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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.04.1901
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- 24.04.1901
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- Deutsch
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3286 Nichtamtlicher Tech 94, 24. April 1901. - (Richter.) wenn sic nicht gerade von der Gemeinde veranstaltet werden, daß jede Musikaufführung in Bezug auf alle Tonwerke der Genehmigung des Komponisten bedarf. Was nun speziell die Vereine anbetrifft, so muß ich anerkennen, daß hier selbst das preußische Kultusministerium, wie aus der Darlegung des Herrn Regierungsvcrtreters vorher klar wurde, große Bedenken gehabt hat. Man hat also die Leiter von Gesangvereinen konsultiert, wie sie sich das dächten. Meine Herren, was für große Kreise hier in Betracht kommen, das geht aus der Statistik in der Denkschrift der Tonkünstler hervor. Diese Herren berechnen nämlich — und sie können es doch am besten wissen —, daß in Deutschland 6500 Gesangvereine vorhanden sind, 2700 gesellige Vereine mit Musikabteilungen, 750 Musikvereine und 90 Orchestervereine. Diese würden also, auch wenn sie nur öffentliche Aufführungen für ihre Mitglieder und ihre Vergnügungen veranstalten, nach dem Anträge Traeger-Oertel unter die Genehmigung der Autoren in Bezug auf die Musikstücke fallen. Nun haben die Herren im Kultusministerium, wie uns vorhin be richtet wurde, die Leiter solcher Gesangvereine um ihr Gutachten gebeten; die Herren sind im Ministerium erschienen — ob es auch auswärtige waren, weiß ich nicht, aber wahrscheinlich zunächst Berliner —, und sie haben gesagt: wir haben uns die Genehmigung zu den Ausführungen sehr teuer gedacht. Darauf ist vom Vorstände der Komponisten erwidert worden: teuer wird Ihnen das nicht zu stehen kommen, denn der Ver treter des Kultusministeriums sagte: wir werden in dem großen Ring — oder die Herren nennen es Zentrale, also ebenso wie man auch von einer »Spirituszentrale- spricht (Heiterkeit) — einen jährlichen Beitrag erheben von 1 bis 20 Mark, im Durchschnitt 5 Mark. Ach, haben die Herren gesagt, wenn das nur 5 Mark kostet, dann haben wir gegen die Sache nichts cinzuwenden. Sind das naive Leute! (Heiterkeit.) Ja, meine Herren, wenn hier in das Gesetz hineingeschricben würde, diese Vereine bezahlen an die Autoren 5 Mark oder meinetwegen auch bis zu 20 Mark, so wäre das noch eher eine Sache. Aber was ein Vorstand in dem Dunkel des Konferenzzimmers des Kultusministeriums verabredet mit ein paar Leitern von Gesangvereinen, das soll verbindlich sein für die Ausführung des Gesetzes? Und doch hängt an dieser Sache die ganze Aussührung des Gesetzes. In dem Augenblick — das sagen nämlich diese Herren Vertreter der Komponisten —, wo wir die Besteuerung dieser Vereine aufgeben, und wären es auch nur 5 Mark, können wir die Zentrale nicht mehr durchführen und legen auf die ganze Gesetzesänderung keinerlei Wert mehr. Man hat sich bcrusen auf die öffentliche Meinung. Ich behaupte, die öffentliche Meinung ist über diese Sache noch gar nicht aufgeklärt. Das ist ja das Nachteilige einer Kommissionsvcrhandlung, daß darüber in Weitere Kreise gar nichts Zuverlässiges dringt. Die Materie ist an sich schwierig, selbst wir können uns hier kaum zurecht finden in den verschiedenen Gesetzesbestimmungen. Draußen hat man noch gar nicht ersaßt, wie die Sache eigentlich zusammenhängt. Ich muß auch noch er wähnen, daß in den letzten Tagen eine gedruckte Petition an uns ge kommen ist, Notschrei und Bitte der deutschen Berufsmusiker, unterzeichnet: der Mnsikdirektorenverband. Sie bezieht sich gerade auf diese Bestimmung. Es heißt am Schlüsse: Wir sind der festen