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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.11.1905
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- Erscheinungsdatum
- 16.11.1905
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- Deutsch
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267, 16. November 1908. Fertige Bücher. 10699 A Vor kurzem ist erschienen: Roman von Anna Behnisch-Kappstein. Ein starker Band. Geheftet 4 Mark. Gebunden 5 Mark. Rudolf Herzog sagt in einem Feuilleton in den „Berliner Neuesten Nachrichten:" „Unter den unzähligen Veröffentlichungen, die die Unterschrift einer Schriftstellerin tragen — eine Spezies, mit der die Natur (?) in letzten Jahren besonders verschwenderisch umgegangen — steht Anna Behnisch-Kappsteins Roman „Freie Bahn" wie eine einsame Prinzessin. Was wenige Bücher der genannten Herkunft ertragen: an diese einsame Prinzessin darf man ruhig näher herantreten, so nahe, bis man durch ihre reinen Lände das Blut durchschimmern sieht, und man verliert nicht die Empfindung': das ist altes Adelsblut, so alt, wie es je einen Adel deutschen Frauentums gegeben hat . . . Seit der Zeit, daß die Lofierung der Frauenbewegung in gewissen Kreisen, die die Frauenbewegung übrigens garnichts angeht, begonnen hat, zum don ton zu gehören und damit tausenden von Gänschen und Dirnchen ein Freibrief ausgestellt wurde, durch extravagantes Leben, Erleben und Erlebt werden den guten Kern der Sache zu gefährden, seit jener Zeit nimmt man Gedicht- und Romanbücher'«, die von einer Frau ge schrieben sind, in vielen Fällen am liebsten als Äerrenlektüre in die Land. Ein Mann, ein Schriftsteller, und pfiffe er noch so sehr aufs Philistertum, würde nie den schlechten Geschmack haben, Dinge in Worte zu fassen, die, bei Namen gerufen, sich aus Fürsten in Schweinejungen verwandeln müssen. Eine losgelassene Frau aber springt so vergnügt in der Pfütze herum, als hätte sie eine Heldentat und nicht eine Gemeinheit begangen. Ihr genügt der Applaus ihres „freigewordenen" Kreises, in dem Männlein und Weiblein sich vorlügen, die Venug vulxivL^a. sei unter die Musen versetzt worden. Der Schaden, den diese Heldinnen der Feder anrichten, ist größer als man denkt. Starke Charaktere werden Zeit ihres Lebens tun was sie wollen, und sie werden das für sie richtige tun. Unerfahrene Gemüter aber nehmen den bunten Schein für das heutige Sein, lassen sich ver giften, als ließen sie sich stichmatisieren, und tragen den Krebs im Blut, wo sie glauben, sie hätten den Gott empfangen. Gegen diese verehrten Mitglieder der Frauenbewegung und ihre — männlichen Freunde anzugehen, ist keine so einfache Sache. Nicht, daß man ein zerkratztes Gesicht oder eine Säbelspitze riskierte. Schlimmeres, das schlimmste, das allerschlimmste, bricht über den Verwegenen herein: er wird — Leser, erschauere bis ins tiefste Mark! — er wird für unmodern erklärt! Und unmodern ist unanständig in der yuten Gesellschaft. Man ist rückständig mit seinem unan ständigen Reinlichkeitsgefübl. Und morgen schon ist man ein Idiot. . . . Tritt jedoch eine Frau gegen ihre Mitschwestern auf, so gehört dazu ein direkt bewundernswerter Mut. Anna Behnisch-Kappstein hat diesen Mut. Und sie hat mehr. Sie hat das Talent, diesen Mut in einen Roman umzuwandeln, der rein als solcher betrachtet eine erste Note verdient. Er ist mit künstlerischem Stilgefühl geschrieben, bringt scharfgezeichnete Charaktere, darunter einige, wie sie selten von einer Frau so ein dringlich gesehen wurden, und enthält neben realistischer Darstellung Stellen inniger Poesie. Die poetische Kraft der Autorin hat es zu Wege gebracht, daß die Lektüre dieses Buches, das fast durch- weg unsympathische Figuren