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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.05.1900
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- 1900-05-28
- Erscheinungsdatum
- 28.05.1900
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4084 Nichtamtlicher Teil. 121, 28. Mai 1900. Reichstag vorgelegten Entwurf würde ich als Ganzem im wesent lichen durchaus zugestimmt haben, denn die Tendenz der in dem selben gegebenen Bestimmungen war meines Erachtens eine durch aus richtige. Eine Reihe insbesondere im Leben der Großstadt her vortretender bedenklicher Erscheinungen macht eine Aendcrung und Ergänzung des Strafgesetzes zweifellos notwendig, und der Entwurf suchte diesem Bedürfnis in zutreffender Weise zu ent sprechen. Im Verlauf der parlamentarischen Behandlung des Entwurfs sind nun aber Bestimmungen in denselben gelangt, beziehungsweise in den Vordergrund getreten, die mir an sich zwar nicht gefährlich erscheinen, die aber bedenklich werden im Zusammenhang mit einer besonderen Erscheinung: der in weiten Kreisen unseres Volkes hervortretenden Erschütterung des Ver trauens in unsere Rechtspflege. Wie unsere (der Strafrechtslehrer) Erklärung besagt, sind wir der Ansicht, daß diese Erscheinung eine Folge ist der unklaren und mangelhaften Fassung verschiedener heute in Geltung befindlicher Strafbestimmungen. Die unklare Fassung einer gesetzlichen Vorschrift hat eben stets die bedauerliche, aber begreifliche Wirkung, daß das Mißtrauen und die Klagen, die sich gerechterweise nur gegen das Gesetz und seine Urheber richten müßten, sich insbesondere auch gegen die Richter wenden, die zur Auslegung und Anwendung des Gesetzes berufen sind. Das Vertrauen des Volkes in seine Gesetzgebung und Rechtsprechung ist nun aber für den Bestand und die Entwickelung der Lebens verhältnisse eines Volkes ein so notwendiges Gut, daß es mir gesetzgebungspolitisch unrichtig erscheint, Bestimmungen zum Gesetz werden zu lassen, die ihrer Fassung nach geeignet er scheinen, eine Wiedererstarkung des Vertrauens in unsere Rechts pflege in irgend einer Weise zu hemmen. Und auch die Ueber- eugung, daß ein Strafgesetz höchst wahrscheinlich überhaupt ehr selten . . . zur Anwendung gelangen werde, tilgt keines wegs jene Bedenken. Denn einmal kann ein Strafgesetz allein durch die Thatsache seines Bestehens ungünstig wirken, indem es, gerechtfertigter- oder ungerechtfertigtcrweisc Märtyrer gefühle erzeugt, und zum anderen kann ein Strafgesetz auch gerade durch Nichtanwendung nachteilige Wirkungen Hervor rufen in der Weise, daß diejenigen, die der Anschauung sind, eine bestimmte Handlung — z. B. die Ausstellung eines be stimmten Kunstwerkes — falle unter das Gesetz, ihrerseits miß trauisch gegen die Rechtsprechung werden, wenn der Richter pflichtgemäß die Anwendung der betreffenden Strafbestimmung ablehnt. Aus allen diesen Erwägungen halte ich es für wünschens wert, daß der als -I-sx Heinze- bekannte Entwurf nicht Gesetz wird. Wenn nun aber dieser Gesetzentwurf im Reichstag oder im Bundesrat zur Ablehnung gelangt, so müssen wir uns der Notwendigkeit bewußt sein, daß dann in anderer Weise der Kampf gegen die Erscheinungen, gegen die sich der Entwurf ursprünglich richtete, eröffnet und durchgeführt werden muß. Eine wirksame Abhilfe gegen jene Schäden wird meines Erachtens gebracht werden können und müssen: einmal durch eine Revision