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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.04.1900
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- 1900-04-05
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- 05.04.1900
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2693 Nichtamtlicher Teil. 79, 5. April I960. obengenannte Ziffer auch nicht im entferntesten hinanreicht,*) kann die Konkurrenz der Warenhäuser nicht die einzige, auch nicht einmal die erheblichste Ursache des Niederganges der Kleinbetriebe sein. Man vergißt ferner, oder will vielleicht nicht sehen, daß die Konkurrenz der großen Spezialgeschäfte, die nicht in die Kategorie der Warenhäuser fallen, dem Kleinhandel der speziellen Branche einen viel größeren Wett bewerb bereitet als die Warenhäuser. Wird es den Geschäfts leuten schwer, in der unmittelbaren Nähe von Wertheim zu bestehen, so dürften Geschäfte in solchen Artikeln, wie sie beispielsweise Hertzog oder Israel feilhält, in der Nähe dieser Häuser überhaupt existenzunfähig sein. Geht man also gegen die Warenhäuser steuerlich vor, so wäre es nur folgerichtig, ein Vorgehen gegen die großen Spezialgeschäfte folgen zu lassen. Wenn der »Wertheim« fällt, muß der »Hertzog« nach. Man hat sich aber wohl gehütet, bis jetzt solche Wünsche zu äußern, weil man sich bewußt ist, daß der Vor wurf, den man den Warenhäusern macht, nur ein Werkzeug des Großkapitals zu sein, sich gegen die Spezialgeschäfte kaum würde erheben lassen, und weil man fürchtet, daß ein solches Vorgehen als ein Schlag gegen Fleiß und Betriebsamkeit aufgefaßt werden könnte. In seiner »Denkschrift« berechnet der Bund der Handels und Gewerbetreibenden das Durchschnittseinkommen der Klein gewerbetreibenden in Preußen auf 1100 Mark. Ist diese Ziffer richtig, so wäre doch zu fragen, ob denn eine solche selbständige Existenz ein Zustand sei, der erwünscht und den die Gesetzgebung noch zu stützen versuchen solle? Da diese Berechnung ohne Rücksicht auf die Schädigung durch die Warenhäuser ausgestellt ist, was würde gebessert sein, wenn die Warenhäuser von der Bildfläche verschwinden würden? Man macht dann die Gewerbefreiheit für diese mörderische Konkurrenz verantwortlich. Abgesehen davon, daß dies eine Verwechselung der Ursache mit der Wirkung ist, wie will man den Handel reglementieren? Und was soll mit den be reits heute vorhandenen überschüssigen Personen im Klein handel geschehen? Die Gewerbefreiheit ist nicht eingeführt worden einem Prinzip zu liebe, sondern weil die Notwendig keit hierzu zwang. Durch die Ausbreitung des Fabrik- und Maschinenwesens, durch die Niederreißung der Schranken des Verkehrs zwischen den einzelnen Städten und Ländern waren die Hemmnisse der Gewerbegebundenheit nicht mehr aufrecht zu erhalten, und Gewerbefreiheit und Niedcrlassungsfreiheit auch rechtlich festzustellen, wurde zur gebieterischen Notwendig keit. Wollte man im Innern und auch nach außen konkur renzfähig bleiben, so mußten alle Schranken fallen, die eine frühere Gesetzgebung geglaubt hatte der Thatkraft des Ein zelnen auflegen zu müssen. Neue Menschen, neue Gewerbe, neue Betriebsformen. Und so entsteht auf der einen Seite das Spezialgeschäft, auf der anderen das Warenhaus. Ver mehrung des Volksvermögens, des Kapitals, schafft die Vor bedingung zu Großbetrieben im Handwerk, in der Fabrika tion, für die der Einzelne zu schwach ist; sie schafft aber auch die Vorbedingungen für den Großbetrieb im Kleinhandel. Die Großbetriebe in der Fabrikation werfen eine Menge Waren auf den Markt, für deren Verwertung dem Klein handel in seiner bisherigen Organisafton die Fähigkeit mangelte; um diese Warenmengen uuterzubringen, müssen neue Absatzwege gefunden werden: »der Absatz der Waren wird ein Problem«.