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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.01.1906
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- Erscheinungsdatum
- 12.01.1906
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- Deutsch
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414 Nichtamtlicher Teil. ^5 9, 12. Januar 1906. Kunst und Kunsthandrl. Von Fr. I. Kleemeier. (Fortsetzung aus 1905 Nr. 206, 207, 228, 229, 272 d. Bl.) 4. Der Gegenstand des Bildes. »Was stellt das Bild vor? Wen stellt das Bild vor?« Diese Frage möchte der Beschauer eines Bildes im Museum, in der Ausstellung, in der Kunsthandlung von seinem Katalog, von seinem Cicerone, vom Kunsthändler wohl immer zuerst beaulmortet haben Und in der Tat ist diese Frage auch so berechtigt und wichtig, daß sie der Beschauer zuerst stellt. Der Schöpfer eines Bildes hat für manchen Beschauer erst in zweiter Linie Interesse; ost legt der Beschauer ohne Zweifel dem dargestelllen Gegenstand übertriebene Bedeutung bei, wie es auch sicher ist, daß er weniger Wert darauf legt, wenn er imstande ist, das Bild von einem höhern ästhetischen Standpunkt zu würdigen In der frühem Kunst war der darzustellende Gegenstand für den Maler wie für den Be schauer der wichtigste Punkt. Die Malerei hatte neben dem ästhetischen auch noch andern Zwecken zu dienen. Die Ge mälde sollten predigen und lehren, warnen und ermutigen, erzählen und berichten Ein für eine bestimmte Kapelle oder Kirche gestiftetes Altargemälde mußte eine Begebenheit aus dem Leben des Heiligen darstellen, dem das Gebäude gewid met war. Die Fresken an den Wänden eines Rathauses z. B. mußten selbstverständlich irgend eine staci'smännische oder kriegerische Tat oder eine sinnbildliche Vorstellung der Herrsch gemalt der Stadt wiedergeben Späterhin, als Staffeleibilder auch zur Ausschmückung bürgerlicher Häuser verwendet und so billig wurden, daß sie auch von den Mittlern Be völkerungsschichten erworben werden konnten, stand es dem Künstler einigermaßen frei, zu malen, was er wünschte Er war nur durch die Größe der Holztafel oder Leinwand und durch die Beschaffenheit seiner Hilfsmittel beschränkt. Heute pflegt man die Wichtigkeit eines Gegenstandes als solchen eher zu unterschätzen; man verlangt höchste künstlerische Behandlung desselben und legt Gewicht darauf, daß jeder Gegenstand, so alltäglich, häßlich, ja abstoßend er auch sein mag, durch die Hand des Künstlers in etwas Schönes verwandelt wird. Wird dies auf die Spitze ge trieben, so dürfte sich ein solcher Eindruck auf die Sinne durch Form und Farbe allein, ohne Rücksicht auf den Ver stand nur wenig von dem Eindruck unterscheiden, den eine Tapete oder eine Stickerei macht, die ja auch oft schöne Farbe und Zeichnung aufweisen. Die verstandesmäßige oder sittliche Seite kann jedoch niemals gänzlich in einem Ge mälde außer acht gelassen werden, das doch nicht bloß eine schöne, zusammenstimmende Anordnung von Linien und Farben ist, die dem Auge durch ihre Ordnung und Ver schiedenheit gefällt. Alle Kunst ist wesentlich menschlich und muß sich an die herkömmlich, aber nicht folgerichtig so ge nannte menschliche Seite unsrer Natur wenden. Sie muß einen Gegenstand menschlicher Anteilnahme darstellen. Das ist eine Kompromißfrage. Ohne Zweifel ist dem bloßen Gegenstand oft eine übertriebene Wichtigkeit beigelegt worden, und selbst der kühne Satz, daß ein Bild die Anteilnahme der großen Monge erweckt, soweit es unmalerisch ist, geht kaum zu weit. Wenn wir ein Gemälde betrachten, fragen wir uns wohl sofort: ist der Gegenstand malerisch behandelt? Hat sich der Maler vorgenommen, ein Gemälde zu malen und nicht bloß einen Gegenstand zu illustrieren, indem er ein Modell kopiert? Ist der Gegenstand durch das Feuer seiner Einbildungskraft gegangen? Wenn das Bild diese Probe nicht besteht, ist es in allem Wesentlichen mangelhaft. Ein