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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.05.1901
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1901-05-17
- Erscheinungsdatum
- 17.05.1901
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- Deutsch
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Börsenblatt f. d. deutschen Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 4023 (vr. Müller sMeiningen.j) wörtlich heißt, daß es eine -Prämiierung von Originalwerken sein soll, wenn überhaupt ein Urheberrecht gegeben wird. Das ist also ganz genau die Theorie, die man, wie ich bereits wiederholt entwickelt habe, seit 80 Jahren in der ganzen Rechtswissenschaft verlassen hat, die Theorie, auf Grund deren bereits Hans Sachs und Albrecht Dürer im 14. und 15. Jahrhundert ihre Privilegien von den deutschen Kaisern bekommen haben. Aber die ganze andere Rechtswissenschaft steht jetzt auf dem Standpunkt, daß das Urheberrecht ein leibhaftiges, wirkliches immanentes Recht des Autors sei, und zwar nach zwei verschiedenen Richtungen hin, einmal in ideal-individueller Richtung und dann in materiell rechtlicher Beziehung: wenn wir hier ein Gesetz machen über das Urheberrecht, so dürfen wir nicht antiquierte, längst verlassene Theorien wieder ausgraben, sondern müssen uns auf den Stand punkt der jetzigen Rechtswissenschaft stellen. Nun wird mir natür lich entgegnet, ich sei ein Jurist, und Juristen dürfe man in dieser Beziehung keinen Glauben schenken. Ja, aber der Jurist macht doch kein Recht, stellt vor allem keine neuen Rechtsprinzipien grundlegender Art aus; er formuliert nur das Recht, welches im Volksbewußtsein schlummert. Eine derartige Entwickelung, wie ich bereits in der ersten Lesung ausführte, ist seit Anfang des Jahrhunderts, ungefähr feit 1813, in Theorie und Praxis ein getreten: jetzt müssen wir, wie gesagt, uns auf den Standpunkt der Rechtswissenschaft, der Theorie und Praxis stellen, wenn wir nicht ein völlig antiquiertes Gesetz erlassen wollen. Vom Standpunkte der Herren auf der äußersten Linken ist es ja richtig, wenn sie sagen: maßgebend ist allein das Recht der Allgemeinheit. Das Aeugt zwar nicht von einer sehr hohen Achtung vor der persönlichen, vor allem der geistigen Arbeit, aber die Herren haben von ihrem Standpunkte aus recht. Allein vom Standpunkte des Individualismus ist es mir eigentlich völlig unerfindlich und unbegreiflich, wie man ohne weiteres dazu kommen kann, zu behaupten, daß die Allgemeinheit ohne weiteres ein derartiges Recht hat. Auch ich erkenne eine Durchbrechung des starren Prinzips an, aber nur im öffentlichen Interesse, nicht im privaten Interesse: im Gegen satz zu anderen, privaten Interessen muß entschieden das Recht des Urhebers in den Vordergrund treten. Der Unterschied zwischen unserer Anschauung und derjenigen der Majorität der linken Seite des Hauses ist der, daß wir sagen: in erster Linie kommt der Urheber; es besteht eine Vermutung zu gunsten des Urhebers, es muß im einzelnen Falle nachgewiesen werden, daß die Freigabe im öffentlichen Interesse liegt. Die Herren Gegner sagen aber umgekehrt: zunächst hat die Allgemeinheit das Reckt, es besteht eine Vermutung zu ihren Gunsten, und bloß im Ausnahmesall, gewissermaßen als Prämie, tritt eine Ver mutung zu gunsten eines angeblichen Rechts des Urhebers auf. Darin gipfelt der wesentliche Unterschied unserer Anschauungen. Man hat uns nun vorgeworfen, wir seien völlig einseitige Urheberrechtssanatiker, ja, wir seien von Autorenkreisen beeinflußt. Diesen