Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.04.1901
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1901-04-27
- Erscheinungsdatum
- 27.04.1901
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19010427
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190104277
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19010427
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1901
- Monat1901-04
- Tag1901-04-27
- Monat1901-04
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
3396 Nichtamtlicher Teil. 97, 27. April 190l. lA>a«ftmarr>r sBöblingcnj) überhaupt ihre Gedichtbande bekommen »nd lesen würde», wenn cs nicht auf diesem Wege wäre. Also ist von einem ideellen und nach meiner festen Ncbcrzcngnng anch von einem materiellen Schaden für die Autoren nicht die Rede. Wie viel sind z. B. Gedichte von Gcibcl in Anthologien verbreitet worden! Es hat dem Ruhm dieses Dichters keinen Eintrag getha», sondern es hat ihn geradezu popularisiert und war wieder günstig für den Absatz seiner Werke selbst. Und so, wie es in diesem Falle ist, ist es für eine ganze Reihe heraufkommender Talente nützlich, wenn in großem und womöglich größtem Umfange die Lyrik in Sammlungen ver breitet wird. Or. Spalt», Abgeordneter: Meine Herren, ich muß auch in diesem Falle Sie bitten, bei dem Beschluß der Kommission stehen zu bleiben sowohl gegenüber den, Anträge des Herrn Or. Hasse wie gegenüber dem Anträge des Herrn Abgeordneten Wellstein. Wie liegt es eigentlich mit den Anthologien? Es ist ja zweifellos dadurch, daß im Jahre 1870 Anthologien und Kommerslieder zngelasscn worden sind, schweres Kapital auf die Herstellung solcher Bücher verwendet worden, die teilweise mit guten Illustrationen versehen und gut gebunden sind, und cs liegt, wenn Wir unsere Gesetzgebung ändern, die Gefahr einer erheblichen Schädigung einzelner Verleger vor. Aber, meine Herren, ich glaube, das soll uns nicht abhalten, das zu thun, was wir prinzipiell für richtig halten, und wenn wir prinzipiell uns ans den Standpunkt stellen, daß der Autor einen Schutz für sein geistiges Produkt zu genießen hat, dann müssen wir den Schutz ihm auch in Bezug ans solche Sammlungen gewähren, die seine Gcistesprodukte in Zusammenstellung niit den Produkten anderer veröffentlichen. Wir stehen auch hier wieder vor der Frage, ob der prin zipiellen Auffassung gegenüber wirklich Bedürfnisse des Volkslebens vor liegen, die eine Ausnahme von dem Prinzip erheischen, und diese Frage muß ich verneinen. Es ist seitens des Herrn I)r. Hasse geltend gemacht worden, eine Umfrage bei Dichtern und Verlegern habe ergeben, daß sie nichts gegen die Beibehaltung der bisherigen Gesetzgebung hätten; auch der Herr Ab geordnete Fischer sagte, jüngere Schriftsteller hätten erklärt, sie sähen darin eine Schädigung, wenn die Verwertung ihrer Gedichte in Antho logien beschränkt werde. Gewiß liegt diese Auffassung bei jüngeren Schriftstellern nahe; aber ich bin überzeugt, wen» man diese Umfrage beschränkt hätte ans unsere Kapazitäten auf litterarischem Gebiet, so würde man eine andere Antwort erhalten haben. Der jüngere Schriftsteller, der einen Ruf haben will, hat ein Interesse daran, daß er in ein Werk, in welchem unsere Kapazitäten vertreten sind, anfgcnommcn und dadurch bekannt gemacht wird. Es wird sich kein Verleger finden, der in ei» solches Werk nur jüngere Dichter ausnimmt, die nicht bekannt sind; denn dann hat er keinen Absatz. Dagegen hat er aus einen Absatz zu hoffen, wenn der Inhalt aus einer Mischung von Stücken berühmter Autoren und von Autoren besteht, die noch nicht bekannt sind. Die elfteren schleifen die letzteren durch. Die Sache würde weniger Bedenken haben, und wir könnten alles in die Entscheidung der einzelnen Autoren ver stellen, wenn nicht gerade dieser Gegensatz sich bei der Erteilung ihrer Zustimmung geltend machte. Wenn der Verleger, der eine Anthologie hcrausgebcn