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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.07.1896
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1896-07-23
- Erscheinungsdatum
- 23.07.1896
- Sprache
- Deutsch
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169, 23. Jull 1896. Nichtamtlicher Teil. 4427 Kleine Mitteilungen. Ucberproduktion im Buchhandel. — Für die erst in der gestrigen Nummer dieses Blattes in dem Bericht der Stuttgarter Handels- und Gewerbekammer beklagte übermäßige Konkurrenz und Ueberproduktion im Buchhandel findet man einen Grund in einer humoristischen Plauderei, die Gustav Schwarzkopf in der Wiener Wochenschrift -Neue Revue- über Vielschreiberei ver öffentlicht. Er schildert darin, ohne gerade zu übertreiben, wie das Schriftstellern sich nahezu zu einem Sport auszu bilden droht und wie bereits Kinder anfangcn, sich -littcrarisch» zu versuchen. -Wenn Siegfried-, schreibt er, -in seinem vierzehnten Jahre zu dichten anfängt, so empfindet er vor Vollendung des fünfzehnten bereits das dringende Bedürfnis, gedruckt zu werden. Das glaubt er sich, vor allen Dingen aber der Welt, schuldig zu sein. Durch Vermittlung einiger Zeitschriften werden diese Dichtungen der -Welt- zugeführt. Wenn einmal ein Dutzend erschienen ist, stellt sich bei Siegfried das Verlangen ein, seine Werke, auch die, die noch die Mappe birgt, in Buchform zu sehen. Die Eltern finden das Verlangen begreiflich. Sie fragen, was soll man dem Jungen zuni Geburtstag schenken? Soll man ihm ein Rad kaufen, oder soll man seine Gedichte drucken lassen? Wenn die Mittel reichen, erhält er beides: das Rad und die Erlaubnis, mit einem Verleger zu unterhandeln. Die brennende Sehnsucht nach Drucker schwärze, welche die tausend Siegfrieds empfinden, hat ncueGcschäfts- zweige ins Leben gerufen. Die Spekulation, die mit allen Eitel keiten rechnen muß, hat sich auch der Eitelkeit, gedruckt zu werden, bemächtigt. Es giebt eine verhältnismäßig große Anzahl von -litlerarischcn» Wochenblättchen, die zu dem Zwecke gegründet wurden, die Erzeugnisse in Poesie und Prosa von Siegfried und Genossen aufzunehmen. Diese Blätter zahlen selbstverständ lich für Beiträge kein Honorar, sie nehmen cs, der Abonncments- schein ist der Rechtstitel zur Mitarbeiterschaft. Wer mehrere auf seinen Namen lautende Abonnementsscheine aufweisen kann, wird besser behandelt. Er darf mehr oder öfter Platz für sich in Anspruch nehmen. Nichtabonnenten ist der Eintritt verboten. Es ist ein ideales Verhältnis, ein Bild echter häus licher Thäligkeit, die auf die Mithilfe Fremder ganz verzichtet. Diejenigen, die die Zeitungen schreiben, lassen sie auch auf ihre Kosten drucken und besorgen auch das Lesen ganz allein. Dem gefälligen Redakteur, der Siegfried fördert und damit eine aller dings bescheidene Existenz gewinnt, hat sich auch der gefällige Ver leger zugesellt. Es giebt einige, die sich ausschließlich mit dem Verlag und Vertrieb solcher Bücher befassen, deren Druckkosten von den Autoren und zwar reichlich bezahlt werden. Der größte Teil der Summe, die durch den Verkauf einzelner Exemplare erzielt wird, d. h. derjenigen Exemplare, die der Autor selbst für seine Freunde und Ver wandten kauft, fällt auch noch dem Verleger zu. Siegfried und Ge nossen wollen abcrnicht nur schreiben und gedruckt sein, sie wollen auch kritisch gewürdigt werden. Auch dafür ist gesorgt. Es giebt Blättchen, die ausschließlich der Kritik dienen. Ihre Parole ist: Wer abonniert, darf kritisieren. In diesen Blättern kann man lesen, wie Siegfried über