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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.05.1900
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- 08.05.1900
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- Deutsch
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3550 Nichtamtlicher Teil. ^ 105, 8. Mai 1900. Dagegen kann aus dem Schweigen des Bürgerlichen Gesetz buches nicht etwa gefolgert werden, daß bei der Auslegung von Willenserklärungen nicht auch auf die Verkehrssitte Rück sicht zu nehmen sei. Schon die richtige Anwendung des tz 133 führt dahin, daß eine Erklärung nach dem wirklichen Parteiwillen im Zweifel den Sinn haben muß, den ihr die Verkehrssitte beizulegen pflegt. Auch 8 346 des Handelsgesetz buchs wäre deshalb, wo es sich um Auslegung von Willens erklärungen unter Kaufleuten handelt, an sich entbehrlich, weil hier schon der nach 8 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu ermittelnde wirkliche Parteiwille im Zweifel mit dem Handelsgebrauch übereinstimmt. Hier wie dort ist aber dem Erklärenden der Nachweis nicht abgeschnitten, daß sein wirklicher Wille nicht auf die der Verkehrssitte oder dem Handelsgebrauch entsprechende, sondern auf eine andere, nach dem Wortlaut gleichfalls mög liche Deutung gerichtet war; wenn ihm dieser Nachweis ge lingt, so gilt sein wirklicher Wille auch im Widerspruch zur Verkehrssitte. Das ist bei einseitigen Rechtsgeschäften stets der Fall. Wenn z. B. der Mieter dem Vermieter einen Brief schreibt, aus dem eine Kündigung der Wohnung heraus gelesen werden kann und nach dem Ortsgebrauch heraus gelesen zu werden pflegt, so ist trotzdem keine gütige Kün digung erfolgt, wenn der Meter nachweist, daß er keine solche beabsichtigt hat. Der Mietvertrag besteht also fort, auch wenn ihn der Vermieter infolge des Schreibens für aufgelöst hielt, und der Mieter ist nur unter Umständen, wenn er die Undeutlichkeit verschuldet hat, nach Z 8^3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung eines Rechtes des Vermieters schadenersatzpflichtig. Für Verträge geht aber das Gesetz weiter. Diese sind nach Z 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs »so auszu legen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern«. Diese Vorschrift gilt, was in der bisherigen Litteratur nicht genügend beachtet worden ist, nicht nur im Zweifel; sie ist nicht nur eine Ergänzung des K 133, wonach der wirkliche Wille zu erforschen ist, sondern sie geht darüber hinaus: Verträge sind selbst im Widerspruch mit dem Willen eines der Beteiligten so aus zulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Ver- kehrssttte es erfordern. Wenn also, um beim obigen Beispiel zu bleiben, nach dem Ortsgebrauch der Börse der Mittags kurs maßgebend ist, so hat der Besteller, der nur vom Tages kurs spricht, auch dann zum Mittagskurs gekauft, wenn er den Frühkurs gemeint hat. Diese Unterscheidung zwischen einseitigen Rechtsgeschäften und Verträgen ist nicht etwa willkürlich, sondern durch die Umstände durchaus gerechtfertigt. Das einseitige Rechts geschäft, z. B. die Kündigung einer Wohnung, will für sich allein einen Rechtserfolg herbeiführen und überläßt es dem Gegner, wie er sich damit absiudet. Die gegenseitigen Er klärungen beim Vertrage, z. B. beim Kauf eines Wertpapiere^ verlangen dagegen zur Herstellung des Rechtserfolges vom Gegner ein bestimmtes Verhalten und wenden sich deshalb an sein Vertrauen. Der Schutz dieses Vertrauens aber er fordert bei Verträgen, anders als bei einseitigen Rechts geschäften, eine Berücksichtigung der Verkehrssitte selbst im Widerspruch mit dem wirklichen, aber nicht deutlich zum Aus druck gelangten Willen des Erklärenden. Für die Auslegung von Verträgen unter Kauf leuten greift ferner auch hier der schon erwähnte 8 346 des Handelsgesetzbuches ein, und danach in Verbindung mit 8 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind Verträge unter Kaufleuten, selbst gegen den Willen