will, Umfrage bei Dichtern hält, so werden die jüngeren erklären, sie seien mit der Aufnahme ihrer Sachen einverstanden, aber die älteren berühmteren Autoren werden keine Antwort geben, und damit scheitert die Anthologie, weil der Verleger ans den Dichtungen derjenigen, die ihre Zustimmung erklärt haben, eine solche nicht zusainmenstcllen kann. Wenn aber die Sache so liegt — und sie liegt so —, dann würden wir, glaube ich, einen schweren Eingriff in die Urheberrechte begehen, wenn wir die Anthologien zustimmungslos gestatten. Denn wir setzen gerade diejenigen in ihren Rechten herab, die den höchsten Schutz von uns ver dienen, und wir machen uns einer Inkonsequenz schuldig, vor der ich den Reichstag bewahren möchte, indem wir die höhere geistige Kraft untcrordnen unter die geringere. Nun die Frage des Bedürfnisses. Ich vermute, es wird sich die Möglichkeit begründen lassen, daß gerade die Herstellung von Anthologien die Wirkung hat, daß uns die Ausgaben von Dichtern in Bänden ver teuert werden, weil die Verleger sich sagen: wir können nur auf einen schwachen Absatz rechnen, weil die Anthologien uns die besten Sachen weguehmen und dadurch die ganzen Ausgaben nicht gehen. Schließen wir die Anthologien aus, so werden wir mit der Möglichkeit zu rechnen haben, daß die Buchhändlcrpreise etwas herabgesetzt werden, um die ganzen Werke verkäuflicher zu machen. Ich meine, wir sollten den Kommissionsvorschlag annehmen. Ich mache kein Hehl daraus, daß ich bei der ersten Beratung hier und auch in der Kommission einen anderen Standpunkt eingenommen habe. Aber ich kann mich ohne Preisgabe eines Prinzips in dieser Frage unter- ordncn. Nachdem nun die Entscheidung der Kommission gegen meine Auffassung gefallen ist, meine ich, es lägen keine besonderen Gründe vor, die uns verhindern könnten, ihr beizutrcten. Dazu kommt noch, daß wir dadurch, daß wir gestatten, daß zum Unterrichtsgebrauch bestimmte Sammlungen erscheinen dürfen, in weitem Umfange dem Bedürfnisse nach Hausbüchern entgegcngekommen wird. Was mm die Anregung betrifft, die Worte »Kirche und Schule« vor den Worten zu streichen, die zum Untcrrichtsgebrauch bestimmt sind«, teilweise in der Auffassung, daß durch den Ausdruck Unterrichtsgebrauch- gedeckt sei, was zum Schulgebrauch bestimmt sei, teilweise um Samm lungen für kirchliche Zwecke auszuschließen, so möchte ich bitten, es auch in dieser Beziehung bei den Vorschlägen der Kommission zu belassen. Für kirchliche und Schul- bezlv. Unterrichtszwecke macht sich ein Volls- bedürfniS in weiterem Umfange geltend als für Anthologie». Nament lich deckt das Wort »Unterrichtsgcbranch« das Bedürfnis des Schul gebrauchs nicht, weil die Frage, inwieweit Abänderungen zulässig sind, in Büchern, welche dem letzteren Zwecke dienen, zulässig sind, in weit herzigerem Sinne zu entscheiden ist als bei den Büchern für Unterrichts- zwcckc allgemein. Was nun die Frage der Kommersbücher betrifft, so können die Kom mersbücher, soweit sie bisher erschienen sind, ohne Zustimmung der ge schützten Autoren weder neu aufgelegt noch vervollständigt werde», es können nur die vorhandenen Vorräte ansverkauft werden. Aber die Zu stimmung der geschützten Autoren zu erhalten, dürfte für ein anständiges Kommersbuch nicht allzu schwer werden; da liegt die Frage anders als bei de» Anthologien. Ein Dichter, dessen Lied komponiert ist, hat das natürliche Bedürfnis und den Wunsch, daß sein Lied auch gesungen wird. Ihn schädigt dessen Ausnahme nicht in Bezug auf seine sonstigen Dich tungen Er selbst hat ja nicht so viel Lieder gedichtet, die komponiert sind, daß deren Ausgabe allein eine Sammlung ausfüllt, und infolge dessen hat er kein starkes Interesse daran, daß sein einzelnes Lied, welches komponiert ist, nicht in das Kommersbuch ausgenommen wird. Das Kommersbuch hindert ja nicht den Absatz seiner Gedichte, seine Zustim mung wird daher leichter und billiger zu erlangen