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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.04.1901
- Strukturtyp
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- 1901-04-27
- Erscheinungsdatum
- 27.04.1901
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- Deutsch
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Börsenblatt s. d. deutschen Buchhandel. Nichtamtlicher Teil 3401 (Richter.) jedes Instrument zu vervollständigen. Wie kommt man dazu, daß man das Pianola allein dieser Beschränkung unterwirft? Ich erkenne das Prinzip als richtig an, kehre es aber sofort um gegen Sie! Die aus wechselbare» Noten sind auch eine Vervollkommnung gegenüber den festen, und da sage ich: wenn Sie das Privileg für die festen Noten zulasten, wie kommen Sic dazu, diesen großen deutschen Fortschritt der auswechsel baren Noten einer solchen Beschränkung zu unterwerfen? Was nun das Pianola anbetrifft — ich habe es unten spielen hören, als es sich vor der Kommission produzierte —, so war ich im Anfang der Meinung gewesen, daß man sich daraus einigen könnte; aber ich muß sagen: das ist ein Kompromiß, was alle Nachteile eines Kom promisses hall Vor allen Dingen wird diese Bestimmung, daß das Pia nola eine Ausnahme sein soll, außerordentlich viel Streitigkeiten ver ursachen, weil es die Frage aufwirft, wie weit eine Eigenart in dem Tempo und in der Dauer und Stärke des Tones hcrvortreten muß, um es von anderen zu unterscheiden. Was das Tempo betrifft, so ist das meines Wissens bei allen diesen Instrumenten veränderlich. Das ist also überhaupt kein Unterschied vom Pianola. In Bezug auf die Dauer und Stärke des Tones ist es anders. Ich fürchte, das Reichsgericht wird an der Hand einer solchen Bestimmung ebenso wie jetzt alle auswechselbaren Noten der Beschränkung wie bisher wieder unterwerfen. Jedenfalls ist das eine Bestimmung, die in der Praxis zu den allergrößten Verschieden heiten Anlaß geben muß. Es handelt sich auch gar nicht bloß um das Pianola — ich weiß nicht, ob das ein musikalisch fester Begriff ist —, aber in dem Konimissionsbericht heißt es ausdrücklich, daß dasselbe sich ans Orchestrion, elektrische Klaviere und Analions bezieht, und da sage ich: Sie unterwerfen grade die Instrumente, die einen Fortschritt darstellen und wahrscheinlich noch weitere Fortschritte vor allen anderen aufweisen werden, einer Beschränkung, setzen also eine Prämie darauf, daß es bei den bisherigen Leistungen des Mechanismus in dieser Beziehung bleibt. Nun kommt allerdings das Interesse der Komponisten dagegen in Frage. Ich bin der Ueberzeugung, daß das auch hier ganz außerordent lich übertrieben wird. Gerade solche Instrumente wie das Pianola sind doch naturgemäß die teuersten Instrumente, und, weil sie das sind, werden sie verhältnismäßig weniger vertreten sein als andere Instrumente, und daher kommt diese Frage schon aus diesem Grunde nicht so in Betracht. Und dann »och eins. Auf diese mechanischen Instrumente wird viel weniger die ernste Musik übertragen als die leichte, die Unterhaltungs musik. Bei der ernsten Musik kommt es viel mehr aus das künstlerische Spiel an als bei einer gewöhnlichen Tanzmelodie oder bei populären Liedern, die durch mechanische Instrumente vervielfältigt werden. Der große Jurist in dieser Frage der Komponisten — ich meine nicht meinen Freund Traeger, sondern den ehemaligen Reichsgerichtsrat Stenglein (Heiterkeit) — geht ja in seinem Gutachten sogar so weit, daß er von den mechanischen Instrumenten sagt, sic verbreiteten nur die Gassenhauer in Kneipe», weshalb diese ganze Einrichtung zu tadeln sei. Das ist ganz unrichtig. Aber cs ist richtig, daß ,sie wesentlich dazu dienen, leichte, volkstümliche Musik zu verbreiten; und bei dieser Musik verdienen auch gegenwärtig die Komponisten am meisten. Die, die klagen, sind die Komponisten der ernsten Musik, und die werden von den mechanischen Instrumenten meines