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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.04.1901
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- 24.04.1901
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- Deutsch
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Börsenblatt f. d. deutschen Buchhandel, Nichtamtlicher Teil 3285 «Richter.) die internationale Gesetzgebung Paßt hier sehr wenig; wir haben gar keine Ursache, unser Musikleben in Deutschland irgendwie gering zu schätzen gegenüber dein Ausland. (Sehr richtig! links.) Ich bleibe der Meinung, daß es viel reicher und lebendiger ist als in anderen Ländern. Sehen Sie sich die Statistik der Gesangvereine namentlich an, der fran zösischen zu den deutschen, so finden Sie, daß die Zahl bei uns das Sechsfache beträgt von dein, was in Frankreich vorhanden ist. Ich weiß auch gar nicht, wie weit abweichende Bestimmungen in anderen Staaten hier uns schädigen sollten; denn nach dem geltenden Recht ist doch auch in Deutschland die Aufführung eines französischen Musikstückes nicht von der Genehmigung des französischen Autors abhängig. Umgekehrt, wenn das hier Gesetz würde, würde man vor der Aufführung des französischen Tonwerks die Genehmigung des französischen Autors einfordern müssen Dann würde gerade das eintreten, was mein Herr Kollege Müller sagt, daß wir unter die Fuchtel des Auslands kämen. Also irgend ein Schaden entsteht gar nicht durch die differentielle Gesetzgebung; im übrigen sind diejenigen, die sich auf die internationale Gesetzgebung berufen, bei der Frage der Ucbertragung auf mechanische Musikwerke durchaus nicht so international, sondern in Widerspruch mit der Berner Konvention wollen sie hier Beschränkungen einsührcn, die in anderen Ländern nicht bestehen. Ich habe den Herrn Staatssekretär so verstanden, dfc Richtung der Gesetzgebung habe sich verändert unter dem Eindruck, früher sei die For derung eines Honorars für ein Tonwerk eine Ausnahme gewesen, jetzt sei sie die Regel. Wenn ich das richtig aufgefaßt habe, so würde das gerade bestätigen, daß man sich unter dem geltenden Autorrecht gar nicht schlecht gestanden hat in diesen Kreisen. Dem Herrn Abgeordneten vr. Spahn, der allerdings für diese Beschränkung des Aufführungsrechts eintritt, ist doch nicht sehr wohl dabei; den» er räumt selbst ein, es wäre eine eigenartige Sache, daß bei dem Vortrag eines einfachen Liedes man die Genehmigung des Komponisten einholen sollte. Aber was wolle man mache», Unterscheidungen könnte man doch nicht machen in Bezug auf die Tonwerkc, und so müsse man auch für die öffentliche Aufführung eines Liedes oder Tanzes, der auch in Frage kommen könnte, die Genehmigung des Komponisten cinholen. Ich meine, diese Schlußfolgerung ist doch ganz verkehrt, schon weil die Ausführung dieser leichten Musik, der unter haltenden Musik, eine vielfach größere ist — das weist uns ja gerade die Statistik in der Denkschrift der Tonkünstler nach — als die Aufführung der ernsten Musik. Dann wird gesagt: warum soll das, lvas mau für die Dramen für richtig hält, für die Opern, nicht auch für alle Tonwerkc srichtig sein? Ich greife gar nicht an die Bestimmungen über Dramen und ähnliche Tonwerkc; die will ich auch von vorgängiger Genehmigung abhängig machen, wie es im bestehenden Recht der Fall ist. Aber hier liegt doch die Sache ganz anders: cs ist doch eine ganz andere große geistige Arbeit, die erforderlich ist, um ein Drama, um eine Oper oder um ein Tonwcrk mit Text, wie ein Oratorium, zu schaffe», als ein Lied, einen Tanz oder ein leichtes Musikstück. (Zuruf.) ^— Eine Symphonie? Wenn Sie glauben, daß gewisse größere Tonwerke besonders geschützt werden müssen, so kann es doch gar nicht schwer fallen, diese Klassifikation in das Gesetz hinein zuschreiben, ohne dazu überzugchen, Millionen von Musikstücken von der Genehmigung des Autors abhängig zu machen! Meine Herren, mich hat gerade die Denkschrift der Komponisten, die uns überzeuge» will, vom