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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.07.1900
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- Erscheinungsdatum
- 25.07.1900
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- Deutsch
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5548 Nichtamtlicher Teil. 170, 25. Juli 1900. Dinge ausdehnen, und ich bin sicher, in Ihrer aller Sinn zu sprechen, wenn ich der Hoffnung, der ehrfurchtsvollen, aber inbrünstigen Hoffnung Ausdruck gebe, einige von uns möchten den Tag erleben, da das Band der Berner Konvention alle Nationen, die eine Litteratur besitzen, umschlingen wird. In der That dürfen wir die Berner Konvention als einen der großen Freibriefe litterarischer Freiheit betrachten; sie hat direkten und mächtigen Einfluß ausgeübt auf alle Gesetzgebung auf dem Gebiete des Verlagsrechts, die seit ihrem Inkrafttreten vollendet oder in Angriff genommen worden ist; sie hat beigetragen zum Gedeihen der guten Kameradschaft, die allüberall besteht zwischen denen, die mit litterarischen Bestrebungen zu thun haben. Es giebt Ziele, deren Erreichung ein Kongreß wie der unselige fördern, aber nicht vollbringen kann; viele davon werden morgen und übermorgen im Verlaufe unserer Be ratungen zu Ihrer Kenntnis gelangen. Unter diesen be findet sich die Aufstellung eines klaren und wissenschaftlichen Systems für eine internationale Bibliographie, die von allen Studierenden so schmerzlich vermißt wird; die Erforschung der besten und neuesten Methoden, Bücher herzustellen und zu illustrieren; die fortschreitende Erleichterung der Ver breitung von Büchern nicht allein im eigenen Lande, sondern auch im Auslande; der Schutz der Bücher gegen Nachdruck; die beständige Verbesserung der Beziehungen zwischen Ver fassern und Verlegern, die, wie die Geschichte lehrt, schon in der Vergangenheit eine für beide Teile hervorragend nützliche und ehrenhafte Verwandtschaft gepflogen, ungeachtet einiger wenigen Ausnahmen und trotz der eifrigen, aber er folglosen Anstrengungen einiger Mißleiteter, sie zu verbittern. Ich brauche mich nicht aufzuhalten mit der Aufzählung der Traktanden, die Sie alle auf dem in Ihren Händen be findlichen Programm verzeichnet finden; aber ich möchte speziell Hinweisen auf die Frage des Verlagsrechtes in den Vereinigten Staaten und in Kanada als eine, die gerade jetzt von besonderer Wichtigkeit ist für alle englisch sprechenden Nationen. Lord Salisbury hat seine Regierung einmal mit in einem gläsernen Stock arbeitenden Bienen verglichen. Die Ver gleichung scheint mir außerordentlich passend nicht allein für Regierungen, sondern auch für Verleger. In gleicher Weise wie viele von Ihnen, meine Herren, habe ich den großen Vorzug gehabt — aber auch die damit verbundene, nicht minder große Verantwortlichkeit —, das Erbe einer langen Tradition anzutreten, und wenn ich zurück schaue auf vergangene Zeiten und sehe, mit wieviel Ueber- legung zu Anfang dieses Jahrhunderts Bücher vorbereitet werden konnten; wenn ich mir vergegenwärtige, welche Kosten fast verschwenderisch aus sie verwendet werden konnten, mit welcher Gier sie erwartet, gekauft und gelesen wurden, das lange Leben, dessen sie sich erfreuten, so bin ich — und Sie ohne Zweifel mit mir — versucht, vergangene Zeiten zurückzuwünschen. Die Erscheinungen, die uns heute zu schaffen machen, sind der Ruf nach Wohlfeilheit, das unaufhörliche Verlangen nach Neuem, die verächtliche Vernachlässigung von manchem, was erst ein paar Monate alt ist, das häufige Fehlschlagen von Gutem und der Erfolg von Minderwertigem. Das fortschreitende Uebergreifen des Zeitungs- und Zeitschriften wesens in das Gebiet des Buches ist eine nicht zu leugnende Gefahr. Heutzutage zählen die Leser nach Millionen, während sie zur Zeit unserer Großväter noch erst nach Tausenden zählten. Durch einen riesenhaften Kostenaufwand haben wir sie lesen gelehrt; durch die