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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.06.1900
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- Ausgabe
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- 1900-06-11
- Erscheinungsdatum
- 11.06.1900
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- Deutsch
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4436 Nichtamtlicher Teil. 132, 11. Juni 1900. allein haben den Mangel aller religiösen und national-deutschen Tendenz empfunden. Und wenn Herr von Börstel sich auf eine ihm aus Buchhändlerkreisen zugegangene Zuschrift beruft, »daß bei einem Gegner der neueren Bestrebungen der Weisheit letzter Schluß immer die Verdächtigung einer roten Färbung ist«, so habe ich Grund zu der Annahme, daß sie von dem Leiter einer sozialdemokratischen Buchhandlung herrührt, der mich durch Zuschriften beglückt hat, die inhaltlich genau das selbe aussprechen. Diese Bundesgenossenschaft hätte Herr, von Börstel deshalb besser nicht angerufen. Eine große Ungenauigkeit begeht Herr von Borste! mit der Behauptung, der letzte Jahresbericht des Hamburg- Altonaer Buchhändlervereins hätte »Roseggers Waldbauern bub« und »Liliencrons Kriegsnovellen« einer scharfen pädagogischen und litterarischen Kritik unterzogen. Der be treffende Abschnitt des Jahresberichtes giebt nur das wieder, was von pädagogischer Seite in hiesigen Tageszeitungen über die Schriften gesagt wurde, hebt dies auch besonders hervor und enthält sich jedes eigenen Urteils. Allerdings sind die zitierten Aeußerungen im Druck nicht unter Anführungs strichen gesetzt, aber Herrn von Börstels Vergeßlichkeit ist mir trotzdem unbegreiflich. Diese Behauptung über den Jahresbericht steht auf derselben Höhe objektiver Berichterstattung, wie die, daß wir als einzig positiven Beweis der antinationalen Gesinnung den »Rekruten von 1813« hätten anführen können. Der Beweis ist hauptsächlich gefunden worden in dem, was in dem Jugendschriften-Verzeichnis fehlt, wozu man die oben citierte Aeußerung der Patriotischen Gesellschaft beachten wolle. Was »Erckmann-Chatrians Rekruten von 1813« anbelangt, so ist dieses Buch von mir angegriffen worden, weil es historisch unwahr und von einem stark deutschfeindlichen Geiste erfüllt ist, im besonderen die Preußen an vielen Stellen beschimpft, die Franzosen aber ebenso oft glorifiziert. Dafür habe ich Beweise genug beigebracht. Ferner kommt dabei in Betracht, daß der hamburgische Jugendschriften - Ausschuß völlige Tendenzlosigkeit des dichterischen Kunstwerkes — und als solches soll das Buch doch gelten, nicht als belehrende Jugendschrift — fordert, während der Herausgeber der empfohlenen deutschen Ausgabe es im Vorworte als »eine flammende Anklageschrift« bezeichnet. Kann eine Anklage schrift tendenzlos sein? — Die »offizielle Einführung des Buches in vielen höheren Schulen« bezweifle ich; wohl weiß ich aber, daß es in überarbeiteten Ausgaben gelegentlich als französische Lektüre benutzt wird. Die angezogene Stelle von H. von Treitschke ist mir fremd; ich kenne ihren Zusammen hang nicht. Davon bin ich aber fest überzeugt, daß, wenn H. von Treitschke noch lebte, er die »Tendenzen« des Herrn von Börstel und seiner Freunde auf das schärfste verdammen würde. Es ist geradezu ein Hohn, wenn diese Herren Treitschke als eine Art Eideshelfer benutzen wollen. Das Schlagwort der »erlesenen Geister der Litte- ratur und Wissenschaft, die sich zu unfern Anschauungen bekennen«, darf natürlich nicht fehlen. Dagegen wird von denen geschwiegen, die in den eigenen Reihen sich abgewendet haben. Bayern z. B. ist ganz abgefallen und hat sein Ver hältnis zur hamburgischen Jugendschristen-Warte aufgekündigt. Ebenso wächst die Gegnerschaft unter den hiesigen Lehrern. Ich will die Leser dieses Blattes mit weiteren Er örterungen, Richtigstellungen und dergleichen mehr verschonen. Der Raum des Börsenblattes ist für diese Dinge schon reichlich in Anspruch genommen gewesen. Allen denen aber, die die Absicht haben, mit dem jetzigen hamburgischen Prüfungsausschuß für Jugendschriften zusammen zu arbeiten, wünsche ich viel Glück zu ihrem Vorhaben. Hamburg, 20. Mai 1900. Justus Pape. Kleine Mitteilungen. Post. — Von jetzt ab sind nach Porto-Rico (Arecibo, Mayaguez, Ponce und San Juan) Postanweisungen bis zum Betrage von 100 Dollar unter denselben Versendungsbedingungcn wie nach den Vereinigten Staaten von Amerika zulässig. Deutsche Rechtschreibung. — Unter der Ueberschrift -Die drohende Verschlimmerung des Rechtschreib-Elends im Deutschen Reiche- wendet sich