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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.10.1903
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 28.10.1903
- Sprache
- Deutsch
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Nichtamtlicher Teil. 8589 „V 251, 28 Oktober 1903. Daran erkenn' ich den gelehrten Herrn! Was Ihr nicht tastet, steht Euch meilcnfern; Was Ihr nicht faßt, das fehlt Euch ganz und gar; Was Ihr nicht redet, meint Ihr, sei nicht wahr; Was Ihr nicht wägt, hat für Euch kein Gewicht; Was Ihr nicht münzt, das, meint Ihr, gelte nicht. Nicht anders als mit der Beurteilung der Kredit- verhältuisse geht es dem Verfasser der Streitschrift in Bezug auf das Konditionssystem, vr. Triibner zeigt, daß sein, unser aller Gegner, die Einrichtung kennt, versteht und rechtfertigt, und ein paar Seiten weiter dennoch behauptet, »das reine Konditionssystem sei im Absterben begriffen«. Der Fach mann des Buchhandels entwickelt nun die einzig richtige Ansicht und legt den Finger auf einen neuen Widerspruch der Bücherschen Schrift. Einmal klagt dieser Autor (ganz ungerechter Weise, wenn er nur die wissenschaftliche Literatur im Auge hat), daß kaum der zehnte Teil der Sortimenter (also 600—700) auf die Anzeige im Börsenblatt Novitäten bedingungsweise verlangen, behauptet aber ein paar Seiten früher, 500 oder 250 Sortimenter genügten für den wissen schaftlichen Büchervertrieb. Ja, wenn man's nicht ein bißchen tiefer wüßte! Zu sagen, 250 Sortimenter genügen für den wissenschaftlichen Büchervertrieb, ist ebenso vernünftig, wie zu behaupten, ein Lungenflügel, eine Niere genüge für die Erhaltung des Menschen. Es gibt ja wirklich Menschen, die nur mit einer Seite der Lunge atmen, weil die andre zerstört und funktionslos geworden ist; es gibt auch solche, die mit einer Niere noch lange leben, wenn die andre durch Operation hat entfernt werden müssen. Es ist genau so naiv, der Natur Kraftvergeudung vorzuwerfen, die die Individuen mit paarigen Lungen und Nieren ausstattet, wie zu sagen, so und so viel Personen genügen, um dies und das Buch zu vertreiben. Diesem Postulat liegt die Fiktion zugrunde, als arbeiteten die Menschen wie die Spindeln einer Spinn maschine; der Buchhandel aber ist ja keine Maschine, sondern ein Organismus, in dem andre Organe oder Teile von Or ganen stellvertretend eingreifen, wenn ein Teil versagt. Hier gilt das Wort des Dichters: In eurem Kopf liegt Wissenschaft und Irrtum Geknetet, innig wie ein Teig, zusammen, Mit jedem Schnitte gebt Ihr mir von Beidem. H. v. Kleist. Mit Befriedigung wird man sehen, wie vr. Trübner aus der Fülle seiner Erfahrungen den ungenügend unter richteten Beurteiler über den wahren Sachverhalt aufklärt, die Mischung von Wahrheit und Irrtum, aus der Professor Bücher seinen Teig geknetet hat, auflöst und Grund und Gegengrund anführt, um Klarheit in die von dem Gegner unzureichend analysierten Zustände zu bringen. Sehr lesens wert ist, was vr. Trübner über das »unwürdige Wettrennen« sagt, das ein Bibliothekar unter den Buchhändlern seines Ortes organisierte, der Hinweis auf »die tägliche Balgerei der Ausläufer an der Bibliothekstüre«, die dadurch ver anlaßt wurde. Die lichtvollen Darstellungen über den Reise buchhandel, das Ratengeschäft, die Kolportage, das wissen schaftliche Antiquariat und andres mehr werden jeden, der den wahren Sachverhalt kennt, aufs höchste befriedigen. Es ist nicht möglich, hier alle die schlagenden Auseinander setzungen zu erwähnen, mit denen vr. Trübner seinem Wider part begegnet. Daß er über Ladenpreis, Buchhändler- und Kundenrabatt das rechte Licht anzündet, daß er vor allem die tiefer liegenden volkswirtschaftlichen Gründe aufsteigen läßt, die zur Beseitigung eines lähmenden Mißbrauchs, des Kundenrabatts, gebieterisch zwangen, wird man auf unsre Versicherung hin glauben. Der auf Grund umfassender Er fahrung und Autopsie viel klarer und tiefer blickende Fach mann belehrt hier den Neuling über die von ihm nicht er kannten nationalökonomischen Gründe, die auf Abschaffung Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 70. Jahrgang. des wie ein Krebsschaden wuchernden Kundenrabatts Hin trieben. Interessant ist für jeden