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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.12.1905
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 19.12.1905
- Sprache
- Deutsch
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11960 Nichtamtlicher Teil. 294. 19. Dezember 1905. Kämpfer für den Ladenpreis, auf dessen Einhaltung er bei seinen Geschäftsfreunden mit Strenge achtete. Sein ehrenwerter Charakter und die Liebenswürdigkeit und sprudelnde Lebhaftigkeit seiner Unterhaltung im geselligen Kreise haben ihm unter den Kollegen zahlreiche Freunde geschaffen, die die Nachricht von seinem un erwarteten Ableben mit Trauer vernehmen und sein Andenken in Ehren halten werden. Woldemar Bernhard Wenck f. — Am 9. d. M. ist in Leipzig der Senior der Lehrerschaft der Universität, der emeritierte ordentliche Honorarprofessor für Geschichte Ur. pbil. Woldemar Wenck im siebenundachtzigsten Jahre aus dem Leben geschieden. 1819 in Leipzig geboren, hat er an der heimischen Universität den Grund zu seinem umfassenden Wissen gelegt und später fünf Jahrzehnte hindurch deren Lehrkörper angehört. Von seinen zahl reichen Schriften seien hier die folgenden genannt: Das fränkische Reich nach dem Vertrag von Verdun (843—861) — Die Erhebung Arnulfs und der Zerfall des Carolingischen Reiches — Der Kampf um Schleswig-Holstein — Lose Blätter und leichte Ware. Gedichte für Stunden heiterer Einsamkeit und banger Freiwilligenprüfung — Deutschland vor 100 Jahren. Teil 1 und 2. — Das große Frankreich und die Deutsche Nation — Die Wittenberger Kapitulation von 1547 — Albertiner und Ernestiner nach der Wittenberger Kapitulation — Kurfürst Moritz und Herzog August — Kurfürst Moritz und die Ernestiner in den Jahren 1551 und 1552 — Des Kurfürsten August Ver wicklungen mit den Ernestinern und dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach beim Antritt der Regierung. Professor Wenck war ein treuer Freund des Börsen vereins der Deutschen Buchhändler und in jüngern Jahren ein ständiger, willkommener Gast beim festlichen Kantate mahl im damaligen Schützenhause, dem jetzigen Krystall- palast. Aus einem der oben angeführten Titel geht schon hervor, daß der gelehrte Mann neben seiner ernsten Berufsarbeit gelegentlich auch der heitern Muse der Dichtkunst huldigte. Diese war ihm sogar in bemerkenswertem Grade hold und begeisterte ihn zu muntern, leicht fließenden, gedankenreichen Versen, die er als immer mit stürmischem Beifall begrüßter Kantate-Redner, der Eingebung des Augenblicks gehorchend, gewisser maßen aus dem Ärmel zu schütteln wußte. Mehrere dieser lustigen Knittelvers-Vorträge sind auch im Börsenblatt zu weiterer Kenntnis gebracht worden. Es sei uns erlaubt, einen davon, den aus dem Jahre 1884, hier im Wortlaut in Erinnerung zu bringen: Als einst vor dem römischen König Tarquin 'ne Literatin in reiferen Jahren erschien, Ihm ein Manuskript zur Verfügung zu stellen, Das Sensationellste des Sensationellen, Darinnen Roms künft'ge Geschichte traktiert war, (Also Mommsen komplett — wo noch gar nichts passiert war!) Nun da wünschte Tarquin (und wer mag's ihm verweisen?) Nicht so auf den Zopf ohne weitres zu beißen! -Die Idee sei ganz nett, doch der Handel zu teuer!