neueren Erfindungen in der Buch druckerkunst und in den Jllustrationsverfahren haben wir eine ungeheure Masse von Gedrucktem (das Wort »Litteratur« kann ich auf das Ganze nicht anwenden) in ihren Bereich gebracht; aber einen großen Teil dieser Leser haben wir noch nicht gelehrt, wie und was sie lesen sollten. Sie schwärmen für Seiten voll Schnitzel und Späne, die immer trivial, oft wertlos, nicht selten verderblich sind. Sie wollen ihre Lektüre Tag für Tag, Woche für Woche auf gewartet haben »wie warme Kuchen« — wie unsere Freunde, die Amerikaner, sagen würden. Diesem Verlangen hat sich zuerst die Journalistik minderer Sorte angepaßt; dann hat es das Gebiet der Zeitschriften in Besitz genommen, und nun hat es die Welt der Bücher angesteckt und so überall einen ephemeren Charakter herbeigeführt, der sehr zu be dauern ist. Aber damit hat das Unheil noch kein Ende; es beschränkt sich nicht auf die Leser, sondern hat auch die Schriftsteller angesteckt; kaum hat ein junger Autor einen Erfolg errungen, so wird er auf einmal von allen Seiten von verlockenden Aufforderungen bestürmt, Artikel, kurze Berichte, irgend etwas hinzuwerfen, was seinen Namen trägt, zum Schaden soliderer, wertvollerer Arbeit. Hierin liegt eine große Gefahr, aber auch ein nicht ge ringer Grund zur Hoffnung; denn all diese Energie und dieser Eifer kann, wenn fortschreitend auf höhere Ziele und edlere Ideale gerichtet, in künftigen Zeiten ein Ansporn sein zu nützlicher Arbeit und gediegene Gelehrsamkeit erst recht zur Geltung bringen. Ich betrachte es als eine der höchsten Pflichten des Verlegers, diese aufsteigende Tendenz zu unterstützen, die Welt des Druckwerks emporzuheben über jene Stufe, auf der sie um ihrer Existenz willen abhängig ist von Pillen- und Seisen-Jnseraten. Es herrscht in gewissen Köpfen eine merkwürdige Ver wirrung darüber, was niedrig im Preis und was wohlfeil ist. Die beiden Ausdrücke sind keineswegs gleichbedeutend: ein Buch, das eine Guinee kostet, kann unter Umständen wohlfeiler sein als eines zu Sixpeuce. Ich kann kein besseres Beispiel für den Unterschied an führen, als gewisse Sorten Schulbücher, die auf den Mnssen- absatz angelegt und dazu bestimmt sind, einer durch die Gesetzgebung über das Erziehungswesen hervorgerufenen un geheuren Nachfrage zu entsprechen. In einzelnen Fällen sind diese Bücher — geschrieben von ungeschickter Hand, schlecht gedruckt auf schlechtes Papier und mit den ordinärsten Holzschnitten illustriert, wie sie sind — zwar niedrig im Preis, aber, wirtschaftlich gesprochen, entsetzlich teuer. Allzu oft wird die Ersparnis am Preis mehr als ausgewogen durch Einbuße an den Augen oder durch Geistesverwirrung auf seiten der armen Kinder, die sich dieser Bücher bedienen müssen. Es ist recht und gehört sich, daß die wichtigsten Werke zu allgemeinem Gebrauch zu so billigem Preise erhältlich seien, wie mit einer Herstellung von angemessener Qualität vereinbar, und daß sie im Bereich des Geldbeutels derjenigen seien, für die sie bestimmt sind; aber es giebt ganze Gebiete der Litteratur, auf die die niedrigsten Preise nicht anwendbar sind, und das Publikum, auf das diese Litteratur- gebiete abzielen, hat kein Recht, seine geistige Erholung zum Preise von Sixpence oder einem Schilling zu verlangen Diese Probleme können in den verschiedenen Ländern und zu verschiedenen Zeiten sehr verschiedene Gestalt an nehmen; aber es ist einer der wichtigsten Zwecke unserer Kongresse, die besonderen Schwierigkeiten, die wir, jeder an seinem Orte, zu überwinden haben, miteinander zu besprechen und, indem wir erkennen lernen, worin sie denjenigen un serer Berufsgenossen in anderen Ländern gleichen, danach zu trachten, ihre gemeinsame Ursache und, wenn möglich, ihre gemeinsame Abhilfe zu entdecken. Und das bringt mich auf das, was ich als die beiden Hauptzwecke und -Ergebnisse dieser unserer Kongresse betrachte:
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