Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.10.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 06.10.1905
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19051006
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190510063
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19051006
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1905
- Monat1905-10
- Tag1905-10-06
- Monat1905-10
- Jahr1905
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^IL 233, S. Oktober 1905. Nichtamtlicher Teil. 8893 liche Summe von achtmalhunderttausend Mark gezahlt hatten. Manche der Übersetzungen aus dem Deutschen in dieser Sammlung hatte Herr Bahn selbst besorgt. Er war ein Freund der Literatur nicht allein; sein Landhaus in Twickenham — am idyllischen Themseufer, wo einst Pope gewohnt hatte und sich manche Reminiszenzen aus der Blütezeit des englischen Geisteslebens erhalten haben — mar eine Schatzkammer seltener Kunstwerke aller Art, der Sammel punkt vieler hervorragenden Leute. In diesem Heim lebte der Herr des Hauses, getreu dem alten Grundsätze: mens ssva in eorporo Sana. Die Beine waren bei ihm offenbar nicht minder rege als der Geist: tanzte doch der alte Herr trotz seiner fünfundachtzig noch munter die Quadrille! Im Jahre 1884 — fast neunzig Jahre alt — starb Bahn. Ihn habe ich nicht mehr gekannt; aber seinem großen Schüler bin ich ein paarmal begegnet. Das war Bernard Quaritch, der, als er Bohn verließ, bei dem er gern Teil haber geworden wäre, seinem Lehrherrn eine kleine Ansprache hielt. -Herr Bahn,, sagte er, »Sie sind der erste Buch händler in England. Ich werde der erste Buchhändler der Welt werden.« Und er ist es geworden; Leute, die so reden, pflegen ihr Wort zu halten. Der junge Mann mit dem schwer aussprechlichen Namen, der von irgend einem kleinen preußischen Dorfe nach London verschlagen worden war, dort -sein Glück zu machen-, hatte einen Kopf, hinter dessen breiter Stirn Mut und Energie wie zwei Riesen saßen. In einem Gäßchen hinter Leicestec Square machte er einen Laden aus. Ein Freund will wissen, daß er da selbst im Anfang nicht nur alte Bücher, sondern auch alte Kleider feilgehalten habe. »Die alten Hosen», so soll er später mit verschmitztem Lächeln erzählt haben, »Hab ich zuerst verkauft.» . . . Wie dem auch sei, er wurde der erste Buchhändler der Welt. Sein Antiquariat umfaßt die kostbarsten Frühdrucke, die seltensten Bücher und Handschriften. Jahrzehnte hin durch beherrschte der Name Quaritch die großen Bllcher- auktionen in London. Den Wert seines Lagers mag er selbst zu bemessen kaum jederzeit imstande gewesen sein. Ich erinnere mich, einmal eine Anzeige von ihm gelesen zu haben — eine Seite in dem Gelehrtenblatte »Athenaeum» —, bei der die erste Nummer gleich mit fünftausend Pfund Sterling anhub, dann kamen Exemplare zu tausend, zu fünfhundert Pfund usw. Bei allen großen Bibliotheken, die in den letzten 50 Jahren in England gebildet oder bereichert wurden, hat Quaritch mitgeholfen; sein Lagerkatalog, der zwölf dicke Bände umfaßt, hat einen Ehrenplatz auf den Regalen des British Museum. Bei alledem war dieser Mann, der mit gutem Recht Vertrauen und Freundschaft der Gelehrten und Bibliophilen aller Länder genoß, selbst kein sonderlicher Bücherfreund. Es wird behauptet, er kannte von den Büchern meist nicht mehr als ihre Titel und hatte für Wissenschaft und Literatur kein tieferes Interesse als ein geschäftliches. All sein Denken sammelte sich auf seinen Laden, der, so unscheinbar er dem flüchtigen Passanten in Piccadilly erscheinen mag, solch reiche Kammer seltner Schätze bildet Hier schaffte er unermüdlich, ohne Erholung und ohne Ferien; wie Rauch hätte er sagen dürfen: »Meine Werkstatt — meine Heimat«. Eine Erscheinung von ganz anderm Schlage war da gegen jener schlankgewachsene Mann mit dem Stempel innerer Vornehmheit unverkennbar auf der Stirn, dessen Laden beständig der Sammelplatz gelehrter Männer gewesen ist Das war Nicolas Trübner, der Sproß einer altberllhmten Patrizier- und Buchhändlerfamilie, unfern