unserer gesamten Strafgesetzgebung in der Richtung auf eine klarere Erfassung und eine edlere und ge rechtere Verwertung schutzwürdiger Interessen überhaupt, wie insbesondere auf eine zweckmäßigere Gestaltung unserer Straf mittel und ihres Vollzuges; zum anderen durch eine intensive und warmherzige erzieherische Thätigkeit in Familie, Kirche und Schule, die dem richtungweisenden Grundgedanken folgt, daß die erhaltende wie die vorwärtstreibende Kraft im Leben der Völker am allersichersten in der immer weiteren und immer wirksameren Verbreitung sittlicher Grundsätze wurzelt.» Versteigerung der Bibliothek Tessier. — Ein sehr bedeutender Pariser Kunstsammler versicherte uns letzthin, daß München als Kunstmarkt in Deutschland nun den ersten Platz er obert habe, den dritten in ganz Europa, also gleich nach Paris und London genannt werden müsse. Die soeben zu Ende gegangene Auktion der Bibliothek Tessier, die unter der umsichtigen Leitung des Antiquars Herrn Jacques Rosenthal stattsand, bewies uns, daß sich München auch als Markt für litterarische Schätze die erste Stelle in Deutschland erstritten hat. Der Verkauf der Tessier- Sammlung war allerdings für Sammler seltener Bücher geradezu ein Ereignis. Die Amateure fast der ganzen gebildeten Welt haben sich teils direkt, teils indirekt daran beteiligt. Es waren Herren aus Berlin, Wien, dem Haag, London, Paris, Florenz u. s. w. nach München geeilt, um sich gewisser, ihnen begehrenswert er schienener Nummern zu versichern. Zahlreiche Aufträge lagen auch aus Amerika vor. Deshalb ist es nicht zu verwundern, daß sich um manches kostbare Stück ein harter, interessanter Kampf ent spann. Sehr erstaunlich aber war es, daß außer der großherzog lichen Hof- und Landesbibliothek in Karlsruhe keine einzige deutsche Bibliothek und kein deutsches Museum vertreten war; ja selbst die Münchener Anstalten fehlten ganz. Und doch wäre unter den nahezu 1000 Nummern mit etwa 80 kostbaren Manuskripten und über 200 Inkunabeln gewiß so manches Stück gewesen, das in unse ren deutschen Bibliotheken empfindliche Lücken ausgefüllt hätte. Zu unserem Schmerz müssen wir deshalb wieder die kostbarsten Stücke nach Frankreich und England wandern sehen. Wir wollen nun einige erzielte Preise hier anfügen. Die Nr. 6, eine Regel des Augustiner-Ordens auf Pergament geschrieben, ging für 455 ^ nach Paris; — Nr. 21, ein Tableau, »Ablässe für den Karmeliter-Orden-, erzielte 301 — Nr. 23, das Viatikum des Constantinus Afrikanus aus dem 14. Jahrhundert, 152 — die Nr. 36, das Manuskripten-Fascikel des P. Giovanni degli Agostini, erzielte 775 >6; — Nr. 43, Legenda der HI. Vanna, 480 — die Nr. 71, ein reizendes Miniaturenmanuskript, brachte nur 455 Ein heißer Kampf entspann sich um die Nr. 149, Dante, ge druckt zu Jesi ao. 1472. Das herrliche und höchst seltene Stück erzielte 6520 Dagegen brachte ein Prachtexemplar der ersten Ausgabe des Sueton (1470) nur 460 Die Nr. 286, Albcrti Ecatonphyla, ging für 350 nach Paris, ebenso die Nr. 314, Attavanti, zu 230 Um die Nr. 318, Benivieni, führten Berlin und Paris einen heißen Kampf. Schließlich blieb Paris mit 800 ^ Sieger. Die Nr. 323, Biblis vulAsrs istorists, die sogenannte Mal- lermi-Bibel, mit ihren unvergleichlich schönen Holzschnitten, mußte gleichfalls die Reise nach der Seine antreten. Sie erzielte nicht weniger als 7550 ein Preis, wie er in Deutschland für ein Buch selten