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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.10.1903
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- Erscheinungsdatum
- 28.10.1903
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- Deutsch
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8588 Nichtamtlicher Teil. 251. 28. Oktober 1903. teidigung- Die Frage: Was ist denn eigentlich plötzlich so Ungeheures geschehen, daß auf einmal der Fehdehandschuh hingeworfen wird? tauchtauf. Professor Paulsens Vorposten geplänkel wird erwähnt, alsdann heißt es: Da der Verfasser (gemeint ist Professor Bücher) seine Darstellung absichtlich auf die wissenschaftliche BUcherproduktion und deren Vertrieb beschränkt hat, so darf man billigerweise gleich am Ausgangs punkte die Frage aufwerfen: Was haben mit dieser wissen schaftlichen Bücherproduktion die minderbemittelten Volks klassen zu tun, für deren literarische Bedürfnisse bei uns in geradezu vorbildlicher Weise gesorgt ist und die durch die Abschaffung des Kundenrabatts gar nicht berührt werden? Denn angeblich sollten ja nach Büchers Absicht »Maßregeln und Tendenzen bekämpft werden, welche die gesunde Ent wickelung unsres gesamten nationalen Geisteslebens zu unter binden drohen und namentlich die Beteiligung der minder bemittelten Volksklaffen an den Früchten der Kultur er schweren, wenn nicht völlig verhindern müssen.« In dem eisten Kapitel, die das Buch als Ware behandelt, zeigt Trübner, daß sein Gegner die Schwierigkeiten des Buchhandels, seine Aufgabe, den latenten Bedarf in effektiven umzuwan deln, erkannt hat, sie aber vielfach bei seinen Schluß folgerungen außer acht läßt. Die Büchersche dilettantische Anschauung, das mit dem Herabsetzen des Preises der Absatz beliebig zu vergrößern sei, wird zurückgewiesen. Seltsam, daß sich Professor Bücher das nicht überlegt hat! Glaubt er, daß jeder Deutsche, der lesen kann, sein Buch über die Entstehung der Volkswirtschaft kaufen und lesen würde, wenn es nur 5 H kostet? Also auch jeder Dienstmann, Droschkenkutscher, Lampenputzer? Nicht einmal dann lesen diese Leute sein Buch, wenn er ihnen dafür ein Glas Bier verspricht und das Werk schenkt. Denn in diesen Köpfen besteht ja kein latentes Bedürfnis für das Buch, es ist also auch kein effektives hervorzurufen. Natürlich hat Professor Bücher das nicht gemeint. Wenn er es aber nicht meint, warum spricht er dann von einer »unbeschränkten Erweiterungsfähigkeit des Bedarfs« (S. 9)? Jedes Buch verlangt doch zur Aufnahme ein Gehirn, das das geistige Material verdauen kann. Die Behauptung, daß man mit der Befriedigung des Bücherbedarfs nie an ein Ende gelangt, ist direkt unrichtig. Wie der übersatte Mensch keine Speise mehr aufnimmt, so nimmt auch das ermüdete oder kraftlose Gehirn keine geistige Speise mehr zu sich. Die Nerven setzen einer unbeschränkten Aufnahme geistiger Nahrung eine ganz sichere Grenze. Unersättlich ist der Mensch weder in Bezug auf die Aufnahme leiblicher, noch in Rücksicht auf die geistige Nahrung; unersättlich ist er nur in Bezug auf Kapital ansammlung. In dem zweiten Kapitel »Der Buchhandel und seine Organisation« weist De. Trübner auf die Segnungen der Dezentralisation hin, die die Produktion geistiger Güter über alle Gaue ausbreitet. Der Reichtum, die Vielgestaltigkeit und der hohe Wert der deutschen Wissenschaft findet hierin zum Teil seinen Grund; Ernst Häckel hat in seiner Schrift »Freie Wissenschaft und freie Lehre« (1878) nachdrücklich darauf hingewiesen: «Das größte Übel, das die deutsche Wissenschaft treffen könnte, wäre ein »Monopol der Erkenntnis«, die Zentralisation der Wissenschaft! Welche höchst verderblichen Früchte diese Zentralisa tion z. B. in Frankreich getragen hat, wie das Pariser «Monopol der Erkenntnis« eine fortdauernde Degradation der französischen Wissenschaft bewirkt und sie von den höchsten Höhen seit einem halben Jahrhundert beständig bergab geführt hat, das ist all bekannt. Vor einer solchen Zentralisation der deutschen Wissen schaft bewahrt uns hoffentlich zunächst die vielfache Diffe renzierung und die vielseitige Individualität des deutschen