Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.10.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 28.10.1903
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19031028
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190310282
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19031028
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1903
- Monat1903-10
- Tag1903-10-28
- Monat1903-10
- Jahr1903
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
8592 Nichtamtlicher Teil. ^ 251, 28. Oktober 1903. schlagenden Widerlegung der behaupteten Erhöhung der Produktionskosten der Bücher durch das Konditionssystem. Wir wollen die statistische Zusammenstellung über die Klein- und Großbetriebe auf Seite 169 der Bücherschen Schrift einen Augenblick betrachten. Der Nationalökonom berechnet, daß unter 100 Betrieben sich befanden: 1882 1895 Alleinbetriebe (In Prozenten) 40.0 54.3 Betriebe mit je 2—5 Personen 50.9 32.0 Betriebe mit mehr als 5 Personen 9.1 13.7 und knüpft daran die Bemerkung: »Also Zwergbetriebe und Großbetriebe; was dazwischen ist, schwindet zusehends da hin ... . Jenes ungesunde Überwuchern der kleinsten Be triebe, die schon 1895 mehr als die Hälfte aller Betriebe ausmachten, während sie dreizehn Jahre vorher nur zwei Fünftel bildeten, hat sicherlich durch die Rabattmaß nahmen des Kartells gewaltig an Nahrung gewonnen, wenn es nicht geradezu deren Folge ist.« Das war kein dialektisches Heldenstück! Unglaublich! Der Herr Professor spricht von Überwuchern des Kleinbetriebs, vom Schwinden des Mittelstands und hat die Kühnheit, schlankweg zu behaupten, dies sei durch die Rabattmaßnahmen des Kartells hervorgerufen! Er beruft sich dabei auf die Ansicht des Herrn Prager, die doch auch irrig sein kann. Herr Professor Bücher muß wissen (wenn er es von niemand weiß, so kann es ihn Henry George lehren), daß nicht die Entstehung von Kleinbetrieben ungesund ist, sondern nur die Rückbildung der Mittlern Betriebe in kleine. Die 18,9 Prozent, die der Mittelstand in dreizehn Jahren ver loren hat, gab er nur zu 4,6 Prozent an größere und zu 14,3 Prozent an Zwergbetriebe ab. Hier haben wir ja den schönsten handgreiflichen Beweis von dem Gewebezerfall des Buchhandels, von der wirtschaftlichen Zuckerharnruhr, die den ehemals so blühenden Stand befallen hat. Hier zeigt sich deutlich das erschreckende Sympton des Niedergangs, das dringende Hilfe heischte; noch ein paar Jahrzehnte weiter und der hippokratische Zug des Gesichts trat deutlich hervor. Wie merkwürdig, daß ein Volkswirtschaftslehre! eine solche Statistik aufstellt, niederschreibt und ohne Beweisführung den Grund in den operativen Eingriffen des Arztes sucht, der die Symptome richtig deutet, weil er zufällig auch selbst der Erkrankte ist! Die oben ausgeführte Ansicht und ihre Begründung legt auch vr. Trübner an verschiedenen Stellen seiner Er widerung dar. Wie käme es denn sonst, daß die ausländischen Verleger sich nach einer ähnlichen Einrichtung sehnen, wie sie in Deutschland besteht? Sollten diese Leute alle auf dem Holzwege sein? Man lese nur, wenn man es noch nicht weiß, wie in London ein Buch vertrieben werden muß (S. 69). Daß die Erörterungen des buchhändlerischen Fachmanns über den deutschen Buchhandel im Vergleich zu dem des Aus landes, Erörterungen, die auf einer überreichen Erfahrung und tiefen Einsicht beruhen,die schwächlichen Phantasien desNational- ökonomen Bücher auf das rechte Maß zurückführen würden, war ja vorauszusehen. Aber nicht nur hier, sondern auch in den andern Kapiteln ist vr. Trübner überaus glücklich in der Abwehr seines irregeleiteten Widersachers; die Sicher heit, die weise Mäßigung, mit der er die schnöden Be merkungen Büchers (S. 148, 149, 189) zurückweist (Trübner S- 79, 80, 86, 119), die feine Ironie, mit der dem Gegner an mehreren Stellen Widersprüche nachgewiesen werden (z. B. Trübner S. 78, 88), die gründliche Widerlegung der geradezu kindlichen Vergleichungen zwischen den Preisen der deutschen und fremden Werke, die