sein als diejenige der Dichter zu den Anthologien, und deshalb meine ich, wäre cs nicht un billig, daß der Herausgeber von Kommersbüchern genötigt werde, sich mit dem Dichter in Verbindung zu setzen und dessen Einwilligung zur Auf nahme in die Liedersammlung einzuholcn. Or. Arendt, Abgeordneter: Meine Herren, ich bin verwundert über den großen Eifer, mit welchem die Diskussion bezüglich der Antho logien von beiden Seiten geführt wird. Ich muß sagen: ich verstehe weder den Eifer der Freunde noch den Eifer der Gegner der Anthologien bei diesem hier in Betracht kommenden Paragraphen. Denn es handelt sich hier gar nicht um die Frage, ob Anthologien erscheinen sollen oder nicht erscheine» sollen, sondern es handelt sich doch nur um den Punkt, ob zum Zwecke von Gedichtsammlungen ohne Zustimmung oder mit Zu stimmung der Autoren Beiträge gedruckt werden sollen. Da bin ich nun allerdings der Meinung, daß Anthologien ebenso gut ins Werk gesetzt werden können ohne den Antrag Hasse als mit dem Antrag Hasse; denn es ist ebenso gut möglich, wenn jemand eine derartige Zusammenstellung beabsichtigt, die Antoren zu befragen, ob sie die Erzeugnisse ihres Geistes, über die sie doch ein unzweifelhaftes Recht haben, hergeben wollen oder nicht. Ich meine, wir werden, wenn der Gesetzentwurf nach den Be schlüssen der Kommission, also ohne den Antrag Hasse, Gesetz wird, Antho logien genau so haben wie bisher. Wir werden vielleicht den Zusammen stellern dieser Anthologien eine kleine Arbeit mehr auflegen, und wir werden es den Verfassern selbst überlassen können, zu ermessen, ob sie Vorteil oder Nachteil davon haben können, ob ihre Geistesproduktc in diese Anthologien ausgenommen werden oder nicht. Ich glaube aber, daß man doch wohl etwas zu weit geht, wenn man mit dem Herrn Staatssekretär sogar die »Würde der Nation« in Betracht zieht oder wenn man mit dem Herrn Abgeordneten Haußmann von einem »Moment der Volksbildung« in dieser Beziehung spricht. Es handelt sich doch that- sächlich nur darum, ob die Einwilligung cingeholt werden soll oder nicht, und wenn wir hier ein Gesetz znm Schutze des geistigen Eigentums machen, so halte ich es allerdings für ganz angemessen, daß wir den Autoren die Selbstbestimmung darüber lassen, ob sie ihre Erzeugnisse her- gcben wollen oder nicht. Aber auf der anderen Seite muß ich doch sagen, daß Herr Kollege Müller (Meiningen), wenn er von »Räubereien« und »unerhörtem Un fug« gesprochen hat, auch wieder zu weit gegangen ist. Ich erkenne mit den verschiedenen Herren das Verdienstliche vieler Anthologien durchaus an, und ich glaube, daß die moderne Lilteratur sehr kurzsichtig handeln würde, wenn sie ihre Zustimmung zu der Herausgabe von Anthologien verweigern würde. Denn wenn der Herr Abgeordnete Müller (Meiningen) meinte, es würden die Rosinen aus dem Kuchen dabei genommen, und der Kuchen würde dann nicht mehr begehrenswert sein, so erscheint es mir zweifelhaft, ob dieser lyrische Kuchen auch mit den Rosinen so be gehrenswert werden würde. Ich glaube, im allgemeinen ist das Kaufen lyrischer Gedichte doch eine recht vereinzelte Erscheinung, »nd ich glaube, daß mancher Dichter ohne die Anthologien unbekannt oder wenig be kannt bliebe. Wenn aber das Publikum mit den Rosinen in den Antho logien erst in Geschmack gekommen ist, dann kauft es sich hinterher viel leicht den Kuchen, de» cs sich vielleicht sonst nie kaufen würde. Aber diese ganze Frage hat für mich thatsüchlich keine weittragende prinzipielle Bedeutung, und ich glaube, daß wir der Kommission anch nach dieser Richtung hin folgen können. Nun aber muß ich sagen, daß die Auffassung, als ob der Antrag Wellstein in dem Antrag Hasse inbegriffen ist, meiner Auffassung nicht entspricht. Ich glaube, daß der Antrag Welkstem auch noch dann am Platze ist, wenn der Antrag Hasse angenommen werden sollte, denn er
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder