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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.06.1900
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- 21.06.1900
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- Deutsch
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4704 Nichtamtlicher Tech 141, 21. Juni 1900. Fräulein Papperitz mit Wärme und Begeisterung gesprochener Prolog. Von den vier festlichen Etappen, die die Innung Leipziger Buchdruckereibesitzer bei der Begehung der fünfhundert- jährigen Geburtstagsfeier des Altmeisters Gutenberg ihrem Programm zu Grunde gelegt hatte, führte diese Feier im Neuen Theater in die weihevolle Stimmung der Festtage ein. Enthusiastisch wurde das Vorspiel und der dritte Auf zug von Richard Wagners »Meistersinger« ausgenommen, ebenso der durch Fräulein Papperitz vornehm vorgetragene, in den Ruhm Gutenbergs ausklingende Prolog Crome- Schwienings, und mit rauschendem Beifall lohnte die statt liche Gutenberggemeiude die formvollendete geistvolle Fest rede des Herrn vr. Kautzsch. »Der Name, der uns hier zusammenführt«, so be gann der geschätzte Redner, »ist fast ein mythischer, in so viel Fabeln verflochtener, daß es uns fast scheint, nichts mehr glauben zu dürfen, was mit dem Namen Guten berg zusammenhängt. Und doch ist die That, die für alle Zeiten mit diesem Namen verknüpft ist, eine so große, daß wir auf diesen Namen nicht verzichten können. Wir wollen und müssen wissen: wer war es, der uns die Kunst, Bücher zu drucken, schenkte? Es ist nicht mehr daran zu zweifeln, daß Johann Gensfleisch nicht ein Er finder, sondern der Erfinder der Kunst ist, mit beweg lichen Typen Bücher zu drucken. Und so sind wir mit gutem Recht zur Feier seines Namens zusammengekommen. Und wie ist es mit der Erfindung? Man hat gesagt, die Erfindung der Buchdruckerkunst habe kommen müssen, sie sei das endliche Ergebnis einer langen Entwickelung ge wesen, die mit Notwendigkeit eben auf diese Erfindung hinführte. Gewiß, man wollte, man suchte ein Mittel, das geschriebene Wort so zu vervielfältigen, daß es vielen zugänglich werde. Die Erfindung mußte kommen, die das Verlangen erfüllte —, so sagt man. Aber kam sie wirk lich von denen, die doch berufen waren? Kann inan wirklich von einer Entwickelung bis zur Erfindung der Buchdruckerkunst reden? Nein. Wohl hatten die Schreiber begonnen, sich auf Fabrikarbeit einzurichten; aber Schreib arbeit blieb's doch, und wenn sie hier und da einzelne Blätter von Holzstöcken druckten, Bilder vielleicht sogar und ein paar erklärende Worte darunter — weiter kamen sie nicht. Die Erfindung kam von einer anderen Seite. Das gilt es heute fest ins Auge zu fassen, denn Gutenberg, seine That ist es, der wir ganz gerecht werden wollen. Nicht Schreiber, noch Bilddrucker, Heiligenmaler oder Briefmaler, wie man diese Leute nannte, ist er ge wesen. Was er an Kenntnissen mitbrachte, führt die Spur zu seiner Familie. Sie hatte und übte das Recht, in der Stadt Mainz Münze zu prägen. Auch ihm war also die Herstellung einer Patrize, der Matrize und dann der Guß bekannt. Seine Erfindung ist also der geniale Gedanke, einzelne Buchstaben zu gießen und mit ihnen Worte zu sammenzusetzen. Daß man Schrift drucken könne, das war ihm und seinen Zeitgenossen nicht neu. Die Buchbinder druckten Aufschriften in ihre Lederbände mittels einzelner Stempel. Sie hatten für jeden Buchstaben einen Stempel und setzten nun Wort für Wort in das Leder. Hätte man von solchen Stempeln in unserem Sinne drucken wollen, so hätte man für jeden einzelnen Buchstaben im Buche einen einzelnen Stempel schneiden müssen. Das war undenkbar. — Gillenbergs That ist also die Anwendung des Gusses für die Herstellung der Buchstaben. Ob er jenes Verfahren der Buchbinder kannte, ob er selbst erst von neuem zu dem Gedanken kam, die Worte