bezahlt wird. Nr. 326, die berühmte erste Ausgabe der italienischen -Biblis, Bsupsrum», brachte 710 ^ und ging nach Berlin. Der höchst merkwürdige venezianische -Calendario Lu- nario- (Nr. 342) wurde, trotz seiner mangelhaften Erhaltung, zu 2010 für Paris erstanden. Ebendorthin ging auch die Nr. 348, Celestina, zu 255 Ein Exemplar von Corvos Chyromantie vom Jahre 1513 erwarb ein Münchener zu 495 Nr. 411, Giardino di Oratione, erstand Paris zu 360 Uso. Oxnsoulum cko k7ols Bstris (427) brachte 255 und geht ebenfalls nach der Seinestadt. Nr. 435 Konto cksls Orstions er warb London zu 410 Berlin zu 175 das reizende Büchlein von Niger (Nr. 437). Die Nr. 485 Savonarola mit einem herr lichen florentinischen Holzschnitt wanderte zu 470 wieder nach Paris, nach London dagegen zu 3250 ^ die Nr. 506, ein Pracht exemplar der ersten Ausgabe des Valturius, in Verona 1472 ge druckt. Der Vivaldus (Nr. 512) mit einem prachtvollen Metall schnitt brachte 280 ^ und geht nach Flörenz. Nr. 528, ein fran zösisches Gebetbuch (Bivrs UUsuroo), erzielte 475 ^ und geht nach England. Unter den Kunst-Bucheinbänden erzielte die Nr. 543 200 Nr. 556 525 ^ und Nr. 564 1100 Bei der Abteilung -Musik» beteiligte sich u. a. das musikalische Konservatorium in Brüssel. Die Nr. 607 erzielte 460 Nr. 621 265 Nr. 622 235 ^6, Nr. 626 900 Bei letzterem mußte Paris gegen Brüssel unterliegen. Die höchst seltene Ausgabe der Osuvrss äs dlolisro von 1674—75 (Nr. 726) brachte 355 Nr. 952, S. Sebastian, ein prächtiger frühflorentinischer Kupferstich, stieg auf 1000 ^ und die letzte Nummer (992), ein kostbares militärisches Manuskript, erzielte 1305 V«!. Der Erfolg dieser Bücherversteigerung war also ein glänzen der und lieferte den Beweis, daß für schöne Bücher unter ge schickter Leitung auch in München vorzügliche Preise erzielt werden, wie in Paris oder London. Zu bedauern ist nur, daß die besten Stücke wieder ins Ausland entführt wurden. n. Geschäftsstelle des Vereins deutscher Zeitungs verleger für Einkauf von Zeitungspapier. — Die vom -Verein deutscher Zeitungsverleger- gewählte Kommission zur Be ratung der Papierfrage beschloß in einer am 23. Mai in Berlin abgehaltenen Sitzung, eine dauernde Geschäftsstelle für den Einkauf von Zeitungspapier für sämtliche deutschen Zeitungen mit dem Sitze in Berlin zu gründen und einen Syndikus zur Leitung derselben anzustellen. Geschäftsjubiläum. — Am Sonnabend den 26. Mai konnte Herr Friedrich Soennecken in Bonn auf das sünfundzwanzig- jährige Bestehen seiner bekannten Schreibwarenfabrik, die er durch einen gut eingeführten Verlag einschlägiger Werke erweitert hat, zurückblicken. Aus den bescheidenen Anfängen ist ein umfang reiches, bedeutendes Geschäft hervorgegangen, das seine Erzeugnisse in der ganzen Welt absetzt und sich überall Freunde gewonnen hat. Die große Umsicht und Rührigkeit, mit der Herr Soennecken den Be dürfnissen des Schreibtisches und des Kontors durch praktische Er findungen und vorzüglich brauchbare Erzeugungen von Anfang an zu entsprechen sich bemüht hat, hat ihre Früchte getragen. Der Herr Jubilar darf mit voller Befriedigung auf den Jubeltag seines Hauses als auf einen wohlverdienten Ehrentag zurück blicken. Wir sprechen ihm bei diesem wichtigen Anlaß nachträglich unsere aufrichtigen Glückwünsche für das fernere Blühen seines angesehenen Geschäftes aus.
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