Buchhändler die Erwähnung von dem Anteil, den die Firma B. G. Teubner oder viel mehr ihr Teilhaber vr. A. Schmitt an der Sicherung und Wiedereinführung des ungeschmälerten Ladenpreises der Bücher gehabt hat. Wahrhaft befreiend sind die prächtigen Worte, mit denen vr. Trübner die beleidigenden Äußerungen Büchers über die Notwehr charakterisiert, zu der die anständigen Elemente des Buchhandels gegen die unlautern Genossen zu greifen ge nötigt waren. «Um was handelt es sich denn? Darum, Treubrüchige, die gern an den Vorteilen des Vereins teilnehmen, die alles unter schreiben und gleichwohl die ehrlichen Mitglieder durch satzungs widrige Preisunterbietungen schädigen, zu ihrer Pflicht zurück zuführen oder auszuschließen! Es stand jedem frei, hiergegen auf den Hauptversammlungen Front zu machen, und, falls die Be schlüsse dieser Versammlung gegen seine Überzeugung gingen, den eignen Weg zu gehen. Die große Firma Mayer L Müller in Berlin hat diesen einzig ehrbaren Weg gewählt und im offnen Kampf mit dem Börsenverein ihre Unabhängigkeit von diesen Be schlüssen verfochten. Sie ist nach fünfzehnjährigem Ringen unter legen — aber man muß den Hut abziehen vor diesen aufrechten, mutigen Männern, gegenüber den Schleichern, die innerhalb der Genossenschaft deren Gesetze umgehen.- »Kann man sich-, fährt vr. Trübner unerbittlich fort, »einen strafbareren Eigennutz, eine illoyalere Konkurrenz und eine niedrigere Gesinnung« denken, als die, einem Verein anzugehören, um dessen Vorteile zu genießen und gegen die eigne Verpflichtung zu handeln? Und weiterhin: »Vollständiger kann man die tatsächlichen Verhält nisse nicht auf den Kopf stellen, als es hier getan ist. Was zur Aufdeckung einer treulosen Handlung geschieht, wird Denunziation cnannt (Bücher S. 87), der wortbrüchige Verstoß gegen die Rabatt estimmungen wird beschönigt (S. 86), das Vorgehen des Börsen vereins gegen Mayer L Müller wird mit den Hexenprozessen ver glichen, die Maßregeln zur Aufrechterhaltung der Satzungen ein die Bezeichnungen eines ordentlichen Gerichtsverfahrens usurpie rendes Boykottverfahren genannt« . . . Endlich sagt vr. Trübner noch: »Und man erhebt schließlich die Frage, mit welchem Recht wir dies tun? Mit dem Recht der genossenschaftlichen Selbsthilfe, die in unserm Fall darin besteht, Verkehrs- und Verkaufsord nungen für den deutschen Buchhandel aufzustellen, der Freiheit des einzelnen zum Wohle des Ganzen Grenzen zu stecken und gegen Widersacher einen wirtschaftlichen Kampf zu führen.- Es ist unverständlich, daß Professor Bücher, der National ökonom, die volkswirtschaftliche Seite der Sache nicht er gründet hat. Entweder hat er in unbegreiflicher Verblen dung die ungeheure Tragweite des geführten Kampfes nicht erkennen wollen und trotz besserer Einsicht die Sache öffentlich falsch beurteilt — doch das wollen wir nicht an nehmen, denn die Integrität seines Charakters käme dadurch in Frage; nun, dann bleibt nur das »oder«: es gebrach ihm an geistiger Kraft, die schwerwiegenden, tiefliegenden wirt schaftlichen Notwendigkeiten zu begreifen, die so viele Menschen einmütig jahrzehntelang zur Abwehr zwangen und die, zum großen Glück nicht nur für Verlag und Sortiment, nein auch und zuerst für die deutsche Wissenschaft, mit dem Siege der lautern Elemente endete. Wenn Herr Professor Bücher aus dem Studium der Satzungen des Börsenvereins, aus der Geschichte des ganzen Kainpfes die Überzeugung nicht zu schöpfen vermochte, daß es sich hier nicht um Gewinn oder Nichtgewinn, sondern um Dichtung eines lecken Schiffs, das mit Mann und Maus zu sinken drohte, handelte, so war er zum Richter über diese Frage nicht berufen. Dann gebrach es ihm an der erforderlichen Kapazität. Denn diese Frage, die wichtigste von allen, das puuotuw saliens des dreißigjährigen Buchhändlerkriegs, war eine spezifisch national ökonomische, und hier hätte ein Volkswirtschaftslehrer klar sehen müssen, wenn anders er befähigt sein will, die Heran wachsende akademische Jugend über weltbewegende geistige Fragen aufzuklären. Wer solche Worte ausspricht, muß den Beweis liefern. Der Beweis für unsere Behauptung liegt in den Ausein- 1140
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