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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.06.1900
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- 22.06.1900
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- Deutsch
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142, 22. Juni 1900. Nichtamtlicher Teil. 4735 bewaffnete Bürger von Frankfurt bei Müllrose einen solchen Schnapphahn erwischt und aufgehängt. Einige Jahre später, es war im Jahre 1415, erzählte dann der alte Gutenberg unserem Johannes, daß der Kaiser den Burggrafen von Nürnberg, Friedrich von Hohenzollern, mit der Mark Brandenburg belehnt habe, um Ordnung zu schaffen. Trotzig schlugen wohl damals rm Ratskeller zu Frankfurt die Bürger mit der Faust auf den Tisch, »was denn der Fremdling bei ihnen solle?- Bald aber merkten sie, was sie an ihm hatten, und sind ihm dann gefolgt, ihm und seinen Nachfolgern, bis aus den Markgrafen Kurfürsten und aus den Kurfürsten Könige wurden! -Und welch eine stolze Zeit haben wir dann erlebt! Ein alt märkischer Junker war es, der mit märkischer Kraft aufs neue die deutsche Kaiserkrone schmiedete und sie unserem alten Helden könige draußen auf Frankreichs blutigen Gefilden mit Hilfe der Armee aufs greise Haupt setzte! Später zog der Kaiser Wilhelm in Berlin ein, aus dem Burggrafen ist in diesen fünfhundert Jahren der deutsche Kaiser geworden! — Es ist uns jüngst einmal der gute Rat erteilt, wir sollen die Paragraphen der Reichsverfassung studieren, damit wir lernen, was das Deutsche Reich bedeute! Wir Märker pfeifen auf alle Paragraphen, wir tragen Deutsch land im Herzen und folgen unserem Kaiser, wohin er uns führt, wie unsere Vorfahren das mit dem Markgrafen gethan haben; das nennen wir märkische und deutsche Treue! So rufen wir auch jetzt, stolz im Rückblick auf die Zeit von Gutenberg bis heute: Unser brandenburgischer Markgraf, unser Kaiser lebe hoch!- Man muß die imponierende Persönlichkeit des Redners kennen, seinen zündenden Vortrag einmal gehört haben, um die elementare Wirkung dieser herrlichen Worte zu ermessen. Begeistert stimmte die Festschaar dreimal in das Hoch ein und sang stehend die Nationalhymne. Im weiteren Verlause toasteten noch der Geschäftsführer Wetzel auf den Chef, und Redakteur Herbreckitsmcyer auf die Damen. Ueberall bildeten sich lebhaft plaudernde Gruppen, bestrahlt von den ausleuchtenden bengalischen Flammen. So rückte denn für viele allzu früh die Stunde der Abfahrt heran. In geschlossenem Zuge, dem durch die leuchtenden Lampions das Aussehen eines Riesenglühwurms verliehen wurde, ging es zum Bahnhofe, von wo uns dann, kurz nach dem fest gesetzten Zeitpunkte, das Dampfroß wieder nach Frankfurt zurück führte. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß das Gelingen des Festes mit in erster Linie der Vorarbeit der Kommissionen zu danken ist. Die einzelnen Namen zu nennen, dürfte zu weit führen. Aber eine Ausnahme sei gestattet; es sei wenigstens des Kunstmalers Kleindienst gedacht, dessen Künstlerhand in kürzester Frist die Bildnisse Gutenbergs, Königs, Senefelders und Fried richs des Großen, mit denen der Garten des Restaurants geschmückt war, sowie das Buchdruckerwappen und das Verlagswappen der Firma Trowitzsch, die bei der Ausschmückung des Festplatzes Ver wendung gefunden hatten, in der an ihm bekannten flotten und sicheren Art geschaffen