Gymnasialrektor Erbe in Ludwigsburg, im Stuttgarter »Neuen Tageblatt» gegen die neueste amtüch empfoh lene Rechtschreibung der Reichspost und anderer einflußreicher Behörden, die sich das Bürgerliche Gesetzbuch zum Muster ge nommen haben. Wir entnehmen dem Aufsatz (der als Sonder druck von H. Lindemanns Buchhandlung in Stuttgart kostenlos bezogen werden kann) das Folgende: -Geradezu heillos steht es in unseren Tagen mit der deutschen Rechtschreibung. Hier meint jeder, nicht nur mitredcn, sondern sogar Gesetze aufstellen oder die bestehenden Gesetze unbeachtet lassen zu dürfen. -Der Reichstag nimmt sich, im Widerspruch mit allen Recht- schreibrcgeln und Sprachgelehrten, heraus, aichen und Aichamt, statt eichen und Eichamt zu schreiben. Die preußische Kriegsver waltung verlangt die Aussprache und Schreibung Ehrenbezeugung, obgleich man allenthalben Ehrenbezeigung liest. -Der preußische Kultusminister v. Puttkamer hat anfangs der achtziger Jahre eine neue, ziemlich fortschrittliche Rechtschreibung aufgestellt und dadurch die anderen deutschen Schulverwaltungen veranlaßt, in demselben Sinne vorzugehen. Während aber nun in Oesterreich, das gewiß nicht als Muster straffer Einheitlichkeit zu betrachten ist, eine um dieselbe Zeit vorgeschriebene neue Recht schreibung unweigerlich in sämtlichen Verwaltungszweigen ein geführt worden ist, hat unser großer Reichskanzler zum großen Befremden sehr vieler Freunde der deutschen Sprache und der deutschen Schuljugend — bezeichnender Weise diesmal in völliger Uebereinstimmung mit Eugen Richter — die Einführung der Putt- kamerschen Rechtschreibung bei den Reichsämtern in schroffer Form verboten, was zur Folge hatte, daß sich auch die Regierungen der Bundesstaaten, ja sogar die anderen preußischen Minister, mehr oder weniger ablehnend gegen die neue Schreibweise verhielten. So haben wir seit nahezu zwanzig Jahren den unerträglichen Zu stand, daß unsere Beamten größtenteils die Rechtschreibung, die sie auf staatliche Anordnung gelernt haben, im Amte nicht an wenden dürfen, und daß sie Gefahr laufen, als unwissende Men schen bezeichnet zu werden, wenn sie sich unterstehen, eine alt modische Schreibung mit einer richtigeren, die amtlich anerkannt ist, zu vertauschen. -Jetzt aber kommt es noch schlimmer: zu der altoäterischen Rechtschreibung, die im Reiche gilt, und zu den Schulschreibungen Preußens, Bayerns, Sachsens, Württembergs, Badens, Mecklen burgs, Oesterreichs, Siebenbürgens und der Schweiz, die, wenn auch in der Hauptsache übereinstimmend, doch im einzelnen mehr fach voneinander abweichen, kommt jetzt noch eine weitere: die Rechtschreibung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, und wer diese Ver mehrung der bestehenden Verwirrung auf dem Gewissen hat, das ist wiederum eine im wesentlichen preußische Behörde, die Reichs- postvcrwaltung. -Diese hat im vorigen Jahre verkündigt, sie werde fortan das Bürgerliche Gesetzbuch, das von ihr schon 1897 als Vorbild für die Reinheit der deutschen Sprache hingestcllt morden ist, auch als maßgebend für die deutsche Rechtschreibung betrachten. Dem entsprechend hat sich ein berlinischer Oberpostassistent, O. Nitschke, der großen Blühe unterzogen, aus dem Bürgerlichen Gesetzbuche und aus den — freilich nicht völlig mit diesem übereinstimmenden — neueren Veröffentlichungen des Reichspostamts ein ausführliches Wörterverzeichnis zusammenzustellen, dem er dann, im Anschluß an Wustmann und Heintze, eine Anzahl vvn Bemerkungen aus dem Gebiete der Sprach- und Stillehre beigegeben hat. Diese zunächst rein private, vielfach auch bloß die persönlichen Ansichten des Verfassers ausdrückende Arbeit dürfen wir trotzdem als das Lehrbuch der Reichspostschreibung betrachten, da sie, obgleich erst im Januar dieses Jahres vollendet, doch schon in zweiter Auflage vorlicgt, was nicht möglich wäre, wenn man sie nicht von oben empfohlen hätte. So soll also für die Rechtschreibung von Tausenden deutscher Beamten künftig ein Gesetzbuch maßgebend sein, dessen Ver fasser und Hersteller gar nicht berufen waren, auf diesem Gebiete Regeln aufzustcllen und auch selbst nicht im entferntesten daran dachten, solche geben zu wollen. Als ob cs gar keine deutsche Sprachwissenschaft und noch gar keine Regel für die Schreibung des Deutschen gäbe, läßt man den reinen Zufall oder die Laune einiger Abschreiber und Setzer darüber entscheiden, welches Kleid unsere herrliche Muttersprache fortan tragen solle! -Aber vielleicht hat der Zufall hier doch günstig gewirkt und
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