Ueberzeugung, daß die überwiegende Mehrzahl aller dieser musikalischen Vereine von der Schwere und Wichtigkeit dieser Gesetzesvorlage überhaupt noch keine Idee haben. Erführe man, welchen Chikanen und peinlichem Ucbcrwachungssystem die musikalischen Vereine in der Schweiz, Elaß-Lothringen, Belgien u.s. w. infolge dieses Aufführungsrechts ausgesetzt sind, wie viele unheil volle Prozesse deshalb entstanden sind — ci» Schrei der Ent rüstung würde durch das ganze Deutsche Reich gehen. Ich bin allerdings der Meinung, daß die Herren, die dieser Kardinal- bestimmnng der neuen Vorlage, dieser Einschränkung des Aufführungs rechtes beistimmen, eine schwere Verantwortung vor weiten Kreisen des deutschen Volkes tragen. (Bravo! links.) Or Nieberding, Wirklicher Geheimer Rat, Staatssekretär des Reichs-Justizamts, Bevollmächtigter zum Bundcsrat: Meine Herren, Sie erlauben mir vielleicht einige Worte zu dem Anträge des Herrn Abgeordneten Richter zu sagen in der Fassung, wie er jetzt vorliegt. Ich habe den Antrag vorhin nicht vollständig verstanden, und sein Inhalt wird mir jetzt erst aus der neuen Fassung, die ich von dem Herrn Präsidenten gehört habe, völlig klar. Der Antrag Richter will de» Absatz 2 des 8 11 beseitigen »nd soll an die Stelle dieses Absatzes treten. Der Absatz 2 der Vorlage, wie die Kommission sie angenommen hat, bestimmt aber über de» Schutz aller Bühnenwerke und aller Tonwerke, einerlei, ob sie öffentlich erschienen sind oder nicht. Wenn der Antrag Richter angenommen wird, so fallen die nicht erschienenen Werke ohne weiteres aus dem Rahmen des Gesetzes heraus. Ich will dem Herrn Abgeordneten aus diesem Defekt keinen Borwurf machen, diese Materie ist schwierig; aber er hat doch übersehen, daß in dieser Vorschrift auch die nicht erschienenen Werke ihre Berück sichtigung finden müssen. (Zuruf links.) — Bitte, ich bin noch nicht fertig! (Heiterkeit.) Zweitens, der Herr Abgeordnete hat zwar gesagt, daß gewisse Werke, wenn ein Vorbehalt nicht für sic besteht, ausgcführt werden dürfen. Er hat aber nicht gesagt, daß für Werke, die einen Vorbehalt trage», die Aussührung verboten ist. Diese Vcrbotsbcstimmung fehlt vollständig in dem Vorschlag des Herrn Abgeordneten. Drittens, der Herr Abgeordnete hat nach der neuen Fassung vor geschlagen, zu sagen, daß Bühnenwerke und andere Tonwerke, mit denen ein Text verbunden ist, überhaupt — auch wenn der Vorbehalt fehlt — nicht aufgeführt werden dürfen. Damit trifft er grade die Lieder; denn das sind ja Tonwerke, zu denen ein Text gehört. (Sehr richtig!) Er erreicht also zum Teil gerade das Gegenteil desjenigen, was er er reichen will. Nun möchte ich aber auch noch zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Richter eine thatsächlichc Bemerkung mir erlauben. Der Herr Abgeordnete hat gesagt, es würde allgeniein zugegeben, daß ein Gesetz nach Art des Entwurfs ohne eine Anstalt, wie sie hier bezeichnet worden ist, nicht ausführbar sein würde. Ich habe vorher ganz aus drücklich betont, daß nach Auffassung der Regierung das Gesetz ausführ bar ist mit und ohne Anstalt, daß sich unter allen Umständen, wenn diese Anstalt nicht zu stände kommt, Agenturen finden, wie sie hie und da jetzt schon bestehen, die dasselbe oder doch ähnliches herbeiführen werden wie die in Aussicht genommene Anstalt. Der Herr Abgeordnete hat dann hervorgehobcn, daß es sich hier um eine Kampfgcscllschaft handelt zum Kanipf der Komponisten gegen die Verleger. Demgegenüber muß ich doch sagen, daß der Herr Abgeordnete von der fraglichen Anstalt eine ganz unrichtige Vorstellung hat. Es handelt sich um eine Gesellschaft, die in Uebereinstimmung der Komponisten mit dem weitaus größten Teil der deutschen Verleger errichtet werden