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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.11.1903
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 16.11.1903
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- Deutsch
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^ 266. 16. November 1903. Nichtamtlicher Teil. 9359 bührt; aber sie haben keine darüber hinausgehende Bedeutung und binden den Richter nicht. Hiernach läßt sich die Gültig keit der Verordnungen nicht sowohl auf dem Boden des Reichsrechts, als vielmehr auf dem des Landesrechts eventuell mit Aussicht auf Erfolg anfechten. Red. Kleine Mitteilungen. R. L. Prägers »Ausschreitungen des Buchhandels» — Die lange Folge der unter der vorstehenden Überschrift im Börsenblatt der letzten Monate veröffentlichten Besprechung der Professor Karl Bücherschen Schrift: »Der deutsche Buch handel und die Wissenschaft- durch den Buchhändler Herrn R. L. Prager in Berlin ist nunmehr als Sonderdruck ausgegeben und am 10. und 11. d. M. an die zahlreichen Besteller versandt worden. Eine Versendung an die Bibliotheken, Univer sitäts-Behörden und -Dozenten ist von hier aus nicht erfolgt5 nur die Zeitungspresse, soweit sie sich bisher mit der Angelegenheit befaßt hat, ist zur Klärung ihres Urteils vom Börsenoerein damit bedacht worden. An die buchhändlerischen Besteller und Empfänger tritt nunmehr die Aufgabe heran, die Pragersche Gegenschrift im Kundenkreise zu verbreiten und ihren reichen kritischen Inhalt nach bestem Ermessen zu verwerten. Außer den kostenfrei vom Börsenverein abgegebenen Exem plaren sind bei Herrn R. L. Prager Exemplare auch käuflich (ord. 1 ^ SO netto bar 90 A zu haben. Diese Exemplare tragen die Verlagsfirma R. L. Prager, Berlin. Rechtsprechung. Frankreich. Hat ein Schriftsteller das Recht, lebende Personen zu schildern? — Der Kläger bekleidet in der Departement-Hauptstelle einen Posten als Gerichts beamter und ist infolge dieser seiner Eigenschaft in weiten Kreisen bekannt geworden. Der Beklagte zu 1 hat einen Roman verfaßt, der Beklagte zu 2 ihn verlegt, in dem der Kläger, ohne daß sein Name genannt wurde, so geschildert wird, daß jeder, der ihn kennt, sofort auf den Gedanken kommen muß, die betreffende Romanfigur sei der Kläger. Dazu trägt insbesondere bei, daß jener Person in dem Romane ganz dieselbe amtliche Stellung beigelegt wird, daß ihr auch dieselben auffälligen Eigentümlichkeiten in der körperlichen Bildung, in den Bewegungen, im Temperament usw. bei gelegt sind, die an dem Kläger wahrgenommen werden. Die Rolle aber, die das Konterfei des Klägers in dem fraglichen Roman spielt, ist eine keineswegs vorteilhafte. Der Dichter läßt seinen Helden, der Ehemann und Familienvater ist, an Stätten der Unzucht und Liederlichkeit auftreten, er bringt ihn in unwürdige und lächerliche Stellungen, er flicht in seine Darstellung boshafte Anspielungen, die den Leser zu weittragenden Vermutungen ver anlassen müssen. Die Folge hiervon war, daß Kläger sich zahlreichen Ungelegenheiten ausgesetzt sah, einerseits in amtlicher Beziehung, da seine Vorgesetzten auf den angefochtenen Roman und auf die Ähnlichkeit der Romanfigur mit dem Kläger aufmerksam gemacht worden waren, noch mehr aber in seinem Ehe- und Familien leben, das der Gefahr der Zerrüttung ausgesetzt wurde, weil der Verdacht rege geworden war, daß der Kläger sich in der Tat einer Lebensweise, wie der in der Dichtung geschilderten, hingebe. Die Beklagten haben zunächst eingewendet, daß hier nur der Zufall obwalte, dem Dichter sei die Person des Klägers völlig unbekannt, er habe wohl eine Figur schaffen wollen, wie sie im Leben Vorkommen könne und vorkomme, daß aber der Kläger das Urbild sein könne, oder daß man es in ihm erblicken könne, habe er nicht gewußt, und wenn er den Kläger gekannt hätte, so würde er alles vermieden haben, was auf die Annahme hin deuten könnte, daß zwischen dem Kläger und seiner dichterischen Schöpfung dasselbe Verhältnis obwalte, wie zwischen Original und Kopre. Nachdem die Klage den Beklagten zugestellt war, haben sie auch alles getan, was sie nach Lage der Sache tun konnten, um den Mißgriff rückgängig zu machen. Aus den noch nicht verkauften Exemplaren des Romans haben sie die Seiten, in denen jene Figur erwähnt wird, entfernt, und aus der Person des Gerichtsbeamten einen Apotheker gemacht, der in einem ganz andern Orte wohnt. Allein hiermit hat sich der Kläger nicht zufrieden gegeben, er macht geltend, daß man den Beklagten schwerlich glauben könne, es habe nur der Zufall obgewaltet, er fei unverdienterweise vollkommen unschuldig öffentlich bloßgestellt worden, habe einen moralischen Schaden davongetragen, für den er Genugtuung fordert. Auch mit einer öffentlichen Ehrener klärung, zu der sich die Beklagten bereit zeigten, will er sich nicht begnügen und fordert sodann die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer angemessenen Schadloshaltung. In diesem Sinn war auch zu entscheiden. Wie weit auch die Freiheit des Schriftstellers gehen mag, und wenn namentlich auch der Romanschriftsteller das Recht hat, sich bekannter Per sönlichkeiten