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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.04.1900
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1900-04-09
- Erscheinungsdatum
- 09.04.1900
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- Deutsch
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Dunkel, das über Sinn und Bedeutung der Erscheinung oft genug schwebt, sich für uns nicht lichten will. Denn prüfen wir die zahlreichen Exkurse der Symbolisten ernstlich auf das jenige hin, was die erkorene Form uns versinnlichen soll — wie lückenhaft ist das Resultat! Wir können an dieser Stelle eine symbolische Leistung Hubert von Herkomers nicht übergehen: den in Schuttes Salon ausgestellten Ehrenschild. Ein Meisterstück der Email malerei, figurativer Komposition und Farbengebung, bietet er in seinen Einzelthemen anregende Lebensrätsel, legt dem Beschauer aber das größte Räthsel auf: wie diese disparaten Scenen sich unter dem Titel »Der Triumph der Stunde« zusammcnfinden konnten. Unter dem Katalogtitel »Der Weg des Lebens« wurde vor drei Jahren auf der Sonderaus stellung der Karlsruher Gruppe die mächtige Leinwand ihres Chorführers sichtbar, auf der sich, in mäßiger Landschaft, eine alte, fast rechtwinkelig gebückte Frau als Kinderwagen-Loko mobile präsentierte. Was über solchen symbolischen Fehlgriff allgemein empfunden wurde, hatte bald nachher der Kladde radatsch mit köstlichem Humor zum Ausdruck gebracht. Da gegen trat auch wiederum in dem Frauenbilde des Eng länders F. Joy »Die Wahrheit« eine glänzende Kunst erscheinung auf. Im allgemeinen aber sehen wir bei den Symbolikern des heutigen Betriebsfeldes weit mehr Gefühlsanarchie und Verirrungen eines krankhaften Schaffensdranges, als Beiträge zum Erhebenden in Idee und Form. Auch fehlt so vielen ein gewisses Anpassungsvermögen an den gebildeten Lsosns 60NNVUIN8 und seine Forderungen! Ein Beispiel hierfür liefern die unserem deutschen Reichstagsgebäude zum Jnnen- dekor zugedachten Entwürfe, die für die ernste Bestimmung des Gebäudes jeglicher geistiger Anlehnung entbehrten und in ihrem allegorischen Bestände dem deutschen National gefühle nicht genügen konnten. — Wie mitleidsvoll lächeln die Schatten Michelangelos und Raphaels zu uns herüber!! Dagegen treten uns die Goetheschen Worte »Alles Ver gängliche ist nur ein Gleichnis« in ihrer vollen Bedeutung entgegen, wenn wir einen unserer gepriesenen Meister der Gegenwart, Arnold Böcklin, auf uns einwirken lassen. Es soll hiermit nicht sowohl auf das Figurative seiner Kompo sitionen hingewiesen werden, mit dem wir uns trotz aller prähistorischen Originalität zuweilen in gespanntem Ver hältnis befinden — vielmehr auf seine Landschaft. Sie ist zum Teil eine ganz ideale, zum anderen weist sie auf den Kultus und die Fabelwelt Griechenlands hin. In matter und dennoch luftklarer Belichtung liegt diese Landschaft vor uns, oft wie ein Traum aus des Künstlers Vorleben, — wenn er unter tiefblauem Himmel Geschöpfe und Gegenstände einer längst entschwundenen Zeit wie Schatten ernportauchen läßt. Er ist der Symboliker des Genius mit der gesenkten Fackel »Es war einmal«. Und nun zum Schluß dieser Betrachtung noch ein kurzer Rückblick auf die Buch-Illustration, der unser Herr Müntz auch einige kräftige Sätze widmet. Es würde uns zu weit führen, den Wandel stilistisch zu verfolgen, den in kunstgewerblichen Erzeugnissen das »Ornament« allmählich erfuhr. Denn hier genügen nicht mehr die griechisch- römischen Zierformen der Renaissance, nicht die Honigzellen- Ornamentik und linearen Jrrgänge der maurisch-arabischen Kunst, nicht die stilisierten Ranken und Blumen der Spät gotik, ebensowenig die uns vorbildlichen Blumen- und Blütenzweige der europäischen Pflanzenwelt. »Man wählt«, wie Müntz sagt, »mit Vorliebe den Lotos, die Blume der Vergessenheit, die