Gegenteil überzeugt. Diese Denkschrift hat eine sehr beachtenswerte Statistik. Nach dieser Statistik kommen an ge werblichen Aufführungen in Deutschland jährlich 277100 Vorstellungen in Frage, bei denen nach der Schätzung der Komponisten 2701900Pro- grammnummcrn ausgesührt werden. Nun denken Sie sich, was dazu gehört, wenn die geschützten Werke darunter — und das ist mehr als die Hälfte — in der Ausführung von der Genehmigung der Komponisten abhängig sind. Nun wird immer — das ist der eigentliche Hintergrund — als Grund für die ganze Abänderung der Gesetzgebung der Notstand der Komponisten bezeichnet. Meine Herren, ich bestreite das durchaus nicht; aber diejenigen, die sich krank fühlen, sind nicht immer die besten Aerzte in der eigenen Behandlung, und es kann Vorkommen, daß sie Vorschläge machen, die das Gegenteil von dem hcrbciführc», was sie selbst damit beabsichtigen, und das trifft hier eben zu! (Sehr richtig! links.) Ich bin der Meinung, eine Aristokratie von Komponisten beherrscht hier die Vor schläge und zieht falsche Folgerungen aus ihrem eigenen Kreise auf die musikalischen Kreise im allgemeinen und die dabei vorkommenden Geschäfts verhältnisse. Man hat hier mit Recht ausgeführt, welche Vorkenntnissc, welche Vorbildung der Beruf eines Komponisten erfordert. Vollständig richtig! Aber, meine Herren, es kan» doch ein junger Mann nicht sagen: ich will Komponist werden! Das ist ebenso wenig richtig, wie wenn einer sagt: ich will Dichter werden, ich will Romanschriftsteller werden! Er ergreift zunächst eine» anderen Beruf, er findet als Musiker seine Ein nahmen, vielleicht als Musikdirigent, als Lehrer, fängt nun an zu kom ponieren, und erst wenn er damit Aufmerksamkeit erregt hat, bekannt ge worden ist, ist es ihm möglich, seine» Beruf ganz als Komponist zu finden. Meine Herren, woher kommt es denn, daß das Honorar für die Komponisten so verhältnismäßig gering ist? In der Schwierigkeit, andere von der Vortrefflichkeit des Tonwcrkes zu überzeuge». Diese Schwierig keit ist viel größer als bei dem Schriftwerk gegenüber dem Verleger. Es rlchtundsechzigster Jahrgang. kommt noch dazu, daß der Geschmack des Publikums — und erst wenn dieser Geschmack getroffen wird, wird einem Verleger die Sache rentabel — im voraus so überaus schwer zu schätzen ist, und daß dieser musikalische Geschmack, wenn man sich so ausdrücken darf, im Laufe der Zeit sich ändert. Die Verleger haben einen Hauptvorteil. Aber glauben Sie doch nicht, daß die eigentlichen Verleger diejenigen sind, die den Vorteil allein haben. Es wäre zu untersuchen, woher cs kommt, daß der Zwischen handel bei den Musikalien einen so großen Gewinn zieht, einen viel größeren als im Buchhandel. Der Zwischenhändler bekommt bei de» Musikalien 50 Prozent, 662/z Prozent des Ladenpreises ab. Hierhin fällt also die Hanpteinnahme, und darin liegt cs zum große» Teil auch, daß so wenig für de» Komponisten selbst übrig bleibt. Der Herr Staatssekretär meinte, ich hätte gesagt, die älteren, er fahrenen, berühmten Komponisten hätten nicht die Einnahme» und machten daraus ihre Schlußfolgerungen. Er sagte, diese seien ganz gut gestellt. Ja, das habe ich auch selbst behauptet; ich habe nur gesagt: aus ihren Verhältnissen machen sic falsche Schlußfolgerungen aus die anderen. Ja, meine Herren, was ändern Sie nun? Es wird gesagt, der junge Komponist ist dem Verleger als der wirtschaftlich Schwache in die Hand gegeben. Ja, ändern Sie den» daran etwas durch diese Be stimmung? Der Verleger will seinen Verdienst dadurch erreichen, daß er Noten verkauft. Wenn Sie nun eine Bestimmung machen, jede Auf führung ist abhängig von der Genehmigung des Komponisten, so er schweren Sie den Bezug von Noten für die Aufführung geschützter Werke unzweifelhaft. Sie schädigen also den Komponisten, schädigen die Ver breitung des Tonwerkes, und infolgedessen wird der Verleger ein ganz natürliches Interesse daran haben, sich gegenüber dem Autor aus dem Ertrag der Aufführungen, den Sic hier