Professor Bücher sich leistet, — alles dies muß auf jeden, der sich durch jenes Produkt eines un zureichend unterrichteten Geistes beschwert fühlt, geradezu genußreich wirken. Die Ansicht, daß der Bücherrabatt die Literatur billiger mache, ist in Ansehung der Gesamtheit und für die Dauer irrig. Ebenso die Meinung, daß die Abschaffung des Kundenrabatts die Bücher verteure. Die Blutentziehung des Literaturkörpers hat ebensowenig Sinn, wie der in der alten Medizin so häufig geübte Aderlaß am menschlichen Körper. Das als Rabatt zurückgegebene Geld ist nur ein Darlehn, das über kurz oder lang von den Empfängern (als Gesamtheit) mit Wucherzins und Zinseszins zurückgefordert wird. vr. Trübner gibt auf Seite 69 seiner Schrift an, daß ein großer englischer Verleger genötigt sei, jährlich 280 000 für Anzeigen auszugeben. Verglichen mit den Aufwendungen, die deutsche Verleger zu machen pflegen, erscheint die Summe ungeheuer; ich glaube nicht, daß die Firma B- G. Teubner oder F. A. Brockhaus auch nur annähernd solche Vertriebskosten haben. Woher nimmt denn der Engländer das Geld? Doch einzig aus den Taschen der Bücherkäufer. Wenn wir also den jetzt noch leistungsfähigen Sortimentsbuchhandel reduzieren, wer wird den Vorteil haben? Das Publikum? Nein, die Zeitungen und Zeit schriften, die Druckereien, die Post. Professor Bücher be hauptet, daß der Sortimentshandel in der denkbar teuersten Weise arbeite; vr. Trübner beweist das Gegenteil. Man lese die Auseinandersetzung Fred. Macmillans, die vr. Trübner seinem Werk als Anhang beigegeben hat. Dort spricht ein Wissender, der Inhaber eines der größten Verlagsgeschäfte der Welt; er sagte, lange bevor an Büchers Schrift gedacht wurde, das genaue Gegenteil von dem, was der ungenügend belehrte Reformer des Bücherkreislaufs behauptet; die andern englischen Verleger Heinemann und Nutt schließen sich ihrem Kollegen durchaus an. Herr Nutt sagte unter anderm: »Ich persönlich gebe mich der Hoffnung hin, daß es mir ver- önnt sei, den Tag zu erleben, wo der englische Sortimentsbuch- andcl dem deutschen annähernd gleiche, und ich bin sicher, daß, wenn dieser Tag anbricht, der sehr schwer auf dem englischen Buchhandel lastende Vorwurf verstummen muß, der dahin geht, daß er den Bedürfnissen der Wissenschaft auch nicht entfernt in demselben Umfang cntgegenkommt wie der deutsche Verlags buchhandel. Das Erträgnis unsers wissenschaftlichen Verlags betriebs ist nach meiner Meinung bis zum Lächerlichen gering, wenn wir den weiten Markt und die Hilfsquellen des britischen Reichs in Betracht ziehen; ich sage, unser wissenschaftlicher Betrieb ist lächerlich gering, verglichen mit dem deutschen.» William Heinemann war der Meinung, der ideale Zu stand der Dinge würde in der vollständigen Annahme des deutschen Systems bestehen. Zu bemerken ist noch, daß Heinemann wirklich versucht hat, das Konditionssystem einzuführen; der Versuch mißlang aber. Es geht den Leuten drüben ebenso wie mit unserm Militär: den deutschen Unteroffizier, den deutschen Leutnant können sie nicht kopieren, ebensowenig wie den deutschen Sortimenter. Und wie steht es mit dem Honorar der Autoren? Auch hier gibt vr. Trübner bemerkenswerte Aufschlüsse (S. 95). Hierzu wollen wir eine prinzipielle Anmerkung machen. Auf die Gefahr hin, daß unfern Leser das Gleichnis für ausgequetscht oder totgehetzt erklären, wollen wir noch ein mal unfern Blutkreislauf ins Auge fassen. Der durch den Druck der Blutgefäße aus den Darm wandzotten herausgepreßte Speisesaft (Chylus) gelangt in die Lymphgefäße und wird von da nach den Organen geleitet, denen die Herstellung der weißen Blutkörperchen obliegt. Von da werden sie in die Blutbahn geleitet und aus weißen in rote langsam umgewandelt. Nun haben die roten Blut körperchen eine auffallende Eigentümlichkeit, die den weißen fehlt: sie reihen sich mit den runden Flächen dicht aneinander, formieren sich zu Rollen: der Mediziner spricht dann von »Geldrollenbildung«.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder