IL 18, 23. Januar 1906. Fertige Bücher. 813 Arieike der Presse über Kromme) Lebenezeschichie eines modernen Fabrikarbeiters 2vci Lhemniher Votffestimme: In Fischer's Denkwürdigkeiten eines Arbeiters ist der Aunstwert größer, in Brommes Lebens geschichte der Aulturwert. Lart Jentsch: Als vor zwei Jahren Paul Göhre die Autobiographie des Arbeiters Fischer herausgegeben hatte, da sagte ich: Das ist ein Dichter — ein wirklicher bedeutender Dichter. Göhre, der ehemalige Pastor und jetzige Sozialdemokrat, der der Arbeitersache treu bleibt, obgleich er als Akademiker von den parteigewaltigen schlecht genug behandelt wird, vermittelt uns jetzt eine zweite Autobiographie: „Lebensgeschichte eines modernen Fabrikarbeiters". Beide Bücher zusammen bilden eine Sammlung menschlicher Dokumente, die an lvert für die Acnntnis des modernen deutschen Arbeiterlebens alle von Nichtarbeitern geschriebenen Bücher, auch Göhres „Drei Monate Fabrikarbeiter", übertreffen. Otto von Lettner: Wenn ich könnte, möchte ich es allen Besitzenden, die noch ganz in der Ichsucht eingesponnen sind, unter den Weihnachtsbaum legen. Wenn sie es mit Vernunft läsen — der Besitz verbürgt ja leider nicht immer die Vernunft —, vermöchten sie daraus zu erkennen, wie es Millionen ihrer Blutgenossen zumute ist. Gamüurger Zremdenökatt: Ls ist vielleicht wahr: die eine Hälfte der Welt weiß nicht, wie die andere lebt und denkt. Und nichts kann mehr zum gegenseitigen Verständnisse und zur Überbrückung der Alassengesetze beitragen, als Selbstbiographien aus den verschiedensten Areisen. Göhre läßt der Lcbensgeschichte seines Arbeiters aus der vor-sozialdemokratischen Zeit die Biographie eines modernen Arbeiters folgen, der mit einem großen Bildungs drange absolute Ehrlichkeit gegen sich selbst verbindet. Dieser aus kleinsten Verhältnissen hervorgegangene Mensch besitzt ein reiches weiches Gemüt, und dies hauptsächlich bringt ihn unseren Herzen nahe und läßt uns die wechselnden Schicksale mit Interesse verfolgen. Lyristttcye Wett: Das Buch hat als Ganzes auf mich einen geradezu erschütternden Eindruck gemacht. Die lebhafte wirtschaftliche Bewegung der letzten Jahrzehnte hat — gewiß nicht nur bei mir — den Eindruck hervor gerufen, daß die Lage der Fabrikarbeiter eine fortdauernd günstigere geworden sei — und nun hier das erdrückende Bild eines Lebens aus der Hand in den Mund, eines rastlosen Aampfes um die notwendigsten Lebensbedingungen, voll Arankheit, Not und Sorge. Wie geradezu trostlos tritt einem das Los der kinder reichen Frau in diesem Stande entgegen! ... Das Buch wirkt durch seine selbstverständliche, ein fache Art zu erzählen. Keiner, der ernst den Fragen des Lebens ins Gesicht sieht, sollte sich den Dienst, den uns Paul Göhre mit der Veröffentlichung dieses Lebensbildes getan hat, entgehen lassen. 2« Eugen Diederichs (Vertag in Jena >0L 113