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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.03.1905
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- Erscheinungsdatum
- 24.03.1905
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- Deutsch
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2870 Nichtamtlicher Teil. ost SS, 24. März 1905. Russische Verleger und Autoreuhonorare. Zu den im vorjährigen Börsenblatt Nr. 277 enthaltenen Mitteilungen über Autorenhonorare in Rußland möchte ich, als ehemaliger russischer Verlagsbuchhändler, noch einiges hinzufügen und mich bei dieser Gelegenheit auch über die Anfänge des russischen Verlagsbuchhandels äußern. Vor dem Beginn des vergangenen Jahrhunderts konnte in Rußland von einem Verlagsbuchhandel kaum die Rede sein. Abgesehen von N. I. Nowikow, der im achtzehnten Jahrhundert unter Kaiserin Katharina II. eine fruchtbare Tätigkeit aus diesem Felde entwickelte (stehe Börsenblatt 1904, Nr. 87 u. 88), aber eine ziemlich vereinzelte Erscheinung blieb, gab es in Rußland bis zu der Zeit, als die Familie Glasunow und der alte Smirdin in St. Petersburg ihre Tätigkeit begannen, fast gar keine professionellen Ver leger, und das kam hauptsächlich daher, weil damals die wenigen Dichter und Schriftsteller den höhern, wohlhabenden Gesellschaftskreisen angehörten, ihre Geistesprodukte aus eigne Rechnung drucken ließen und sie dann den Buchhändlern zum Vertrieb überließen. Wissenschaftliche Werke wurden meistens von der Akademie der Wissenschaft, den Gelehrten Gesellschaften und Universitäten herausgegeben. Das Ver lagsgeschäft war damals ein viel zu riskantes Gewerbe, als daß sich jemand damit befassen mochte. Der Bedarf an Büchern war so gering, daß man in jedem andern Handels zweig leichter fortkommen und auf sichrem Gewinn rechnen konnte. Als die eigentlichen Begründer des russischen Bllcher- verlags müssen daher die Glasunows und A. Smirdin be zeichnet werden. Dieser sowohl wie auch jene entwickelten eine fruchtbare Tätigkeit und erzielten schöne Erfolge. Iwan Glasunow fing schon 1790 an zu verlegen; 1803 gründete er eine Buchdruckerei, wurde Kommissionär der Moskauer Universität und der Akademie der Wissen schaften und verlegte während seiner vierzigjährigen Tätig keit etwa 41 belletristische und 37 historische Werke. Sein Sohn Jlja gab eine Militärbibliothek in acht Bänden und Puschkins Jewgenij Onjägin in 3000 Exemplaren heraus, die er in einer einzigen Woche verkaufte und für die er ein Honorar von 5000 Rubel Banko (das waren damals etwa 1480 Rubel Silber) bezahlt hatte. Später erwarb er auch für 37 500 Rubel Banko (gleich 10 715 Rubel Silber) das Verlagsrecht für eine 5000 Exemplare starke Auflage von Puschkins hinterlassenen Werken, zu deren Absatz er zehn Jahre brauchte. In den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde Glasunow Kommissionär des Ministeriums der Volksausklärung. 'Er verlegte nun hauptsächlich Schulbücher, die ihm ein großes Vermögen einbrachten. Sein ganzer Verlag bestand aus 96 Werken. Sein Sohn Iwan setzte des Vaters und Großvaters Verlagstätigkeit fort. Bis zum hundertjährigen Jubiläum seiner Firma — das Sortimentsgeschäft war schon 1782 in Moskau gegründet worden — hatte er 205 Werke verlegt, von denen die Hälfte Schulbücher waren. Er gab auch die Werke von Kantemir, Vonwistn, W. Maikow, Lukin, Jeltschaninow, Lermantow und Shukowskij heraus und er warb das Verlagsrecht der Werke von Iwan Turgenjew, Gontscharow und Ostrowskij. Iwan Glasunow war von 1881 bis 1885 Bürgermeister von St. Petersburg und erhielt beim hundertjährigen Jubiläum seiner Firma den Rang eines wirklichen Staatsrats mit dem Prädikat Exzellenz. Von A. Smirdins Laufbahn läßt sich leider weit weniger Gutes berichten. Er begann sein Geschäft 1825 unter günstigen Auspizien; mit den damaligen Koryphäen der russischen Schriftstellerwelt, Shukowskij, Puschkin, Krylow