**) Solche Warenmengen zu magazinieren, zu günstigsten Bedingungen einzukaufen und schnell gegen Barzahlung umzusetzen, vermochte der Kleinhandel nicht, und so schuf sich das Bedürfnis eine neue Organisafton: die *) Huber, Warenhaus und Kleinhandel (Berlin 1899) be hauptet, daß es über 500 gebe; doch dürften dies wohl meistens nur Warenhäuser zweiten Ranges sein. **) Sombart in d. Verh. d. Ver. f. Sozialpolitik 1899, S. 144. Warenhäuser. »In der Umgestaltung darf der Gesichtspunkt für die richtige Beurteilung nur sein, dasjenige, was das ökonomisch-höhere, das ökonomisch-leistungsfähigere ist, zur Geltung zu bringen.«*) Die Hauptvorwürfe, die man den Warenhäusern macht, sind, daß sie Lockarftkel führen und daß sie nicht reell seien. Nun mag zugegeben werden, daß sie einzelne Artikel zum Einkaufspreise oder darunter verkaufen, um zu bewirken, daß die Käufer glauben sollen, daß alle anderen Artikel zu ähnlich billigen Preisen abgegeben werden. Ob die Lockarftkel diesem Zwecke entsprechen, weiß ich nicht; vielleicht erzielen sie aber einen größeren Zulauf von Käufern. Ich meine aber, daß die Lockarftkel auch in anderen Geschäften als den Waren häusern zu finden sind, und schließlich muß man doch jedem überlassen, wie er das Ziel jedes Geschäftsmannes, Kunden anzuziehen, erreichen will. Der Vorwurf der Unreellität scheint mir aber gänzlich unbegründet zu sein. Gerade Ge schäfte, die mit so großem Personal, mit solchen Quantitäten, unter so großer Kontrolle der Oeffentlichkeit arbeiten, könnten nur kurze Zeit sich unreeller Mittel bedienen; sehr bald würde ihr Geschäftsgebahren in der Oeffentlichkeit bekannt werden und das Weiterbestehen des Geschäftsbetriebes in Frage stellen. Welche Wirkung würde nunmehr die geplante Waren haussteuer auf die Kleinbetriebe haben? Nach der Absicht der Regierung soll die Steuer keine fiskalische sein, sie soll zur Erleichterung der Kleinbetriebe verwandt werden, sie soll andererseits auch nicht die Warenhäuser unmöglich machen, sie soll keine sogenannte Erdroffelungssteuer sein. Also der Alp der Warenhäuser soll nicht von dem Kleinbetriebe ge nommen werden, lediglich eine Erleichterung der Gewerbe steuer ist geplant. Nun zahlt aber ein Drittel der Klein betriebe überhaupt keine Gewerbesteuer, bei den anderen ist sie so minimal, daß eine Erleichterung nicht ins Gewicht fällt, eine erhebliche Verbesserung des Zustandes der Klein gewerbetreibenden sicher nicht erzielt wird. Wenn man sich also nicht auf den Standpunkt stellt, daß den Warenhäusern das Leben erschweren schon ein Gewinn für den Kleinbetrieb sei, vielmehr verlangt, daß dem Kleinhandel wirklich geholfen werden soll, so kann man sich mit der geplanten Steuer nicht einverstanden erklären, mit einer Steuer, die weder der Ge rechtigkeit gegen diejenigen entspricht, die getroffen werden sollen, noch denjenigen etwas nützt, denen geholfen werden soll. Will man eine Steuer auf Großbetriebe im Detail- Handel, und ich verschließe mich nicht der Anschauung, daß eine Steuer auch lediglich wirtschastspolitischer Natur sein darf, so »kann nicht eine Sondersteuer auf Warenhäuser, sondern nur eine nach der Leistungsfähigkeit bemessene all gemeine Umsatzsteuer auf alle großen Detailgeschäfte in Frage kommen«.**) So löblich es erscheint, einem ganzen Stande zu Hilfe zu kommen, so vorsichtig soll man in diesen Bestrebungen sein. Die Versuche, die bis jetzt gemacht worden sind, auch die des Bundes der Handel- und Gewerbetreibenden in Berlin, leiden an dem verhängnisvollen Fehler, mehr zu versprechen, als sie halten können. Dadurch werden die in Frage kommenden Kreise verführt, auf Hilfe von außen zu warten, anstatt selbst aus sich heraus die Hilfe zu suchen. Ist der Kleinhandel, ist der Mittelstand ein untergehender Stand, so wird keine Gesetzgebung ihm helfen, und wahr bleiben werden die Schlußworte Professor Sombarts, die er auf der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik in Breslau gesprochen hat,***) »daß kein Gesichtspunkt irgend welcher Art be- ') Ebendas. S. 155. **) Eingabe des Warenhauses A. Wertheim an das pr. Abg.- Haus vom 3. März 1900. *") a. a. O. S. 253.
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