sichcrstellen wollen, seinen sehr großen, wenn nicht den vollständigen Anteil zu sichern (sehr richtig! links) zu seiner Entschädigung aus der Verminderung des Notenverkaufs, und weil sich die Einnahmen aus den Musikstücken überhaupt gar nicht in der Praxis derart scheiden lassen. Darum werden die Kontrakte, über die Sie klagen, zu Ungunsten der Komponisten nicht aufhören, sondern sie werden nur eine etwas veränderte Form bekommen. In der Sache selbst werden sic dieselben bleiben; im Gegenteil, wer nicht schon ein großer bekannter Komponist ist, wird weniger verdienen, weil es schwerer ist, einen Ruf zu bekommen, und weil die Verbreitung des Tonstückes durch diese Be stimmung erschwert werden wird. (Sehr richtig! links.) Nun soll die Kampfgenossenschaft Helsen — das ist nämlich der eigentliche Gedanke dieser Zentralgenossenschaft: eine große Kampfgenossen schaft der Komponisten gegen die Verleger nach der Analogie der Kainpf- genossenschaften der Agrarier gegenüber den Kaufleuten oder den Bäckern und Müllern. Dieselben Gedanken sind es, wenn auch in etwas anderer Form hier auf die Musik übertrage». (Heiterkeit.) Ich glaube, daß diese Kampsgenossenschast der Komponisten den Kürzeren ziehen wird. Die Herren sind einmal in ihren Interessen so verschiedenartig, daß sie schwer Zusammenhalten. Man wird sich darüber gar nicht täuschen, wenn es auch hier gewisse Zirkel in Berlin giebt, die in dieser Frage zusammen- gehen. Und dann sind sie geschäftsunkundig gegenüber den Verlegern, daß sie schon aus dem Grunde gegenüber solchen gewandten vorgebildeten Geschäftsleuten, die nichts anderes treiben, die frei sind von solchen Idealen und Phantasien, die die Komponisten erfüllen, im Nachteil sind. Meine Herren, das können Sic doch nicht leugnen, die ganze neue Bestimmung fußt auf dem Gedanken der großen Genossenschaft der Komponisten, die eine einheitliche Besteuerung wollen. Der Gedanke kommt immer wieder, und das wird eigentlich zugegeben: ohne die Ge nossenschaft ist die Sache unausführbar, fällt alles zusammen. Wie künstlich die ganze Sache ist, das zeigt aber Z 27 in seinen Einzelheiten noch ganz besonders durch seine Ausnahmebestimmungen. Der Herr Kollege Rintclen hat ausgesührt, wie schwer die Unterscheidung in der Praxis ist zwischen den Wohlthätigkeitsvorstellunge» und den anderen. Da heißt es auch, Volksfeste und Musikfeste sollen nicht unter die Bestimmung fallen. Was ist denn ein Volksfest? Sagen Sie mir einmal, was in Berlin ein Volksfest ist. Hier sind in Berlin alle Tage Volksfeste in den allerverschiedenstcn Formen. (Zuruf. Heiterkeit.) — Auf die Maifeier kann ich gleich auch noch kommen. Vor allen Dingen warne ich Sie vor den Anträgen Tracger und Oertcl. (Große Heiterkeit.) Selbst die Beredsamkeit meines Freundes Müller (Meiningen) darf Sic hier nicht vom Gegenteil überzeugen. (Große Heiterkeit.) Es sind zwei große Unterschiede gegenüber den Kommissionsvorschläge». Nach dem Kommissionsvorschlage sind alle öffentlichen Aufführungen, die nicht ge werblicher Natur sind, von der Genehmigung befreit, durchaus aber nicht nach dem Anträge Traeger-Oertel. (Sehr richtig! links.) Nach diesem Anträge sind auch diejenigen öffentlichen Aufführungen nicht befreit, die unentgeltlich geschehen, mit ganz bestimmten Ausnahmen, wenn nämlich eine Militärmusik spielt oder Marinemusik, und Gemeindeveranstaltungcn. In diesem Falle ist man unabhängig von der Genehmigung des Autors. Wenn aber — und da komme ich aus die Maifeier — öffentlich unent geltlich bei der Maifeier Musik gemacht wird ohne gewerblichen Zweck, so bedarf es dazu der Genehmigung. Dann noch mehr, meine Herren! Wenn ein Leichenbegängnis stattfindet, das nicht kirchlicher Natur ist, und eine Musikkapelle geht voran, so bedarf sie zur Ausführung geschützter Werke im einzelne» der Gcnchmignng der Autoren nach dem Anträge Traeger-Oertel. (Heiterkeit.) Bei allen patriotische» Feste» ist es ebenso, 42S
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