das Genie Eugens und wie Eugen über das Genie Siegfrieds denkt und urteilt. Die jungen Herren sind darin wirklich nicht schüchtern oder blöde und sehr gewandt im Abstrcifen von be engenden Vorurteilen. Sie sagen sich: Wenn wir uns nicht loben, wer soll es denn thun? Ihre keck zugreiscnde Naivetät hat das edle Prinzip der Gegenseitigkeit rascher und schöner zur Entwicklung gebracht, als die langjährige Hebung der Alten. Dieser schönen Einteilung ist cs zu danken, daß Siegfried und Genossen schon in jungen Jahren mit zahlreichen »lobenden Zeitungsausschnitten- prunken können, ein Erfolg, der wieder zahlreiche neue Siegfrieds schafft.- Handelskammer zu Leipzig. — Wie bereits gestern er wähnt (Börsenblatt 168), beschäftigte sich die Leipziger Handels kammer in ihrer Sitzung vom 20. Juli mit dem Entwurf des neuen Handelsgesetzbuchs. Ueber diese Beratung entnehmen wir dem -Leipziger Tageblatt-: Von zwei Seiten ist die Anregung hierzu gegeben worden: vom Ministerium des Innern und vom Ausschuß des Deutschen Handelstags. Das erstere wünscht auf Grund einer Verordnung vom 25. Juni die Anschauung der verschiedenen ge werblichen Vereinigungen kennen zu lernen. Da die Beratung des Entwurfs im Bundesrat bereits im Herbst stattfinden soll, wünscht das Ministerium den Bericht bis 1. September. Die Handels kammer ist nicht in der Lage, diesem Wunsche zu entsprechen, und wird auf Vorschlag des Referenten genehmigt, daß sich die Kammer behufs einer Fristverlängerung in Gemeinschaft mit den Schwester kammern an das Ministerium wende und erst späterhin über das Resultat Bericht erstatte. Nach einen: Rundschreiben des Handels- tagsausschusscs soll im Oktober die Beratung des Entwurfs im Plenum stattfinden. Vier Kommissionen sollen je einen der vier Abschnitte des Handelsgesetzbuchs durchberaten. In diese Kom- Lrcmni-icchz'.jgaa Missionen sollen die Handelskammern von Berlin, Frankfurt a. M. und Hamburg je zwei, die übrigen Handelskammern je einen De legierten senden. Der Delegierte von Leipzig soll mit dem von Berlin, Frankfurt a. M, Hamburg und l6 anderen Delegierten der Kom mission für das erste Buch -lieber den Handelsstand- angehöre». Der Verfassungsausschuß ist der Meinung, daß bei der Bedeutung Leipzigs für das Aktienwesen cs wohl erforderlich erscheine, daß ein zweiter Delegierter der Kommission über Buch III -Die Aktiengesellschaften und die Kommanditgesellschaften auf Aktien- angehöre. Der Verfassungs - und Wahlausschuß könne aber noch keine bestimmten Vorschläge machen, da noch gar nicht bestimmt sei, wann die Kommissionen zusammen- trctcn; er bittet, die Angelegenheit der selbständigen Er ledigung dem Ausschüsse zu überlassen. Dies wird einstimmig genehmigt. Der gedruckt vorliegende Bericht des HandelsgesctzgcbungS-Aus- schusses über die Vorschläge der Reichs-Kommission für Arbeiter- Statistik, betreffend die Regelung der Verhältnisse der Angestellten in offenen Ladengeschäften, kam in derselben Sitzung noch zum Vortrag, worüber das angeführte Blatt schreibt: Die Vorschläge in Bezug auf die Arbeitszeit werden in diesem Bericht für unpraktisch und schädlich erklärt, cs müsse in viel umfänglicherer Weise auf das Publikum Rücksicht genommen werden. Die Regelung der Dicnstverträge gehöre ebensowohl wie die Be stimmungen über die Einführung der Konkurrcnzklausel ins Handels gesetzbuch. Die Vorschläge, welche in letzterer Beziehung die Reichs- Kommission gemacht hat, erscheinen dem Ausschuß unzweckmäßig, unzureichend und unausführbar. Angemessener hält der Ausschuß dasjenige, was im Entwurf