enthält, dennoch in tiefen, vollen Glockentönen im Leser weiterklingt. Denn man verspürt: reine Frauenaugen schauten in das nächtliche Gewimmel, das eine feste Hand auf das Papier bannte. So wurde der Roman nicht ein Buch der Sensation, wie es die Weibchen des Schrifttums er streben, sondern ein Buch der Erziehung, von einer Frau ge- Ich bitte zu verlangen. Dresden, im November 1905. schrieben, die" stolz darauf ist, in erster Linie — Frau zu sein! — Die Handlung spielt in Berlin, in den Kreisen junger Dichter und Künstler, Dichterinnen und Künstlerinnen, wie sie die Kabaretts bevölkern und jene „Gemeinschaften", die wenig mehr gemein haben als die Sinnlichkeit. Ein paar junge Potsdamer Mädchen geraten in diesen Kreis, und während das eine den Gott zu sehen glaubt, entdeckt das andere schnell das Pferdefüßchen. Das ältere stirbt an der zertrümmerten Illusion, das andere zahlt das Ein trittsgeld, assimiliert sich und zwingt skrupellos einen reichen Cour macher zur Ehe. Der Wert des Romans steckt nicht in diesen Vorgängen, er steckt in den Nebenhandlungen, in den Episoden, in den feinen Schilderungen seelischer Regungen und der schlichten, ernsten Beleuchtung der Frauenbewegung, „die für die Masse doch immer die Brotfrage und nicht die Emanzipation vom Manne bedeutet, für die die eifrigsten Prophetinnen des neuen Evangeliums sie ausgeben". Ick) möchte, daß das Buch in die Lände der Vielen käme, die sich anschicken, als junge Künstlerinnen, als erwerbende Frauen in die Welt zu gehen." „Ein Tendenzroman, und doch wieder kein Roman, in dem die Tendenz der Selbstzweck der Arbeit ist. Ein Werk, in dem sich Wahrheitliches und Dichterisches eng vereinen, ohne daß die Wahrhaftigkeit die reiche Form, der poetische Gehalt die Lebens reproduktion tötet. Es steckt ein Reichtum in diesem Buch, der verblüffend wirkt und in dem Nahmen einer knappen Kritik kaum zu katalogisieren ist: und es steckt eine Kraft darin, die absolut nichts Frauliches hat, nichts Schmiegsames und wenig Reflektierendes, dafür aber eine Fülle von rücksichtsloser Standhaftigkeit und lauterer Freude am eigenen Weg. Der führt Anna Behnisch- Kappstein bewußt abseits von der neuen Frauenbewegung und ihren Mächlerinnen, wenn auch natürlich nicht etwa in die Kreise der Lantenhaften Reaktion. In der Mitte liegt das goldene Feld der Arbeit, das der tüchtige Mensch — also ebenso die Frau, wie der Mann — beackern soll." Breslauer Zeitung. „Solche Romane haben wir heute leider zu wenig, ihre Ge sundheit und Gradheit tut uns mehr als irgend etwas not". Deutsche Tageszeitung. „So endet, mit einer pathetischen Note, eine Geschichte, die fein erdacht und mit einer Würde durchgeführt ist, wie sie nicht zu oft in Erzählungen vorkommt, die das moderne Künstlerleben behandeln. Alle, die sich für die Frauenfrage interessieren, werden gut daran tun, sie zu lesen als eine gedankenreiche und verständige Darlegung des gegenwärtigen Standes der Dinge; und wieder Leser, die spannende Erzählungen voll Leben, Farbe und Handlung verlangen, werden sie ungewöhnlich fesselnd finden vom Anfang bis zum Ende". Westminster Gazette. „Der Roman ist ein Beweis dafür, wie wertvoll es ist, wenn eine Frau von Geist die Geheimnisse und tiefsten Strömungen der weiblichen Psyche zu ergründen bestrebt ist; auf diesem Gebiet wird die Arbeit der Frau stets eine wertvolle, ja notwendige Er gänzung der Arbeit des Mannes sein." Schwäbischer Merkur. „Liebe, Künstlertum und Frauenfrage. Ich wüßte kein Buch der neuesten Literatur, in dem dieses irrlichternde Dreigestirn so meisterhaft behandelt wäre, wie in diesem Zeitbilde." P. K. Rosegger im „Heimgarten". Carl Rechner. 1412'
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