Wasserlilie, das Symbol der Impotenz«. Sie müssen ihre Stengel über Lebensgröße aufstreben lassen, um den Büchertitel auf dem Umschläge ein zurahmen oder als Randleiste das Textinnere zu zieren. In England wird mit Vorliebe die Nessel und die Distel zum Träger des Büchertitels erkoren. Zum Schluffe sagt Herr Müntz wörtlich: »Die Errungen schaften des 15. und 16. Jahrhunderts, die Kunst, den Ge stalten Körperlichkeit und den Schattierungen Durchsichtigkeit und Tiefe zu geben, verschmäht man auch hier; fortan gelten keine Schraffierungen mehr, sondern einfach zusammengelegte Striche; kurz, alles muß gesucht — altertümlich sein. Diese Verrücktheiten erstrecken sich bis auf die Anordnung der ge druckten Titel! Ich könnte eine Kunstzeitschrift namhaft machen, die sich darin gefallen hat, die Worte derart zu verschnörkeln, so daß man nicht mehr weiß, was der Titel, der Name des Autors, der Name des Druckers oder die An gabe des Druckorts ist.« — Und ferner: »Unser sonst so an spruchsvolles Publikum kann sich nicht satt an Zeichnungen sehen, die von kindlicher Hand entworfen sind und die Vor stellung erwecken, als seien wir plötzlich an die Küste einer wilden, für die Civilisation noch nicht reifen Völkerschaft verschlagen! Uebrigens tritt gerade in diesen Heften eine völlig gekünstelte Naivetät und Unerfahrenheit hervor, oder die Nachahmung des Häßlichsten, was primitive Zeiten hervorgebracht.« Hiermit schließt Eugen Müntz seine Bettachtungen über die Textillustration der Modernen. Sein Nachwort ist nicht so trostlos, wie seine Ent rüstung über die geschilderten Geistesverirrungen lebendig. »Wenn« —- sagt er — »die Verstimmung einiger zum Paradoxen geneigter und entmutigter Gemüter einen beun ruhigenden Geisteszustand zu erkennen giebt, so ist das Uebel doch nicht so weit vorgeschritten, daß es kein Mittel dagegen gäbe! Sehen wir von der Kühnheit einiger jungen Ehrgeizigen — Künstler wie Kritiker — und vor allem von dem Snobismus, dem widerwärtigsten und lächerlichen Snobismus, ab, zu dem ein gewisser Teil des Publikums hinneigt, so können wir dagegen doch kon statieren, daß die große Masse der Künstler — und der bei weitem überwiegende Teil der gebildeten Gesellschaft Lehren von sich abweisen, die auf nichts weniger ab zielen, als das durch das vereinte Bemühen von Jahr hunderten errichtete Bauwerk zu zerstören und uns der Barbarei wieder entgegenzuführen!« Damit habe es aber noch gute Wege! Gegen diese Möglichkeit spreche der Wetteifer von Staaten und Privaten, Kunstwerke der auch — jüngsten Vergangenheit zu erwerben; diejenigen früherer Jahrhunderte seien geradezu unerschwinglich! Dasselbe können wir von unseren deutschen Kunstwerken eines Feuerbach, Knaus, Vautier, Defregger, Gude und vielen an deren sagen, unseres Adolf von Menzel gar nicht zu gedenken, dessen Werke kleine Vermögen erfordern! Das reicht wohl aus, um zu beweisen, wie noch nicht alle Kunstliebhaber in in den Sezessionshimmel Einlaß verlangen! (Wir Alten kämen vorerst doch nur ins Purgatorium!) In solchem Gewirr von verfehlten Selbstschätzungen und unfertigen Gebilden hat die Berliner Landes-Ausstellungs- Kommission stets einen schweren Stand. Ihr Beruf ist es, dem kunstliebenden Publikum nur Vollendetes, in sich Fertiges zu bieten. Von diesen Grundsätzen mußte sie bereits seit einem Jahrzehnt zurückstehen. Malerskizzen verblieben früher im Atelier, Künstlerstudien in den Schulausstellungen. Jetzt ver langt man Lust und Licht für jeden noch so unbedeutenden koloristischen Versuch, für die Wiedergabe irgendwelcher Natur oder Ideen - Ungeheuerlichkeiten. Eines ist doch aber auch hier not: die Gegenstände als das vorzuführen, für was sie zu gelten haben und an dem Orte, der dieser Geltung ange messen. Diesem Erfordernis Rechnung tragend, hat sie Skizzen
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