des Handelsgesetzbuchs vorgesehen ist. Der Ausschuß beantragt daher, das Ministerium zu bitten, im Bundesrat dafür einzutreten, daß für den Fall einer gesetz lichen Regelung der Arbeitszeit im Handelsgewerbe auf die Be dürfnisse des Publikums größere Rücksicht genommen werde, und Teil II und III der Vorschläge (Regelung der Dienstverträge, Kon kurrenzklausel) durch das Handelsgesetzbuch für erledigt zu erklären. Herr Albert Brockhaus weist darauf hin, daß für eine Regelung der Arbeitszeit eine zwingende Notwendigkeit nicht anzuerkennen sei, und daß eine solche Regelung, wenn überhaupt, nur durch das abgeänderte Handelsgesetzbuch stattfinden könne. Im übrigen schloß er sich dem Inhalt des Gutachtens vollkommen an und bat, die Angelegenheit an den Handelsgesetzgebungsausschuß zur selbstän digen Erledigung zurückzuweisen. Dem Antrag wurde einstimmig entsprochen. Gerichtsentscheidung zum Berichtigungsparagraph (8 11) des Preßgesetzes. — Einen interessanten Preßprozeß führten die -Leipziger Neuesten Nachrichten- durch. Im September 1894 hatten sie sich in einem Artikel mit dem unter sozialdemokra tischem Einfluß stehenden Schedewitzer Konsumverein und dessen für Kaufleute und Handwerker aller Art geradezu vernichtenden Thätigkeit beschäftigt. Unterm 27. August 1895, also etwa nach Jahres frist sandte ihnen, wie sie jetzt in der Nr. vom 20. Juli berichten, der Vorstand des Schedewitzer Konsumvereins eine Berichtigung zu, deren Aufnahme sie ablehnten, weil der Berichtigungszwang nach einer so langen Zeit, wie seit Veröffentlichung des Artikels verflossen war, ihnen nicht mehr anwendbar erschien. AlsderRcchtsbeistand des Schedewitzer Konsumvereins auf dem Abdruck der Berichtigung be stand, ließen sie es auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen. Sie wollten diese verhältnismäßig selten vorkommcnde Gelegen heit dazu benutzen, eine prinzipielle Entscheidung über die Frage herbeizuführen, ob eine Zeitung nach Ablauf der für alle Prcßvergehen gesetzlich festgesetzten Verjährungsfrist von 6 Monaten gezwungen ist, eine Berichtigung zu veröffentlichen. Der Berichtigungsparagraph imPreßgesetz bestimmt darüber nichts und so ist es möglich, daß, wenn es z. B. nach zehn oder zwanzig Jahren jemandem einfällt, eine Zeitung zur Berichtigung einer Mitteilung zu nötigen, von der er behauptet, sie sei falsch gewesen, die Zeitung die Berichtigung aufnchmen muß, wenngleich vielleicht keiner der Beteiligten eine Erinnerung von dem wirklichen Thatbestand mehr hat, so daß es demnach auch nicht mehr möglich sein würde, die Berichtigung auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Es wird z. B. 1876 die Nachricht gebracht, Herr L habe gestohlen und sei mit 1 Jahr Gefängnis bestraft worden. Laut 8 11 des Preßgesetzes kann der Herr 1896 von der Zeitung, die diese Nachricht gebracht hat, verlangen, die Meldung sei total falsch gewesen, L. habe nie gestohlen, habe nie gesessen, sei ein Ehrenmann u. s. f. Die Zeitung muß laut Preßgesetz diese Berichtigung aufnehmen, und es ist unter 100 Fällen 99 mal dann nicht einmal mehr mög lich, nachzuweisen, daß die Berichtigung eine freche Entstellung der Wahrheit ist; denn die betreffende Nummer vom Jahre 1876 ist wohl selten noch vorhanden, der Redakteur oder Berichterstatter ist tot oder in Amerika, kurz die Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit liegt vor, daß, weil es für den Bcrichtigungszwang keine Zeit begrenzung giebt, der gröbste Mißbrauch mit ihm getrieben werden 603
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