« Wupp, warf die Sibylle den Codex ins Feuer, Und hat dann, nur noch für 'nen schäbigen Rest, Den Preis, der fürs Ganze gegolten, erpreßt. — O daß diese Historie vom alten Tarquine Jedem jungen Verleger zum Beispiele diene, Daß er gern, was der Schriftsteller fordert und beut, Oum gratis, gut heißt, so lang' es noch Zeit, Um durch Schriftsteller-Bosheit in ähnlichen Schaden, Wie der alte Tarquinius, nicht auch zu geraten! Aber neben dem Schriftstellertum und Verlage Kommt ein drittes Wesen für mich jetzt in Frage! Verleger und Autor erbebt, wenn er's nennt, — Und was wären sie doch, von dem Wesen getrennt?! — Ein Wesen, wie zeichn' ich's in rechter Gestalt? — Vielköpfig und kopflos, — jung ewig und alt, — Bewußtlos und selbstbewußt, — Knecht und Tyrann, Jetzt Bannstrahle schleudernd, jetzt selber im Bann, — Ein Wesen, — doch fern sei's, mit Rätseln, mit schweren, Ihr beschaulich verdauliches Dasein zu stören; Aber manch eine Gabel, die schon mit Behagen Leckre Speise zum Mund im Begriff war zu tragen, Fährt krampfhaft zurück, wie durch Zaubergewalt, Und, hält' er den Hut auf, wer würd' ihn nicht ziehen, Denn, als Sachse riskier' ich die Äußerung zu wagen: 's is 'n Wesen, zu dem muß mer -Heernse- sagen! Seit der Zeit, wo Homeren die Muse sich nahte, Bis zum gegenwärtigen Sonntag Kantate, Seit der Zeit, wo kein Dichter das Schreiben verstanden, Bis daß jetzt fast vor Schreibern kein Dichter vorhanden, Ruht das Wesen, gestreckt über Länder und Zonen, Konsument von den riesigsten Dimensionen, Und Verleger und Autor umsteh'n und beschau'n Und belauschen in Andacht sein großes Verdau'n! Ein paar unsaubern Späßen und ähnlichem Kraut Der Herr Publikus ganze Jahrzehnte gekaut! Da hat doch Gewißheit dem Autor gelacht: -Gch'n so wir zu Werk', wird das Werk dann auch gehen!« Jetzt aber, — o über den Wechsel, den wüsten, Von Indigestion und von hundert Gelüsten, Ein neues Jdeechen, ein neues Geschmäckchen, Eine plötzlich empfundene, brennende Frage, Ein dringend gefühltes Bedürfnis zutage; Rasch fass' es, sonst schnappt ein Kollege gar keck Dir Frage, Idee und Bedürfnis hinweg! — Ach und wie, wenn nun jemals die Stunde erschiene, Wo es: Stopp! hieß' in der Verdauungsmaschine, Wo der Publikus, überfütterungsschwer, Streik machend, erklärte: Jetzt kann ich nicht mehr!? Aber nein, so Entsetzlichem Abwehr zu leisten, Hat der Buchhandel doch noch die Mittel in Fäusten! Noch hält, was die Eßlust am Leben hält, Stich: Reklamen, so unter wie über dem Strich, Plakate, die nicht mit Verheißungen geizen, Kunstbeilagen von unermeßlichen Reizen, Aussendung von Lief'rungen gratis, als Proben, Der kauft sich dies Buch an! Nun? — kaufst Dir es Du? Den Bestellzettel legten bereits wir dazu! — Ach und immer, bestrickt von Grazien und Musen, Stürzt der Publikus wieder an Buchhandels Busen, — O fiel, wie sie so in die Arme sich laufen, Doch dazwischen die Leihbibliothek übern Haufen! — Und so bring' ich's, im Glanze des Buchhandelsfestes, Auf des Publikus hohe Gesundheit und Bestes, Oder besser: ich bring's bei Buchhandels Schmaus Auf einen gesunden Herrn Publikus aus: Gesund an Appetit, so daß an dem Tische Des Buchhandels gern er sich stärk' und erfrische. Und gesund mag des Gaumens Indizium sein, Daß er distinguiert zwischen Essig und Wein! Und was er genießt, mag er wacker vertragen, Daß nicht Schwächezustand und Bleichsucht ihn plagen, Daß kein Nervenleiden ihn peinige, — und Auch der nervus rsrum sei stets ihm gesund! Aber halt da! — mit Schrecken bedenk' ich anitzt. Daß mein Publikum hier doch auch Nerven besitzt, Die verlangen nach Schonung, nach Ruhe, — ich strebe Zum Schluß, — der gesunde Herr Publikus lebe!
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