Erachtens am wenigsten betroffen Es ist doch auch nicht zu bestreiten, daß die mechanischen Instrumente das außerordentliche Verdienst haben, diese Musik auch in Kreise einzusühre», die sonst ihr fremd bleiben, und daß sie so die Musik populär machen. (Sehr richtig!) In dem bezüglichen österreichischen Gesetz, das auch diese Instrumente von der Genehmigung freigiebt, wird das ausdrücklich hervorgehoben; da heißt es, im Interesse der populären Musikpflege und auch im Interesse der musikalischen Urheber, deren Erfindung dadurch weiteste Verbreitung und rascheste Popularität erlange, müsse man diese Einrichtung begünstigen. Während nun einerseits die Musik dadurch in Kreise eingeführt wird, die sonst kaum ein Verständnis, eine Ahnung davon haben, wird an dererseits meines Erachtens durch diese mechanischen Instrumente einer gewisse» Musikpaukcrei, einer Klavierstümperci eine Grenze gesetzt; und das halte ich auch für ein Verdienst. (Sehr gut!) Wie leidet unser Volk unter der sogenannten Klavierseuche, namentlich in den großen Städten! (Heiterkeit und sehr richtig!) Wer jemals in einem Miets hause gewohnt hat, in dessen vier Etagen hoch oben und tief unten und an den Seiten ei» Klavier stand, wo die Kinder — das gehört ja in vielen Familien zum guten Ton, auch wenn das Kind keine Spur von Talent hat — dazu verurteilt werden, jeden Tag eine Stunde zu üben, der kan» allein empfinden, wie ganze Häuser dadurch wertlos gemacht werden. (Große Heiterkeit und Zurufe.) — Nein, die Familien leiden noch viel mehr. Hören Sie es doch mal mit an, wie rechts und links und oben und unten jeden Tag immer dieselben Stücke gespielt werden, und immer an derselben Stelle derselbe Fehler gemacht wird, an der bestimmten Stelle das Stück immer wieder ins Stocken gerät! (Sehr richtig! und Heiterkeit.) Demgegenüber sind die mechanischen Instrumente ein außerordentlicher Fortschritt, was man auch künstlerisch an ihnen aus setzen mag; sie spiele» nicht falsch, spielen immer weiter, geraten nicht immer an derselben Stelle ins Stocken. Deshalb bin ich wesentlich ein Freund der mechanischen Instrumente geworden. Man hat, uni dieser Klavierseuchc entgcgenzutreten, vielfach vorge schlagen, eine besondere Ktaviersteuer einzusühre». Nun, wenn nicht Herr ! ttchmndicchzmhe: Jayraanh. v. Miqnel seinerzeit beim Kommnualabgabengesetz sich mit Hand und Fuß dagegen gestemmt hätte, bin ich überzeugt, wäre auch eine große Steuer auf Klaviere, in den Großstädten namentlich, durch Kommunalbeschluß gelegt worden. Aber auch hier kann in Wirklichkeit einer Praxis ent- gegengctretcn werden, die mehr dazu dient, überhaupt Musik zu verekeln, als Musik weiter zu treiben. Die Liebe zur künstlerischen Musik wird, wenn die individuelle Musikstümperei mehr zurückgcdrängt wird durch solche Instrumente, viel mehr zur Anerkennung kommen, als sonst der Fall ist. Deshalb bin ich ganz unumschränkt in diesem Punkte für die Re gierungsvorlage in ihrer ursprünglichen Gestalt und bitte Sie in diesem Sinne, meinen Antrag anzunehmen. (Bravo!) Or. Slrcndt, Abgeordneter: Meine Herren, es wird mir um so leichter, unparteiisch in den kleinen Bruderkrieg einzugreisen, den wir soeben in der freisinnigen Partei gehört haben, als ich sowohl gegen den Antrag Traeger als gegen den Antrag Richter Stellung nehme, und zwar im wesentlichen gegen den Antrag Richter aus den Gründen des Ab geordneten Traeger und gegen den Antrag Traeger aus den Gründen des Abgeordneten Richter. (Heiterkeit.) Ich möchte zunächst auf die letzten Ausführungen des Herrn Ab geordneten Richter eingehen. Ich befinde mich auch da wieder mit ihm in einer erfreulichen Uebereinstimmung, wenn er die Klavierseuchc uns hier in seiner humoristischen Art vorgeführt hat. Ich glaube, ein Wider spruch wird sich dagegen nicht erheben (sehr richtig! rechts); aber ich fürchte beinahe, daß wir von der Scylla in die Charybdis fahren, wenn wir an Stelle