Vorwurf möchte ich unter allen Umständen weit von mir weisen. Ich kann Nachweisen, daß ich bereits 1896 in der Ein leitung zu meinem Kommentar des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs genau denselben Standpunkt bezüglich des geistigen und gewerblichen Eigentumsrechts einnahm wie jetzt. Ich muß deshalb die Zumutung, wir ließen uns gewissermaßen einseitig von Urheberrechtskrcisen beeinflussen, weit zurückweisen. Man hat uns ja auch Musikagraricr genannt. Ich glaube, das ist eine große Liebenswürdigkeit gegenüber den Herren Agrariern hier, die geradezu stolz darauf sein können. (Na! na! und Heiterkeit.) Aber mag dem sein, wie ihm wolle, mir ist der Vorwurf eines -Musikagrariers- immer noch viel weniger be lastend als der eines Musikbanausen oder eines Böotiers. (Große Heiterkeit und Bewegung.) Ich glaube, der Vorwurf wird mir nicht gemacht werden. Die Schuld am Scheitern dieses ganzen Gesetzes trägt meiner Ueberzeugung nach zu neun Zehnteln die Regierung. Diese hat durch die ZA 22 und 27 selbst eine Bresche in die Prinzipien ihres eigenen Entwurfs gelegt und dadurch die Opposition gegen die Verstärkung des musikalischen Urheberrechts im allerhöchsten Maße selbst bestärkt. Höchst verhängnisvoll war — darüber bin ich mir klar — der Angriff, den der Herr Vorsitzende der Kom mission im allerletzten Moment noch gegen die Kommissions beschlüsse eröffnet hat. Das war mir und, wie ich glauben kann, auch anderen Kommissionsmitgliedern etwas auffallend. Ich war der Anschauung, daß auch der Herr Kollega Or. Spahn in der zweiten Beratung in der Kommission — ich sehe ihn leider nicht auf seinem Platze, daß er es mir bestätigen oder verneinen könnte — für die Verlängerung der Schutzfrist von 30 auf 50 Jahre ge stimmt hat — Ich muß sagen, wäre meine Annahme, die auch von anderen Kommissionsmitgliedern geteilt wird, richtig, so wäre es mir höchst auffallend, daß Herr Kollega vr. Spahn es für an gemessen gehalten hat, uns noch im letzten Momente in den Rücken zu kommen. Meine Herren, ich wünsche das Scheitern des ganzen Gesetzes, da ich die Hoffnung habe, daß die Regierung in einigen Jahren von einem in dieser Beziehung schlecht unterrichteten Reichstage an einen besser unterrichteten appellieren wird. Ich bin der festen Ueberzeugung, daß man in verhältnismäßig kurzer Zeit die jetzige Stellungnahme des Reichstags über das Urheber recht kaum mehr verstehen wird. Dann wird es Zeit sein, eine Reform des musikalischen und litterarischen Urheberrechts zu ver langen im Zusammenhänge mit einer Reform der Gesetze über das photographische und künstlerische Urheberrecht; denn ich kann mir keinen günstigen Erfolg von der Vorlage derartiger Gesetze versprechen bei der jetzigen Anschauung des hohen Hauses über das Urheberrecht im allgemeinen. Ich erkläre wiederholt zugleich im Namen meines Freundes Traeger, daß wir in dieser Fassung gegen das ganze Gesetz stimmen werden. (Bravo! links.) vr. Oertel, Abgeordneter: Meine Herren, ich kann vielem von dem, was mein Herr Vorredner ausgeführt hat, zustimmcn, obgleich ich nicht zu seinen Konsequenzen, insbesondere nicht zu den letzten Konsequenzen gelange. Da er mich als -Musikagrarier- anerkannt hat, gerate ich hoffentlich nicht in Gefahr, nunmehr zur Sorte der Musikbanausen oder der Böotier, die er wahrscheinlich mehr in seiner Nähe gesucht hat als bei uns (große Heiterkeit), gerechnet zu werden. Ich würde in diesem Stadium der Beratung das Wort nicht ergriffen haben, wenn ich es nicht für geboten oder mindestens für geraten