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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.06.1900
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- 1900-06-15
- Erscheinungsdatum
- 15.06.1900
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136, 15. Jmü 1900. Nichtamtlicher Teil. 4551 Gntenberg und die Rechtswissenschaft. Bei dem gewaltigen Stoße von juristischen Büchern, den uns der Strom der Gelehrsamkeit in den letzten Jahren beschert hat, hätte einem mitunter wohl der Gedanke kommen können: »wäre die Buchdruckerkunst doch nie erfunden worden«, sind doch z. B- über das Bürgerliche Gesetzbuch mehr Bücher erschienen, als dieses Paragraphen zählt. Aber sicher hätte ein derartiger Gedanke nicht lange stand halten können, denn wie unsere ganze Kulturentmickelung ohne die »schwarze Kunst« nicht denkbar ist, so kann man sich schlechterdings auch die Entwickelung des Rechts nicht denken ohne Bücher und Zeitschriften. Deshalb wird jetzt, in der Zeit, in der die ganze gebildete Welt den vierhundertfünfzigjährigen Ge burtstag der Buchdruckerkunst feiert, auch der Jurist mit Dankbarkeit des großen Meisters gedenken, der uns die Waffen geliefert hat, mit denen dann die Gelehrten und die Völker das Recht erkämpft haben. Denn »alles Recht der Welt ist erstritten worden«, sagt Jhering. Hier zu betonen, wie sich dieser Kampf mit Hilfe der Buchdruckpresse heute täglich, ja stündlich abspielt, hieße Eulen nach Athen tragen; aber interessant dürfte es sein, zu betrachten, welchen Einfluß die Erfindung der Buchdruckerkunst .seiner Zeit in Deutsch land auf die Verbreitung juristischer Bücher gehabt hat. Das hochentwickelte römische Recht war auch ohne Druck zu seiner großen Bedeutung und seinem großen Wirkungs kreise gekommen; wie aber seine Einführung in Deutschland, die gerade im 15. Jahrhundert stattfand, ohne Bücher vor sich gegangen wäre, läßt sich schwer ausmalen. Denn mau mußte sich eben mit geschriebenen Büchern behelfen, und den Luxus eines solchen Werkes konnten sich bei den Preisen für die Handschriften nur sehr wenige gestatten, kostete doch schon das Entleihen bei den »stationarü« der Universitäten genug. Nachstehend einige Beispiele, bei denen noch in Be tracht zu ziehen ist, daß der damalige Wert des Geldes ein ungleich höherer war als jetzt; erhielt man doch z. B. im Jahre 1514 für 1 Pfennig eine Henne, für deren 2 aber bereits ein Pfund Rind- oder Kalbfleisch.*) Eine gute Ab schrift des Oorpus iuris kostete im 13. Jahrhundert 1000 Gold- guldcn, so daß u. a. Accursius (1180—1260) auf den Besitz desselben verzichten mußte. Die Gräfin von Blois, die Gattin eines Barons öon Castellane, vermachte 1392 ihrer Tochter ein Manuskript des Ooipus iuris auf Pergament unter der Bedingung, daß sie einen Juristen heirate, damit diese kostbare Mitgift in die richtigen Hände käme. Die Preise sanken allerdings schnell, denn durchschnittlich betrug im 14. Jahrhundert der Preis für ein vollständiges Oorpus iuris nur noch 480 und 1451 brachte ein solches in Florenz nur noch 14>/z Dukaten. (Nach dem Münzfüße von 1464 etwa 90 ^.) Mit dem Augenblicke, da die Buchdruckerkunst Gelegen heit bot, in kürzerer Zeit statt eines Exemplares deren Hunderte herzustellen, mußten natürlich die Preise für Bücher bedeutend sinken. Allerdings verlegten sich die deutschen Drucker vorerst hauptsächlich auf den Druck theologisch- scholastischer Werke, im Gegensätze zu den Italienern, die sich von vornherein mehr der wissenschaftlichen Litteratur widmeten, so daß mancher deutsche Student sich die gedruckte Weisheit aus Bologna mitbringen mußte, wie dies u. a. von dem Straßburger Juristen Peter Schott (um 1480) be richtet wird. Freilich druckte gerade in Straßburg Heinrich Eggestein im Jahre 1472 die »Olsmsntinae« und fügte in deren Vorwort bei, »daß von ihm schon zahllose Werke über göttliches und menschliches Recht ausgegangen« seien. Allzu *) Die Beispiele stammen aus Kapp, Geschichte des deutschen