eines der Beteiligten, so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf den Handels gebrauch es erfordern. Zur Verdeutlichung mag ein den Lesern dieses Blattes naheliegendes Beispiel dienen: Die buchhändlerische Verkehrsordnung, die, soweit sie die Kodifikation alter Gebräuche im deutschen Buchhandel ist, auch für Nichtmitglieder des Börsenvereins maßgebend ist, be stimmt in 8 8 Abs. a, daß feste Bestellungen alle solche sind, die nicht eine Bezeichnung, wie »L eonäition«, »als Neuigkeit« oder dergleichen tragen. Angenommen nun, ein Sortimenter bestellt beim Verleger ohne solche Bezeichnung zwanzig Exem plare eines bei diesem erschienenen Werkes, weist aber später nach, daß er nur »L oovältion« hat bestellen wollen. Dann ist seine Erklärung, wenn der Verleger nicht aus den Um ständen das Gegenteil erkennen mußte, trotzdem als feste Be stellung auszulegen, weil Treu und Glauben mit Rücksicht auf den buchhändlerischen Gebrauch dies erfordern. Das folgt aus 8 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches, während ohne diesen das Ergebnis nur nach 8 133 des Bürgerlichen Gesetz buches und 8 346 des Handelsgesetzbuches ein ganz anderes sein winde; danach würde nämlich beim Nachweise, daß vom Sortimenter nur eine Bestellung L oonckitlon beabsichtigt, die Lieferung aber vom Verleger als fest gemeint war, wegen Auseinandergehens der beiderseitigen Willenserklärungen ein Vertrag gar nicht zu stände gekommen (8 155 des Bürger lichen Gesetzbuches) und der Sortimenter nur unter Um ständen wegen Fahrlässigkeit schadenersatzpflichtig sein. Freilich ist nun durch 8 157 die Bedeutung eines der Verkehrssitte oder dem Handelsgebrauch bei Verträgen wider sprechenden einseitigen Parteiwillens nicht völlig be seitigt worden. Der Vertrag ist zwar trotz der Mehrdeutig keit seines Wortlautes fest abgeschlossen. Aber wenn der Be steller eine der Auslegung nach Handelsgebrauch entsprechende Erklärung, eine feste Bestellung, nicht hat abgeben wollen, so kann er diese durch einseitige Erklärung an den Gegner (Bürger liches Gesetzbuch Z 143.1) wegen Irrtums anfechten, falls anzunehmen ist, daß er sie bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde (Bürgerliches Gesetzbuch 8 119.1); die An fechtung hat zur Folge, daß die Bestellung als von Anfang an nichtig gilt (Bürgerliches Gesetzbuch 8 142). Wenn also der Sortimenter außer seinem Irrtum etwa nachweist, daß er wegen der geringen Zahl der Abnehmer an seinem Nieder lassungsort bei verständiger Würdigung niemals zwanzig Exem plare fest bestellt haben würde, so kann er den durch seine mehrdeutige Erklärung bereits fest abgeschlossenen Kauf durch Anfechtung umstoßen, gleich als wäre er nie geschlossen worden. — Man könnte hier einwenden, daß die Bestimmung in 8 157 danach wertlos wäre, weil es dem Verleger gleich- giltig sein kann, ob der Vertrag überhaupt nicht geschlossen ist, oder ob er durch Anfechtung hinfällig wird. Das trifft aber nicht zu. Denn einmal muß die Anfechtung ohne schuldhaftes Zögern, »unverzüglich- geschehen, nachdem der Be steller um den Anfechtungsgrund erfahren hat, und zwar späte stens in zwei Jahren nach der Bestellung (Bürgerliches Ge setzbuch 8 121); wird das versäumt, so bleibt der Vertrag unwiderruflich ein fester. Und weiter muß der Anfechtende dem Gegner auf alle Fälle, auch wenn er nicht fahrlässig gehandelt hat, den Schaden ersetzen, den dieser im Vertrauen auf die Giltigkeit der Bestellung erlitten hat (Bürgerliches Gesetzbuch 8 122), also nicht nur das Porto, sondern auch, wenn die Bücher auf dem Transport durch Zufall verloren gehen, deren Wert. 2. Die zweite grundlegende Bedeutung der Verkehrssitte überhaupt und des Handelsgebrauchs unter Kaufleuten, die einer Richtschnur für die Erfüllung von Verpflich tungen, ergiebt sich aus dem gleichfalls ganz allgemein lautenden 8 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs: »Der Schuld-
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