der Klaviere die Pianolas oder sonstige Instrumente er halten, die noch erheblich leichter zu handhaben sind. Das Klavierspielen muß wenigstens gelernt werden; das Lernen ist ja zuweilen darnach, aber so ein Pianola kann jeder handhaben, und es wird also noch viel öfter gehandhabt werden. Infolgedessen wird die Störung der Ruhe vielleicht noch eine viel größere werden. Der Gedanke des Herrn Abgeordneten Richter auf eine Klaviersteuer ist auch mir außerordentlich sympathisch, nur würde ich dann gleich den Uutcrantrag stellen, daß man dabei auch die mechanischen Klaviere nicht auslassen möge, daß man die Pianolas und dergleichen gebührend mit heranziehe, und ich glaube, daß Herr Richter dann dagegen nichts ein zuwenden haben wird. Ich habe ursprünglich den Anschauungen des Herrn Kollegen Traeger sehr sympathisch gegenübergestanden. Bei mir ist aber die »bessere Er kenntnis«, die er hervorzurufen wünschte, gerade nach der entgegengesetzten Richtung gekommen. Wie der Herr Berichterstatter hervorgehoben hat, hat es kaum einen Punkt gegeben, der die Kommission so lange und so eingehend beschäftigt hat wie diese Frage, und ich muß sagen, daß ich doch unter dem Eindruck der Kommissionsverhandlungen mich mehr und mehr davon überzeugt habe, daß wir der Regierungsvorlage folgen müssen. Ich kann nicht anerkennen, daß, weil es sich hier um ein Ur heberrecht handelt, wir nun dieses Recht grenzenlos zu gestalten haben. Im Wesen der Begründung eines Rechtes liegt es doch, daß man die Grenze des Rechts auch festsetzt, und wenn allgemeine oder besondere Inter essen vorangehen, so müssen eben solche Grenzen des Rechts gezogen werden, und so muß auch hier dem Urheberrecht ans wichtigen wirtschaft lichen Gründen eine Grenze gesetzt werden. Das Entscheidende für mich ist mit dem Herrn Abgeordneten Richter die internationale Rücksicht der Berner Konvention, über welche auch die Ausführungen des Herrn Ab geordneten Traeger nicht hinweghelfeu können. Wenn auf Grund der Resolution, die die Kommission vorgeschlagen hat, eine internationale Regelung gelungen ist, so kann eine Aenderung nach dieser Richtung auch bei uns eintreten. Vorher würden wir aber den Komponisten wenig nützen und der Industrie erheblichen Schaden zufügeu. Aus diesem Grunde kann ich mich für den Antrag Traeger nicht entscheiden. Was aber den Antrag Richter betrifft, so kann ich ihm darin zu stimmen, daß sich hier bei diesem Kompromiß, wie bei vielen Kompro missen, auch recht schwere Schattenseiten finden. Die Kommission ist dieses Kompromiß ja eingegangen unter dem Eindruck nicht des Augen scheins, wie der Herr Berichterstatter sagte, sondern unter dem Eindrücke der Klangwellen des Pianola. Es ist ja immer mißlich, wen» so ein einzelner Fall in die Gesetzgebungsarbeit hineingebracht wird, und das Mißliche zeigt sich auch hier. Ich gebe ohne weiteres zu, daß die gesetz geberische Fassung dieses Paragraphen eine überaus unglückliche ist. Ich möchte den Wunsch anssprechen, daß bis zur dritten Lesung es gelingen möge, das, was der Gesetzgeber will, auch klar zum Ausdruck zu bringen. Vielleicht übernimmt unser verehrter Herr Kollege Kirsch die Aufgabe, der ja so oft durch seine sprachlichen Verbesserungen unserer Gesetzgebung nachgeholfen hat, und greift auch hier ein. Geschieht das nicht, dann fürchte ich allerdings, daß die Rechtsprechung aus der unglücklichen Fassung des Paragraphen sehr viele Schwierigkeiten haben wird und damit auch das Praktische Leben. (Hört! Hört!) Denn, meine Herren, es heißt am Schluß des Paragraphen, wie er jetzt vorliegt, also: Diese Vorschrift findet auch aus auswechselbare Bestandteile Anwendung, sofern sie nicht für Instrumente verwendbar sind, durch die das Werk hinsichtlich der Stärke und Dauer des Tones und hinsichtlich des Zeitmaßes nach Art eines Persönlichen Vortrags wiedergegcbcn werden kan». 444
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