Buchhandels (Leipzig 1886) und aus dem Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels (Leipzig). genau wird man aber dieses »zahllose« nicht zu nehmen haben. In derselben Stadt erblickte im Jahre 1473 das Lpseuluin iuckloials des Bischofs Duranti das Licht der Welt, das als ein typographisches Meisterwerk Aufsehen erregte, wie sich denn überhaupt Straßburg durch die Pflege juristi scher Litteratur, namentlich solcher über kanonisches Recht, natürlich größtenteils in lateinischer Sprache, auszcichnete. Das niederdeutsche Rechtsbuch, der Sachsenspiegel, ging 1474 aus der Offizin des Bernhard Richel in Basel hervor und wurde späterhin noch in manchen Ausgaben nachgedruckt, da ja vom Urheberrecht noch keine Ahnung vorhanden war und die von den Landesherren erkauften Privilegien immerhin nur einen beschränkten Schutz boten. So erschien der »Sachsenspiegel« u. a. noch in Köln, Leipzig und Stendal. Neben Leipzig und Straßburg sind dann Jahrzehnte hindurch noch Köln und Erfurt die Hauptpflegestätten rechts wissenschaftlicher Litteratur, weshalb denn auch die Wiener juristische Fakultät noch in den Jahren 1474—76 und 1478 Gelehrte an den Rhein und nach Mitteldeutschland sandte, um Handschriften und Bücher einzukaufen. Erst im Jahre 1517 wird auch aus der Residenz der Habsburger das Er scheinen eines juristischen Werkes gemeldet, des Verböczschen »llripartitum Opus iuris bungariei«. Der Verleger desselben, Johann Singriner, gab dann noch mehrere rechtswissenschaft liche Bücher heraus. Interesse dürfte auch das Honorar beanspruchen, das in diesen Zeiten gezahlt wurde. Ulrich Zasius (1461—1535) erhielt für seine 1526 erschienenen »lntollootus iuris sin»u- laros« 50 Gulden, wovon er immerhin zwei bis drei Jahre leben konnte; dagegen schreibt Tanner, der auch über den fehlerhaften Druck italienischer Werke bitter klagt, am 26. Ok tober 1554 an den Drucker Bonifazius Amerbach in Basel, »daß Hcrwagen (ebenfalls ein Basler Drucker) nur dann den Druck der »Justinianeischen Novellen« in Angriff nehmen wolle, wenn er (Tanner) sich mit einigen Freiexemplaren als Honorar begnügen werde. Für sich persönlich sei er zwar damit einverstanden, indessen werde es voraussichtlich der päpstliche Legat nicht sein, der ihm die Handschriften mit geteilt habe. Er ersuche deshalb Herwagen, daß er nach dem in ganz Frankreich unter den Druckern geltenden Gebrauch wenigstens 12-Exemplare bewilligen möge«. Letztere Art der Bezahlung bildete geraume Zeit lang in Deutschland die Regel, da es bei den Gelehrten nicht für fein galt, sich für ihre geistige Arbeit bezahlen zu lassen. Die Dedikations- exemplare, die mitunter dafür auch in erheblicher Anzahl vom Verleger gewährt wurden, verschenkten die Verfasser dann an hohe Herren, Regierungen und andere Gelehrte, so daß sie indirekt ihren Nutzen erhielten. So übergab der Rat der Stadt Zürich am 10. April 1643 dem Advokaten Rudolf Faber aus Grenoble für die Dedikation seines Opus iuriäieuru trips-rtituiu 30 Kronen und wies zwei Bürger an, ihn als Gast freizuhalten. Im Gegensätze zu der wissenschaftlichen juristischen Litte ratur erfreuten sich die populären Werke, die dem gebildeten Laien zur Belehrung über das eindringende römische Recht dienten, eines bedeutenden Absatzes. Neben ihnen wurden natürlich auch die gelehrten Bücher eifrig weiter gedruckt, wie die Institutionen, die noch vor 1500 mehr als fünfzig Auf lagen in Deutschland, Frankreich und Italien erlebten; und endlich erfreuten sich die praktischen Kommentare, das Handwerkszeug des Juristen, einer besonderen Nachfrage. »Der durchschlagende Charakter der populären Litteratur liegt«, sagt Stintzing*) »darin, daß sie nicht auf wissenschaft liches Verständnis, sondern auf Erfassung des Positiven mit *) Nach Stintzing, Geschichte der populären Litteratur des römisch-kanonischen Rechts in Deutschland am Ende des 15. und im Anfang des 16. Jahrhunderts. (Leipzig 1867.) 609*
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