soll, bei der also den Komponisten auch die Erfahrungen der Verleger zu statten kommen werden. Es ist nur ein kleiner Teil der Verleger, die aus bestimmten Gründen sich bei feite halten. Aber davon zu reden, daß hier eine Kampfgesellschaft in Aussicht stehe zwischen dem einen und andern Teil, wird den thatsächlichcn Verhältnissen nicht gerecht. Präsident: Der Herr Abgeordnete vr. Rintele» hat nunmehr seinen angekündigten Eventualantrag schriftlich eingereicht. Derselbe lautet: Für den Fall der Ablehnung des Antrages auf Nr. 241 in Ab satz 2 des § 11 hinter dem Worte »Tonkunst« einzuschalten: mit Ausnahme der Lieder ohne Orchesterbegleitung. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Haußmann (Böblingen). Harltzmanr» (Böblingen), Abgeordneter: Der Herr Abgeordnete vr. Ocrtel hat angedeutet, daß hinsichtlich der Freigabe der Produktionen von Vereinen sich eine Aendcrung in der Auffassung der Regierung viel leicht vollzogen habe im Sinne einer Hinneigung zu seinem Antrag; und wenn wir den Ausführungen der Herren vom Rcgierungstisch gefolgt sind, insbesondere des Herrn Vertreters des Kultusministeriums, so haben wir allerdings eine gewisse Bestätigung dieser seiner Auffassung in der Art, wie sich hinsichtlich dieser Frage die Regierung aussprach, finden können. Ich würde es nun sehr bedauern, wenn der Antrag Ocrtel in seiner negativen Position, der Streichung der Ziffer 3 — etwas anderes ist die positive Ziffer 1, die eingeschaltet ist, worauf ich nachher komme — an genommen würde. Es ist, glaube ich, zu gering geschätzt, was der Herr Kollege Richter vorhin aus der Denkschrift der Komponisten statistisch mit- teiltc, daß etwa 7000 Vereine im Reiche seien. Ich glaube, daß mit 10 000 und mit 20 000 die Zahl der Vereine noch nicht geschätzt ist, welche gelegentlich Gesangproduktionc» geben. (Sehr richtig!) Namentlich bei uns in Süddeutschland — aber es wird im Norden nicht anders sein — bilden sich in kleinen Orten Vereine von vielleicht nur 10 bis 20 Mitgliedern, die der Lehrer oder irgend ein anderer gesangsfreudiger Mann oft mit Mühe und Not zusammcnbringt. Wenn Sie den Leuten, die ihre Zeit opfern für die Pflege des Gesangs, auch noch zumuten, eine Abgabe an die Tantiemcgesellschaft zu bezahlen, selbst wenn sie so gering wäre, wie es jetzt in dem unverbindlichen Voranschlag in Aussicht gestellt wird, so möchte in vielen Fällen an der Aufbringung auch dieser kleinen Beträge die ganze Vcreinsbildung oder die Wetterführung des Vereins scheitern. Ich stehe auf dem Standpunkt — und es wird zahlreichen Mitgliedern des Hauses ebenso gehen —, daß ich es für sehr beklagenswert hielte, wenn durch die Eingriffe der Gesetzgebung eine der artige, kulturell sicherlich erwünschte Bildung von Vereinen zur Pflege des Gesangs unterbunden würde. (Sehr richtig!) Ich mache Sie, um mich möglichst kurz zu fassen und die Gesichts punkte, welche andere Redner schon zum Ausdruck gebracht haben, nicht zu wiederholen, noch auf ei» anderes Moment aufmerksam. Nehmen Sie an, ein solcher Verein nun singt ein verbotenes Lied, verboten im Sinne dieses Gesetzes, zu welchem er die Einwilligung nicht eingeholt hat. Wenn dann die Staatsanwaltschaft Strafantrag gegen die 25 Vereinsmitglieder stellt wegen Uebcrtretung des Paragraphen so und so viel dieses Gesetzes, und wir haben dann Gerichtsverhandlungen vor dem Schöffengericht, wo darauf Plädiert wird, daß die Leute zur Strafe zu ziehen sind, so gehört das in das Gebiet jener ärgerlichen Steigerung der Prozesse, welche häufig genug beklagt wird. Das ist ein weiterer Grund, der uns ab- haltcn muß, auf diesen Boden z» treten. Ich meinerseits stelle mich des-
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