Nalionalgeistes, der vielgeschmähte deutsche Partikularismus. So wenig diese «Kleinstaaterei- politisch von Dauer sein und eine brauchbare Staatsform liefern konnte, so segensreich und frucht bringend ist sie sicher für die deutsche Wissenschaft gewesen. Denn grade ihre glänzendsten Vorzüge vor allen andern verdankt die letztere den vielen kleinen Bildungszentren, die die zahlreichen Hauptstädte der deutschen Kleinstaaten bildeten, und den vielen kleinen Universitäten, die in regem Wetteifer einander zu über flügeln suchten. Hoffentlich wird diese segensreiche Dezentralisa tion der Wissenschaft in unserm politisch geeinigten Vaterland dauernd fortbestehen.« Wenn diese Bemerkungen richtig sind (und wer wollte sie nicht billigen?), und wenn anderseits gezeigt werden kann, daß Buchhandel und Wissenschaft von einander ab hängig sind: so muß man dringend wünschen, daß die De zentralisation des wissenschaftlichen Verlags dem deutschen Volk erhalten bleibe. Wir hoffen weiter unten zu erweisen, daß beide Organe der geistigen Kultur nicht zu trennen sind, daß sie von Natur verbunden sind, wie die beiden Hälften jenes merkwürdigen Wesens, das die Zoologen Vixlowov, Doppeltier nennen. Auch vr. Trübner spricht in seiner Schrift mehrfach den Wunsch ans, daß die Dezentralisation des wissenschaftlichen Buchverlags dem Volk der Dichter und Denker gesichert bleiben möge. vr. Trübner deckt ferner auf Seite 12 seiner Schrift die un begreifliche Gedankenlosigkeit seines Gegners auf, der vom Verlag einmal 6000 bis 7000 Sortimenterverbindungen verlangt, »wenn er die Voraussetzung erfüllen will, unter der seine Autoren ihm ihre Werke anvertraut haben«, und 12 Seiten weiterhin 1200 bis 2000 dieser Verbindungen »überraschend groß- findet. Ja wir dürfen den Unverstand der Bücherschen Expectorationen hier wohl noch schärfer her vorheben, als vr. Trübner es in seiner milden Art getan. Man denke nur! dem Verfasser der Schrift liegen die Ziffern der Kreditliste der Verlegervereine vor Augen: er erkennt daraus, daß nur 1 bis 10 Verleger mit 1587 Sortimentern Rechnung führen, daß 11 bis 25 Verleger mit nur 538 Sortimentern in Verbindung stehen, 26 bis 50 Ver leger mit 404 Sortimentern und so fort, und knüpft daran die Bemerkung, »daß die Verleger in der Weitherzigkeit der Kreditgewährung wenig zu wünschen lassen«. Er redet von Überspannung des Kredits, von Vergeudung der Kräfte, von Mangel an Spezialisation, und streicht seine erste Forderung, wonach der Verleger eigentlich mit 6000 bis 7000 Sorti mentern in Verbindung stehen müsse, nicht durch! Wenn Herr Professor Bücher schon die ihm durch Treubruch zu gestellte Liste der Verlegervereine benutzt, so hätte er sie doch ordentlich ansehen sollen. Es ist ein Beweis von mangeln der Einsicht, wenn er nicht erkannte, welch vorzügliches Instrument diese Liste für den kreditgebenden Verleger ist, was vr. Trübner überaus treffend so faßt: »Die Kreditliste der Verlegervereine ermöglicht alljährlich ein so gründliches Aussieben aller geschäfts- und zahlungsunfähigen Sortimenter elemente, einen so sorgfältigen Selektionsprozeß, daß man sich eines Lächelns nicht erwehren kann, wenn ein Außen stehender das Gegenteil behauptet.« Hieraus ist ersichtlich, daß Professor Bücher Sinn und Bedeutung der Liste gar nicht erkannt hat: denn wenn er angesichts dieses meister haft ausgedachten Instruments noch von Kreditüberspannung, von Weitherzigkeit der Kreditgewährung reden kann, so urteilt er über die Sache wie der Eskimo vom Gradierwerk, das dieser zum erstenmal sieht und für ein Wohnhaus hält. »Wahrlich, vollständiger«, ruft vr. Trübner aus, »kann man sich innerhalb weniger Seiten nicht widersprechen!« in dem er auf die frühere Mitteilung Büchers hinweist, daß jeder Sortimenter eigentlich mit 2500 Verlegern zu korre spondieren habe, und später zeigt, daß nur 3 Sortimenter mit mehr als 400 Verlegern arbeiten, die übrigen alle sich mit weniger Verbindungen begnügen müssen; 1587 Sorti menter von etwa 4800 haben sogar nur mit 1—10 Ver legern laufendes Conto. Hier wäre das Wort aus Goethes Faust am Platze:
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