Straßburger Lesern aus gutem Grunde wohlbekannt. Auf der Messe in Frank furt war der junge Trübner sin den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts) dem Ches des großen Verlegerhauses Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 72. Jahrgang. Longmans durch seine Intelligenz ausgefallen, so daß er ihn als Korrespondenten für das Londoner Haus engagierte. In seinen Freistunden widmete sich Trübner orientalischen Studien; mit scharfem Blick hatte ec bald erkannt, daß London, die Beherrscherin und der Mittelpunkt asiatischer Reiche, der geeignete Platz sei für einen Verleger von orien talischen Werken. So gründete er seinen Verlag, dem der gelehrte Besitzer, der im Sanskrit so gut Bescheid wußte wie die Professoren, die bei ihm ein- und ausgingen, Jahr zehnte hindurch Seele und Triebfeder war. Sprach doch Louis Blanc nur aus, was viele dachten: »Irirbvsr sst un» bouako ä'or.» Noch heute, da ihn seit mehr als zwanzig Jahren der Rasen deckt, werden alte Buchhändler und Ge lehrte, die er seiner Freundschaft würdig befunden hatte, warm, wenn sie von dem trefflichen Manne erzählen. Gegen Ausgang der achtziger Jahre stand sein Laden noch, wo er das Geschäft zuerst gegründet hatte, aus der Südseite von Ludgate Hill, in unmittelbarer Nachbarschaft der altberühmten Buchhändlerstraße Londons: Paternoster Row Trübner in gewissem Grade geistesverwandt war Sydney Williams, der, ein geborener Engländer, doch deutsches Wesen in sich ausgenommen hatte, so daß er in hervorragender Weise geeignet war, in London der Ver mittler deutschen Denkens zu werden. Kaum drei Jahre alt, war er mit den Eltern nach Hamburg gezogen, wo der Vater am Johanneum englischen Sprachunterricht erteilte. Die dort verlebten Jugendjahre drückten, so wird berichtet, seinem Bildungsgang und seiner Geschäftsführung ein besonders tiefes Gepräge auf. Freudig und dankbar gedachte er noch oft im Alter der Eindrücke, die er als Knabe und Jüngling in Hamburg in sich ausgenommen hatte. So war er der rechte Mann, die von ihm in Gemeinschaft mit einem Freunde übernommene deutsche Buchhandlung zu hohem Aufschwung zu bringen. Seit sechzig Jahren steht dieses Haus — noch immer an dem nämlichen Platze in Henrietta Street — in Blüte, ebenso bedeutend durch seinen philosophischen und theologischen Verlag (Herbert Spencer, -The Hibbert Journal» u. a.) wie durch sein Sortiment. In letzterem nimmt insbesondere die Pflege hervorragender Erzeugnisse des Kunstverlags eine führende Stelle ein. Kamen zu Trübner in dessen alten Tagen die Orientalisten, so fanden und finden sich noch heute bei Williams L Norgate die Philosophen, Theologen und Kunstfreunde ein. Der Zufall, wenn nicht gar eine logische Wendung des Geschicks, hat es gefügt, daß heute neben dem Sohn jenes Sydney Williams, der bis in sein letztes Lebensjahr mit besondrer Teilnahme die Vorgänge im ham- burgischen Freistaat verfolgt hatte, ein Deutscher als Ge schäftsteilhaber wirkt dessen Name wieder — Karl Cuctius — Erinnerungen an den Patrizier- und Gelehrtenruhm einer hanseatischen Schwesterstadt wachruft Einem ähnlichen Gebiet wie Williams and Norgate widmet sich David Nult, auch die Gründung eines englischen Buch händlers und doch seit vielen Jahrzehnten eine der Festen des deutschen Buchhandels im Auslande Es scheint das Vorrecht der Buchhändler zu sein, daß, wenn auch kauf männisch ihr Getriebe innerhalb bestimmter Grenzen sein muß, ihre Leiter Individualitäten sind. Solch ein Mann von scharf ausgeprägten Gaben soll auch Mr. Nutt gewesen sein, von dem man sich erzählt, daß er mehr als einem der ersten Londoner Verlagshäuser die besten Ideen zugesteckt habe. Wie dem auch sei, der wissenschaftliche Geist des Hauses bewährt sich in vielen bedeutenden Veröffent lichungen, und für den kaufmännischen zeugt, daß seit Jahrzehnten eben David Nutt die Hochschule junger deutscher Buchhändler gewesen ist. In allen großen Städten des Reichs sind sie heute zu finden, als Leiter ll?8
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder