9830 Nichtamtlicher Teil. 260, 8. November 1904. Voltaire und die Buchhändler. Ein Beitrag zur Geschichte des Buchhandels. Von Tony Kellen (Essen/Ruhr). (Fortsetzung aus Nr. 259 d. Bl.) 3. Die Nachdrucker und ihre Unterstützung durch Voltaire. Die Tragödie »Nariawus« veröffentlichte Voltaire 1725. Das Werk war bereits aufgeführt worden, und der Verfasser erklärte die Veranlassung zur Herausgabe des Textes wie folgt in seiner Vorrede: Als Voltaire 1738 gehört hatte, daß in Holland eine Ausgabe seiner Werke erscheinen sollte, ließ er durch den jungen Baculard d'Arnaud, den er mit Geld unter stützte, eine Vorrede dazu schreiben; er selbst verbesserte sie und beauftragte seinen Schützling, folgenden Brief zu schreiben: » Später erhielt Baculard d'Arnaud am Hofe des Königs von Preußen eine Stelle; allein er verlor diese wieder, als er sich mit Voltaire entzweit hatte. Er hatte eine zwölsbändige Ausgabe der Werke Voltaires mit einer Vorrede in Rouen herausgegeben. ^) An der Spitze der Tragödie »Orests« (1750) findet sich eine Erklärung Voltaires: »Der Verfasser der Werke, die man in diesem Bande findet, glaubt sich verpflichtet, den Gebildeten und all denjenigen, die sich Bücherkabinette bilden, mitzuterlen, daß von allen brsher in Holland und anderswo veranstalteten Ausgaben seiner angeblichen Werke nicht eine einzige die geringste Aufmerksamkeit verdient und daß sie alle mit erfundenen oder entstellten Stücken gefüllt sind. Es gibt wenig Jahre, in denen man nicht unter seinem Namen Werke herausgegeben, die er nie gesehen hat, und, wie er erfährt, vergeht fast kern Monat, in dem man ihm nicht in dem ,Nereurs8" rrgend ein flüchtiges Stück zuschreibt, das er ebenso wenig kennt.« Namentlich in Holland war der Nachdruck sehr häufig, und Voltaire spricht fast nie von den holländischen Buch händlern, ohne sie zugleich als Gauner oder Seeräuber zu bezeichnen: los librairss ou oorsairss lwllanckais. ^) Er hatte überhaupt die Gewohnheit, dritten Personen gegenüber von Buchhändlern zu reden als von Spitzbuben, die gehenkt oder Brief Voltaires an dÄrgental vom 14. November 1750. 2) Schreiben Voltaires vom 8. August 1738 an den Kron prinzen, den späteren Friedrich den Großen. geschunden zu werden verdienten, während er die Verleger, mit denen er in Verbindung stand, häufig wie seine besten Freunde anredete. Nicolardot behauptet geradezu, daß Voltaire seine Ver leger mehrfach betrogen habe. Er führt dafür u. a. folgende Tatsache an. Aus dem Briefe Voltaires an de Cideville vom 2. November 1731 geht hervor, daß er die Einfuhr der Ausgabe seiner Werke zu verhindern suchte, die mit seiner Genehmigung bei Ledet und Desbordes in Amsterdam erschienen war, weil er inzwischen auch in Rouen die erwähnte Ausgabe veröffentlichen ließ^).^ Voltaire hatte die Gewohnheit, seine Werke gleichzeitig zwei verschiedenen Verlegern zu übergeben, ohne dem einen Mitteilung von dem andern zu machen. So schrieb er von Ferney aus am 17. DezEb^r ^1760^ a^n d'Argentcll: Es sind gewiß mancherlei Fälschungen vorgekommen; aber Voltaire hat stets versichert, daß man das Publikum mit seinen Werken betrüge, und wenn irgendwo eine Aus gabe eines oder mehrerer seiner Werke erschienen war, >o erklärte er, schon bevor er sie gesehen hatte, daß sie Fäl schungen enthielt. So schrieb er am 3. November 1768 aus Ferney an Gabiiel^Cramer:^ ^ ^ kennen zu lernen, was man nicht wissen möchte. »Nun sind es valo funszig Jahre, daß man sich ein Vergnügen daraus macht, mit meinem ßlamen^viele Dummheiten zu versehen, Voltaire hatte stets ein Vergnügen daran, die Bosheiten, die er zu Papier brachte, gedruckt und nachgedruckt zu sehen, selbst wenn er nicht den Blut hatte, dafür die Verantwortung zu übernehmen, und deshalb darf man auf Klagen, wie die obige, nicht viel geben. 4. Der Verleger van Düren und Friedrichs des Grotzen „Antl-Mgchiavel". Seitdem der Kronprinz Friedrich, der spätere Friedrich der Große, am 8. August 1736 einen schmeichel haften Brief an Voltaire geschrieben hatte, entstand eine rege 8. 152.^^ ^ ^ Voltaws. Iwuckiss 1763.