hat. Wenn uns aber nun wieder das tägliche Erwerbsleben in seine Fesseln schlägt, dann mag das 'die Frucht, -der stille Gutenbergsegen- der Feier sein, daß wir von unserem Meister die Vornehmheit des Künstlergeistes lernen, die sich bei ihm darin kundgegcben hat, daß er, mit vornehmer Unbekümmertheit um materiellen Gewinn, das künstlerische Gefühl über alles stellte, — daß wir auch uns das Wort zum Wahlspruch machen können, in dem soeben bei der Leipziger Gutenberg-Feier Ur. Kautzsch, der Direktor des Buchgewerbe-Museums, den Dank gegen Gutenberg, die Huldigung und die Begeisterung für ihn zusammenfaßte: -Nichts für mich, alles für die Kunst!- Gott schütze, Gott segne und erhalte die Kunst! Kleine Mitteilungen. Zur deutschen Rechtschreibung. — Die -StraßburgerPost veröffentlicht in ihrer Nummer 515 vom 14. Juni folgende Zuschrift, die ihr in Erwiderung auf ihre Betrachtungen über die Stellung des Reichskanzlers zur Rechtschreibungsfragc zugekommen war: -Leipzig, 8. Juni. »Im Jahre 1880 hat der Kultusminister von Puttkamer eine einheitliche Rechtschreibung für die preußischen Schulen angeordnet und als Norm ein Heftchen -Regeln und Wörterverzeichnis für die deutsche Rechtschreibung- ausarbeiten lassen. Man mag über den philologischen und pädagogischen Wert dieser -Regeln- denken, wie man will, jedenfalls sind sie in allerkürzester Zeit von den obersten Schulbehörden aller deutschen Bundesstaaten der Schul- rechtschrcibung je ihrer Gebiete zu Grunde gelegt worden. Auch die Schweiz schloß sich alsbald an, und seitdem ist die Putt- kamcrsche Orthographie nicht, wie Ihr Artikel sagt, -zum Teil-, sondern ganz allgemein und ausnahmslos in den deutschen Schulen eingeführt. -Diese Einmütigkeit der Schulbehörden Deutschlands und der Schweiz verdankt die sogenannte Puttkamersche Orthographie in erster Linie der allgemeinen Sehnsucht nach Einheitlichkeit. In zwischen hat sie sich, trotz des schweren Widerstandes, den sie bei der damals bereits der Schule entwachsenen Bevölkerung, bei den Fachgelehrten, vor allem bei dem Altreichskanzler und, wohl auf seine Anregung hin, bei allen Ministerien und Reichsämtern fand, in einem Maße durchgerungen, das man auch nicht an nähernd zu würdigen scheint. Ungeachtet der anfänglichen Ab neigung und des späteren Jndifferentismus der Massen gegen über der neuen Schreibung beherrscht sie heutzutage fast aus nahmslos die ganze belletristische und populär-wissenschaftliche Litteratur. Man wird Mühe haben, unter den Erscheinungen der letzten Jahre Romane, Novellen, Gedichtsanimlungen, be lehrend-unterhaltende Werke und Zeitschriften zu finden, die noch in alter Orthographie gedruckt sind. Unseren Klassikern ist von Göschen, Hempel, Meyer, Oldenbourg, Reclam, Spe- mann u. s. w. das neue Gewand angezogen worden. -Garten laube- und -Daheim-, -Vom Fels zum Meer» und »Wester mann-, -Colonialzeitung- und -Woche-, alle Konversations lexika zeigen die neue Schreibung, der nur noch die meisten politischen Zeitungen und allerdings der größere Teil wissen schaftlicher Werke abhold sind. Doch auch auf diesen Gebieten kann der Sieg nicht ausbleiben. Haben doch schon angesehene und verbreitete Zeitungen, wie Ihr geschätztes Blatt selbst, und vielgelesene Männer der Wissenschaft dem Drang nach Einheit der Schreibung Rechnung getragen. -Da, so sollte man meinen, verschlägt es denn nicht gar zu viel, wenn die