in Buchstaben zu zerlegen — gleichviel, das Neue, das Ausschlaggebende ist der Guß, ist das Verfahren, aus einer mit der Hand peinlich genau hergestellten Patrize eine Form, eine Matrize herzustellen, die hundert-, tausend-, zehntausendmal gegossen werden kann, also hundert, tausend, zehntausend Buchstaben liefert. Auf diese Gedanken ist kein Schreiber, kein Bildermaler gekommen. Nicht von ihnen und von denen, die berufen schienen, kam die neue Kunst, sondern von dem Sohne eines Münzergeschlechtes. »Und so druckte Gutenberg denn seine Bücher, die lateinische Bibel zu 42 Zeilen in der Seite, wahrscheinlich mit seinem Genossen Albrecht Pfister zusammen die 36zeilige Bibel, dann ein paar kleinere Sachen. Was hätte näher gelegen, als der Versuch aus dieser Erfindung nun möglichst praktisch Kapital zu schlagen. Gutenberg lag dies ferne. Ein Blick in die 42zeilige Bibel beweist das. Nicht nur die Zeichnung, der Guß der Type ist vollendete Schönheit, auch die sonstige Ausstattung ist einer fürstlichen Bibliothek würdig. Er druckte, wie man für verwöhnte Bücherliebhaber schrieb. Und was noch fehlte, Initial, farbige Umschrift, Bilder, ließ er sorgfältig mit der Hand malen. Bei alledem schloß er sich eng an die Handschrift malerei an, immer feines künstlerisches Empfinden bewahrend. »Gutenberg ist nicht nur der geniale Erfinder, er ist ein Künstler, der sein ganzes künstlerisches Wollen seiner That widmet. Dieser große vornehme Sinn, die Künstlernatur des Meisters sollte uns ebenso Vorbild sein wie sein rastloses Bemühen: »Nichts für mich, alles für die Kunst!« Ruhe und vorurteilslose Prüfung allem Neuen gegenüber, auch wenn es von einer Seite kommt, die unserem engeren Kreise nicht angehört. Das heißt, nicht planlose Begeisterung für jede neue Mode, jede Laune des Tages, jede Sucht, nur neu sein zu wollen, sondern unablässige Arbeit an unserem Urteil, Vertiefen, Verfeinern unseres Empfindens, Strenge gegen uns selbst, aber auch Erweitern unseres Blickes, warme Anerkennung alles Guten, mit einem Wort Selbstzucht und Freiheit. »Wir alle haben den guten Willen. Nur der oft schwere Kampf des Tages trübt uns Sinn und Auge. Doch, sind solche Höhepunkte, solche Erinnerungsfeiern da, da besinnen wir uns wieder auf das große Allgemeine, da fassen wir Mut, uns immer wieder aufzurichten, immer wieder das Beste ins Auge zu fassen. Wir nennen uns Gutenbergs Jünger. Nun wohl, so sei er unser Meister in diesem vornehmen freien Künstlergeist! Und unser aller warmer Dank, unsere Begeisterung, unsere Huldigung lassen wir ausklingen in dem Spruch ihm zu Ehren: Nichts für mich, Alles für die Kunst.« Das Tiefste, was wir in feierlicher Stunde zu em pfinden vermögen, — wer könnte es nach eines berufenen Redners Ausspruch in Worte fassen! Und deshalb war das, was einer von den großen Meistern unseres Volkes, Richard Wagner, aus dem Innersten des Gemüts geschöpft hat, das Werk der »Meistersinger«, die weihevollste Einleitung und zugleich der vollkommenste Ausdruck des Gutenbergfestes, das an diesem Abend seinen Anfang nahm. — Zu der Gedächtnisfeier, die aus Anlaß der Schmückung der Gräber verdienter Leipziger Buchdrucker in früher Morgenstunde des Sonntags, 17. Juni, in der Kapelle des Johannisfriedhofes von der Innung Leipziger Buch druckereibesitzer veranstaltet worden war, hatten sich neben den Vertretern der Leipziger Buchdruckerkreise zahlreiche Deputationen von Druckwerkstätten eingefunden. In düsterem Dämmerlicht, trüb wie der Friedhof draußen, lag das Innere der Kapelle, in der sich die Berufsgenossen zu feierlich-ernstem Gedächtnisakt versammelt hatten. Am Altarplatz standen die Fahncndeputationen der »Typogra- phia« und der Innung Leipziger Buchdruckereibesitzer. Die Feier eröffneje der Gesangverein »Typographia«
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