erachtete, einigen Vorwürfen, die in der Oeffentlichkeit gegen unsere bisherige gesetzgeberische Thätigkeit erhoben worden sind, entgegenzutreten. Ich halte mich persönlich dazu für befugt und verpflichtet, weil einige dieser Vorwürfe sich persönlich auf mich zuspitzen. Das geschah allerdings ohne Recht oder wenigstens nur mit teilweisem Recht. Die Herren erinnern sich, daß ich in letzterer Zeit mehrfach in der unangenehmen Lage war, der Vater schaft an einem Gesetzentwürfe oder an einer gesetzlichen Bestim mung bezichtigt zu werden, für die ich keine Verantwortung oder nur eine teilweise Verantwortung übernehmen konnte. Das ist auch in diesem Falle eingetreten. Ich bin für Bestimmungen ver antwortlich gemacht worden, für die ich nur einen geringen Teil der Verantwortung trage. Trotzdem oder auch deswegen ist es mir Bedürfnis, nochmals den Vorwürfen, die von beiden Seiten gegen uns erhoben worden sind, einigermaßen zu begegnen. Wie ich schon sagte, sind diese Vorwürfe von zwei entgegen gesetzten Seiten erhoben worden. Die einen haben uns beschul digt, wir hätten die Rechte des Urhebers viel zu weit ausgedehnt und damit das litterarische und musikalische Leben geschädigt. Sind wir doch geradezu, wie Herr Or. Müller (Meiningen) an- führtc, als -Musikagrarier- bezeichnet worden. Die Bezeich nung ist durchaus nicht beleidigend, sondern in hohem Maße ehrenvoll (Heiterkeit); denn durch die Bezeichnung als Musik agrarier wird bekundet, daß die Herren eine berechtigte Sache mit großer Entschiedenheit verfechten. (Heiterkeit.) Ich glaube, die deutschen Komponisten werden für die Bezeichnung als Musik agrarier außerordentlich dankbar sein. Man hat auch von dem sich bildenden -Musik erringe- ge sprochen. Auch das ist keine beleidigende Bezeichnung: im Gegen teil, wir müssen es alle mit Freuden begrüßen, wenn die Herren sich zusammenschließen können und wollen zu einer machtvollen Organisation, die gewissen Hebelgriffen entgegentretcn kann. Also auch dieser Vorwurf schrumpft in nichts zusammen. Von der anderen Seite wird gesagt, wir seien nicht weit ge nug gegangen, wir hätten uns nicht auf den vorgeschrittenen Standpunkt gestellt, den das Urheberrecht jetzt einnehmen soll. Von diesem Standpunkte aus sind wir wiederum der Rückständig keit beschuldigt worden. Auch dieser Vorwurf hat nicht die ge ringste Bedeutung, wenn ein so fortgeschrittener Herr wie der Herr Abgeordnete Richter eigentlich der Träger und Vater der ganzen Rückständigkeit ist. Die Rückständigkeit wird nun darin gefunden, daß wir uns nicht ohne weiteres und vollkommen auf den Standpunkt des Urhebers gestellt haben. Ich gebe zu: es ist das Einfachste und Logischste und vielleicht auch zum Teil berechtigt, sich auf diesen Standpunkt zu stellen. Wer das thut, geht vielen unangenehmen Weiterungen aus dein Wege und kann mindestens einer Sache nicht geziehen werden nämlich der In konsequenz. Es fragt sich aber, inwieweit dies nach jeder Richtung hin gerechtfertigt sei. Die einseitige Betonung des Urheber rechts ist meines Erachtens nicht gerechtfertigt. Es giebt keinen musikalischen, keinen künstlerischen Urheber, der lediglich auf sich selbst stünde. Jeder hat aus dem geistigen Besitzfonds der Ge samtheit geschöpft, und deshalb ist es logisch und gerecht, daß er diesem BcsitzfondS zurückgiebt, was ihm gebührt. Es giebt ferner keinen litterarischen Urheber, der nicht aus den Werken Anderer fuße. Wenn ihm das möglich gewesen ist, so folgt daraus, daß 525"
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