an sich sehr anerkennenswerte Durchführung einer konsequenten Schreibung im Texte des bürgerlichen Gesetzbuchs (eine Schreibung übrigens, deren an die alte Orthographie sich anlehnender Charakter mehr nach grammatikalischen und stili stischen, als nach rein orthographischen Gesichtspunkten aufgestellt ist) einen Postbeamten, dessen germanistischer Beruf noch nach zuweisen wäre, dazu begeistert, aus anderer Schweiß neue Regeln der deutschen Rechtschreibung herauszudestillieren und nach seinem Sprachgefühl zu erweitern. -Und wenn das Unerwartete doch geschähe? Wenn diese Exkursionen der Kommission für das bürgerliche Gesetzbuch und des Reichspostamtes auf ein so disparates Gebiet dennoch die Anregung dazu gäben, daß seitens des preußischen Kultus- oder auch Gesamtministeriums eine neue Schul- und Amtsortho graphie angeordnet würde? Der Schaden wäre nicht abzusehen. Wir würden die Einheitlichkeit verlieren und das Chaos dafür eintauschen. Denn wenn 1880 alle obersten Schulbehörden dem Puttkamerschen Vorschlag fast kritiklos zustimmten, eben weil er erlösend die Gleichartigkeit brachte, so dürfte es heute auch dem Vollendetsten nur dann gelingen, sich allgemeine Anerkennung zu verschaffen, wenn es auch sofort allgemein als Vollendetes anerkannt würde. Und das verhindern die so unvereinbaren Standpunkte der Historiker, der Phonetiker, der Pädagogen. vr. Ad. Geibel.- Die »Straßburger Post- bemerkt dazu folgendes: -So weit der Briefschreiber. Wir stehen in dieser Frage nicht auf dem Standpunkte des Reichskanzlers, sondern sind im wesentlichen mit den Ausführungen von Or. Geibel einver standen und können deren Gewicht noch durch die Feststellung verstärken, daß auch die überwiegende Mehrzahl der politischen Zeitungen in Deutschland, ebenso wie fast alle belletristischen Verlage in Deutschland, die Puttkamersche Orthographie ange nommen haben. Wenn man dazu die Thatsache hinzurechnet, daß das gesamte junge und jüngere Deutschland, das -Deutsch land der Zukunft», seit etwa 15 Jahren in der neuen Ortho graphie erzogen worden ist, und diese Thatsache mit der eben betonten, daß die große Mehrzahl aller Zeitungen, Zeitschriften und Bücher seit nahezu ebenso langer Zeit im neuen Gewände erscheint, zusammenstellt, so ist das hinreichend, um selbst die Möglichkeit eines Rückschritts zur alten Rechtschreibung als völlig ausgeschlossen zu betrachten! Hat doch selbst der Cottasche Verlag in der Zwischenzeit die Puttkamersche Rechtschreibung ange nommen! (Vergl. die Ausgabe der drei Reden Sudermanns, die bei Cotta erschienen ist: Da liest man Not, Gefängnis, Rat haus u. s. w.) Unter diesen Umständen wäre nach unserer Auf fassung ein radikales Vorgehen das beste: Sofortige Annahme der Puttkamerschen Orthographie durch alle Behörde». Dazu wird es aber angesichts der früher erörterten Verhältnisse schwer lich kommen. Also wird man sich vorläufig bescheiden müssen.- Zur Gutenbcrgfcier in Leipzig (vgl. Nr. 141 d. Bl.). — Nachträglich wird uns der genaue Wortlaut der Ansprache bekannt, die der Vorsteher des Deutschen Buchgewcrbevereins, Herr 1)r. Osk ar von Hase bei der Kranzniederlegung am Denkmal Gutenbergs im deutschen Buchgcwcrbehausc am 17. d. M. an die Festversamm lung gerichtet hat. Wir ergänzen mit dessen Abdruck unseren gestrigen Festbericht. Herr Or. von Hase sagte: 634*
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