht hatte, so wird noch eher der moderne Raritäten-Farceur unter liegen, der hilflos dasteht, sobald er das Gebiet seiner Spezialität verlassen hat. Wer mit einem klangvollen Namen und mit einer langen Reihe preußisch Courant hinter sich die Arena der Selbständigkeit betritt, dem kann die nun beginnende Jagd wohl als Schnitzel jagd erscheinen; wer aber, und das soll hier laut betont werden, heute sich mit seinen Kenntnissen hinstellt in die Bahn, dem wird die Sache recht bald nur als blutige Hetze er scheinen, in der auch der beste Renner unterliegen muß. Nicht der Fleiß, nicht die Kenntnisse machen heute den Antiquar; es stützt ihn vielmehr nur die Macht, auch dann cinkaufen zu können, wenn andere durch seine oft bedenklich hohen Gebote nieder gerungen sind, und diese Macht verleiht nur das, was schon so viele Existenzen auf dem Gewissen hat, das Kapital, und nur das Kapital. Wer mit einigen Hunderttausenden arbeitet, kann sich mit wenigen Prozenten Nutzen begnügen und hat dann immer noch ein besseres Einkommen als der, der gezwungen ist, ein kleines Kapital so zu handhaben, daß ihm die Erhaltung seiner Familie dadurch ermöglicht wird. Das ist des Pudels Kern, und nur daS, denn die Klage Uber die mindere Qualität des Nachwuchses ist unberechtigt. Der junge Buchhändler lernt heute und leistet heute genau so viel, wie wir gelernt und geleistet haben! Wir vergessen nur oder verstehen nicht, uns in die Zeit zurückzuversetzen, wo wir mit 75 ^ Gehalt auf die Chefs losgelassen worden sind, und wo wir genau so wenig wußten, wie heute unsre jungen Leute wissen. Die Erfahrungen von Dezennien lassen sich nicht durch den Nürnberger Trichter auf die Jugend übertragen, die wollen selbst erworben sein; jeder wird bei seiner Arbeit unbewußt von seiner Erfahrung geleitet, und darum ist es grundfalsch, von jungen Leuten Leistungen zu verlangen, die nur als das Produkt langjähriger Übung heroorgebracht werden können. Das sind Tatsachen und Klagen, die sich bekanntlich überall äußern. Auf der Schule glaubt jeder Tertianer, er sei ein größrer Rüpel gewesen als der heutige Sextaner, in der Kaserne blickt der zweite Jahrgang mit Verachtung auf den ersten, und nur dem aus objektiver Warte Stehenden werden beide als gleich große Rüpel, als gleich tüchtige Krieger erscheinen. Es war, ist und wird immer so sein, daß eine Generation sich klüger dünkt als die andre. Das ist nicht zu ändern, und das beeinflußt nicht im geringsten das Wohl und Wehe eines Standes. Nicht derjenige unsers Nachwuchses wird den Erfolg an seine Fersen bannen, der das meiste gelernt hat, sondern der, der das größte Portemonnaie mitbringt; das wollen wir unfern jungen Leuten sagen, und danach sollen sie sich richten! Dresden. Paul Alicke.
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