und andern stand er sich gut. Im Jahre 1834 gründete er die »Lesebibliothek», eine der Pariser Libliotbequs Ilni- vorssllo nachgebildete Monatsschrift, mit der im russischen Zeitschristenwesen eine neue Aera beginnen sollte. Man wollte ein enzyklopädisches Journal schaffen, das alle übrigen russischen Zeitschriften überflüssig machen sollte. Als Redakteure wurden N. Gretsch und I. Krylow, zwei sehr bekannte Namen, genannt; aber der eigentliche Leiter war Joseph Senkowskij, ein ehemaliger Professor der orientalischen Sprachen an der St. Petersburger Universität und als talentvoller Belletrist, Kritiker und Journalist unter dem Pseudonym Baron Brambäus bekannt. Mit dieser Zeit schrift, die zu ihren Mitarbeitern alle damals vorhandenen literarischen Kräfte zählte, machte Smirdin anfangs glänzende Geschäfte, denn die Zahl der Abonnenten stieg bis aus 7000, und das war für jene Zeit ein unerhörter Erfolg. Seit 1838 gab Smirdin auch den -Sohn des Vaterlands» unter der Redaktion von Polewoj und Gretsch heraus, und gegen Ende der vierziger Jahre begann er mit der Herausgabe seiner »Vollständigen Sammlung von Werken russischer Autoren». Diese fand zuerst großen Absatz, der aber bald nachließ. Während seiner Blütezeit spielte Smirdin als Buch händler und Verleger die erste Rolle in Rußland; er machte die besten Geschäfte und zahlte die höchsten Honorare. Puschkin, der beständig in Geldverlegenheit war, konnte bei Smirdin jederzeit Vorschüsse bekommen, und wenn er ihm dann mit Dichtungen einen Teil seiner Schuld ab trug, so berechnete ihm Smirdin die Verszeile mit einem Dukaten. Für den einmaligen Abdruck des Gedichts »Der Husar» (116 Zeilen) in der »Lcsebibliothek» erhielt Puschkin 1200 Rubel. Smirdins Nneigennützigkeit und Vertrauens seligkeit waren die Hauptursachen seiner schließlichen Ver armung, die ihn zwang, sein Geschäft gänzlich aufzugeben. Daß ihn manche Schriftsteller gründlich ausgebeutet hatten, ist zweifellos. Als ich ihn 1854 kennen lernte, war er, obwohl noch nicht sechzig Jahre alt, eine vollständige Ruine und zeitweise unzurechnungsfähig. Er starb 1857. Der Katalog seiner großen Leihbibliothek ist noch jetzt ein sehr geschätztes bibliographisches Hilfsmittel, wird antiquarisch gesucht und teuer bezahlt. Im Jahre 1854 trat ich als Teilhaber in die Firma A. Smirdin (Sohn) <L Co. ein, und damit begann meine Laufbahn als selbständiger russischer Vertagsbuchhändler — vorher hatte ich nur einige Jugendschristen, Bilderbücher, Zeichenvorlagen und Bilderbogen herausgegeben. Damals zahlten die großen Zeitschriften an die russischen belletristi schen Schriftsteller mindestens 40 bis 50 Rubel für den Großoktav-Druckbogen; beliebte und berühmte Autoren er hielten natürlich weit mehr, und Iwan Turgenjew soll sogar 500 Rubel für den Bogen erhalten haben. Pissemskij bekam für seine »Tausend Seelen-, die zuerst in der Zeit schrift Otetschestwennyja Sapiski erschienen, von Krajewskij 10 000 Rubel, wobei sich der Verfasser das Recht vorbehielt, später eine Buchausgabe dieses Romans zu veranstalten. Ein bekannter russischer Verleger erzählte mir, daß er nach dem Erscheinen von Leo Tolstojs »Anna Karenina- im Rußkij Wjestnik beim Verfasser angefragt habe, wieviel er für eine Buchausgabe dieses Romans verlange. Nach dem Empfange einer Forderung von 25 000 Rubel gab der Ver leger den Plan, diesen Roman herauszugeben, auf. Für Übersetzungen belletristischer Werke aus fremden Sprachen zahlte man in der Mitte des vorigen Jahrhunderts ge wöhnlich 10 bis 15 Rubel für den Großoktav - Druck bogen; Übersetzungen wissenschaftlicher Arbeiten und Kompilationen wurden mit 25 bis 30 Rubel honoriert. Das waren die Durchschnittspreise der anständigen Zeit schriften und Verleger; daneben gab es damals — und gibt es auch jetzt noch — eine Menge Leute, die, die Notlage
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