in einem Werke seiner Einbildungskraft zu bedienen, so ist dieses Recht doch keineswegs ein unbeschränktes, es wird be grenzt durch die Verpflichtung, das Privatleben Dritter nicht an- zutaften, und durch das Verbot, ihnen Handlungen oder ein Be tragen beizulegen, das geeignet ist, ihnen an ihrer Ehre Ein trag zu tun. Selbst wenn man zugibt, daß der Beklagte zu 1, indem er jene Romanfigur schuf, nicht an den Kläger gedacht, daß er ihn nicht gekannt hat und jedenfalls ihn nicht bloßstellen wollte, so läßt sich doch nicht verkennen, daß unbeschadet dessen den Kläger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit trifft. Wenn er eine Persön lichkeit in seinen Roman einführte, der er einen ganz bestimmten amtlichen Wirkungskreis zuschrieb, wenn er dem Orte der Hand lung eine bestimmte und zugleich individuelle, lokale Färbung verlieh, so mußte er sich sagen, daß er möglicherweise, ohne es zu wissen und zu wollen, dennoch eine wirklich lebende Persönlichkeit treffen könne, einen Mann, der sich in derselben Stellung befindet, und daß daher dessen Bekannte das Urbild jener dichterischen Figur in ihm finden würden. Ehe der Beklagte zu 1 daher eine solche Figur schuf, mußte er sich dessen vergewissern, daß sie einem Lebenden nicht gleiche. Den Beklagten zu 2 trifft der Vorwurf, den Roman verlegt und veröffentlicht zu haben, ohne sich seinerseits vorher die Gewißheit zu ver schaffen, daß er Anlaß zum Anstoß nicht bieten könne. Wird nun auch erwogen, daß die Beklagten ihre Achtung vor der Ehrbarkeit des Klägers nachträglich und nachdrücklich ausgesprochen haben, daß sie, wie schon erwähnt, soweit möglich, ihren Mißgriff zu be seitigen bemüht waren, so kann dies als hinreichend nicht erachtet werden; es mußte daher ihre Verurteilung zu einer Geldsumme erfolgen, um für die unverdient dem Kläger verursachten Schäden Ersatz zu schaffen.*) Urteil des Seine-Tribunals vom 31. Oktober 1902 (Zeitschrift für Deutsches Bürgerliches Recht und Französisches Zivilrecht, Bd. 31, S. 432—435; hier entnommen aus »Gewerb licher Rechtsschutz und Urheberrecht«, Hrsg, von Or. Albert Osterrieth sBerlin, Carl Heymanns Verlags VIII, 10.) L. Vom Reichsgericht. Zur Auslegung des K 14 des Preßgesetzes. (Nachdruck verboten.) — Vom Reichskanzler waren die polnischen Zeitschriften »Altpolnische Übersicht« (in Krakau er scheinend) und die »Morgenluft« (Erscheinungsort London) für das Deutsche Reich verboten worden. Mehrere Nummern, die vor dem Verbote erschienen waren, wurden von der Polizei in den Geschäftsräumen des polnischen Sozialistenblattes »6aLota robotnwLsv« in Kattowitz vorgefunden und beschlagnahmt. Der Redakteur des genannten Blattes, Emil Caspari, wurde dann vom Landgerichte Beuth en (O.-Schl.) am 13. Mai wegen verbots widrigen Feilhaltens der fraglichen Schriften zu 300 ^ Geld strafe verurteilt. *)Anm. des Referenten: Ansprüche auf Zahlung einer Geld summe zum Ausgleiche eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist, würde vor deutschen Gerichten keine Anerkennung finden, da nur ganz ausnahmsweise eine billige Entschädigung und zwar im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit, sowie im Falle der Freiheitsentziehung, dem Verletzten auch wegen des Schadens zugesprochen werden kann, der kein Vermögensschaden ist (vgl. B.G.B. Z 847>. Keiner von diesen Fällen liegt hier vor, die Klage würde an und für sich, so wie sie vorgebracht wurde, abge wiesen werden. Ansprüche könnte höchstens der Kläger nur darauf erheben, daß die Beklagten für die Zukunft das angegriffene Ver halten zu verlassen verurteilt würden. Mit dieser Sicherheit hätte er sich dann begnügen müssen, daß aus den noch nicht verkauften Exemplaren des Romans die für ihn anstößigen Stellen beseitigt und durch unverfängliche ersetzt würden, wobei noch immer zweifel haft erscheinen könnte, ob auch diese Forderung nach Maßgabe des geltenden Rechts zur Anerkennung kommen könnte, da Indi vidualrechte, nur soweit sie den Namen der eignen Person be treffen, einen ausdrücklichen Schutz gefunden haben (B.G.B. H 12). Mit einem Strafantrag wegen Beleidigung würde der Kläger offenbar vollends nicht durchgedrungen sein, denn die Absicht zur Beleidigung lag den Beklagten fern. Wenn das oben erwähnte Erkenntnis ihnen zum Vorwürfe macht, daß sie sich vorher darüber vergewissern müßten, ob die Romanfigur nicht einem lebenden Menschen gleiche, fo mutet es ihnen sicherlich etwas Unmögliches zu. Wenn ein Dichter bei spielsweise die Figur eines deutschen Gerichtsbeamten in seinen Roman einführen wollte, so könnte von ihm unmöglich verlangt werden, daß er im ganzen Reiche herumreise, alle Beamten in gleicher oder ähnlicher Stellung kennen lerne, um sich davon zu überzeugen, daß die Gefahr einer Verwechselung ausgeschlossen sei. Freilich, wenn er in dev Schilderung des einen konkreten Beamten zugleich den ganzen Stand beleidigen würde, müßte er die Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung auf sich nehmen, aber auch hierzu würde der oben vorgetragene Tatbestand keinen Anhalts punkt bieten. vr. IZ. 1239*
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