Gemälde ist kein Gemälde, wenn es nicht malerisch ist. Dieser Satz wird in der modernen Kunst von Händlern und Käufern häufig übersehen. Wir brauchen uns deshalb nicht zu wundern, wenn die Maler dazu neigen, diesen Grundsatz aus dem Gesicht zu verlieren oder ihn bewußt fallen lassen; denn malerisch zu malen erfordert genaue Kenntnis der Natur, die ohne geduldiges Studium nicht erlangt werden kann. Viele moderne Malerei ist verfehlt, weil sie illustrativ und nichts weiter ist, weil sie eine Geschichte erzählt und dabei außer acht läßt, dem Auge zu gefallen, weil sie sich allein an das Gefühl wendet und keinen sinnlichen oder ästhetischen Reiz, keine wahre künstlerische Schönheit hat. Wenn der Gegenstand eines Bildes auch nicht immer von erster Wichtigkeit ist, so ist er doch oft von bedeutendem Interesse. Die Wahl desselben hängt auch oft von dem Zeitalter ab, in dem der Künstler malt. Jedes Zeitalter hat eine Reihe ihm eigentümlicher Stoffe, bei denen auch die Mode stark mitspricht. Im vierzehnten Jahrhundert verlangte man im allgemeinen Heiligengeschichten, Madounen- bilder und Szenen aus dem alten und neuen Testament. In den nächsten beiden Jahrhunderten kamen hinzu alle gorische und mythologische Übertreibungen, Illustrationen zu Dichtern und vor allem Porträts. Im siebzehnten Jahr hundert traten Landschaft, Genrebild und Porträt au die Stelle der alten religiösen Malereien. Das achtzehnte Jahr hundert war das Zeitalter des Porträts und der Historien malerei, während das unersättliche und allumfassende neun zehnte Jahrhundert die ganze Welt in Besitz genommen und sich alle Gegenstände zu eigen gemacht hat. Es gibt an scheinend nichts auf der weiten Erdenwelt; was der Maler nicht zu dieser oder jener Zeit gemalt hat. Jedes Alter, jede Landschaft, jedes Menschengeschlecht, jede Jahreszeit, jede Tag- und Nachtstunde ist malerisch dargestellt worden. Kaum eine Geschichte in Prosa oder in Versen ist erzählt worden, die nicht hundertmal durch Stift und Pinsel wieder gegeben worden wäre. Trotz der großen Verschiedenheit der dem Künstler zur Wiedergabe zur Verfügung stehenden Gegenstände kann man die Malereien doch in einige wenige Gruppen zusammen fassen, nämlich in die Gruppen der Historienmalerei, Land schaftsmalern, Tiermalerei und Genremalerei. Zur Gruppe der Historienmalerei gehören religiöse, mythologische und allegorische Darstellungen, Darstellungen geschichtlicher Vor gänge, Schlachtenbilder usw und Porträts. Die Landschafts malerei bringt wirkliche, ideale und heroische Landschaften, Seeslücke, Architekturen, die Tiermalerei Tierstücke, Jagd- und Sportbilder, die Genremalerei humoristische Darstellungen, Darstellungen aus dem sozialen, Familien- und Liebesleben, aus dem Kultur- und Völkerleben, Kostümbilder usw. Na türlich ist diese Einteilung keine streng wissenschaftliche. Auch kann nicht jedes Bild unbedingt einer dieser Gruppen zu gewiesen werden, z B. Stilleben, Blumen- und Fruchtstücke, da es manchmal in zwei oder sogar drei Gruppen passen würde, aber in der Hauptsache kann diese Einteilung bei behalten werden. Wenn nun auch dem Maler ein unerschöpflicher Reich tum von Stoffen zur Verfügung steht, so wird seine Wahl unter diesen doch durch sein Können beschränkt. Nur wenige Maler sind so vielseitig wie Rubens, der in der heiligen wie in der profanen Geschichte, in der Mythologie wie in der Allegorie, in der Schlacht-, Jagd-, Genre- und Bildnismalerei wie in der Landschaft aus üppigster Er findungskraft Großes und Größtes geschaffen hat. Freilich beschränkt sich Rubens auch vielfach nur auf die Skizze und die allgemeinste Ausführung und überläßt das übrige seinen zahlreichen Schülern. Es kommt vielfach vor, daß z B ein Landschaftsmaler die etwaigen Figuren auf seiner Landschaft von einem andern Maler Herstellen läßt, weil er sich seiner
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